Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Bei dem, was Herr Höne eben gesagt hat, ist mir das Lachen im Hals steckengeblieben. Er hat gesagt, Schwarz-Gelb habe die Energiewende beschlossen. – Das glauben Sie doch selber nicht!

Hier sollte man sich einmal ansehen, seit wann die erneuerbaren Energien im Kommen sind: Im Jahre 2000 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz von Rot-Grün beschlossen. In den folgenden Jahren wurde durch weitere Veränderungen der Ausbau der erneuerbaren Energien nach vorne gebracht.

Schauen wir uns einmal Ihre Leistungen an. 2010 wurde von Schwarz-Gelb die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschlossen. Ein halbes Jahr später gab es eine 180-Grad-Wende. Ich finde es sehr mutig, was Sie unter einer Energiewende verstehen, nämlich etwas ganz anderes als wir. Sie verstehen anscheinend darunter nur den Atomausstieg, sprich: den Ausstieg ohne weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Genau das hat die Bundesregierung beschlossen, nämlich lediglich die Atomkraftwerke früher abzuschalten und nicht die erneuerbaren Energien weiter auszubauen, wie es sich für eine umfassende Energiewende gehört. Das, was gerade passiert, dass die Atomkraftwerke durch Kohlekraftwerke ersetzt werden, ist genau nicht das, was wir unter einer Energiewende verstehen.

(Beifall von den GRÜNEN und Monika Pieper [PIRATEN])

Nun komme ich zu Herrn Kufen und zum Thema „Kulturpessimismus der Energiewende“. – Das finde ich ein ganz starkes Stück. Mitglieder der Koalition in Berlin fordern ein Moratorium bei Fotovoltaik und Wind.

(Christian Lindner [FDP]: Richtig!)

Das ist Kulturpessimismus!

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Schwarz-Gelb arbeitet doch mit daran, dass eine Branche vor die Wand gefahren wird. Darüber hinaus versuchen Sie kläglich, die Debatte um die Energiewende auf die Preise zu verengen.

(Christian Lindner [FDP]: Sie sind persönlich befangen! – Ralf Witzel [FDP]: Das ist Klien- telpolitik! – Gegenrufe von der SPD und den GRÜNEN)

Haben Sie es bald? – Herr Altmaier versucht genau das. Das ist ein kläglicher Versuch. Er beziffert die Kosten der Energiewende mit 1 Billion €. Es ist Kulturpessimismus und ein Armutszeugnis, dass dem Bundesumweltminister beim Thema „Energiewende“ nicht die Wertschöpfungspotenziale und Arbeitsplätze einfallen, sondern lediglich die Kosten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lieber Herr Kufen, Sie haben sich damit selbst disqualifiziert und ins Lächerliche gezogen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion der Piraten spricht nun Herr Kollege Rohwedder.

(Reiner Priggen [GRÜNE] und Christian Lindner [FDP] führen einen Dialog.)

Wenn Sie fertig sind, kann ich anfangen. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen bis auf die beiden, die gerade diskutieren! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Stream! Die CDU ist ganz eindeutig die Speerspitze der Energierevolution. Herr Kufen stellt sich hier hin und behauptet, die Erneuerbaren würden ohne Sinn und Verstand wachsen.

(Oliver Bayer [PIRATEN]: Herr Lindner, auf- passen!)

Das ist Ihre Aussage gewesen.

Die in der Begründung für diese Aktuelle Stunde genannten Zahlen – in 2013 wurden bei Herrn Altmaiers Stromspar-Bundesinitiative bisher nur

600.000 € statt 100 bis 150 Millionen € abgerufen; in 2012 waren es 0 € – sind nicht überraschend. Sie sind symptomatisch für den Stellenwert, den die Energiewende bei dieser Bundesregierung genießt.

Ich erinnere an den Versuch, die Laufzeitgarantien für Atomkraftwerke zu verlängern, die Haltung zu fossilen Brennstoffen, das peinliche Herumgeeiere dieser Bundesregierung beim Fracking und die Versuche, das erfolgreiche EEG zu versenken und die

Energiewende, die bereits in vollem Gang ist, zu sabotieren.

