Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Die Landesregierung steht ohne Wenn und Aber zum Schulkonsens. Wir freuen uns, ihn weiter zu gestalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Laschet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Unterrichtung und auch für die Gelegenheit, in der Frage „Was ist Konsens, und was ist nicht Konsens?“ einiges klarzustellen.

Frau Löhrmann hat gesagt, sie ist mit dem Oppositionsführer unzufrieden. – Der Tag, an dem Sie mit dem Oppositionsführer zufrieden sind, ist ein schlechter Tag für den Oppositionsführer.

(Beifall von der CDU)

Denn unsere Aufgabe ist es, Sie an den Zielen, die Sie proklamieren, zu messen, um zu sehen: Ist die Bildungspolitik bei uns im Lande gut? Dieser Schulkonsens war gut. Das war ein guter Akt.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Christian Lindner!)

Generationen von Abgeordneten dieses Landtags haben sich leidenschaftlich über die Schulpolitik gestritten, und meistens haben sie nicht über Inhalte und Qualität gestritten, sondern über Strukturen. Das hat dazu geführt, dass auch die Bevölkerung in unserem Land, beispielsweise 1978 beim KoopVolksbegehren – da warst Du noch gar nicht geboren, Christian –,

(Beifall von Walter Kern [CDU])

auf die Straße ging. Vom 16. Februar bis zum 1. März, also in einem Zeitraum von nur zwei Wochen – ich habe das nachgeschaut –, sind 3,6 Millionen Menschen in die Wahllokale gegangen und haben sich eingetragen. Zum Teil haben sie Schlange gestanden, um gegen die Koop-Schule zu kämpfen. Dass dieser Strukturstreit beendet ist, ist eines der großen Verdienste dieses Schulkonsenses.

Natürlich haben sich bei diesem Schulkonsens alle bewegt. Die CDU hat am 12. April 2011 auf dem Siegener Parteitag unter dem Antrag „Jedem Kind gerecht werden“ in Reaktion auf den Gerichtsbeschluss betreffend Finnentrop, wo die Gemeinschaftsschule gescheitert ist, der Landesregierung angeboten: Lasst uns gemeinsam einen solchen Schulkonsens versuchen.

Das ist die richtige Methode gewesen. Deshalb geht das Lob an Sie, Frau Löhrmann, dass Sie den Kon

sens gesucht haben. Das ist eine andere Art von Politik, als Sie sie heute an den Hochschulen praktizieren:

(Beifall von der CDU)

gegen die Hochschulen, gegen die Lehrenden, gegen die Studierenden, gegen die Wirtschaft. Sie haben versucht, einen Konsensprozess einzuleiten, der von allen Zugeständnisse erwartet hat.

Sie sind mit folgenden Zielen in den Wahlkampf 2010 gegangen – so stand das 2010 in Ihren Wahlprogrammen –:

SPD: Gemeinschaftsschule ist die Schule der Zukunft.

Die Grünen: Wir stehen für gemeinsames Lernen bis zum Ende der Pflichtschulzeit ohne den Dauerdruck durch Turboabitur.

Dann haben wir, Frau Kraft, noch sondiert, ob eine Große Koalition ginge. Und Sie haben gesagt: Für mich ist eines nicht verhandelbar: die Gemeinschaftsschule; wir wollen die Gemeinschaftsschule. Es wird keine Gymnasien, keine Realschulen, keine Hauptschulen mehr geben.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD – Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Doch, Frau Kraft, Sie haben das auch presseöffentlich gesagt. Sie haben gesagt: Da kann ich auch keine Kompromisse machen. – Das war ein jahrelanger Diskussionsprozess innerhalb der SPD, und Kollege Nietan, den ich sehr schätze, hat dann gesagt: Passen Sie auf, Herr Laschet, das geht wie folgt: Wir haben in Düren das Stiftische Gymnasium, 1513 erstmals erwähnt. Daraus wird dann eine Gemeinschaftsschule und das ist der gymnasiale Zweig dieser Gemeinschaftsschule. – Das war Ihr Ziel: Gemeinschaftsschule nur noch mit gymnasialen, Realschul- und Hauptschulzweigen.

