Ich betone noch einmal: Es gibt keine Einigung, auch nicht durch Ihren Änderungsantrag. Wenn Sie dort in der Begründung schreiben:
„Liegen die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 KonnexAG vor, ist eine entsprechende Kostenausgleichsregelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu erarbeiten und dem Landtag zur
dann beinhaltet diese Aussage die Konsequenz, die Sie durch ein Verfassungsgerichtsurteil auch zu tragen gehabt hätten.
Ich gebe zu: Die Feststellung durch einen Gutachter sieht schöner aus. Wir wissen auch, wie Sie es schöner wollen. Die Kommunalwahlen – Sie haben es selbst erwähnt – stehen vor der Tür.
Der Substanz nach hat sich aber nichts, rein gar nichts geändert. Selbst eine Klage ist, wie wir hören, trotz Ihres Verschiebens des Inkrafttretens schon jetzt möglich.
Herr Römer, es gibt einen Punkt Ihrer Rede, dem ich zustimme. Sie haben gesagt: Ob die Inklusion gelingt bzw. erfolgreich ist, wird vor Ort entschieden. – Genau das ist der Punkt. Deshalb verstehe ich eines nicht, und auch Ihre salbungsvolle Rede kann darüber nicht hinwegtäuschen: Sie bleiben uns die Antwort schuldig, warum Sie neben dem Land den wichtigsten Player bei der Frage der Konnexität nicht ins Boot geholt haben.
Wenn es gelingen soll, muss ihn doch motivieren mitzumachen. Sie aber haben bei den Kommunen die Situation erzeugt, dass diese sich Ihnen gegenüber mit der Faust in der Tasche verhalten. Die kommunale Seite schlägt nicht alle Türen zu, weil kommunale Spitzenverbände das nicht machen können. Sie haben die Chance restlos vertan, die Kommunen zu den erfolgreichen Playern zu machen, die mithelfen, dass Inklusion, diese schwierige Aufgabe, überhaupt gelingen kann.
In dem Zusammenhang: Frau Löhrmann, Sie reden häufig – diese Vokabel zitieren Sie oft – von der „staatlich-kommunalen Verantwortungsge
meinschaft“. Das heißt, der Staat – wir, das Land, die Landesebene – und die kommunale Ebene sollen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Das, was Sie allerdings im Inklusionsgesetz niedergeschrieben haben, ist so was von top-down, wie man es sich in Funktionärskreisen kaum besser vorstellen kann. Hier werden die Kommunen nicht zu gleichberechtigten Partnern, sondern hier wird ihnen gesagt: Springt, egal was passiert! – Das kann nicht gutgehen.
(Beifall von der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist vielleicht Ihre Politik; Sie verwechseln da etwas!)
Wir sind mit unserem Entschließungsantrag in diese Beratung gegangen, weil es uns wichtig ist, noch einmal fünf Punkte herauszustellen:
Erstens. Wenn man Inklusion will, gehört der Rechtsanspruch ins Gesetz. Wenn er ins Gesetz kommt, weiß man: Hier wird Konnexität ausgelöst.
Die CDU bekennt sich dazu. Die Kommunen haben Anspruch darauf, dass ihre Mehrkosten adäquat ersetzt werden.
Zweitens. Es darf für keinen schlechter werden – weder für die Kinder mit Handicap noch für die Kinder ohne Handicap. Es geht auch darum, Qualität und Qualitätsstandard zu erreichen. Deshalb ist es so wichtig, dass Qualitätsstandards definiert werden. Das bleiben Sie in diesem Gesetzentwurf völlig schuldig.
Drittens. Wir wollen eine echte Wahlmöglichkeit für die Kinder; die Wahlmöglichkeit zwischen einer Förderschule und einer allgemeinen Schule. Deshalb brauchen wir unabhängige Beratung, und deshalb haben wir das in unserem Antrag erneut betont.
Viertens. Über die sonderpädagogische Förderung kann auf Antrag der Eltern, aber auch, wie wir meinen, auf Antrag der Schule entschieden werden. Deshalb haben wir das ergänzend vorgetragen. Das ist auch ein Essential, damit es weitergeht.
Fünftens. Unsere Sorge ist, dass über die Definition der Schulgrößen die kalte Inklusion fortgesetzt wird und die Wahlmöglichkeiten dadurch eingeengt werden. Das kann kein Weg in die Zukunft sein.
Kurz und gut, dieser Gesetzentwurf springt zu kurz. Er kann unsere Zustimmung nicht finden. In der Sache wird – nicht zuletzt auch durch den Beitrag von Herrn Römer – die große Chance vertan, dass wir dies zu einem Aufbruchthema für Nordrhein-Westfalen machen. Schade! – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kaiser, es ist schon tragisch, wenn man die Rede noch einmal umschreiben muss und das dann aber irgendwie gar nicht so gut hinkommt.
Sie haben in der Tat nicht nachvollzogen, dass wir gesagt haben: Ja – und das ist die gemeinsame Vereinbarung –, wir wollen eine faire und offene Evaluation. Wir gehen in einen konzentrierten Arbeitsprozess unter Beibehaltung der bisherigen Rechtsposition. Wir wollen aber, was die Fragen angeht, miteinander arbeiten. – Dass Ihnen das nicht ins Konzept passt, haben Sie hier deutlich gemacht. Wir haben aber eine andere Ausgangslage.
