Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Er hat gesagt – ich zitiere auch das –:

„Die Grünen orientieren sich in ihrem Regierungshandeln an Wunschbildern, nicht an der Wirklichkeit. Eine ideologisch konditionierte

Energiepolitik wird scheitern, nachdem sie einen hohen Preis gefordert hat.“

Es gibt aus Sicht der IG BCE keinen Grund, so Vassiliadis weiter,

„heute bereits Entscheidungen über Abbaugebiete und Fördermengen vorzugeben, die auf nichts weiter beruhen als auf einer über Jahrzehnte fortgeschriebenen Projektion von energiepolitischen Hoffnungen“.

Frau Kraft, was Sie machen, ist, den Grünen in eine Schönwetter-Energiepolitik zu folgen. Damit werden Sie den Anforderungen an Regierungshandeln im Industrieland Nummer eins nicht gerecht.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Entscheidung zum vierten Umsiedlungsabschnitt war fachlich nicht notwendig. Sie dient dem Erhalt eines Koalitionsfriedens.

Das sagt auch der Betriebsratsvorsitzende der RWE, Dieter Faust. Zitat:

„Die SPD lässt sich kraftlos“

bemerkenswert –

„von den Grünen vorführen und opfert auf dem Altar der Macht die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Frau Kraft, wir wissen, dass Voraussetzung für den dritten Abschnitt die von der Landesregierung festgestellte energiepolitische Notwendigkeit des

Braunkohletagebaus ist. Diese Notwendigkeit stand aber niemals ernsthaft infrage. Sie hätten also mit den Grünen nicht neu verhandeln müssen. Da steht keine neue Entscheidung an; denn diese Notwendigkeit wurde bereits vor knapp einem Jahr für den Tagebau Hambach bis 2030 von der Landesregierung festgestellt.

Trotzdem haben die Grünen ihr Veto genutzt, um jetzt eine Entscheidung für den vierten Umsiedlungsabschnitt herbeizuführen. Warum haben die Grünen das getan? Was sind da ihre Intentionen? Offensichtlich ist das ein ganz kleinteiliges Denken. Das hat Kollege Reiner Priggen der „Rheinischen Post“ vom 31. März 2014 gesagt. Zitat:

„Priggen freut sich derweil für die Minisiedlung Dackweiler südlich von Holzweiler, die auch überleben wird. Priggen kennt sich dort bestens aus: ,Da wohnen drei Grüne.‘„

(Heiterkeit von der FDP)

So machen die Grünen Energiepolitik. Sie, Frau Ministerpräsidentin, haben Ihrem Koalitionspartner dafür auch noch einen Persilschein ausgestellt. So wird das hier gemacht.

(Beifall von der FDP und der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Von der FDP wohnt da keiner! Davon gibt es nämlich keinen mehr!)

Um das hier zumindest für eine Oppositionsfraktion, Armin Laschet, einmal in aller Klarheit zu sagen: Für die FDP steht fest: Wir lehnen die Entscheidung der Landesregierung zum vorzeitigen Ende von Garzweiler II und zur Begrenzung der Braunkohleförderung entschieden ab, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall von der FDP)

Wir halten das in der Sache für falsch. Diese Entscheidung geht zulasten des letzten subventionsfreien rentablen heimischen Energieträgers. Was soll eigentlich noch passieren, Frau Ministerpräsidentin?

(Zuruf von den PIRATEN: Rentabel?)

Am Dienstag der vergangenen Woche haben 30 Energieversorger in Deutschland die Preise um durchschnittlich 5 % erhöht. Am Dienstag letzter Woche hat es auch einen Energiegipfel im Kanzleramt gegeben. Dabei standen auch nordrheinwestfälische Interessen zur Verhandlung. Dort ist das Ziel ausgegeben worden, man wolle die Energiekosten in Deutschland nicht reduzieren, sondern lediglich ihren weiteren Anstieg begrenzen. – Sie nicken sogar noch.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Ja!)

Frau Ministerpräsidentin, wenn Ihr Ziel nur ist, die Steigerung von Energiepreisen zu dämpfen, dann ist Ihr Ehrgeiz zu gering für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen und für die Portemonnaies der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Ministerprä- sidentin Hannelore Kraft)

Frau Kraft, wenigstens bekennen Sie sich dazu, dass Sie eine Begrenzung der Energiepreise gar nicht mehr auf dem politischen Radarschirm als Ziel haben. Ich bin Ihnen dankbar für die Klarheit, die Sie hier gerade gezeigt haben. Das ist die größte Klarheit der heutigen Debatte.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Ihre Entscheidung bedeutet de facto das Aus für die Braunkohle.

Wesentlicher Verhandlungspunkt Nordrhein-Westfalens mit dem Bund ist, dass wir, bitte schön, weiter Subventionen für die Windenergie bekommen – und dann auch noch erhöhte Subventionen an den Stellen, an denen besonders wenig Wind weht. Das erinnert mich an ein Wort von Mark Twain, der einmal gesagt hat:

„Und als sie das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sich ihre Anstrengungen.“

Das ist Ihr politischer Kompass.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Frau Kraft, gerade haben Sie dazwischengerufen, der Lindner habe ja keine Ahnung.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ihr applaudiert und lacht zu früh, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn wir wissen inzwischen, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, jetzt selbst errechnet hat, dass es ihm noch nicht einmal gelingt, die weitere Steigerung der Preise in den Griff zu bekommen, weil bis 2017 durch die von Ihnen mitgetragenen Entscheidungen die Energiekosten weiter dramatisch steigen werden.

Sie erreichen also noch nicht einmal die eigenen Ziele, nämlich die Dämpfung der Steigerung der Energiekosten. Frau Kraft, dafür tragen Sie federführend für Ihre Partei und als Ministerpräsidentin die Verantwortung.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ein letzter Gedanke: Gestern ist im Bundeskabinett die Reform des EEG beschlossen worden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Was Herr Rösler nicht geschafft hat!)

Aus unserer Sicht kann das nur eine Randnotiz bleiben. Wir können den Klimaschutz in Deutschland nicht voranbringen, ohne auch die Stromversorgung in Deutschland bezahlbar und verlässlich zu gestalten.

Aus diesem Grund geht die Bundesregierung in ihren Szenarien auch selbst davon aus – Frau Kraft, die Bundesregierung selbst, Ihr Parteifreund Sigmar Gabriel –, dass die Braunkohlekraftwerke über das Jahr 2030 hinaus durchlaufen werden.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Dann müssen Sie aber natürlich dafür sorgen, dass es Brennstoff gibt. Das tun Sie aber nicht. Statt einen Förderstopp zu vereinbaren, wie Sie das jetzt de facto beschlossen haben, hätten wir in Deutschland eine Revision unserer Energiepolitik insgesamt gebraucht. Was muss neben steigenden Energiepreisen und der Spannungslage auf der Krim noch passieren, damit Deutschland aus der kollektiven Selbsthypnose in der Energiepolitik aufwacht?

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die SPD-Fraktion hat ihr Fraktionsvorsitzender Norbert Römer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen!

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Das, was meine beiden Vorredner gerade an wahrem Feuerwerk energiepolitischer Konzeptionslosigkeit abgeliefert haben, war wirklich bemerkenswert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)