Das Schiff Bundesregierung wird von der Nuklear- und Fossilmafia getrieben. Der Steuermann heißt Inkompetenz. Der Rudergänger hört auf den Namen Unfähigkeit. Es gibt keinen Kapitän. Die Galionsfigur, Mutter Blamage, bekommt bei jeder Welle eine kalte Dusche.

(Beifall von den PIRATEN)

Ganz gewiss gehört die gesteigerte Energieeffizienz zu den tragenden Säulen der Energiewende. Allerdings haben die Energieproduzenten mit Großkraftwerken wenig Interesse an diesem Thema, weil es ihren Geschäftsmodellen zuwiderläuft.

Diese betriebswirtschaftliche Sichtweise einiger Marktteilnehmer, nämlich der Produzentenoligopole, hat die Bundesregierung abgestumpft übernommen. Sie betreibt deren Geschäft.

Komplexe Themen wie die Energiewende, verbunden mit der sicheren und nachhaltigen Energieversorgung eines großen Industrielandes wie Deutschland, brauchen jedoch eine systemische, ganzheitliche Betrachtungsweise. Nicht nur Produktion, sondern auch Distribution, Speicherung und mehr Effizienz müssen in einer höheren Einheit aufgehen.

Diese Aktuelle Stunde steht natürlich auch wegen der anstehenden Bundestagswahl auf dem Programm. Die Koalitionsfraktionen in diesem Land haben einen wunden Punkt von Schwarz-Geld erkannt.

Sie müssen sich allerdings fragen lassen, was sie denn hier im Lande tun. Die Kohlepolitik nützt den Oligopolen. Beim Fracking wird geeiert. Die Dienstleistungen für die Nuklearindustrie laufen weiter. Die Unterschiede zum Bund sind nicht so groß, als dass sie als beispielhaft gelten und ein Ansporn für Wähler sein könnten, die einen Kurswechsel wollen.

Wenn das Thema dieser Aktuellen Stunde die Bundesregierung betrifft, dann lohnt sich diese Aktuelle Stunde nicht. Die schlechte Nachricht ist, dass diese Bundesregierung auf diesem Gebiet nie Ambitionen hatte. Die gute Nachricht ist: Sie „hat fertig“. Es macht keinen Sinn, auf sie zu warten.

Was können wir denn hier im Lande tun? – Es gibt eine neue EU-Richtlinie zur Energieeffizienz. Dabei handelt es sich um die Richtlinie 2012/27/EU, die am 4. Dezember 2012 in Kraft getreten ist. Die Mitgliedstaaten haben 18 Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Die Art. 5 und 6 dieser Richtlinie beziehen sich ausdrücklich auch auf die kommunalen Ebenen. Das ist Landeskompetenz. An dieser Stelle ist das Land gefordert. Hier kann die Landesregierung zeigen, dass dieses Thema auch nach der Bundestagswahl ihr ungeteiltes Interesse genießt.

Wir sind gespannt und werden die Umsetzung konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kufen, Herr Brockes, es ist ja schön, wenn Sie aus Papieren des Bundeswirtschaftsministeriums zitieren oder auf die Koalition in Nordrhein-Westfalen verweisen. Gerade beim Thema „Energiesparen“ gilt aber: Wenn man mit den Menschen spricht und sie nach ihren Erfahrungen fragt, wird sehr schnell deutlich, wo das Ganze sich verhakt.

Herr Brockes, Sie haben die schönen Leistungen des Bundeswirtschaftsministers und die Beratungsangebote zitiert. – Aber gehen Sie einmal dorthin. Machen Sie einmal eine BAFA-Beratung, die vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert wird. Sie ist fachlich in Ordnung. Sie ist sogar sehr intensiv. Dabei werden Ihnen viele Informationen gegeben.

