Wenn die Worte nicht ausreichen, dann verlagern Sie gerne das Spielfeld, Herr Minister. In anderen Sportarten nennt man das Mattenflucht.
Daher war ich nicht überrascht, als ich den Artikel in der „Wirtschaftswoche“ gelesen habe, der der äußere Anlass der heutigen Debatte ist. Denn seit fast zwei Monaten hatte sich der Minister gar nicht mehr zu Steuererhöhungen geäußert. Da wurde es mal wieder Zeit.
Nachdem die Regierung Kraft beim Amtsantritt neue Schulden und Steuererhöhungen mit präventiven Ausgaben des Staates gerechtfertigt hat, ist sie inzwischen der Auffassung, dass die Steuern erhöht werden müssen, um überhaupt die bestehenden staatlichen Aufgaben zu erfüllen. Sie tun so, als hätten wir 2013 nicht weit über der Inflationsrate liegende Steuereinnahmesteigerungen gehabt. Und Sie tun so, als wenn die von Ihnen im letzten Jahr über eine Bundesratsblockade verhinderte Abmilderung der kalten Progression nicht schon das wesentliche Ergebnis hätte, dass die Lohnsteuereinnahmen zulasten der Beschäftigten in Deutschland deutlich gestiegen sind. Die kalte Progression ist Ihre kalte Steuererhöhung, die Sie über Ihre Bundesratsblockade von Rot und Grün verantworten.
Deshalb sind die Steuermehreinnahmen, die Bund, Länder und Gemeinden bei der Lohn- und Einkommensteuer erzielt haben, ein ganz wesentliches Ergebnis Ihrer Blockadepolitik. Sie sind schon verdeckte Steuererhöhungen. Sie brauchen gar keine weiteren. Sie haben sie schon geschaffen.
Aber, Herr Minister, Ihre Äußerungen zeigen auch, dass Sie ein etwas seltsames Staatsverständnis haben. Sie meinen nämlich offensichtlich ernsthaft, dass das Geld in einer Volkswirtschaft besser in den Taschen der öffentlichen Hand als bei den Menschen aufgehoben ist. Das ist das historische Missverständnis, das man Sozialismus nennt.
(Beifall von der CDU – Lachen von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Was hatten Sie für einen schlechten Geschichtslehrer? Das ist ja lächerlich! – Stefan Zimkeit [SPD]: Fragen Sie Ihre Ostkollegen! – Weitere Zurufe)
Herr Kollege Ott, dieses System ist überall dort gescheitert, wo es eingeführt worden ist. Wenn man sich anschaut, was Ihr lieber Parteifreund Hollande in Frankreich erlebt und welche Volten er gerade anstellt, ist Zeit, festzustellen, dass Ihr großes Vorbild gerade den Bach runtergegangen ist.
Er steuert entsprechend um und sagt: Wir müssen die Staatsausgaben senken. Wir müssen Bürokratieabbau wagen.
Heute sieht es eher so aus, als wollten Sie in die linke Ecke laufen, wenn ich das heutige Papier von Herrn Stegner richtig gelesen habe. Ich stelle mir gerade vor – das richte ich ernsthaft an die sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus –, dass sich die Partei von Helmut Schmidt demnächst dem Weltökonomen Gregor Gysi an den Hals werfen will.
(Beifall von der CDU – Dietmar Bell [SPD]: Meine Güte! – Stefan Zimkeit [SPD]: Wer hat denn in der DDR mit in der Regierung geses- sen? – Weitere Zurufe)
Melden Sie sich doch einfach zu Wort. Wenn Sie eine Zwischenfrage haben, können Sie sich gern melden.
Dabei könnten Sie mit dem Haushalt 2015 anfangen, umzusteuern. Sie könnten auch bei Ihrem Hochschulfesselungsgesetz mal überprüfen, ob François Hollande das in Frankreich auch so machen würde.
