Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich, weil es nämlich keine Wahlmöglichkeiten mehr für die Eltern vor Ort gibt. Das ist mit dem Erlass über die Mindestgrößen ausgemacht.

(Zurufe von den GRÜNEN – Gegenrufe von der FDP)

Frau Löhrmann hat dies ganz klar zum Ausdruck gebracht – obwohl CDU und FDP den Erlass gerne mit zum Gesetzentwurf aufnehmen wollten –, indem sie gesagt hat, nein, das sei ihre Stellschraube. Ich möchte gerne sehen, wann weitere Zahlen verändert werden, um das Lichtausschalten in den Förderschulen noch weiter zu beschleunigen. Darauf bin ich gespannt. Die Hypothek eines extrem schlecht gemachten Gesetzes bleibt bestehen.

Zu guter Letzt, Frau Löhrmann: Sie haben in Ihrer Rede mit Bildern gearbeitet. Sie haben davon gesprochen, dass dieser Inklusionsprozess kein Spaziergang ist, sondern eher eine Bergwanderung.

Diese Bilder nehme ich zum Abschluss meiner Rede gerne auf. Für beides – ob Sie jetzt den gemütlichen Spaziergang machen wollen oder die anstrengende Bergwanderung – brauchen Sie das notwendige Rüstzeug. Das fängt an bei entsprechendem Schuhwerk, das geht über die Kleidung bis hin zum gut gefüllten Rucksack, den Sie mitnehmen.

(Zurufe von Sigrid Beer [GRÜNE])

Das alles sind Unterstützungsmaßnahmen, die dazu führen, dass Sie entweder einen gelungenen Spaziergang oder eine tolle Bergwanderung gemacht haben. Solche Qualitätsvorgaben fehlen in diesem Gesetz jedoch völlig. Daher fordere ich Sie nochmals auf: Setzen Sie endlich auf Qualität und sorgen Sie für einen entsprechenden Rahmen. Dies ist im Sinne der Kinder und Jugendlichen, damit wir den Inklusionsprozess gut gestalten können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden Reiner Priggen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Plenartag gestern hat mit einer Unterrichtung begonnen und der heutige hört mit einer Unterrichtung auf. Dazu kann ich nur sagen: Ich bin mit dem Arbeitsergebnis sehr zufrieden; denn wir haben Antworten auf zwei schwierige Fragestellungen gegeben. Es handelt sich um Fragen, bei denen die Menschen im Land wissen wollen, was diese Regierung macht. Mit unseren Antworten kann es nun vernünftig weitergehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Frau Gebauer, Sie haben eben gesagt, das Gesetz sei schlecht. Die UN-Konvention ist zu einer Zeit verabschiedet worden, als Sie in der Landesregierung waren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die CDU sich damals bitterlich beklagt hat, dass Sie eine Inklusionsgesetzgebung blockiert haben; denn die CDU wollte eine solche Gesetzgebung sehr wohl.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das ist genau der Unterschied. Es darf Kritik geben, das ist in Ordnung. Es ist auch schwer, in diesem Spannungsfeld sämtliche Erwartungen zu erfüllen. Das sind die der Eltern, die darum kämpfen, dass ihre Kinder eine Chance haben. Es geht um Kinder mit Handicap, deren Eltern wollen, dass die Kinder inklusiv beschult werden, damit sie im weiteren Leben trotz Handicaps eine Chance haben.

Diese Chancen haben die Kinder nur einmal in einer bestimmten Altersstufe. Die Eltern wollen die Lösungen jetzt haben, und nicht dann, wenn die Kinder 15 Jahre älter sind. Diese Wünsche zu erfüllen und zugleich die Ängste der anderen zu berücksichtigen, die sich fragen: „Was kommt da an Belastungen auf uns zu?“, das ist nicht einfach.