Ich sage ganz deutlich: Wir hätten das auch schon vor Weihnachten des letzten Jahres haben können. Da gab es nämlich die gleiche Diskussion. Ich bin aber froh und dankbar, dass die kommunalen Spitzenverbände genau diese Prozess mit uns – so, wie ich es eben beschrieben habe – mitgehen wollen; denn die kommunalen Spitzenverbände sind diejenigen, Kollege Kaiser, die auch hier in der Anhörung – das will ich hervorheben – klargemacht haben, dass sie hinter der Inklusion stehen. Das haben sie getan – entgegen vielen anderen, die das hier auf den Lippen gehabt haben, die eigentlich aber gegen den Prozess sind und es sich nur nicht offen zu sagen trauen.
Von daher will ich auch die Szenarien erwähnen, die Sie hier gerade – das waren Geschichten von Eltern – skizziert haben. Das sind die Szenarien von vor dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz. Diese Szenarien haben Eltern vielfach erlebt. Da ging es um den Platz für ihr Kind im gemeinsamen Unterricht, es ging um das Laufen durch die Instanzen und um die Fragen: Wo kann ich einen Platz bekommen? Wie sieht es dann aus?
Damit machen wir systematisch Schluss, denn wir werden mit diesem ersten Schritt der Umsetzung der VN-Konvention den Prozess, der in NordrheinWestfalen aber schon eine lange Tradition hat, systematisch weiterführen.
Dieses gelingende gemeinsame Lernen haben wir in Nordrhein-Westfalen seit 30 Jahren. Wir sollten gemeinsam daran weiterarbeiten. Es tut gut, diese gelingenden Beispiele nach vorne zu stellen, anstatt wie auch gerade Herr Kaiser Angstszenarien aufzubauen und weitere Verunsicherung in das Land zu tragen. Das ist nicht der Auftrag der Politik, wenn man wirklich Inklusion vorantreiben will.
Es reicht eben auch nicht, Ihren Antrag zu recyceln. Ich war sehr froh, dass Sie sich, was die Inhalte angeht, daran erinnern. Aber auch heute haben Sie wieder keinen Haushaltsantrag dazu gepackt. Sie haben es in allen Haushaltsberatungen seit 2010 nicht gemacht. Es ist wohlfeil, hier zu stehen und zu fordern: Das muss, das muss! Aber einen Haushaltsantrag haben Sie auch heute nicht beigebracht.
Um die Legende über Rot-Grün zu widerlegen, es sei nichts ausgestattet worden, wir seien nicht vorbereitet, erinnere ich an Folgendes:
Wir von Rot-Grün haben seit 2010 gezielt in den gemeinsamen Unterricht und in die Ressourcenausstattung von Schule insgesamt massiv investiert. Das kommt den Kindern in der Frage der Inklusion direkt und indirekt zugute. Seit 2010 geht es um mehr als 1.100 Stellen zusätzlich für das gemeinsame Lernen. Bis zum Schuljahr 2017 werden es über 3.200 Stellen mehr sein. Sagen Sie also bitte nicht, es stünde keine Ausstattung dahinter.
Es ist klar und wir haben es sehr wohl gesagt: Das Stellenbudget, das jetzt in der sonderpädagogischen Förderung für den Bereich LES steckt, umfasst über 9.400 Stellen, die den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Die anderen Stellen kommen noch obendrauf. Wir steuern in einer neuen Budgetierung zwar um, sorgen aber auch dafür, dass es auch in diesem Prozess keine Brüche geben wird. Wir wollen sorgsam und schrittweise vorgehen, damit zum einen die Schulen nicht überfordert sind und zum anderen der Rechtsanspruch schrittweise in die Schulen hineinwachsen kann. Das ist unser politischer Auftrag, und das ist auch Auftrag der VNKonvention, den wir konsequent umsetzen.
Wir haben neben den Moderatorinnen in Fortbildung und Zusatzqualifikation investiert, und zwar mit 2.500 Plätzen und 2.300 Studienplätzen. Das wäre schon seit Jahren eine gemeinsame Aufgabe gewesen. Rot-Grün hat das jetzt angepackt. Deswegen ist es einfach unaufrichtig und nur halb wahr, was Sie hier darstellen. Wir haben nämlich unsere Hausaufgaben von Anfang an gemacht.
Wir haben den Grundschulen über das 8. Schulrechtsänderungsgesetz gemeinsam 1.700 Stellen mehr zur Verfügung gestellt, Herr Kaiser. Sonst verweisen Sie im Zusammenhang mit dem Schulkonsens darauf gerne. 2014 senken wir die Klassenfrequenzrichtwerte ab. Auch das alles trägt zur Verbesserung der Ressourcen bei. – Dazu von Ihnen heute kein Satz. Aber wie gesagt: Ihre hier vorgestellten Forderungen sind mit nichts unterlegt.
Wir sind längst auf dem Weg: Seit 2010 konnte die Quote der Kinder mit Behinderung, die am gemeinsamen Unterricht der Regelschule teilnehmen, spürbar gesteigert werden. Im Grundschulbereich sind es bereits über 33 %.
Und wir wollen – das ist der Unterschied zu dem Szenario, das Sie eben dargestellt haben, Herr Kaiser – dafür sorgen, dass nicht mehr über aufwändige Verfahren sonderpädagogische Ressource in die Schule organisiert werden soll, sondern dass die Sonderpädagoginnen da sind, wenn die Kinder in die Schule kommen. Das ist unser anderes Denken, unsere Umsteuerung, die wir vornehmen werden.