dann drängt sich doch die Frage auf, ob Sie, wenn der Bund die Steuern jetzt nicht erhöht, dann nicht an Landessteuern drehen, ob Sie dann nicht dem Trend folgen werden, wie es Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen getan haben, nämlich die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Da müssen Sie vor der Kommunalwahl sagen, was Ihr Plan ist, Herr Finanzminister. Das sind Sie den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes schuldig.
Der Bund jedenfalls – letzter Satz – wird für Sie die Kastanien nicht aus dem Feuer holen. Ihre Genossen verzehren die Kastanien in Berlin lieber selbst.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja mal wieder blendende Rhetorik. Aber alle blendende Rhetorik, alle
rhetorischen Figuren können nicht wirklich über die inhaltliche Substanzlosigkeit dieses Vortrags hinwegtäuschen.
Falsch! Kommen Sie gucken, können Sie lesen! Aber ich lese jetzt etwas anderes ab, nämlich einen Satz, den Sie gesagt haben, Herr Lindner, und der auch stimmt. Sie haben nämlich gesagt, dass unser Finanzminister finanzpolitisch der Union voraus ist. Da können wir Ihnen ausnahmsweise mal zustimmen.
Aber Ihnen, Herr Lindner, ist er auch weit voraus. Wie Sie damit umgehen, zeigen Sie mit der Art und Weise, wie Sie zitieren und wie Sie das Ganze vorbereitet haben. Ich nehme einmal „Die liberale Plenarwoche“, in der Sie diese Aktuelle Stunde ansprechen. Da schreiben Sie in Anführungsstrichen, also als Zitat, Norbert Walter-Borjans hätte jüngst gesagt, es sei unumgänglich, Steuern zu erhöhen.
Sie lesen scheinbar das, worauf Sie sich beziehen, gar nicht. Das Wort „unumgänglich“, das Sie zitieren, kommt in diesem Interview überhaupt nicht vor. Sie beziehen sich die ganze Zeit auf die Überschrift, in der „unvermeidlich“ steht.
Sie kommt im Interview auch nicht vor. Ich empfehle Ihnen, nicht nur Überschriften zu lesen, sondern komplette Interviews unseres Finanzministers. Das würde Sie nämlich voranbringen.
Wie groß ist eigentlich die Angst der FDP, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden? Gerade haben wir weitestgehend eine Rede gehört, die eigentlich für den Bundestag geschrieben war. Wie weit ist es mit Ihrer Angst, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, gekommen, dass Sie nur noch mit Überschriften und mit falschen Zitaten arbeiten?
Kommen wir zu den Fakten! Machen wir mal den Faktencheck! Sie haben sich dann doch sehr ausführlich zum Landeshaushalt geäußert. Lassen Sie uns auf ein paar Fakten eingehen. Da ist der Nachhaltigkeitsbericht der Landesregierung aus dem Jahre 2010 – Ihre politische Verantwortung und die der CDU. Dort wird für 2020 ein Defizit von 7,4 Milliarden € vorausgesagt. Die Antwort der damaligen Landesregierung war: Das ist kein Problem mit der Schuldenbremse; das schaffen wir schon irgendwie.
Jetzt liegt ein aktueller Nachhaltigkeitsbericht der neuen Landesregierung vor, der auf der gleichen Systematik beruht. Er kommt 2020 zu einem prognostizierten Defizit von 800 Millionen €. Sie schulden 7,4 Milliarden, und wir haben noch 800 Millionen zu bewältigen.
Das zeigt, wie sich die Finanzpolitik in diesem Lande entwickelt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Gucken Sie doch auf die einfachen Fakten! Beschäftigen Sie sich mal mit einfachen Zahlen! Ihr letzter Haushalt im Jahr 2010 – Verschuldung: 6,4 Milliarden €. Unser nächster Haushalt 2014 – Verschuldung: 2,5 Milliarden €. Das ist die Entwicklung, das ist der Weg zur Schuldenbremse. Sie wünschen sich ja politisch, dass wir die Schuldenbremse nicht einhalten. Aber ich sage Ihnen jetzt schon: Diesen Gefallen werden wir Ihnen nicht tun. Wir werden das schaffen.
Dann reden Sie gerne über zu geringe Einnahmen und behaupten, es gibt genug Einnahmen – auch in Nordrhein-Westfalen. Aber wenn es denn auch in Nordrhein-Westfalen genug Einnahmen gibt, warum wollen Sie dann ständig Gebühren erhöhen? FDP und CDU im Lande sind doch die Parteien der Gebührenerhöhung.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie keine Belastung für junge Familien wollen. Gleichzeitig fordern Sie in jedem Haushalt, die Gebühren für Kindertageseinrichtungen zu erhöhen.
