Drittens. Mit einer Vielzahl von Maßnahmen im Gesetzentwurf wird eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Wir haben eine Regelung geschaffen, dass die Betreuungskosten für Kinder, die außerhalb ihrer Gemeindegrenzen zum Beispiel in einer Betriebskita oder einer Einrichtung mit einem besonderen Profil betreut werden sollen, entsprechend übernommen werden.
Viertens. Ganz wichtig: Wir haben die Sprachförderung in Angriff genommen und werden sie neu aufstellen. In der letzten Woche hatten wir hier im Raum eine Anhörung, die sehr deutlich gezeigt hat, dass Delfin 4 nicht den Anforderungen entspricht, die an eine objektive und valide Sprachstandserhebung gestellt werden müssen. Mit diesem Test wer
den nämlich nicht die Sprachkompetenzen der Kinder erhoben, sondern es wird viel mehr die Sprechresistenz der Kinder getestet. Das wollen wir ändern.
Wir werden ein Beobachtungsverfahren entwickeln, das von den Erzieherinnen selbst durchgeführt wird, und den Einrichtungen die Möglichkeit geben, die Kinder kontinuierlich zu beobachten und den Sprachstand festzustellen. Die Kinder werden dann in ihrer Sprachentwicklung adäquat gefördert.
Meine Damen und Herren, alle diese Maßnahmen – auch das muss gesagt werden – finanzieren wir als Land alleine. Wie schon beim Ersten KiBizÄnderungsgesetz sind die Kommunen nicht bereit, diese Verbesserungen mitzutragen. Wir bedauern das sehr, weil wir mit dem Zweiten KiBizÄnderungsgesetz und dem Belastungsausgleich als Land mittlerweile 53% der Kitafinanzierung schultern.
Das ist eine Unwucht. Sie entspricht nicht der gesetzlichen Verantwortungszuweisung, nach der nämlich die Verantwortung für die frühkindliche Betreuung den Kommunen übertragen wurde. Wir müssen mit den Kommunen diskutieren, dass wir zukünftig wieder in eine paritätische Finanzierungsform für unsere Kindertageseinrichtungen zurückkehren.
Ein Weiteres: Wir erwarten vom Bund, dass er sich an dieser wichtigen Aufgabe der Kindertagesbetreuung beteiligt. Wir erwarten, dass das, was in der Koalitionsvereinbarung des Bundes versprochen wurde – dass den Ländern und den Kommunen tatsächlich 6 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden –, geschieht und dass es nicht – wie es sich jetzt bei Eingliederungshilfe abzeichnet – bei hohlen Versprechungen bleibt. Auch der Bund ist gefordert, seinen Finanzierungsanteil für die frühkindliche Bildung zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und bin sehr gespannt darauf, ob es aus der CDU-Fraktion über deren Mäkeleien und unrichtigen Sachdarstellungen hinaus Gestaltungsvorschläge bzw. substanzielle Vor
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn man Sie an Ihren eigenen Maßstäben messen will, sind Sie mit Ihrem Gesetzesentwurf krachend gescheitert. Von dem
kleine Verbesserungen, die nicht weit genug gehen, und große Veränderungen, die in die falsche Richtung gehen. Der Zeitplan zeigt, dass Ihnen nichts, aber auch überhaupt nichts an einer vernünftigen und sachorientierten Debatte gelegen ist. Das Ganze soll innerhalb von zwei Monaten durchs Parlament gepeitscht werden. Damit wird vielleicht gerade einmal den formalen Vorgaben Genüge getan, aber mit einer qualitativen Beratung hat das nichts zu tun.
Weil wir auch heute immer wieder davon gehört haben, ein Wort zum schwarz-gelben Kinderbildungsgesetz: Das Kinderbildungsgesetz, das CDU und FDP auf den Weg gebracht haben, ist 2008 in Kraft getreten. Bekanntermaßen haben wir bis 2010 regiert. Seitdem regieren SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen. Wir schreiben mittlerweile das Jahr 2014. Nach meiner Rechnung – ich hoffe, das stimmt bei Ihnen genauso – sind zwei Jahre weniger als vier Jahre. Sie tragen die Verantwortung für dieses Kinderbildungsgesetz. Deswegen müssen Sie hier die Verantwortung für die schlechte Situation der Erzieherinnen und Erzieher im Land Nordrhein-Westfalen übernehmen.
Schon bei den ersten Änderungen 2011 gab es große Worte und kleine Taten: eine zusätzliche U3Pauschale, eine Erhöhung der Pauschale für Kinder mit Behinderung und dann natürlich die Beitragsfreiheit, die Sie mittlerweile eigentlich selbst bereuen müssten, wenn Sie ehrlich sind; denn das Geld – 150 Millionen € – fehlt nun für die Qualitätsverbesserung.