Wenn man die Kreativität und den Fleiß der Menschen fördern will, sind Gängelungen und Knebelungen sicherlich nicht die richtigen Mittel. Ihre Haushaltspolitik zeigt, dass Sie ein etwas seltsames Bild vom Staat und seinen Bürgern haben. So werden Sie nie genug Geld haben, um die Wünsche zu erfüllen, die alle Menschen haben.
Wenn Sie ernsthaft meinen, dass Bürokraten besser wüssten, was für die Menschen gut ist, dann führt das zur Bevormundung.
Die Sozialisten sahen sich auch immer als Avantgarde. Tatsache ist, dass sie keine Avantgarde waren, sondern nur schlechter Walter des Gemeinwohls.
Sie vergessen, dass Sie nicht über Ihr eigenes Geld reden, sondern Sie reden über das Geld der Bürgerinnen und Bürger. Lassen Sie es in deren Taschen. Da ist es besser aufgehoben als bei Ihnen.
Der Staat hat in den letzten Jahren mehr Geld eingenommen denn je. Der Staat hat mehr Geld eingenommen, als Inflationsrate und Wirtschaftswachstum gestiegen sind. Nachhaltigkeit bedeutet, mit dem Geld auszukommen, das wir haben. Es ist zutiefst ungerecht, dass Sie das, was Sie nicht wollen, und das, was Sie nicht können, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land bezahlen lassen wollen. Das haben die Bürgerinnen und Bürger nicht verdient.
Wenn Sie, Herr Minister, Ihr eigenes Interview in der „Wirtschaftswoche“ lesen, kommen Sie bei genauerer Betrachtung zu dem Ergebnis: Es wäre gut, wenn sich Nordrhein-Westfalen auf den Weg anderer machen würde. – Ich bleibe bei dem Beispiel Schleswig-Holstein, das seit Jahren ernsthaft spart. Es lässt sich zwar auch helfen, aber Hilfe anzunehmen, ist ja per se auch nichts Unsolidarisches. Hilfe darf auch sein. Aber Hilfe bekommt nur derjenige, der sich selbst anstrengt. Fangen Sie einfach damit an!
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Optendrenk. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lindner, es wundert nicht, dass Sie die Rede frei vortragen können, denn Sie halten immer die gleiche Rede.
Vermutlich können die Journalisten, die Sie dafür gelobt haben, die Rede mittlerweile selbst frei vortragen.
In den letzten Plenartagen haben wir erlebt, dass die FDP offensichtlich die Order herausgegeben hat: Sucht euch mal die Punkte heraus, die bei der Großen Koalition mangelhaft sind – wir haben ja keine Fraktion mehr im Bundestag –, schreibt mal ein paar Anträge, und wir machen Bundespolitik hier im Landtag.
Herr Kollege Lindner, bei der Analyse sind wir uns an verschiedenen Stellen einig. Das war gestern schon so. Nur wir haben eine Bundestagsfraktion, die das viel besser und intensiver vortragen kann, Herr Kollege Laschet. Deswegen müssen wir im Landtag nicht den Quatsch kopieren, der im Bundestag schon abläuft.
Aber, Herr Kollege, so billig kommen Sie uns auch nicht davon. Ich werde jetzt wieder ein paar Punkte vortragen müssen, die ich wahrscheinlich schon 18 Mal oder 20 Mal im Landtag vorgetragen habe. Aber sie werden dadurch nicht falsch, dass Sie immer wieder das Gegenteil behaupten.
Sie werfen dem Finanzminister vor, er würde keine solide Haushaltspolitik machen. Der Kollege Zimkeit hat eben die Punkte schon angedeutet. Ich lese mal Ihren Wunschzettel vor:
kalte Progression abschaffen im Bund – Mehrkosten für Nordrhein-Westfalen: 400 Millionen € mindestens –,
Personalbesoldung aufstocken auf das Eins-zueins-Niveau – 760 Millionen € für Nordrhein-Westfalen –,