Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

schwächsten Schülerinnen und Schüler wegen zu kleiner Klassen gar kein schulisches Angebot zur Weiterqualifizierung mehr vorfinden.

Das differenzierte Bildungsangebot der Berufskollegs und die damit verbundenen beruflichen Perspektiven müssen in allen Teilen des Landes erhalten bleiben.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

In der Diskussion über sogenannte Warteschleifen wird nämlich sehr häufig vergessen, dass viele Jugendliche das Angebot der Berufskollegs sehr wohl nutzen, um höherwertige Schulabschlüsse zu erzielen oder sich beruflich zu orientieren. Diese Möglichkeiten wollen wir auch weiterhin für alle offenhalten.

(Beifall von der CDU)

In diesem Zusammenhang ist es für uns bei der Weiterentwicklung der Berufskollegs von besonderer Bedeutung, eine weitere Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen zu schaffen.

Ein zweiter Teil des vorliegenden Gesetzentwurfs sieht Aktualisierungen aufgrund von Änderungen des Berufsbildungsgesetzes vor. Die Änderung des Schulgesetzes bezüglich des Rechts der Schulträger, Vorgaben für die Aufnahme von Kindern aus anderen Kommunen zu erlassen, ist aufgrund der Rechtsprechung des OVG Münster nötig. Hier folgt der Gesetzentwurf einer Anregung der kommunalen Spitzenverbände.

Des Weiteren schlägt der Gesetzentwurf eine Verlängerung der Antragsmöglichkeit für PRIMUSSchulen vor. Die PRIMUS-Schulen gehen als Schulversuche auf den Schulkonsens zurück. Mehrere Kommunen konnten diese Schule im vergan

genen Jahr nicht beantragen und baten daher um ein Jahr Verlängerung.

Die PRIMUS- Schulen haben wir im Schulkonsens verabredet. Daher tragen wir sie heute weiter mit – ebenso wie die Verlängerung der Antragsfrist.

In diesem Sinne bin ich genauso optimistisch wie gerade der Kollege von der SPD-Fraktion. Die Änderungen kann wohl das gesamte Haus mittragen. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Vogt. – Für die grüne Landtagsfraktion spricht Kollege Bas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich heute außerordentlich, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Berufskollegs wieder einen weitergehenden, fraktionsübergreifenden Antrag auf den Weg bringen. Dazu noch mal mein Dank an die Koalitionsfraktionen, aber auch an die CDU, die zusammen den bewährten Konsens in diesem Bereich weiterführen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mein Dank gilt aber auch den weiteren Akteuren der beruflichen Bildung, die das Anliegen dieses Gesetzentwurfs mit unterstützen. Somit senden wir nicht nur ein starkes Signal an unsere Berufskollegs im Land, sondern auch an die vielen jungen Menschen, die unsere Berufskollegs besuchen.

Soweit mir bekannt ist, sollen auch die Fraktionen von FDP und Piraten dem Grundgedanken dieses Gesetzentwurfs durchaus positiv und aufgeschlossen gegenüberstehen, wenn sie auch aus verschiedenen Gründen heute nicht auf dem Antrag stehen. Auch Sie sind natürlich herzlich eingeladen, zusammen mit uns in den folgenden Beratungen an den möglichst besten Bedingungen der beruflichen Bildung für unsere Jugendlichen in NRW mitzuarbeiten.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Das Berufskolleg ist in der allgemeinen Wahrnehmung vor allem als wichtiger Bestandteil der Berufsausbildung bekannt, die im Rahmen der Berufsschule und des dualen Systems gewährleistet wird. Weniger bekannt sind die zahlreichen Möglichkeiten, alle gängigen Schulabschlüsse zu erwerben, verbunden mit beruflichen Qualifikationen verschiedenster Fachrichtungen. So bieten viele Berufskollegs zum Teil über 40 verschiedene Bildungsgänge an und beschulen nicht selten auch ältere Erwachsene. Derzeit werden die Berufskollegs von fast 600.000 Schülerinnen und Schülern besucht.

Die Berufskollegs sind ebenfalls ein wichtiger Weiterqualifizierungsmotor für junge Menschen mit gebrochenen Bildungsbiografien, indem sie diesen eine neue Chance bieten – auch denjenigen ohne Ausbildungsplatz und/oder ohne Schulabschluss.

Die Veränderungen im Berufsbildungsgesetz, das neue Übergangsmanagement Schule-Beruf, aber auch die von Bildungsexperten wie Baethge geforderten einheitlichen Bildungsangebote für Jugendliche mit besonderen Förderbedarfen sind Anlässe für die im Gesetzentwurf vorgesehene Neuordnung in diesem Bereich.

Im Moment sind hier eine Vielzahl verschiedenster Bildungsgänge – von den sogenannten KSoBKlassen für Schüler ohne Berufsausbildung bis zu den Jungarbeiterklassen und dem Berufsgrundschuljahr – anzutreffen. Nicht selten verbleiben einzelne Jugendliche länger als vorgesehen in diesen Bildungsgängen und somit in der Warteschleife.

Ziel soll jetzt nicht nur mehr Transparenz durch ein gestrafftes Angebot an den Berufskollegs für diese Jugendlichen sein, sondern auch die bessere Vermittlung in eine berufliche Ausbildung mit einer klaren Abschlussorientierung. Dazu passt das Motto: „Kein Anschluss ohne Abschluss“, oder auch das Leitmotiv der Landesregierung: „Kein Kind zurücklassen!“

Um auch in der Fläche ein berufsbildendes Angebot zu sichern, muss es auch mehr Möglichkeiten zur Flexibilisierung geben, zum Beispiel durch jahrgangsübergreifenden Unterricht. Damit sichern wir auch im ländlichen Raum die Versorgung mit Berufsschulunterricht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im weiteren Prozess belassen wir es aber nicht nur bei dieser Gesetzesänderung. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung gehört ebenso zum Bestandteil der weiteren Entwicklung des Berufskollegs in NRW, die wir ebenfalls mit möglichst allen Beteiligten aus Politik, Verbänden, Kammern und Wissenschaft diskutieren wollen.