Meine Damen und Herren, bei den jetzt anstehenden Änderungen wird es aber noch schlimmer. Auch bei den wirklich qualitätswirksamen Maßnahmen gab es wieder große Worte und kleine Taten. Zwar wollen Sie 100 Millionen € zusätzlich bereitstellen. So weit, so gut. Dann müssten diese Mittel aber auch bei den Kindern ankommen; aber das tun Sie nicht.
Dazu kommen dann deutliche Verschlechterungen. Insbesondere bei der Sprachförderung werden viele Kinder verlieren. Das ist schlimm genug. Ihr Gesetz produziert aber viele Verlierer zusätzlich. Die Erzieherinnen und Erzieher werden nicht entlastet, sondern zusätzlich belastet. Die Eltern müssen weiter auf ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot warten; denn dafür tun Sie nichts.
Es ist geradezu erschreckend kurzsichtig, dass Sie die Mittel für die Sprachförderung kürzen wollen. Trotz steigenden Bedarfs werden hier zukünftig 2,5 Millionen € jährlich weniger zur Verfügung gestellt werden.
Delfin 4 wird für alle Kindergartenkinder abgeschafft. Wie genau aber soll zukünftig die Sprachförderung im Alltag aussehen? Was sollen die Erzieherinnen machen? Wie genau wird ein Sprachförderbedarf überhaupt festgestellt werden? Werden tatsächlich alle Kinder, die sprachförderbedürftig sind, von Ihren Umstrukturierungen profitieren? Wir haben bislang von Ihnen keine Antworten darauf gehört.
Sehr geehrte Frau Kraft, ich bin froh, dass Sie heute dieser Debatte beiwohnen. Sie lassen keine Kamera aus und sprechen in jedes Mikrofon hinein, sie wollten kein Kind zurücklassen. Das, was Sie bei diesem Kinderbildungsgesetz bzw. mit diesen Änderungen anstellen, ist genau das Gegenteil. Sie werden viele Kinder in Nordrhein-Westfalen zurücklassen. Das ist absolut unverantwortlich.
In dem Zusammenhang noch ein Wort zu Delfin 4: Das Verfahren – wir haben das auch gesagt – muss ohne Frage überarbeitet werden. Wir haben das auch in unserem Antrag klargestellt. Jetzt steht aber in allen Zeitungen: Rot-Grün will das Delfin-4Verfahren abschaffen. Da schaue ich mir doch einmal das Gesetz an: Darin steht doch etwas ganz anderes. Es steht darin, dass Sie das Delfin-4Verfahren für 10 % aller Kinder in Nordrhein-Westfalen nach wie vor so lassen, wie es ist. Sind Ihnen diese 10 % der Kinder eigentlich egal? Oder machen Sie für die überhaupt gar keine Politik mehr?
Das ist keine Politik im Sinne von „kein Kind zurücklassen“. Nehmen Sie die Verantwortung für diese Kinder hier in Nordrhein-Westfalen auch wahr.
Meine Damen und Herren, nicht nur bei der Sprachförderung droht der Praxisschock. Sie schreiben mit vagen Bestimmungen etwas in Ihr Gesetz, und die Einrichtungen vor Ort dürfen dann schauen, wie sie dieses wieder umsetzen. Genauso ist es dann auch mit der Bürokratie. Zu den bereits vorhandenen Dokumentationspflichten kommen neue hinzu. Wer sich einmal den Spaß macht, die entsprechenden Vorgaben zu lesen, fragt sich, wann die Erzieherinnen eigentlich noch ihrer eigentlichen Aufgabe – nämlich der Betreuung und der Bildung der Kinder – nachkommen sollen.
Ich habe Ihnen das einmal aufgelistet. Dokumentationen werden ab jetzt verlangt: zur Eingewöhnungsphase, zur Bildungsförderung, zur sprachlichen und motorischen Förderung, zur Erziehungspartnerschaft mit den Eltern, zur U3-Betreuung, zur sprachlichen Entwicklung, zur alltagsintegrierten Sprachbildung, zur gezielten individuellen Sprachförderung durch die Erzieherinnen, und das nach Möglichkeit noch in der Muttersprache.
Meine Damen und Herren, ich habe große Sorgen, dass wir mittlerweile in den Kindergärten so weit kommen wie in Altenheimen und demnächst noch dokumentieren müssen, wie viel ein Kind getrunken, gegessen, geschlafen und gespielt hat. Das ist doch Irrsinn! Vertrauen Sie den Erzieherinnen und nehmen Sie diese Dokumentationspflichten zurück!