Das ist familienfeindlich, und das sind zusätzliche Einnahmen. Warum fordern Sie diese, wenn die Einnahmesituation reichen würde?
Es gibt einen klaren Unterschied zwischen Ihnen und uns: Sie wollen zusätzliche Einnahmen von Familien und Studenten. Wir sagen, das können die Besserverdienenden und die Vermögenden leisten. – Das ist der politische Unterschied zwischen Ihnen und uns und nicht die Frage, ob es Einnahmen geben soll oder nicht.
Beschäftigen wir uns noch mal kurz mit Ihrem ständigen Vorwurf des mangelnden Sparwillens! Fakt ist doch, dass die FDP vollkommen anders vorgeht. In den letzten beiden Tagen und in den Ausschusssitzungen der letzten Wochen haben Sie mehr Geld für Inklusion, mehr Geld für Kitas, mehr Geld für Beamte, mehr Geld für Hochschulen, mehr Geld für Kommunen gefordert, ohne jedoch einen einzigen konkreten Vorschlag zu machen, woher dieses Geld kommen soll.
Wenn Sie das Wort „Ehrlichkeit“ ansprechen, wenn Sie über globale Mehreinnahmen reden, dann sagen Sie doch dazu, dass Sie in Ihren Haushaltsanträgen diese globalen Mehreinnahmen sogar mit Ihrem Houdini-Effekt erhöht haben. Das ist ehrlich, und das ist die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In dem Zusammenhang noch ein Wort, weil ich das immer wieder verwunderlich finde. Aber eigentlich ist es nicht verwunderlich, so, wie Sie Politik betreiben, Herr Lindner. Sie werfen uns auf Landes- und auf Bundesebene ständig vor, dass wir unsere Wahlversprechen einhalten. Ja, Sie haben recht, wir halten unsere Wahlversprechen ein. Für diese Koalition gilt: Versprochen – gehalten. Aber das scheint Ihnen fremd zu sein, weil Sie das ständig kritisieren. Wir halten unsere Versprechen. Ihnen scheinen Ihre politischen Versprechen egal zu sein.
Kommen wir kurz zum Interview und zu dem, was wirklich gesagt worden ist, zurück! Der Finanzminister hat einen wichtigen Punkt genannt, der für die SPD gilt: Wir halten die im Koalitionsvertrag zugesagten Maßnahmen für unumgänglich. Wir wollen mehr Geld für Bildung. Wir wollen mehr Geld für Forschung. Wir wollen zusätzlich in Infrastruktur investieren, und wir wollen vor allen Dingen eine Entlastung für Kommunen in Höhe von mindestens 5 Milliarden.
Wenn die Steuereinnahmen dafür nicht reichen – dafür steht Herr Schäuble in der Verantwortung –, sind wir wie 77 % der Bevölkerung der Meinung, dass für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr Bildung und für bessere Infrastruktur auch die Steuern für Besserverdienende erhöht werden müssen. Da hat der Finanzminister im Zweifel völlig recht. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Mittwoch haben wir in diesem Hohen Hause über die Frage diskutiert, ob Nordrhein-Westfalen eine verbindliche Finanzplanung braucht. Wir als Opposition haben darauf hingewiesen, allein schon die Art und Weise der Haushaltsführung dieser Landesregierung macht es notwendig, dass das Parlament klarere Vorgaben gibt, als nur einen jährlichen Haushalt zu verabschieden. Denn nur so können wir verhindern, dass weiterhin – und das seit 2010 – Haushaltskonsolidierung nur alibimäßig betrieben wird.
Nach der Debatte am Mittwoch war klar: Sie, Herr Finanzminister, wollen bis 2017 so weitermachen. Ihnen fehlen nämlich der Mut und der Fleiß zu einer strukturellen Haushaltskonsolidierung.
Auch wenn es Sie, Herr Minister, nerven sollte: Wir werden Ihnen Ihre mangelhafte Leistung in der Haushaltspolitik so lange vorhalten – egal, ob 466 oder 467 Mal –, bis Sie Ihre Meinung ändern und
dazu kommen, dass man Haushalte strukturell konsolidieren muss, und Sie anfangen, das tatsächlich zu tun.
(Beifall von der CDU – Dietmar Bell [SPD]: Das wird nicht besser im Vortrag – auch nicht beim 467. Mal!)
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben es verdient, besser regiert zu werden,
und sie wollen nicht so regiert werden, dass heute schon die Zukunft der kommenden Generationen durch immer neue Schulden verspielt wird.
Eine Regierung, die ihre fehlenden Erfolge mit vielen Worten zu überdecken versucht, ist keine Regierung, die eine gute Zukunft für dieses Land schafft.
Wenn die Worte nicht ausreichen, dann verlagern Sie gerne das Spielfeld, Herr Minister. In anderen Sportarten nennt man das Mattenflucht.