Aber wenn ich vor der Abwägungsfrage stehe, die Struktur des Haushalts wieder ins Lot zu bekommen und dann so wichtige Dinge wie Klassenfahrten und andere Dinge machen zu können, dann muss ich mich entscheiden.
Natürlich hätte ich mich lieber dafür entschieden, aufgrund einer besseren Steuerstruktur, die im Bund gemacht wird, diesen Schritt nicht gehen zu müssen. Aber Sie zwingen uns durch Ihre Politik im Bund, durch das Einschränken der Möglichkeiten der Länder und Kommunen zu diesem Schritt. Deswegen kann ich sagen: Wir verteidigen diesen Schritt erhobenen Hauptes. Wir halten ihn für sozial
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauer! Eine Sache wurde in der Debatte noch gar nicht beleuchtet. Sehr geehrte Landesregierung, Sie sagen: Weil die Personalkosten mit über 40 % einen sehr hohen Anteil am Landeshaushalt haben, kommen wir nicht darum herum, dass auch die Beamten ihren Anteil an der Konsolidierung des Haushaltes tragen müssen. Die Schuldenbremse gebietet das.
Sie rühmen sich damit, dass Sie diese Gratwanderung zwischen den Sparzwängen auf der einen und der Sozialverträglichkeit auf der anderen Seite so toll hinbekommen hätten. Sie begründen diese Gratwanderung auch damit, dass die starken Schultern mehr tragen können als die schwachen und dass die besserverdienenden Beamten deshalb ruhig eine Nullrunde hinnehmen können.
Wissen Sie was? Da gebe ich Ihnen im Prinzip sogar ausdrücklich recht. Die Argumentation ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Aber Wortbruch hin oder her: Wie lange soll das denn so weitergehen? Genau dieses Argument bringen Sie schon seit mehr als einem Jahrzehnt, jedes Jahr immer wieder.
Die Beamten – und zwar ausdrücklich alle Beamten – leisten schon seit Jahren ihren Beitrag zur Konsolidierung des Haushaltes und tragen dazu bei, diesen um Milliarden Euro zu entlasten. Spätestens jetzt ist eine Grenze erreicht, wo ich sage: Das geht einfach zu weit!
Ich will einmal ein paar Punkte aus dem Portfolio der Kürzungen der letzten 15 Jahre aufzählen. In fast allen Bereichen hat sich die Fülle der zu erledigenden Aufgaben erhöht, es wurde aber im Gegenzug kein neues Personal eingestellt. Das bedeutete effektiv Mehrarbeit.
Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Kürzung des Weihnachtsgeldes: erste Stufe, Kürzung des Weihnachtsgeldes: zweite Stufe, komplette Streichung des Urlaubsgeldes, Kürzungen der Ruhegehälter, Verlängerung der Lebensarbeitszeit, diverse Nullrunden in den letzten zehn Jahren, jetzt die nächste Nullrunde, Einführung einer Kostendämpfungspauschale, Wegfall der Jubiläumszuweisung, Strei
chung diverser Leistungsprämien, Verschlechterung im Beihilferecht und in der Heilfürsorge, Beförderungssperren ohne Ende – die Liste hat übrigens keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Und das sind nur die Kürzungen, die auf fast alle Beamten gleichermaßen zutreffen. Die Kürzungen für spezielle Bereiche – zum Beispiel die Abschaffung der Ruhegehaltsfähigkeit von Polizei- und Feuerwehrzulage oder die Kürzung der Wach- und Wechseldienstzulage – kommen noch obendrauf.
In den Jahren 2006 bis 2012 – das hat der DBB einmal ausgerechnet – haben die Beamten den Haushalt um mehr als 14,5 Milliarden € entlastet, allein 2,1 Milliarden € im letzten Jahr. Irgendwann ist genug!
In einem Zeitungsartikel des „Westfälischen Anzeiger“ stand eine Passage, die mich zum Schmunzeln gebracht hat. Darin loben Sie sich quasi selbst, wie toll und sozialverträglich Sie diese Entscheidung getroffen und wie toll Sie abgewogen hätten. Es hätte ja auch andere Optionen gegeben, die Sie hier extra nicht gewählt haben. Die Aussage war – ich zitiere –: Zudem seien zum Beispiel ein genereller Beförderungsstopp und Mehrarbeit abgelehnt worden, weil das negativ für die Motivation der Beamten gewesen wäre. – Aha! Und das, was Sie jetzt machen, ist supermotivierend, oder wie?
Ich darf Sie vielleicht darauf aufmerksam machen: Die Motivation bei vielen Beamten ist bereits am Boden. Die haben schlicht keinen Bock mehr, und das völlig zu Recht, das ist absolut nachvollziehbar.
Und weiter: Schauen Sie sich doch zum Beispiel einmal die hohen Krankenstände im Beamtentum an. Das sind so viele, das geht in einigen Bereichen bereits an systemrelevante Grenzen. Wenn es bei der Polizei noch ein paar Kranke mehr gibt, können Sie den Laden dichtmachen!
