Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

(Zurufe von der SPD)

Die Chance, hier einen erfolgreichen Bruch zu machen, ist deutlich höher als die Gefahr, erwischt zu werden.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Herzlich willkommen! – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sigrid Beer [GRÜNE]: Was für eine verzerrte Dar- stellung von Nordrhein-Westfalen! Das ist ein sträfliches Bild, das Sie hier zeichnen! Un- glaublich!)

Vielen Dank, Herr Sieveke. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich nach den letzten Wortmeldungen spontan dazu entschieden, in die Debatte einzugreifen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich wäre der von Ihnen gewählte Anlass einer Debatte heute nicht wert gewesen, weil die Qualität der Statistik, auf die Sie sich berufen, hier hinlänglich diskutiert und beschrieben worden ist.

Nur, lieber Kollege Sieveke, bitte haben Sie Verständnis: Einen Mentalitätswechsel hin zu einer Mentalität, wie Sie sie eben gezeigt haben, wird in Nordrhein-Westfalen zumindest die SPD nicht mitmachen. Alle Menschen, die vernunftbegabt sind, werden sich, so denke ich, mit Entsetzen abwenden, weil Sie hier ein Zerrbild von unserem Land zeichnen, das der Realität in keiner Weise entspricht. Wir sind hier nicht in Manhattan-Süd, sondern wir leben auch nach dem Empfinden unserer Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen in einem sicheren Land. Das danken wir nicht zuletzt der Polizei und der hervorragenden Arbeit unserer Sicherheitsbehörden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie behaupten, Sie sagten doch nichts gegen die Polizei. – Das ist eine schöne rhetorische Volte. Denn eigentlich tun Sie doch die ganze Zeit nichts anderes, als die Arbeit derjenigen, die ihre Rübe für uns hinhalten, die Leib und Leben riskieren, durch Ihre Art der Argumente hier in den Dreck zu ziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Etwas hat mich ganz besonders geärgert, und ich schließe an die Ausführungen des Kollegen Herrmann an, der gesagt hat: Wenn man über Statistik

redet, muss man sicherlich auch über Ursachen reden. Die Aufklärung ist ein hohes Gut. Wir wollen, dass alle Straftaten aufgeklärt werden. Das muss jeder wollen. Ich will aber noch viel intensiver und mehr, dass Straftaten überhaupt nicht stattfinden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dass Sie im Zusammenhang mit Prävention hier von Gewinsel und Gejammer reden, ist eine Unverschämtheit

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

und zeigt, welche Mentalität Sie umtreibt. Das ist die alte, neokonservative Hau-drauf- und Law-andOrder-Politik, hat aber mit moderner Rechts- und Sicherheitsarchitektur in einem modernen Land im 21. Jahrhundert rein gar nichts zu tun. Das zeigt doch auch, dass Sie Projekte …

(Daniel Sieveke [CDU]: Jawoll!)

Herr Kollege Sieveke, ich will jetzt nicht Uli Hahnen und andere mit der Sache vom Kopf und dem Kehlkopf zitieren.

(Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Sieveke, wer wie Sie präventive Politik ganz offensichtlich für einen Irrweg hält, der ist im Hier und Jetzt in Nordrhein-Westfalen nicht angekommen.

Lassen Sie mich noch etwas zur Statistik sagen: Herr Stotko hat eben zu Recht auf diese Statistik hingewiesen. Churchill wird ja der Ausspruch zugeschrieben, man solle keiner Statistik trauen, die man nicht selber gefälscht habe. Ich glaube, Sie haben an der Stelle einer verkehrten Statistik getraut.

Lassen Sie mich das Bild von Herrn Stotko ein bisschen erweitern: Ich sehe hinten den verehrten Kollegen Norbert Post von der CDU, der – genau wie ich – jeden Morgen aus Mönchengladbach einpendelt. Würde man Ihren Statistiken glauben, könnten wir beide vielleicht dafür ursächlich sein, dass in Mönchengladbach die Kriminalitätsrate so niedrig ist, weil wir jeden Tag nach Düsseldorf fahren; und – oh ja! – in Düsseldorf ist sie viel höher. Das ist höherer Blödsinn, auf den Sie sich berufen, aber keine gute Statistik.

