Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in der letzten Plenarwoche zu dem Thema „Blockupy“ – das war ein Antrag der Piraten, über den wir diskutiert haben – gesagt, dass wir als Landtagsabgeordnete, insbesondere also diejenigen, die auch Mitglied im Innenausschuss sind, Verantwortung für die Polizei tragen. Dazu gehört auch, für den Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vor Gewalt – zum Beispiel Beleidigung, Bedrohung, gewalttätigen Übergriffen – zu sorgen.
Das betrifft im Übrigen aber nicht nur die Polizei – das will ich hier deutlich sagen –, sondern auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte, für deren Schutz wir aufgrund ihres hoheitlichen Auftrags ebenso verantwortlich sind.
Jede Person – ich denke, da sind wir uns einig –, die Gewalt erfahren muss – egal, ob in Uniform oder nicht –, ist eine Person zu viel.
Aber ich glaube, dass man den Respekt vor der Arbeit dieser Personengruppen und vor den Individuen bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst nicht über das Strafrecht herstellen kann und dass die Androhung von höheren Strafen Gewalttaten an sich nicht verhindern wird.
Deshalb ist Ihr Antrag reine Symbolpolitik, die Sie kurz vor der Bundestagswahl noch mal herausholen. Sie rüsten wieder einmal verbal gegen Straftäterinnen und Straftäter auf, obwohl Sie dabei ganz genau wissen, dass Sie hier auf eine völlig wirkungslose Forderung setzen!
Wirkungslos ist sie aus folgenden Gründen: Wenn das Strafmaß schon heute nicht ausgeschöpft wird, so heißt es in Ihrem Antrag, dass „die Täter zumeist ungeschoren mit einer vergleichsweise geringen Geldstrafe davonkommen“, dann ist doch meine erste Frage: Warum wird das Strafmaß bisher nicht ausgeschöpft? – Dazu sagen Sie hier gar nichts. Das finde ich dann doch äußerst dünn.
Der zweite Grund, warum diese Forderung aus meiner Sicht wirkungslos ist – das hat der Kollege Bialas gerade schon gesagt –, ist, dass etwa zwei Drittel der Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss standen. Ein Großteil der Taten wird im Affekt begangen.
Verkürzt bedeutet das im Endeffekt, dass potenzielle Täterinnen und Täter das zu erwartende Strafmaß überhaupt nicht interessiert. Vermutlich kennen sie das sie erwartende Strafmaß noch nicht einmal. Deshalb wird man durch die Umsetzung Ihrer Forderung Gewalttaten gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nicht verhindern. Im Gegenteil: Sie befinden sich hier wieder im Rahmen von scheinheiliger Symbolpolitik.
Es ist aber auch überflüssig, was Sie hier fordern, weil Gewalt gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, Feuerwehrleuten und Rettungskräften wie jeder andere Angriff auf eine Person schon jetzt unter Strafe steht, zum Beispiel unter die Tatbestände Beleidigung, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte fällt.
Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2011, also vor zwei Jahren, das Strafmaß in § 113 StGB um ein Jahr von zwei auf drei Jahre erhöht. Bei dieser Gesetzesänderung ist aber keine Mindeststrafe eingeführt worden, wie die CDU das hier fordert. Offensichtlich hat die CDU sich da auf Bundesebene nicht durchsetzen können und bemüht nun zum wiederholten Male den Landtag.
Das muss man auch mal sagen: Sie bringen hier innerhalb von drei Jahren zum dritten Mal denselben Antrag ein. Ich finde es, ehrlich gesagt, peinlich, dass Sie, wenn Sie das in drei Jahren nicht durchbekommen haben, es quasi jedes Jahr wieder probieren.
Es gibt aus meiner Sicht auch noch einiges, was wir zu diskutieren und abzuwarten haben. Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat ja im April 2010 eine Projektgruppe eingerichtet, um eine eigene NRW-Studie zum Thema „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ zu erstellen. Diese Studie wird von der Uni Kiel durchgeführt. An der Befragung für diese Studie haben in NordrheinWestfalen 47 % der Polizeibeamtinnen und -beamten teilgenommen, was, wie ich finde, ein ziemlich hoher Rücklauf ist. Die Ergebnisse dieser Studie sollen bis Ende dieses Jahres vorgestellt werden. Ich glaube, dass wir das abwarten sollten, um das Phänomen hier dann noch eingehender diskutieren zu können.
