(Stefan Zimkeit [SPD]: Das war viel zu spät für Sie! – Marc Herter [SPD]: Da muss Herr Laschet selbst lachen! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)
Es ist jedes Mal so: Wenn die SPD besonders demonstrativ laut lacht, hat man ins Herz getroffen. Das ist immer so.
Herr Herter, ich sehe in der ersten Reihe der SPDFraktion lauter lachende Gesichter; ich höre die Kollegen auch lachen.
Ich sehe dahinter aber betroffene Kollegen, die erst Freitagmittag erfahren haben, was Sie im Hinterzimmer ausgekaspert haben. Das ist die Wahrheit.
Insofern: Wir gehen diesen Weg einer energiepolitischen Diskussion in den nächsten anderthalb Jahren bis zur Entscheidung mit. Wir hätten uns gewünscht, dass das Ergebnis offen diskutiert und nicht vorher schon festgelegt wird. Das ist unsere Kritik an diesem Verfahren.
Alle Beschäftigten, alle Mitarbeiter, alle Städte, alle Kommunen und alle übrigen beschweren sich derzeit, dass sie nicht beteiligt worden sind. Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen eine neue Kultur der Beteiligung der Menschen – gerade in dieser wichtigen Frage.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Frau Ministerpräsidentin, Sie haben eben bei Ihrer Unterrichtung sinniert, wie die Opposition wohl reagiert hätte, wenn Sie eine andere Entscheidung getroffen hätten. Sie haben gesagt, ja, dann hätte die Opposition gesagt, die Landesregierung wisse nicht, was sie wolle.
Ich muss Ihnen sagen, Frau Ministerpräsidentin: Ich würde hier heute lieber stehen und Sie dafür kritisieren, dass Sie nicht wissen, was Sie wollen, als dass wir hier kritisieren müssen, dass Sie zwar wissen, was Sie wollen, aber die Richtung nicht stimmt.
Sie haben hier gesagt, Frau Ministerpräsidentin, Sie wollten die Beschäftigten nicht im Unklaren lassen. Aber das, was Sie entschieden haben, führt dazu, dass Sie die Beschäftigten im Stich lassen, Frau Ministerpräsidentin. Die hätten vorgezogen, dass sie eine Perspektive in ihren Betrieben und in ihrer Branche haben.
Mit den Entscheidungen, die Sie getroffen haben, haben Sie sowohl energiepolitisch NordrheinWestfalen auf eine Geisterfahrt manövriert als auch industriepolitisch an eine Reihe von Vorhaben angeknüpft, die die Investitionssicherheit in unserem Land gefährden.
Bemerkenswert ist aber nun in der Tat der Einblick in den politischen Stil der Regierungskoalition, der uns durch die Art und Weise, wie Sie agieren, erlaubt wird. Armin Laschet hat bereits auf die Pressekonferenz unmittelbar am Ende einer Plenarwoche hingewiesen. Aber das war nur die taktische Lage, wie Sie über eine Woche kommen wollten. Das zeigt noch nicht den Stil, wie Sie insgesamt agieren, Frau Ministerpräsidentin.
Weil Sie hier noch einmal die Verlässlichkeit Ihrer Politik gerühmt haben, Frau Kraft, möchte ich Sie mit einem Zitat aus den „Aachener Nachrichten“ vom 17. Januar dieses Jahres, also von vor drei Monaten, konfrontieren. Da schreiben nämlich die „Aachener Nachrichten“ – ich zitiere –:
strebt angesichts der Energiewende keine Verkleinerung des umstrittenen Braunkohletagebaus Garzweiler II an. Deshalb könne sie ‚keinen Handlungsbedarf‘ erkennen, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gestern. Es gebe aktuell keine Grundlage für irgendwelche Veränderungen.“
Das ist aus dem Januar. Dann treffen Sie jetzt, drei Monate später, eine solche Entscheidung. Frau Ministerpräsidentin, damit beschädigen Sie nicht nur die industriepolitische Identität unseres Landes; Sie
Es ist offensichtlich auch ein Zugeständnis an die Grünen gewesen. Auf ihrem Landesparteitag haben die Grünen ja regelrecht auf den Tischen getanzt und haben gefeiert,
was das für ein großer Durchbruch ist. – Wir konnten doch alle lesen, wie Herr Lehmann sich dafür gerühmt hat, was jetzt erreicht worden ist. Sie haben den Grünen diesen Erfolg genau auf den Punkt serviert, weil Sie die Zustimmung für andere Projekte einkaufen wollten. Das ist vielleicht manchmal in der politischen Realität so,
aber so, wie Sie, Frau Kraft, an dieser Stelle das Verfahren gewählt haben, zeigt das eben etwas über Ihren Stil, den wir schon beim Umgang mit den Landesbeamten gesehen haben, den wir beim Thema „Inklusion“ gesehen haben, nämlich wie Sie über Monate mit den Kommunen umgesprungen sind. Und den sehen wir jetzt auch bei dieser wichtigen industriepolitischen Frage.
Sie haben immer gesagt, Sie wollten aus Betroffenen Beteiligte machen. In Wahrheit machen Sie aus Beteiligten Betroffene Ihrer Politik, Frau Kraft.
Dann rühmen Sie die Verlässlichkeit und Transparenz und dass Sie auch alle einbinden. Weil Sie einen Kollegen der FDP aus dem Rhein-Erft-Kreis, Kollegen Bombis, zitiert haben, erlaube ich mir, einen Sozialdemokraten aus dem Rhein-Erft-Kreis zu zitieren, nämlich Ihren Fraktionskollegen Guido van den Berg, der im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 31. März sagt:
Das werden Sie auch noch öfter hören. Ich habe hier vorne auch noch die gemeinsame Stellungnahme der Rhein-Erft-SPD-Abgeordneten. Wenn Sie sich noch lange beschweren, lese ich die auch noch im Wortlaut vor. Dann müssen Sie das auch noch aushalten.
„In der Staatskanzlei ist man mir immer wieder ausgewichen. Da ist mir allmählich klar geworden, dass offenbar Dinge hinter meinem und den Rücken der anderen Abgeordneten aus dem rheinischen Revier ausgehandelt werden.“
Das ist die Transparenz, Frau Kraft, für die Sie stehen. Noch nicht einmal Ihre eigenen fachlich und regional zuständigen Abgeordneten sind in so grundlegende Entscheidungen eingebunden. Das ist Ihr Stil.
Mit einem Federstrich treffen Sie eine so weitgehende Entscheidung aus koalitionspolitischer Raison.
Mit dem De-facto-Ausstieg aus der Braunkohle werden bezahlbare Energie und Versorgungssicherheit massiv gefährdet. Und dafür gibt es keine fachpolitische Begründung, Frau Ministerpräsidentin. Das sage nicht nur ich, sondern das sagt Ihnen auch Ihr Parteigenosse, Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der IG BCE.