Einiges zu den Fakten: Wer hat denn für die Polizei in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren etwas getan? Über die Aufklärungsquoten haben wir berichtet: 49,2 % unter CDU – Glanzleistung! 49,3 % Aufklärungsquote unter SPD und Rot-Grün – schwierige Zahl! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, dass das schon ziemlich aufschlussreich ist.

Eben ist auch schon angesprochen worden, dass darüber hinaus die Anzahl der zur Anzeige gebrachten Straftaten eine ganz interessante Größenordnung; ist glaube, der Kollege von der FDP hat es eben angeführt. Wenn Sie Angriffe auf die sexuelle Selbstbestimmung zum Gegenstand machen, dann schauen Sie sich bitte an, wie sehr sich das Anzei

geverhalten in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich verbessert hat. Ja, es ist supertraurig, dass es nicht gelingt, die Täterinnen und insbesondere die Täter auf diesem Feld zu überführen.

Aber es ist auch ein gutes Zeichen für die Justiz und Polizei in Nordrhein-Westfalen, dass sich insbesondere immer mehr Frauen trauen, diese Übergriffe zur Anzeige zu bringen. Wir sollten daran arbeiten, dass das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden gestärkt und nicht erschüttert wird.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Noch ein Wort zu der Bezeichnung „Beschwichtigungspolitiker“, die der Kollege Stotko durchaus als Lob empfinden kann. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist jemand, der ein realistisches Bild von der Kriminalitätssituation in NRW zeichnet, lieber als jemand, der aus naheliegenden parteipolitischen Egoismen heraus mit dem Sicherheitsempfinden der Menschen in unserem Lande spielt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie machen etwas ganz Einfaches: Sie lassen sich mit Vorankündigung eine Auflistung – Statistik will ich es nicht nennen, weil das den ehrbaren Beruf der Menschen, die sich mit dem Erstellen von Statistiken beschäftigen, ernsthaft beschädigen würde – aus Berlin liefern, um hier ein wenig Wahlkampf machen zu können. Im Prinzip ist dagegen nichts einzuwenden. Das ist eine Oppositionsveranstaltung. Damit kann man leben.

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade wenn man weiß, dass die subjektive Seite bei der Sicherheit eine ganz erhebliche Rolle spielt, darf es hier doch nicht dazu kommen, dass Sie einen Schaukampf auf der Grundlage völlig ungeeigneter Unterlagen liefern, nur um Ihr parteipolitisches Süppchen zu kochen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was Sie hier abgeliefert haben, ist selbst einer Opposition aus CDU und FDP nicht würdig. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Dr. Orth.