Es geht allerdings auch nicht, sich davor zu drücken. Die Menschen warten auf Antworten, und wir haben ihnen diese Antworten gegeben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Hochverehrter Kollege Klaus Kaiser, das Gedächtnis ist manchmal kurz. Du hast es vorhin richtig gesagt: Wir haben das Schulrechtsänderungsgesetz am 16. Oktober 2013 verabschiedet, und im August 2014 tritt es in Kraft. Erinnerst du dich noch, wie lange der Zeitraum zwischen der Verabschiedung der Änderungen im Schulgesetz zum G8 durch euch CDU und FDP und dem Inkrafttreten war? Das waren keine drei Monate: Das Gesetz wurde im Juni verabschiedet und ist am 1. August in Kraft getreten.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Daran gemessen waren das jetzt Jahre der Vorbereitung.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will nur sagen: Das Gedächtnis ist manchmal ein bisschen kurz, aber sei‘s drum. Ich gebe das ehrlich zu. Ich mache jetzt 30 Jahre Politik für die Grünen. Das sind 30 Jahre Kommunal- und andere Wahlkämpfe.

Als wir damit angefangen haben, habe ich bei dem vorhandenen Zeitplan gesagt: Das Gesetz soll in Kraft treten, damit die Eltern mit ihren Kindern eine Perspektive haben. Die kommunalen Spitzenverbände waren nicht in der Lage, uns Zahlen darüber

zu liefern, was es kostet – auch nicht auf Nachfragen hin.

Dann haben wir ein Verfahren mit hochkomprimierten Zeitansprüchen verabredet. Wenn man sich die Verfahren durchrechnet – wie es verabredet war –, um mit sehr viel Einsatzbereitschaft die Zahlen zu liefern, war uns doch klar, wo wir in der Umsetzung liegen: kurz vor dem Datum 25. Mai. Uns war auch klar, dass es beim Suchen nach Themen für die CDU eine Verlockung war, zu sagen: Sie fahren vor die Wand; sie schaffen es nicht.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: So ist es!)

Ich habe sieben Kommunalwahlkämpfe mitgemacht und bin schon lange im Geschäft. Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass einige daran gedacht haben, diesen Verlockungen erlegen sind und jetzt auch – wie gestern Morgen – nicht sagen konnten: Donnerwetter, ihr habt es geschafft, einstimmig, mit allen drei kommunalen Spitzenverbänden, Respekt! Jetzt ist bald der 25. Mai. Wir schauen, dass wir das alle zum Gelingen bringen. – Dass das nicht einfacher ging, dafür habe ich ein gewisses Verständnis. Ich kann nur sagen: Die Tonlage von Klaus Kaiser war gemäßigt; es hätte viel schlimmer kommen können.

(Heiterkeit von Klaus Kaiser [CDU] und Minis- terin Svenja Schulze – Sigrid Beer [GRÜNE]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

Weil ich mit Freude zur Kenntnis nehme, dass auch der Städte- und Gemeindebund heute einstimmig Ja gesagt hat, will ich mich bei Marc Herter und bei Sigrid Beer bedanken. Denn die Parlamentarischen Geschäftsführer waren intensiv beteiligt, ihr habt sehr viel mehr als wir in den Vorbereitungen gemacht. Ich will mich auch bei Staatssekretär Ludwig Hecke, bei Dr. Schrapper und Herrn Fleischhauer bedanken. Denn das war viel Arbeit und Engagement von den Fachleuten im Haus.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das ist nicht 08/15, das ist nicht Dienst nach Vorschrift und kein Dienst, der nach acht bzw. nach 15 Stunden zu Ende ist. Ich kann mich an die Stunden und Zeiten erinnern. Das Thema liegt den Beteiligten am Herzen. Daher sage ich es mit Freude.

Ich will auch ganz klar zum Ausdruck bringen: Wir haben Gespräche mit den Spitzen aller drei Kommunalverbände geführt. Das waren schwierige und anstrengende Gespräche. Sie waren für mich aber auch aufseiten der kommunalen Spitzenverbände vom Ringen geprägt, für ihre Kommunen Ergebnisse erzielen zu wollen und zu müssen.

Kollege Römer hat richtigerweise die schlechten Eindrücke, die sie aus fünf Jahren hatten, angesprochen. Es war ein Stück weit therapeutisches Arbeiten, bei ihnen ein Verständnis dafür zu erzeugen, dass es auch eine Landesregierung gibt, die sich an Zusagen hält.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auch aus meiner Sicht richte ich an alle Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, mit denen wir geredet haben, auch wenn die Gespräche intensiv und hart waren, ein Dankeschön. Denn letztlich hat sich beim gemachten Angebot die Erkenntnis durchgesetzt: Es ist besser, sich zu verständigen und dieses gute, weitreichende und zuverlässige Angebot des Landes anzunehmen, um im Interesse der Menschen in den Kommunen, der Eltern und der Kinder den Schritt weiterzugehen. Inklusion ist kein einfacher Prozess. Viele müssen gewonnen werden. Aber die kommunalen Spitzenverbände haben letztlich Ja gesagt.