Wenn Sie dann bei der KfW einen Antrag für eine Kreditförderung stellen wollen, müssen Sie das Ganze aber noch einmal anders schreiben, weil sich die KfW und das Wirtschaftsministerium offensichtlich in den Bedingungen nicht abgestimmt haben. Nach vier Jahren haben sie es immer noch nicht geschafft, sich in Sachen Energieberatung auf einheitliche Anforderung zu verständigen, damit das bei den Menschen ankommt und damit die Kredite und Unterstützungsleistungen auch tatsächlich fließen können.

Das ist ein einfaches praktisches Beispiel. Hier könnten wir schnell etwas verändern, wenn die Bundesregierung nicht ständig in ihren eigenen Reihen dieses Chaos in Sachen Energieeffizienz und Energieeinsparung produzieren würde.

Wenn die Debatte heute Morgen einen Impuls nach vorne geben soll, sollten wir in fünf Punkten eine sehr einfache Verabredung treffen. Wir von RotGrün sind uns hier auch einig. Wir haben entsprechende Initiativen eingebracht.

Erster Punkt: Lassen Sie uns eine gemeinsame Unterstützung unserer Initiative auf Bundesebene, die Stromsperren wegzubekommen, verabreden. Das ist eine ganz einfache Initiative, um einkommensschwache Haushalte zu schützen, damit sie nicht im Dunkeln sitzen. Wir haben im Bundesrat Vorschläge unterbreitet. Herr Duin und ich haben den Vorstoß unternommen. Wir würden uns Ihre Unterstützung wünschen. Es fehlt die Unterstützung der Bundesregierung, um diese Haushalte zu sichern.

(Minister Garrelt Duin: Genau!)

Das hat nichts mit Sozialtarifen zu tun. Hier handelt es sich um einfache Lösungen. Wir haben sie im Bundesrat präsentiert. Ihre Unterstützung fehlt.

Zweiter Punkt: Lassen Sie uns flächendeckende Energieberatung gerade für einkommensschwache Haushalte verabreden. Face-to-Face-Beratung ist in der Tat die effizienteste Maßnahme. In diesen Haushalten sind nach unseren Erfahrungen 20 bis 50 € im Jahr durch einfachste Energieeinsparmaßnahmen zu sparen. Wir müssen es flächendeckend hinkriegen. Da fehlt die Zusage der Bundesregierung, unsere Beratung, die wir gut aufgebaut haben, flächendeckend auszubauen. An dieser Stelle wären die angekündigten Millionen gut eingesetzt. Lassen Sie uns gemeinsam verabreden, uns hier zu positionieren.

Dritter Punkt: Energieeffizienz. Sie haben die EnEV angesprochen. Auch hier sollten wir eine ganz einfache Verabredung treffen – beispielsweise, bei den Heizungspumpen nicht die Standards 2017 zum Maßstab zu nehmen. Die Technik der Hersteller aus Nordrhein-Westfalen kann diese Standards bereits heute erfüllen. Lassen Sie uns die Standardsetzung ambitioniert an den tatsächlichen Leistungen unserer Industrie orientieren. Auch das ist eine ganz einfache Verabredung, die wir bei der Ausgestaltung der EnEV …

(Zuruf von der FDP: Im Bundesrat!)

Ja, wir haben es eingebracht. Die Unterstützung Ihrer Seite fehlt aber.

Vierter Punkt: Lassen Sie uns noch einmal die Frage der steuerlichen Abschreibung der Gebäudesanierung angehen – aber unter gerechter Verteilung der Finanzlasten, auch bezogen auf die schwachen Länderhaushalte. Hier muss es eine finanzverträgliche Lösung geben.

(Christian Lindner [FDP]: NRW zahlt nichts, der Bund alles!)

Ich hoffe, dass wir hier eine solche Verabredung treffen können.

Letzter Punkt der fünf kleinen Punkte, die wir heute hier verabreden könnten: Lassen Sie uns gemeinsam sagen, dass Nah- und Fernwärme die effizienteste Nutzung von Energie gerade im Wärmesektor ist. Hier könnten wir in Nordrhein-Westfalen gemeinsam eine Marke kreieren. Auch dafür fehlt Ihre Unterstützung auf Bundesebene und auf EU-Ebene.