Der vorliegende Gesetzentwurf befasst sich aber nicht nur mit den Berufskollegs, sondern auch mit der Verlängerung des Modellversuchs „PRIMUS“, in dem Schulen noch ein weiteres Jahr die Möglichkeit haben, längeres gemeinsames Lernen ab Klasse 1 zu erproben, und mit der Neuregelung der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern, die aus anderen Gemeinden kommen.

Sie sehen, es gibt viele Themen, die im Ausschuss noch beraten werden müssen. Die Beratungen werden angesichts der positiven Unterstützung durch die Fraktionen aber hoffentlich gut verlaufen. – In diesem Sinne Glück auf und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bas. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Schmitz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die drei Bereiche des Gesetzentwurfs beurteilen wir unterschiedlich.

Zunächst komme ich zum Thema „Berufskollegs“. Wir teilen das Anliegen, auch zukünftig ein flächendeckendes Angebot beruflicher Schulen zu sichern. Denn Berufskollegs bilden eine unverzichtbare Säule unseres Schulsystems, sind ein Rückgrat unseres Ausbildungs- und Wirtschaftssystems.

(Beifall von der FDP und den GRÜNEN)

Daher stimmen wir mit Ihrem Grundanliegen überein.

Wir sind uns auch einig, Warteschleifen für Jugendliche und Doppelstrukturen zu vermeiden.

Allerdings fragen wir uns, welche Unterstützung die Pädagogen bei den sehr heterogenen Schülergruppen in der zusammengeschlossenen Ausbildungsvorbereitung erhalten. Hier sind wir sehr gespannt auf die Anhörung. Grundsätzlich gehen die Überlegungen nach unserer Meinung aber in die richtige Richtung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann man beim zweiten und dritten Themenfeld dieses Gesetzentwurfs leider nicht behaupten.

Zur Aufnahme nicht der Gemeinde zugehöriger Kinder: Es hat ein Gerichtsurteil gegeben, wonach diese Kinder bei einem Anmeldeüberhang nicht einfach abgewiesen werden können. Wie aber lautet nun Ihre Reaktion auf dieses Urteil? – Wir legen schulgesetzlich fest, dass Kommunen beschließen können, bei einem Anmeldeüberhang unmittelbar nicht der Gemeinde zugehörige Kinder abzulehnen, wenn dort vor Ort eine solche Schulform besteht. – Sie betonen explizit, dass die Kommunen diese Regelung gewünscht haben.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Ganz genau!)

Aus Sicht der Kommunen kann ich das auch verstehen: weil es organisatorisch leichter ist. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es bei der Gestaltung von Bildungsbiografien nur um die einfachste Organisation? Es geht doch um die Frage bestmöglicher individueller Förderung. Wir alle fordern von Schulen Profilbildung ein, um unterschiedlichen Bedürfnissen bestmöglich zu entsprechen.

Da ist die Begründung im Gesetzentwurf sehr bedauerlich. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren: „Auf eine bestimmte gewünschte Ausrichtung der Schule kommt es insofern nicht an.“ Wenn also eine entsprechende Schulform im Heimatort vorhanden ist, heißt das: Das nicht der Gemeinde zugehörige Kind fliegt. – Ob es vielleicht um ein bi

linguales Profil geht, ob das Kind musisch begabt ist oder ob eine ähnliche individuelle Förderung sinnvoll wäre, ist völlig gleichgültig.

Rot-Grün kann man hier keiner Aufweichung der bisherigen Linie vorwerfen. Sie folgen Ihrer bisherigen Politik der Wiedereinführung von Schulbezirken. Ihnen geht es um Begrenzung auf den Wohnort. Organisatorische Verwahrung geht vor Profilbildung und Talentberücksichtigung. Wir hätten uns hier von Ihnen mehr kreative Überlegungen und mehr Freiheiten für Eltern gewünscht.

(Beifall von der FDP)

Auch ist mir ein Rätsel, dass die CDU, die sich gerade noch gegen Schulbezirke ausgesprochen hat, hier mitzeichnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie, dass ich die Schulexpertin, Frau Birkhahn, aus der letzten Legislaturperiode zitiere:

„Durch diese Schulbezirke wird der Wettbewerb bei der Entwicklung der Qualität von Schule nicht gefördert, sondern wieder zurückgenommen. Sie gehen diesen Schritt im Bewusstsein, dass die Qualitätsentwicklung von Schulen nicht befördert wird.“

Sehr geehrte Damen und Herren, ich sage es ganz ehrlich: Wenn mich jemand fragen würde, für welche schulpolitischen Positionen die CDU-Fraktion NRW steht, könnte ich es nicht sagen. Vermutlich könnten Sie es selber nicht.

Das gilt auch für das dritte Thema. Die PRIMUSSchule ist die Einheitsschule par excellence:

(Widerspruch von den GRÜNEN)

Vollintegrierter Unterricht von Klasse 1 bis 10; Klassenwiederholungen und Notengebung weitgehend gestrichen; massive Privilegien zulasten der anderen Schüler. Und so weiter, und so fort.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Auweia!)