Meine Damen und Herren, alleine schon wegen dieser zusätzlichen Bürokratiebelastung verfehlt Ihre Entlastungspauschale völlig die Wirkung. Wenn Sie hier etwas dazugeben und dann dort wieder etwas draufsatteln, funktioniert das nicht – zumal die zusätzliche Pauschale vor allem für kleine Einrichtungen zu niedrig ausfallen wird, um spürbare Verbesserungen zu erreichen.
Wenn wir wissen wollen, Frau Ministerin, was Ihre 55 Millionen € – das ist eine große Zahl – im Ergebnis tatsächlich bedeuten, muss man es auf alle Kindergärten umrechnen. Wir haben in NordrheinWestfalen 9.600 Kindergärten. Das macht Pi mal Daumen 6.000 € pro Einrichtung. Davon kann doch noch nicht mal eine 400-€-Kraft bezahlt werden. Das heißt, die Entlastung kommt bei den Kindergärten und bei den Erzieherinnen und Erziehern überhaupt nicht an.
Meine Damen und Herren, zwischen dem Referentenentwurf und dem jetzt vorliegenden offiziellen Gesetzentwurf gibt es dann noch eine gravierende Änderung, das Zuzahlungsverbot bei der Kindertagespflege. Das Thema „Verbesserungen für die Tagespflege“ ist ja auch nicht ganz neu. Wir haben das hier im Ausschuss lange diskutiert.
Wir haben es vor einigen Monaten auch in den Ausschuss eingebracht. Hier ist dann sehr lange nichts passiert. Zum Schluss haben Sie unseren Antrag der FDP-Fraktion abgeschrieben und das Zuzahlungsverbot extra nicht reingeschrieben. Jetzt plötzlich ist es im Gesetzentwurf wieder da.
Deswegen die Frage an Sie: Wie erklären Sie das eigentlich in Zukunft den Tagesmüttern und Tagesvätern? Die Existenzgrundlage für diese betroffenen Personen, für diese wichtige Berufsgruppe, ist bedroht, wenn man keine privaten Zuzahlungen bei der klammen Situation der Kommunen einfordern darf. Deswegen ist dieser Berufsstand gefährdet.
Abschließend will ich noch auf eine Sache eingehen, nämlich auf das, was nicht in Ihrem Gesetz steht. Das ist ja auch immer wichtig, dass man darauf achtet. Es steht keine konkrete Verbesserung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf drin, keine konkrete Verbesserung für die Flexibilität der Buchungszeiten, keine Verbesserung bei den Öffnungszeiten der Einrichtungen, keine Visionen für die Betriebskindergärten in Nordrhein-Westfalen. Die Versorgungslücken im U3-Bereich finden in dem Gesetz nicht statt. Es werden im Übrigen im Haushalt auch keine neuen zusätzlichen Landesmittel eingestellt, sondern es wird nur noch aus dem Status quo heraus gearbeitet werden.
Deswegen, meine Damen und Herren, kann man abschließend festhalten, dass wir für die Beratungen sehr wenig Zeit haben werden. Deswegen kann man auch schon ein Fazit ziehen. Dieses Fazit ist, dass wir sehr große Enttäuschungen hier vorfinden werden. Es gibt kleine Verbesserungen und ganz große Verschlechterungen. Es wird keine Verbesserungen für die Eltern geben, für die Erzieherinnen und Erzieher nicht. Deswegen würde ich mir wünschen, dass Sie die zusätzlichen Mittel eher in die Kindpauschalen investieren, denn da wären sie vernünftig aufgehoben. Das würde dann auch den Erzieherinnen und Erziehern zugute kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Bevor ich Herrn Kollegen Düngel für die Fraktion der Piraten das Wort gebe, darf ich die Sitzung für einen ganz kleinen Moment unterbrechen. Denn ich möchte gerne einen Ehrengast begrüßen, der auf unserer Zuschauertribüne Platz genommen hat. Es ist Seine Exzellenz, der Botschafter der Republik Polen, Herr Jerzy Józef Margański.
Verehrter Herr Botschafter, ich freue mich, dass Sie heute den Landtag Nordrhein-Westfalen besuchen. Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen des Hohen Hauses. Ihr Besuch, Herr Botschafter, ist Ausdruck der engen und freundschaftlichen, ja der ganz besonderen Beziehungen unseres Landes zu Polen im vereinten Europa. Das unterstreicht auch die Arbeit unserer Parlamentariergruppe Nordrhein-Westfalen/Polen, mit der Sie ja heute Morgen bereits zusammengekommen sind, sich ausgetauscht haben und diskutiert haben.