Herr Lindner, die neuen Probleme, vor denen wir hier stehen, zum Beispiel was den Klimaschutz angeht, können wir nicht mit dem alten Denken, den alten Methoden und den alten Maßnahmen lösen, die genau die Ursache dieser Probleme sind. Denken Sie bitte einmal darüber nach!
An der Lippe und am Datteln-Hamm-Kanal übersteigen die Quecksilberbelastungen im Lee der Hauptwindrichtung schon lange alle Grenzwerte. Dort stehen die Kohlekraftwerke wie Perlen an einer Schnur aufgereiht. Quecksilber und die anderen Schwermetalle – Kadmium, Blei und Arsen – sowie radioaktive Substanzen reichern sich in der Umgebung der Abluftfahnen bereits seit Jahrzehnten in den Ökosystemen, in den Böden, den Sedimenten und in den Körpern der Bewohner an. Dieser Zustand wird sich, ebenso wie die Feinstaubbelastung, weiter verschlimmern.
Die Stickoxide düngen die Umwelt. Teilweise werden sie dabei auch zu Lachgas umgebaut, das 300mal so klimawirksam ist wie Kohlendioxid. Die Stickstoffkreisläufe sind dank des Haber-BoschVerfahrens sowieso schon weltweit aus dem Ruder gelaufen. Wahrscheinlich bewegen sie sich auf einem irreversibel höheren Niveau als vor der Industrialisierung. Jede weitere Belastung muss vermieden werden.
Noch schlimmer wird es, wenn man, wie ursprünglich geplant, in Datteln Kronocarb und Petrolkoks mitverheizt. Das wäre dann kein Steinkohlekraftwerk, sondern eine illegale Giftmüllverbrennungsanlage. Besonders schäbig an der ganzen Vorgehensweise ist, dass das große kollektive Bürgerrecht der Verbandsklage hier ausgehebelt wird, dass die Verbände nicht mehr gegen diese Entscheidungen klagen können.
Die „BoA“-Projekte – Braunkohle ohne Aussichten: BoA – sind unter Umwelt- und Klimaschutzgesichtspunkten genauso verheerend wie Datteln 4. Das eben Gesagte gilt tendenziell hierfür auch.
Zusätzlich werden durch die Tagebaue in großem Maß Landschaftszerstörungen im Lande begangen. Bei der Steinkohle hat man das erfolgreich ins Ausland outgesourct.
BoA wird seinen Beitrag leisten zur weiteren Zunahme der Zahl der statistisch nachweisbaren signifikanten Todes- und Krankheitsfälle durch Braunkohleverstromung, die sich in Deutschland jetzt schon auf mehrere Tausend jährlich summieren.
Wir fordern von der Landesregierung, jetzt endlich klare Kante zu zeigen und ernst zu machen mit der Energiewende, mit dem Klimaschutz, dem Umweltschutz und dem Schutz der Bevölkerung vor den Auswirkungen der Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle. Der Raubbau an Umwelt, Landschaft, Luft und Böden muss ein Ende haben. Herr Remmel, Nachhaltigkeit sieht anders aus. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerpräsidentin Kraft.
Dank. – Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lindner, an diesem Tagesordnungspunkt wird noch einmal deutlich, wie unterschiedlich Sie und wir und ich Politik machen. Wir wollen Sachlichkeit in dieser Frage. Ich bin der Auffassung, dass Sachlichkeit hier nottut.
Wenn ich die in dem FDP-Antrag geforderten inhaltlichen Aussagen zu dem vom RVR beantragen Zielabweichungsverfahren lese – das habe ich Ihnen schon in der letzten Debatte während der letzten Plenartage gesagt –, stelle ich fest: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen, und zwar aus fachlichen Gründen, weil die inhaltliche Prüfung erst jetzt beginnt und beginnen kann; und darüber hinaus stehen rechtliche Gründe einer solchen Vorabbindung entgegen. Vorschnelle Aussagen oder Bekenntnisse, wie Sie sie hier populistisch fordern, können rechtssichere Entscheidungen gefährden. Ich finde, Sachlichkeit täte bei Ihnen an dieser Stelle not.