Jetzt können wir unsere entsprechenden Beschlüsse fassen, weil wir als Regierung und als die regierungstragenden Fraktionen zuverlässig sind. Wir können genau diese Arbeit machen.

Deswegen will ich an dieser Stelle insgesamt – die Kollegen können sich nachher noch melden – sagen: Ich finde diesen Prozess mit allem Engagement … Ich will gar nicht die Details und die Dinge durchgehen, die wir gemacht haben, wie die Zeitabläufe, die Auswahl des Gutachters usw., denn das wissen alle, die daran beteiligt waren. Ich will einfach sagen: Es hat sich gelohnt.

Wir können nicht alle ad hoc so zufriedenstellen, wie sie es gern wollen. Aber wir können vielleicht etwas Angst vor dem Prozess wegnehmen. Wir können auf die vielen ganz hervorragenden Beispiele verweisen. Ich habe gelernt, dass der Kreis Wesel ein ganz hervorragender Kreis ist, um sich das anzuschauen, ebenso auch andere. Diese positiven Beispiele sollen ermutigen. Bei allem anderen helfen wir jetzt ein Stück weit mit.

Bei allem Streit zwischen uns sollten wir zusammen im Auge haben: Wir machen das für die Kinder, die ihre Chance im Leben haben wollen. Es gibt viele Menschen, die das sehr gut machen. Die unterstützen wir im Weiteren. Dafür herzlichen Dank! – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Piratenfraktion erteile ich Frau Kollegin Pieper das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank, Frau Ministerin Löhrmann, dass wir heute erfahren, wie es in dieser wichtigen Frage weitergeht.

Der Streit um die Finanzierung der Investitionen für den Ausbau der gemeinsamen Inklusion war lang und heftig. Wir haben in der Frage immer eine klare Position vertreten. Wir waren die Einzigen, die schon im Gesetzgebungsverfahren und in der Bera

tung des Haushalts 2014 genau das gefordert haben, was jetzt eingetreten ist. Hätte man uns damals nicht belächelt, sondern auf uns gehört, wären wir heute viel weiter.

(Beifall von den PIRATEN)

Klar ist, dass wir es im Grundsatz begrüßen, dass sich die Koalition und die kommunalen Spitzenverbände geeinigt haben. Mit Blick auf das Ergebnis denke ich, dass das in Ordnung ist.

Ich muss Herrn Kaiser recht geben: Es hat zu lange gedauert; es hätte schneller gehen können. – Aber es reicht, wenn ich das einmal sage.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Betrachtet man das Ergebnis der Verhandlungen, so zeigt sich: Jetzt kommt doch die Anerkennung der Konnexität durch die Hintertür. Ab 2017 soll das Konnexitätsprinzip für die Leistungen von Korb I, also zum Beispiel Investitionen an Schulbauten, angewandt werden.

Wir haben jetzt also nach monatelangem Tauziehen eine Übergangslösung bis 2017. Danach wird dann doch das Konnexitätsprinzip angewandt. Die Koalition hat die Konnexitätsrelevanz bei der Gesetzgebung immer vehement abgestritten. Nun zeigt sich ganz deutlich: Das 9. Schulrechtsänderungsgesetz wird de facto als konnexitätsrelevant behandelt. Auf die Kostenfolgeabschätzung zu verzichten, war definitiv falsch. Rot-Grün hat die Kosten aufseiten der Schulträger viel zu lange viel zu klein geredet. Darüber verstrich Zeit.

Aber jetzt gilt es, nach vorne zu schauen. Es ist noch so viel für die schulische Inklusion zu regeln, und zwar auf allen Ebenen. Ich möchte hierzu – das hatte hier schon jemand erwähnt – auf die Bonner Erklärung zur inklusiven Bildung in Deutschland hinweisen. Ich glaube, das waren Sie, Frau Löhrmann.