Das kommt ja nicht von irgendwoher, sondern das sind unmittelbare Folgen aus Ihrem Spardiktat. Immer mehr Arbeit und immer mehr Aufgaben bei effektiv immer weniger Geld. Überstunden noch und nöcher, freie Wochenenden, die gerne auch kurzfristig gestrichen werden, und dann – nach all dem Stress und all der Entbehrung – muss man sogar noch beim wohlverdienten Erholungsurlaub mit der Familie sparen. Natürlich wird man da krank!
Ich will gar nicht wissen, wie viele Millionen oder gar Milliarden Euro Sie jedes Jahr sparen könnten, würden Sie endlich einmal das Problem der Krankenstände bei den Beamten in den Griff bekommen.
Ich kann Ihnen aber versichern: Mit noch mehr Entbehrungen schaffen Sie das mit Sicherheit nicht. Mit Ihrer Politik haben Sie es geschafft, die Beamten
von der allgemeinen Lohnentwicklung abzukoppeln – und das nicht erst jetzt, sondern bereits seit Jahren. Diese Entscheidung reiht sich nahtlos in die früheren ein.
Sie tönen immer groß: „Wir müssen sparen, die Schuldenbremse schreibt uns das vor, und die Schuldenbremse hat Verfassungsrang.“ Ja, das stimmt. Sie vergessen dabei aber einen ganz entscheidenden Punkt: Die althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, namentlich hier das Alimentationsprinzip, haben ebenfalls Verfassungsrang.
Sie stoßen langsam an verfassungsrechtliche Grenzen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ein Gericht hier in Nordrhein-Westfalen die Verfassungsmäßigkeit der Alimentationszahlungen anzweifelt.
Ich behaupte: Spätestens jetzt ist es vorbei. Sie haben die Grenze überschritten. Sie können nicht länger immer nur kürzen, kürzen, kürzen. Denn damit brechen Sie die Verfassung genauso, als würden Sie die Schuldenbremse nicht einhalten. So einfach ist das.
Der Unterschied ist nur: Die Schuldenbremse greift erst 2020. Mit Ihren Kürzungen brechen Sie die Verfassung bereits jetzt.
Was Sie anscheinend auch immer wieder vergessen: Auch das Streikverbot gehört zu diesen althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Ich will damit sagen, dass es sich bei diesen Grundsätzen um ein ausgewogenes Spiel zwischen Vor- und Nachteilen auf beiden Seiten handelt. Aber Sie nutzen seit Jahren nur noch die Vorteile und lassen die Beamten mit den Nachteilen im Regen stehen.
Ich habe immer öfter das Gefühl, sehr geehrte Landesregierung, dass Ihnen Ihre Beamten anscheinend egal geworden sind. Sie wissen ihre tägliche Arbeit, die kleinen Opfer, die die Beamten und auch deren Familien täglich erbringen, die vielen Millionen Überstunden, die sie vor sich herschieben – womit sie übrigens Ihnen, sehr geehrte Ministerinnen und Minister, den Rücken freihalten – einfach nicht mehr zu schätzen. Und das ist eine Frechheit.
Wie wichtig der Landesregierung ihre eigenen Beamten sind, sieht man alleine daran, mit welchem Dilettantismus sie beispielsweise die jetzige erste Stufe der Dienstrechtsreform eingeleitet hat. Ein derart wichtiges Thema derart schlecht vorzubereiten – und darin waren sich alle Experten unisono
einig – ist ein weiterer Baustein, der zeigt, wie wichtig Ihnen, liebe Landesregierung, Ihr öffentlicher Dienst ist.
Ich möchte jetzt abschließend noch ein Wort an die Beamten richten: Liebe Beamten, ich weiß, Sie dürfen nicht streiken – leider. Ich weiß auch, dass der sogenannte Dienst nach Vorschrift eigentlich ein unzulässiges Mittel des Arbeitskampfes ist. Aber dennoch – ich drücke es vorsichtig aus –: Der Gesetzgeber, also wir hier alle, hat Ihnen, liebe Beamten, bei vielen Vorschriften und Gesetzen ganz bewusst und gewollt einen zum Teil erheblichen Ermessensspielraum eingeräumt. Meine Empfehlung: Nutzen Sie diesen Ermessensspielraum weise. Damit können eventuell wahre Wunder vollbracht werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schatz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Norbert Walter-Borjans.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mir wäre es – wie vermutlich den meisten hier – wesentlich lieber gewesen, ein deutliches Einkommensplus für alle verkünden zu können. Das ist doch überhaupt keine Frage. Aber bevor ich in den Chor der Scheinheiligen einstimme, sage ich Ihnen einmal, welche Strophen dann noch gesungen werden müssten:
Am 12.12. wird er zitiert: Es war ein Fehler, dass NRW die jährliche Personaleinsparung von 1,5 % gestrichen hat.