Protokoll der Sitzung vom 05.07.2012

„Es ist ganz klar, dass es in denjenigen Sektoren, die bereits in den EU- Emissionshandel integriert sind, keine zusätzlichen Klimaschutzeffekte gibt.“

(Beifall von der FDP)

„CO2-Emissionen werden nur in andere Bereiche Europas verlagert. Der Gesamtsaldo der CO2Emissionen bleibt gleich.“

Wenn es nicht geändert wird, werden wir ein Gesetz bekommen, das zwar für den Klimaschutz nichts

bringt, am Ende aber zu weniger Arbeitsplätzen, weniger Wohlstand und weniger Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen führt.

(Beifall von der CDU – Zuruf: Quatsch!)

Während der Koalitionsverhandlungen der letzten Wochen hatten die Zeitungsleser immer wieder mal die Hoffnung, die SPD werde den grünen Umweltminister in die Schranken weisen. Der Kollege der FDP hat es eben schon einmal angesprochen. „Rotgrünes Kräftemessen“ und so ähnlich hießen die Überschriften.

Sie haben nur einen einzigen Satz in diesem Gesetz verändert, erklären hier jedoch wortreich, sie hätten die Anhörung berücksichtigt. – Wir haben hier einen Tag lang gesessen. Die Experten haben das Gesetz verrissen. Ich habe eben die Gruppen genannt. Dann ändern Sie lediglich einen einzigen Satz, und die übrigen 25 Seiten der Vorlage sind unverändert geblieben.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Kollegen der SPD! Das ist das, was Sie im rot-grünen Kräftemessen erreicht haben. Ich kann Ihnen sagen: Die Grünen haben sich wieder einmal auf der ganzen Linie durchgesetzt. Am Ende werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land die Leidtragenden sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vor allem: Was haben Sie denn geändert? – Das Umsetzungsgebot des Klimaschutzgesetzes gilt jetzt unmittelbar für die Regionalpläne. Nach dem alten Entwurf wurde der Umweg über den Landesentwicklungsplan genommen, jetzt geht es nach § 12 Landesplanungsgesetz direkt über die Regionalräte.

Als Vorsitzender des größten Regionalrates in Nordrhein-Westfalen, des Regionalrates in Köln, sage ich Ihnen: Wir brauchen Ihre Vorgaben nicht. Wir machen seit Jahren eine verantwortungsbewusste Regionalplanung. Wie die Kommunen, so lehnen auch wir dieses Gesetz als Eingriff in die Planungskompetenz des demokratisch legitimierten Regionalrates ab.

(Beifall von der CDU)

Nicht umsonst haben Sie eine Stellungnahme des Regionalrats Köln bekommen, die von CDU, SPD und FDP getragen wurde. Das sollte Ihnen und vor allen den Kollegen bei der SPD zu denken geben.

Ich wundere mich, dass Sie diese Entdemokratisierung mitmachen,

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

dass Sie ein Gesetz beschließen wollen, das ein Ermächtigungsgesetz für den Minister ist.

(Unruhe von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Pfui!)

In diesem Gesetz steht keine einzige Maßnahme, sondern das ist ein Ermächtigungsgesetz für den Minister zur Deindustrialisierung unseres Landes.

Meine Damen und Herren, seit letzter Woche wissen wir, was die SPD will. Minister Groschek – leider ist er jetzt nicht da – hat eine großartige Idee präsentiert: Die SPD will die Relikte einer längst untergegangenen Industrie zum Weltkulturerbe machen. Herr Groschek, wissen Sie eigentlich, dass die Industrie längst untergegangen ist? Zechen, Gasometer und stillgelegte Hochöfen sind Geschichte. Das sind Relikte der Vergangenheit.

(Lebhafter Widerspruch von Rainer Schmelt- zer [SPD])

Regen Sie sich doch nicht so auf!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich habe den Eindruck: Ihnen ist noch gar nicht klar, dass Sie ganz schnell eine neue und größere Idee präsentieren müssen, nämlich ganz NordrheinWestfalen mit seiner gesamten Industrie zum Weltkulturerbe anzumelden. Ich schlage Ihnen vor, beides zusammen zu machen: Verabschieden Sie das Klimaschutzgesetz, und stellen Sie einen Antrag bei der UNESCO, Nordrhein-Westfalen unter Weltkulturerbeschutz zu stellen. Das ist das, was Sie mit diesem Gesetz bewirken werden.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Unglaublich! – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Setzen, sechs! – An- haltende Pfui- und Buh-Rufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Deppe, ich rüge Sie wegen des Begriffs „Ermächtigungsgesetz“.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege, der Begriff „Ermächtigungsgesetz“ ist aus einer unseligen Vergangenheit unseres deutschen Vaterlandes heraus derart belastet, dass wir ihn nicht als Teil einer Auseinandersetzung im Landtag von Nordrhein-Westfalen verwenden sollten.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und von Simone Brand [PIRATEN])

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Abgeordnete Brems.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Vorsitzender, ich bin Ihnen für Ihre Worte sehr dankbar. Herr Deppe, ich fand das, was Sie gerade gebracht haben, war ein ganz peinlicher und schäbiger Versuch, davon abzulenken, dass Sie selber in fünf Jahren in diesem Zusammenhang überhaupt nichts zustande gebracht haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die CDU/FDP-Landesregierung hat Klimaschutz in ihrer Zeit so verstanden, dass man einfach neue Kohlekraftwerke baut und dann schon alles in Ordnung kommt. Damit haben Sie viele Stadtwerke dahin getrieben, Kohlekraftwerke zu bauen. In der Zwischenzeit ist es absolut unwirtschaftlich geworden, die noch weiter zu betreiben. Stadtwerke wie die Stadtwerke Dortmund sitzen für die nächsten Jahrzehnte Jahr für Jahr auf ganz hohen Verlusten. Das haben Sie mit zu verantworten. Dass Sie dann so kritisieren, ist unglaublich!