Eines ist, finde ich, aber schon klar – das hat zumindest der „Spiegel“ vor einigen Wochen berichtet, dem wohl eine Vorabversion mit ersten Ergebnissen der Studie vorlag –: Es gibt viele Polizeibeamtinnen und -beamte, die sagen, dass sie psychische Auswirkungen der Gewalt erleben – das ist ein Stück weit klar, wenn es traumatische Erlebnisse sind –, aber nur vier von fünf Beamtinnen und Beamten nehmen Hilfe in Anspruch.
Das wäre für mich ein Punkt, zu sagen, dass wir hier noch einmal daran arbeiten müssen, dass die Beratungsangebote, die zur Verfügung stehen, von den Polizeibeamtinnen und -beamten auch in Anspruch genommen werden und wir hier noch einiges an Verbesserung erzielen können.
Die Reduktion von Gewalt und die Herstellung von Respekt gegenüber der Arbeit von Polizei, Rettungskräften und Feuerwehr ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Es muss insgesamt unser Ziel sein, Gewalt in der Gesellschaft zurückzudrängen, Ursachen und Bedingungen dafür zu diskutieren.
Ich halte ein höheres Strafmaß, ehrlich gesagt, für überhaupt nicht zielführend. Wir werden die Debatte im Ausschuss zwar noch führen – es ist ja schon in den letzten drei Jahren darüber diskutiert worden; es gab in der letzten Legislaturperiode ja auch eine Anhörung zu diesem Thema; insofern diskutieren wir das gerne noch einmal –, aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass ich die Erfolgsaussichten für Ihren Antrag doch für sehr überschaubar halte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wohl unserer Polizeibeamtinnen und -beamten liegt uns als FDP sehr am Herzen. Respektlosigkeit und Aggressivität gegenüber Polizeibeamtinnen und beamten haben ein Ausmaß erreicht, das Anlass zur Sorge bietet. Das betrifft im Übrigen nicht nur Polizistinnen und Polizisten, sondern auch Einsatzkräfte bei Feuerwehr und Rettungsdiensten und sogar auch Journalisten.
§ 113 StGB wurde jüngst auch vor diesem Hintergrund verschärft: Der Strafrahmen wurde erhöht. Es gibt keine tatbestandliche Sonderregelung für Polizeibeamte, sondern es sind auch die anderen, eben genannten Einsatzkräfte einbezogen. Der Schutzbereich wurde entsprechend ausgeweitet. Das Mitführen von gefährlichen Waffen bzw. Werkzeugen wurde eingefügt.
Sprich: Es ist rechtlich eigentlich das Handwerkszeug gewählt worden, das man für die Behebung solcher Probleme allgemein kennt.
Wo ich allerdings Schwierigkeiten habe, der CDU zu folgen, ist der Punkt, dass wir als Gesetzgeber uns hier auch noch zum Richter machen sollen,
deststrafe zur Folge. – Ich glaube, dass wir Vertrauen in die Gerichte haben dürfen. Diese sollten entscheiden, in welchem Ausmaß von dem Strafrahmen Gebrauch gemacht wird.
An unserer Position hat sich nichts geändert. Sie können an der moderaten Änderung des Strafgesetzbuches auch ablesen, dass wir uns in Berlin offenkundig durchgesetzt haben – wir regieren da ja mit –, da die CDU das immer noch als einen Restposten vor sich herschiebt.
Ich kann Ihnen nur raten: Wer nicht möchte, dass ab September die von der CDU angestrebte Regelung ins StGB kommt, der sollte uns bei der Bundestagswahl nach Kräften unterstützen.
Nachdenken kann man in Zukunft allerdings darüber, ob man nicht in der RiStBV einige Neuerungen vorsieht mit dem Ziel, dass zum Beispiel auch Verfahren bei Beleidigungsdelikten gegenüber Beamtinnen und Beamten nicht mehr so einfach eingestellt werden, sondern genauer hingeschaut wird. Zu solchen Themen sind wir gerne gesprächsbereit.