Guten Tag, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stotko hatte mich ja schon vermisst. Ich möchte ihm deswegen die Freude machen, hier heute noch zu sprechen. Ganz bewusst habe ich mir anhören wollen, wie denn die Kolleginnen und Kollegen von den die Regierung tragenden Fraktionen und der Innenminister sich hier heute aufstellen. Ich muss sagen, ich bin erschüttert.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Stotko, wie können Sie sich bei einem Thema, wo es immer nicht nur einen Täter, sondern auch ein Opfer gibt, hinstellen und sagen: Im Vatikanstaat gibt es eine Tat, und hier und dort gibt es eine Tat? Sie haben einen Wortbeitrag geliefert, in dem Sie sich der Probleme gar nicht angenommen haben, in dem Sie die Menschen ins Lächerliche gezogen haben, die Opfer einer Straftat sind. Ich fand Ihren Beitrag unerträglich: Unterstes Niveau, meine Damen und Herren!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ihnen mag es vielleicht egal sein, ob Ihnen ein Fahrrad geklaut wird; aber wenn in Münster viele Fahrräder geklaut werden, ist das keine Petitesse, das ist für einen Studenten so, als ob man Ihnen, Herr Stotko, Ihren Ferrari unterm Hintern wegzieht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Frau Düker betreibt hier – mit gefalteten Händen zur Opposition hingewandt – eine ständige Schönrederei. Frau Düker, durch Beten haben wir nicht mehr Sicherheit in Deutschland und in NordrheinWestfalen, sondern wir brauchen endlich Taten. Man kann darüber streiten, ob der Prozentsatz denn nun gestiegen oder gesunken ist, ob eine Tat mehr oder weniger geschieht. Entscheidend ist doch aber bei der Statistik der Trend, meine Damen und Herren, und der ist hundsmiserabel, seit Sie in Nordrhein-Westfalen regieren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Unter Schwarz-Gelb war die Aufklärungsquote genauso schlecht wie unter Ihnen; aber es gab einen Unterschied: Wir hatten hier in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger Taten. Das heißt, unter Ihrer Regierung werden mehr Taten nicht gesühnt, und es gibt mehr Opfer von Straftaten in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Minister Jäger, Sie haben – nach dem Motto: „Die Kriminalität in den Großstädten beruht nur darauf, dass die Leute in die Großstädte hineinkommen“ – besonders auf den reisenden Täter abgestellt. Ich setze eine These dagegen: Nicht jeder, der in Nordrhein-Westfalen in einer Großstadt eine Tat begeht, kommt von außerhalb NordrheinWestfalens, meine Damen und Herren. Die Täter reisen doch nicht immer 40 oder 50 Kilometer von auswärts an. Sie fahren nicht über die Grenze. Nein, die Täter stammen im Wesentlichen aus Nordrhein-Westfalen. Derjenige, der in Münster ein Fahrrad klaut, reist doch nicht aus Budapest an.

(Beifall von der FDP und der CDU – Wider- spruch von der SPD)

Wenn es denn so wäre, müssten viele NordrheinWestfalen nach Bayern gefahren sein und die wenigen Taten dort begangen haben; denn ich glaube

nicht, dass wir hier in NRW alle so wenig kriminell sind, dass niemand von uns Taten begehen würde.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Nun zu Ihren Statistik-Spielereien. Sie behaupten hier, diese Statistik sei doch gefälscht. – Ich möchte dann doch einmal auf Ihre eigene Statistik zur Kriminalitätsentwicklung 2011 in Nordrhein-Westfalen verweisen. Was machen Sie da? – Sie erfassen bestimmte Taten nicht mit dem Hinweis „Auslandstaten“. Auslandstaten waren klassischerweise einmal die Taten, bei denen ein Deutscher in Spanien eins auf die Mütze bekommen hat. Auslandstaten im Sinne der nordrhein-westfälischen Kriminalitätsstatistik, die Sie veröffentlichen, sind hingegen alle Taten, bei denen der Server im Ausland steht, meine Damen und Herren. Jeden Internetbetrug, für den der Server im Ausland steht, der aber mit Bezug auf Nordrhein-Westfalen begangen wird, streichen Sie aus der Statistik. Und dann sagen Sie, in Berlin würde gefälscht, meine Damen und Herren. Was ist das denn hier für eine Argumentation?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das werfen Ihnen auch die Vertreter der Polizeigewerkschaften vor. Sie werfen Ihnen vor, dass Sie genau an dieser Stelle unsauber arbeiten.

Lieber Herr Stotko, lieber Herr Körfges und auch Herr Innenminister Jäger, wenn Sie immer wieder darauf abstellen, wir hätten hier zu wenige Beamte, dann stellen Sie auf die Situation ab, dass wir in Nordrhein-Westfalen mehr Polizistinnen und Polizisten ausbilden müssten, um im Jahr 2017 das Loch schließen zu können.