(Beifall von den GRÜNEN)

Ihre Diskussion zu dem Thema „Windenergie“ finde ich einfach nur unehrlich. Der ehemalige Minister Wittke hat ganz zu Beginn der Amtszeit der CDU/FDP-Regierung gesagt: Das erste, was wir hier plattmachen werden, ist die Windenergie. Uns jetzt dafür anzugreifen, dass in zwei Jahren Regierungszeit noch nicht so viel passiert sei: Jeder, der sich in diesem Metier auskennt, weiß, dass es von der ersten Planung bis zum Bau und zur Inbetriebnahme einer Windanlage drei bis fünf Jahre dauert. Das wäre auch zu FDP/CDU-Zeiten so gewesen – wenn denn damals überhaupt etwas passiert wäre.

Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lienenkämper zulassen?

Was?

Hovenjürgen, Entschuldigung!

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Brems, dafür, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Ist Ihnen denn bekannt, dass Ihr Umweltminister diesen Windkrafterlass, den er auf den Weg gebracht hat, als „Ermöglichungserlass“ dargestellt hat? Wissen Sie, mit welchen Restriktionen man insbesondere seitens der Umweltverwaltung vor Ort zu kämpfen hat, wenn es zum Beispiel um Flächen geht, die im Moment zwar kein Wald sind, aber als Planwald deklariert sind, in den Ausschluss kommen und somit weitere Flächen für Windkraftmöglichkeiten gar nicht zur Verfügung stehen und dass im Hause Remmel überhaupt keine Koordination des wirklichen Voranbringens der Windkraft stattfindet, sondern ein Kampf der Umwelt- mit den Klimaschützern?

Frau Kollegin, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Hovenjürgen, danke für diese Frage. Es ist spannend, dass Sie diese Frage nicht Herrn Remmel gestellt haben. Aber ich beantworte sie Ihnen natürlich, soweit ich das als Abgeordnete und nicht als Ministerin tun kann, gerne:

Der Windenergieerlass ist erst ein Jahr alt. Daneben gibt es weitere Gesetzgebungen wie zum Beispiel den Landesentwicklungsplan, der Windenergieanlagen im Wald nicht ganz so positiv sieht. Genau an solchen Stellen haben wir mit dem Koalitionsvertrag angegriffen und gesagt: Dort wollen wir noch mehr ermöglichen, damit das realisiert werden kann.

Ganz klar ist: Es wird immer eine Auseinandersetzung zwischen Umweltschutz und Klimaschutz geben. Jede Energieform hat eine Auswirkung auf die Umwelt. Den erneuerbaren Energien ist gemeinsam, dass sie die geringsten Auswirkungen aufweisen. Aber nur, weil sie die geringsten Auswirkungen haben, bedeutet das noch lange nicht, nach dem Grundsatz zu handeln: Wir machen jetzt alles! – Vielmehr gucken wir immer ganz genau hin und wägen gut ab. Ich bin davon überzeugt, dass wir trotzdem und gerade deshalb, weil wir genau hinsehen, unsere Ziele bei der Windenergie, in verwandten Bereichen und beim Klimaschutz sehr gut verwirklichen werden, ohne den Naturschutz zu vernachlässigen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte gerne noch die Aussagen von Herrn Höne und Herrn Deppe aufgreifen, Sie hätten keinerlei Änderungen im Gesetz gefunden. – Das finde ich sehr schade. Klar, es sind keine großen Änderungen. Wenn man aber genau gelesen hätte, zeigten sich Änderungen, auch wenn sie vielleicht nicht so schnell zu finden sind. Manchmal machen jedoch auch Formulierungsänderungen hinterher deutliche Unterschiede aus. Gerade in der Raumplanung ist ein anderes Wort eben auch die hohe Kunst. Deswegen möchte ich Sie bitten, das noch einmal ganz genau nachzulesen. Wir können uns das auch gerne gemeinsam anschauen.

Zu guter Letzt möchte ich auf die Position der Piraten eingehen. Ich finde es sehr gut – auch Herr Remmel hat es eben schon angesprochen –, dass Sie unseren Gesetzentwurf positiv begleiten wollen. Wenn man ganz genau hinhört, sagen Sie, dass Sie mit den konkreten Zielen schon ein Problem haben. Das finde ich etwas kurios.

Die Wissenschaft, die globale Klimawissenschaft mahnt uns, dass die globale Erwärmung nicht mehr als zwei Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Werten steigen darf, wollen wir gravierende Auswirkungen für Mensch und Umwelt vermeiden. Auf dieses Ziel hat sich die internationale Gemeinschaft in Cancun verständigt. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen alle Industriestaaten ihre

Emissionen gegenüber den Werten von 1990 bis 2050 um 80 % bis 95 % reduzieren.

Ich finde es sehr schade, dass Sie sich auf solche Ziele nicht einlassen können,

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das ist gar nicht wahr!)

dass sie Ihnen zu konkret sind.