(Widerspruch von der SPD)

Der Schulkonsens war ein wirklich großer Akt, Christian Lindner, ein Akt der Sicherung der Gymnasien.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Christian Lindner [FDP] - Heiterkeit von der FDP)

Doch, du weißt genau, wie Rot-Grün im Wahlkampf 2010 argumentiert haben. Die wollten keine Gymnasien, keine Realschulen und keine Hauptschulen mehr. – Heute steht das gegliederte Schulsystem in der Verfassung, und das ist der Erfolg dieses Schulkonsenses.

(Beifall von der CDU)

Keiner – man merkt ja, wie man sich da plötzlich wehrt – will mehr Gymnasien abschaffen. Keiner will mehr Realschulen abschaffen. Das war in der Auseinandersetzung des Jahres 2010 eine völlig ande

re Diskussion. Deshalb ist es gut, dass es jetzt diesen Konsens gibt.

Die Frage lautet nun: Bedeutet dieser Konsens, dass wir bis zum Jahre 2023 nicht mehr über Schulpolitik streiten und in der Bildungspolitik keinen Dissens mehr haben? Das ist das, was ich thematisiert habe. Nein, Frau Löhrmann, wir werden weiterhin auf die Qualität im Schulsystem setzen.

(Beifall von der CDU)

Wir werden Sie da kritisieren. Sie sagen: Kein Kind zurücklassen. – Das ist ein Spruch von George W. Bush, dem bösen Bush, dem Sohn Bush: „No child left behind“, der von der Ministerpräsidentin zumindest richtig übersetzt worden ist.

(Heiterkeit)

Kein Kind soll zurückbleiben. – Da sind wir mit Ihnen einig.

Aber wenn Sie beispielsweise beginnen, die individuelle Förderung, die Sprachstandstests für Vierjährige abzuschaffen und demnächst nach Hartz-IVSätzen zu verteilen, wo individuell gefördert wird, ist das ein anderer Ansatz, als nach dem ursprünglichen System vorgesehen, nämlich: Jedes Kind fördern, und jedes Kind auch außerhalb der Kita zum Sprachtest bringen.

(Beifall von der CDU)

Das ist ein anderer Ansatz.

(Beifall von der CDU)

Zum Unterrichtsausfall: Ich weiß noch aus der Regierungszeit von Jürgen Rüttgers, dass jede Woche gefragt wurde, ob wir den Unterrichtsausfall reduziert haben, der im Jahre 2005 5 Millionen Stunden betragen hat. Der war 2010 halbiert.

Frau Löhrmann und Frau Kraft haben anschließend verkündet: Wir bekämpfen Unterrichtsausfall durch Abschaffung der Statistik. – Da werden wir widersprechen!

(Beifall von der CDU)

Das ist nicht unsere Methode. Unterrichtsausfall ist der größte Anschlag auf die Kinder, denen ihre Eltern nicht helfen können.

(Beifall von der CDU)

Das Akademikerkind wird es irgendwie schaffen. Dass Sie beim Unterrichtsausfall resignieren, werden wir trotz Schulkonsens kritisieren. Das können wir Ihnen schon heute ansagen.

(Beifall von der CDU)

Zur Inklusion: Die Umsetzung der Inklusion wurde beim Schulkonsens vereinbart. Die CDU hat auf einem Landesparteitag im Jahre 1992 ein inklusives Schulsystem beschlossen – aber doch nicht in der Art, wie Sie das machen: mit der Brechstange ver

pflichtend zum 1. August, ohne eine Vorbereitung der Schulen, ohne das nötige Geld.

Und jetzt sagt Frau Kraft: Das ist ja keine rot-grüne Erfindung. Das hat ja die UNO beschlossen. – Das ist wahr. Die UNO-Vollversammlung hat die Behindertenrechtskonvention beschlossen. Aber wenn in den Schulen in Gescher, in Erntebrück, in Brake und in Blankenheim etwas schief läuft, dann ist dafür nicht der UNO-Generalsekretär zuständig, sondern Sie, Frau Kraft und Frau Löhrmann, sind diejenigen, die das zu verantworten haben.

(Beifall von der CDU)

Drei Jahre lang, bis zum 22. September, haben wir es doch alle erlebt: An allem, was schief lief, war Berlin schuld. Jetzt passt das Argument Berlin nicht mehr. Jetzt muss man plötzlich auf Bundesebene regieren. Es ist eine völlig neue Erfahrung für Frau Kraft, dass man jetzt regieren muss, dass man selbst verantwortlich ist.

(Beifall von der CDU)