Ich möchte dafür werben, dass es sinnvoll ist, wenn wir wissen, dass viele Veränderungen auf uns zukommen und es viele Rezepte zum Umgang damit gibt, diese unterschiedlich verlaufenden, zum Teil gegenläufigen Linien genau anzuschauen, zum
Beispiel bei der Frage, was mit der Zuwanderung ist. Denn sie war ein Stück weit dafür verantwortlich, dass es nicht so gekommen ist und im Jahr 2000 nur noch 16 Millionen Menschen in NordrheinWestfalen gelebt haben. Weiterhin ist Zuzug in bestimmten Regionen des Landes zu erkennen. Es gibt aber auch Verschiebungen, mit der Folge, dass sowohl der Rückbau von Infrastruktur in den einen Regionen Geld kostet, aber auch der Aufbau von Infrastruktur an anderer Stelle.
Bei all dem ist es richtig, sich zusammenzusetzen. Aber ich werbe sehr dafür, das nicht wieder unter der Überschrift zu machen: Wie können wir damit fünf Jahre lang Honig saugen, um immer wieder neue Überschriften zu produzieren, die sich nicht für eine Auseinandersetzung über die Sache eignen, sondern die Plakate füllen können, mit denen man am Ende aber nicht weiterkommt? – Danke.
Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der CDU hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/2133 – Neudruck. Ich darf fragen, wer diesem Antrag zustimmen möchte. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig vom Landtag Nordrhein-Westfalen angenommen.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Abgeordneten Hafke das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Familienfreundlichkeit ist ein großes Ziel. Wir alle setzen uns für ein familienfreundliches Nordrhein-Westfalen ein. Die Familien im Land brauchen unsere Unter
Familienförderung ist also eine zentrale, auch landespolitische Gestaltungsaufgabe. Ausdruck davon sind die Förderleistungen, die in einer Vielzahl von Programmen und Maßnahmen vom Land finanziert werden. Die Vielzahl an Förderleistungen führt jedoch auch zu einer Unübersichtlichkeit und im einen oder anderen Fall auch zu Ineffektivität.
Die Politik hat aber die Pflicht, ihre Leistungen zu überprüfen und eine aufgabengerechte Umsetzung zu gewährleisten. Wir fordern deshalb mit unserem Antrag eine Bilanz für die Familie. Wir brauchen eine Gesamtschau der familienpolitischen Leistungen als Basis. Wir erwarten, dass die Landesregierung uns diese recht kurzfristig zur Verfügung stellt, da es sich hierbei um einen statistischen Teil handelt.
Ein zweiter Schritt ist die Effektivitätsprüfung. Sie beginnt mit dem Identifizieren von Doppelförderungen und dem Erstellen von Leistungsbilanzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Schritt 3 beginnt für uns als Parlament die spannende Arbeit. Wir müssen das Fördersystem einer kritischen Analyse unterziehen. Interessant ist das vor allem deshalb, weil wir dann auch die Diskussion über unsere durchaus unterschiedlichen Ziele und Prioritäten führen müssen.
Dass hierbei Differenzen bestehen, sehen wir etwa am beitragsfreien Kindergartenjahr. Was sind denn die Ziele und Prioritäten, die dahinter liegen? Geht es darum, Familien finanziell zu entlasten, oder geht es darum, Kindern gute Betreuung und Bildung anzubieten? Das letztgenannte Ziel wird damit nicht erreicht. 150 Millionen € jedes Jahr in einer massiv angespannten Haushaltslage fließen allein in eine finanzielle Entlastung. Die Bilanz für die Familien lautet an dieser Stelle also: plus 150 Millionen € für einige, eher gutverdienende Menschen, minus 150 Millionen € jährlich für alle Familien, die von Qualitätsverbesserungen in den Kitas profitieren könnten. Insofern kann eine Bilanz für die Familie auch die gute demokratische Auseinandersetzung über die familienpolitischen Ziele befördern.
In den Gesamtzusammenhang von Leistungen, Wirkungsprüfungen und Zieldiskussionen sollten wir die Chance nutzen, die Familienfreundlichkeit in Nordrhein-Westfalen zu bilanzieren und dann zu schauen, wo Defizite und Handlungsnotwendigkeiten bestehen. Der gesamte Betreuungsbereich, in den wegen des verzichtbaren beitragsfreien Kitajahres und des unverzichtbaren U3-Ausbaus kaum Mittel geflossen sind, zeigt deutlich: Einiges ist noch zu tun.
In diesem Sinne freue ich mich über eine gute und konstruktive Beratung im Ausschuss. Ich freue mich über eine hoffentlich breite Zustimmung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Rahe das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen muss familienfreundlicher werden! – Das ist wirklich wieder ein wunderschöner Satz, der uns aus der liberalen Wortküche präsentiert wird.
Man könnte auf den ersten Blick meinen, die FDP habe die Familienpolitik neu entdeckt und will uns nun auf den rechten Weg bringen, um die Lebensbedingungen für die Familien in unserem Land zu verbessern. So weit der erste Blick.
Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass Sie im Grunde genommen genau das Gegenteil im Schilde führen. Wenn Sie von einem angestrebten, zielgenauen, wirksamen und effektiven Förderungssystem sprechen, geht es ganz offensichtlich darum, bewährte Unterstützungsstrukturen für die Familien in Nordrhein-Westfalen zurückzufahren.
Das ist im Übrigen nicht neu, also nicht so, wie Sie es gestern in Ihrer Pressemitteilung behauptet haben. Ich selbst kann mich noch gut daran erinnern, welche völlig überflüssigen Irritationen Sie in der sozial- und familienpolitischen Szene schon 1992 ausgelöst haben. Bereits damals haben Sie mit Ihrer Großen Anfrage die Landesregierung mit der Darstellung der Beratungsstruktur in NordrheinWestfalen beschäftigt.
Der Titel der Großen Anfrage der FDP lautet – ich zitiere –: „Nordrhein-Westfalen – durch Beratungsinflation auf dem Weg in die Bevormundungsgesellschaft?“
Schon damals haben Sie vollmundig ein zeitgemäßes Controlling gefordert, damit sich – ich zitiere – „das Beratungswesen nicht zu einem Beratungsunwesen entwickelt“.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die FDP in ihrem heutigen Antrag eine kritische Wirksamkeits- und Akzeptanzanalyse fordert, dann ist Vorsicht geboten.
Meine Damen und Herren, der Hintergrund dieses Antrags ist doch klar. Vor einigen Wochen – Anfang Februar – sind im „Spiegel“ die ersten Zwischener
gebnisse einer Gutachtergruppe aufgetaucht, die von der Bundesregierung selbst eingesetzt wurde. Sie war beauftragt, die familienpolitischen Leistungen des Bundes zu bewerten.
Die Ergebnisse dieser Experten zeichnen ein verheerendes Bild. Rund 156 Einzelleistungen mit einem Gesamtvolumen von 200 Milliarden € jährlich bleiben weitgehend wirkungslos.
Das Einzige – Herr Lindner, jetzt kommt ein Kompliment –, was man der FDP wirklich zugutehalten kann, ist die Initiative ihrer familienpolitischen Sprecherin in der Bundestagsfraktion. Sie hat das Familienministerium aufgefordert, den Expertenbericht rasch zu veröffentlichen und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Ich fürchte nur, daraus wird nichts. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie ausgerechnet an einer familienpolitischen Frage in Berlin eine neue Koalitionskrise provozieren würden. Weil Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, das auf der Bundesebene wohl nicht gelingt, versuchen Sie, mit diesem Antrag hier ganz offensichtlich eine Nebelkerze zu zünden.
Meine Damen und Herren, das Land NordrheinWestfalen setzt für familienpolitische Leistungen im engeren Sinne, also bei den direkten Transferleistungen, rund 200 Millionen € ein. Davon wird allein rund die Hälfte für den Unterhaltsvorschuss gebraucht. Das Land konzentriert sich also richtigerweise auf die Förderung von Infrastruktur. Da geht es um Beratung, Betreuung und um Hilfe, wo sie gebraucht wird. Es geht darum, Familien in ihrer wichtigen Aufgabe zu unterstützen, Kindern eine gute und zufriedene Kindheit zu ermöglichen. Dabei gilt die einfache Feststellung: Alle Eltern wollen gute Eltern sein! Wenn sie dabei Unterstützung brauchen, erhalten sie Hilfe von öffentlichen Stellen und vor allen Dingen von freien Trägern.
Eines ist doch klar: Wer die Landschaft der Familienförderung kennt, der weiß doch, dass diese Angebote selbstverständlich seit Jahren einem Monitoring und einem Controlling unterliegen.
Wenn Sie sich in diesem Arbeitsfeld auskennen und den Kontakt in Ihren Wahlkreisen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann wissen Sie, dass Qualitätsmanagement, Kundenzufriedenheit und Evaluation ganz ohne Frage zum fachlichen Handwerkszeug in diesen Diensten und Einrichtungen und nicht zuletzt zur Förderpolitik des Landes gehören.
Zum Schluss noch eines: Die direkte Familienförderung findet in den Kommunen statt. Jugendämter, freie Träge, Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfegruppen und vor allem engagierte Bürgerinnen und Bürger setzen sich für ein gutes Lebensumfeld ein.
Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass sich die Aktiven vor Ort vernetzen und zusammenarbeiten. Ich selbst bin zum Beispiel ehrenamtlicher Sprecher in einem lokalen Bündnis für Familie. Hier zeigt sich: Familienpolitik ist zuallererst eine Sache der örtlichen Zusammenarbeit.
Diese Vernetzung, also die Entwicklung eines Kindes auf der kommunalen Ebene, insgesamt im Blick zu haben, das ist im Übrigen der Leitgedanke unseres vorbeugenden Ansatzes in der Landespolitik.