Herr Bialas, das Ganze aber als Oppositionsklamauk der CDU oder eiskalte Einstellung der CDU darzustellen, geht etwas weit. Ich glaube, alle Fraktionen im Landtag ringen darum, wie wir die Beamtinnen und Beamten bestmöglich schützen können. Dazu mag man unterschiedliche Positionen vertreten. Das ist halt so. Aber in den Forderungen der CDU eine eiskalte Einstellung zu sehen, geht, glaube ich, ein bisschen weit.
Wenn Sie dann auch noch hinzufügen, die Stadt Düsseldorf trüge die Verantwortung dafür, wenn sich in der Altstadt verschiedene Gruppen prügeln, die zu großen Teilen gar nicht aus der Stadt kommen, sondern aus anderen Regionen des Landes zugereist sind, so ist das etwas, was in diese Debatte gar nicht hineingehört. Vielleicht denken Sie noch einmal drüber nach. Wenn wir dieses Thema in der nächsten Auflage haben, können Sie vielleicht anders argumentieren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Orth. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Schatz das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Liebe CDU-Fraktion! Ja, Sie haben recht, Gewalt gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt, und zwar in genau demselben Ausmaß wie Gewalt
Schaue ich mir jedoch diesen Antrag und auch Ihre früheren Anträge an, bekomme ich langsam das Gefühl, dass Sie dazu anderer Meinung sind und dass Sie eine Art Sonderstrafrecht für Gewalt gegen Polizeibeamte wollen, weil ein Angriff gegen einen Polizisten Ihrer Meinung nach ein höheres Unrecht darstellt, als wenn derselbe Angriff auf einen „normalen“ Menschen erfolgen würde. Darüber kann man sicherlich diskutieren, auch wenn man im Ergebnis dann anderer Ansicht ist. Aber dann seien Sie wenigstens so ehrlich und sprechen das offen aus.
Ihre Anträge, die Sie bereits im Jahre 2010 stellten, und auch die Reform des § 113, die bereits 2010 stattgefunden hat, wurden schon angesprochen. Auch ich frage mich, warum Sie das nicht bereits damals geändert haben und warum Sie nicht jetzt Ihre Kollegen im Bund anrufen und darauf drängen, das jetzt zu ändern. Ich vermute, weil sich schon im Rahmen der damaligen Debatte herausgestellt hat, dass eine Erhöhung des Strafrahmens in der Praxis nicht die geringsten nennenswerten Effekte erzielen wird.
Die Täter sind, wie auch schon hier ausgeführt, in aller Regel alkoholisiert. Außerdem ist es dem Straftatbestand des Widerstandes immanent, dass diese Handlungen aufgrund der Situation spontan erfolgen. Diesen Tätern ist es schlichtweg egal, welches Strafmaß sie erwartet. In solchen Situationen denken sie nicht darüber nach.
Auch dieser Antrag, der wohl auch wieder eine Solidaritätsbekundung sein soll wie schon Ihr Antrag aus dem Jahr 2010, obwohl Sie wissen, dass er in der Praxis nichts ändern wird, zeigt, dass Sie die Thematik in keiner Weise verstanden haben. Ich kann hier aufgrund der Kürze der Zeit leider nicht auf alles eingehen.
Aber zunächst einmal etwas zur Ausgangslage: Sie malen hier ein Bild, als wären Polizisten nur noch Angriffen ausgesetzt. Sie können gar nicht mehr arbeiten, so oft wie sie geschlagen und getreten werden.
Ja, die Situation ist schlimm. Das stimmt. Keine Frage. Das will ich auch in keiner Weise mindern. Aber der von Ihnen angeführte Bericht zeigt zum einen, dass es im Vergleich von 2011 zu 2012 nur einen leichten Anstieg gegeben hat und keinen massiven, wie Sie es darstellen. Im Vergleich zu 2010 ist die Zahl sogar gefallen. Gleichzeitig gab es 2012 3,1 % weniger Verletzte als noch 2011. Das ist unstreitig immer noch zu viel. Ich denke, darüber besteht Konsens.