Wenn wir schon bei Sachbearbeitung und Sachlichkeit sind, lohnt sich ein Blick zurück darauf, wie das mit Datteln entstanden ist. Ich kann Ihnen das nicht ersparen.
Das war zu Ihrer Regierungszeit. Bei Datteln sind Planungsfehler gemacht worden; so sind wir in diese Situation geraten.
Ich sage Ihnen: Diese Landesregierung wird alles tun, um ihren Beitrag zu einer rechtssicheren, guten
Eines ist hochinteressant: Warum kommen diese Anträge an jedem Plenartag wieder auf den Tisch? Warum eigentlich?
Der Punkt ist, dass Sie von Ihrem realen, energiewirtschaftlich desaströsen Handeln auf der Bundesebene ablenken wollen. Das ist doch das, was Sie hier erreichen wollen.
Ich habe gehört, dass die CDU gestern oder vorgestern den BDI-Präsidenten, Herrn Grillo, zu Gast hatte. Er wird Ihnen etwas Deutliches zur Energiewende, zu dem Nicht-Management der Energiewende und dazu, warum es in diesem Land Investitionshemmnisse gibt, ins Stammbuch geschrieben haben. Das ist doch klar, gerade wenn sich der BDIPräsident so deutlich dazu äußert. Ich könnte ihn an vielen Stellen zitieren.
Sie wollen davon ablenken, dass CDU, CSU und FDP auf Bundesebene die Energiewende nicht gebacken bekommen und
versuchen, den Schwarzen Peter nach NordrheinWestfalen zu legen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, geradezu absurd ist, dass wir uns hier gegenseitig absprechen, dass wir den Erfolg der Energiewende wollten. Wir sind als Bundesregierung angetreten, sie mit unseren Beschlüssen nach vorne zu bringen. Wir haben das auch deutlich gemacht.
Und die Forderung aufseiten der Länder lautet doch, dass wir nicht 16 plus eine Energiewende bekommen, sondern eine gemeinsame.
Insofern stellt sich die folgende große Herausforderung: Wie bekommen wir die Interessen der Länder unter einen Hut? Ich fand es sehr beeindruckend, dass man – wie uns berichtet wurde – in den Runden mit den Bundesländern am Ende gar nicht mehr erkennen kann, welches Parteibuch die jeweiligen Vertreter der Bundesländer haben, dafür aber anhand der vertretenen Interessen, aus welcher Region jemand kommt.
Wahrscheinlich ist es egal, welches Parteibuch der Ministerpräsident von Niedersachsen, von BadenWürttemberg oder von Bayern hat, denn es geht um das knallharte eigene Landesinteresse.
Wir als Nordrhein-Westfalen müssen darauf achten, dass am Ende der Zug nicht an uns vorbeifährt, weil sich Nord und Süd die Bälle zuspielen.
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir uns sehr konzentriert einbringen und zum Gelingen der Energiewende unseren Beitrag auch hier im Landtag leisten müssen.
Zwei der großen Energieversorger sind in Nordrhein-Westfalen zu Hause. Viele Stadtwerke und regionale Energieversorger, die mit Innovation und effizienten Lösungen den Wettbewerb beleben, engagieren sich hier in Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig haben wir eine breitgestaffelte Industrie: viele energieintensive Unternehmen, insgesamt 400.000 Beschäftigte in der Stahl- und Aluminiumverarbeitung, im Automobilbau, in der Chemie, in der Papierherstellung.
Deshalb, meine Damen und Herren, geht es nicht darum, 16 plus eine Energiewende hinzubekommen, sondern unser Thema heute hier ist, dass wir in Nordrhein-Westfalen es uns nicht leisten können, eine rote und eine grüne Energiewende zu haben.
Danach haben wir zwei unterschiedliche Stellungnahmen. Sie können in wichtigen infrastrukturpolitischen Fragestellungen eben nicht mit einer Stimme sprechen.