Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Herr Kollege, Ihre Redezeit!

Herr Präsident, zum Abschluss meiner Rede stelle ich noch die Frage:

Wer sind diese neuen Eigentümer? Wer würde das übernehmen? Wer springt da ein? Wird nicht ein an dieser Stelle unwürdiges Spiel betrieben? Auf der einen Seite wird gesagt, wir müssen dringend die Feuerwehr haben, auf der anderen Seite ist man in der Debatte zum Teil als Brandstifter unterwegs. – Das geht auch nicht, Herr Schulz. An dieser Stelle müssen wir aufpassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege van den Berg. – Für die Landesregierung spricht in Vertretung für Herrn Minister Jäger Herr Minister Kutschaty.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich äußert sich auch die Landesregierung sehr gerne zu diesem Tagesordnungspunkt.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Sie sind der Einzige, der da ist! – Zurufe von der SPD)

Wenn ich den Antrag richtig verstanden habe, geht es den Piraten in diesem Zusammenhang in erster Linie um die Auswirkungen des Atomausstiegs auf die kommunalen Beteiligungen hier in NordrheinWestfalen.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Kutschaty ge- gen den Rest der Welt!)

Lieber Herr Kollege Schulz, Sie wissen, ich schätze Sie ausdrücklich als besonnenen Rechtspolitiker. In dieser Funktion treffen wir uns häufiger. Ich nehme Ihnen ab, dass Sie Ihren Antrag als einen wertvollen Beitrag zum sozialverträglichen Atomausstieg verstehen. Aber ich befürchte, dass wir mit diesem Antrag nicht mehr machen können als Kaffeesatzleserei.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Er bringt uns rein gar nichts bei der Beantwortung der Frage, wie wir es insgesamt in Deutschland schaffen – mit „wir“ meine ich die Gesamtgesellschaft –, den Atomausstieg zu bewältigen.

Lassen Sie uns noch einmal in Erinnerung rufen: Im Jahre 2000 war es die rot-grüne Bundesregierung, die den Ausstieg aus der Atomenergie auf den Weg brachte. 2010 hat die damalige Bundesregierung von CDU und FDP die Laufzeiten verlängert. Ein Jahr später unter den Eindrücken der Katastrophe von Fukushima hat dieselbe Bundesregierung beschlossen, bis zum Jahr 2022 aus der Atomenergie auszusteigen. Dieser Beschluss wurde damals mit großer Mehrheit im Bundestag gefasst. Im letzten Jahr haben dann CDU, CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag geschlossen. Darin gibt es zwei ganz entscheidende Punkte.

Der erste: Die Bundesregierung wird Gespräche mit den Energieversorgern führen. – Und der zweite entscheidende Punkt: Die Kosten für den Atommüll und den Rückbau werden von den Verursachern getragen.

Dieser zweite Punkt ist die eigentliche Grundlage für die heutige Debatte hier. In der Aktuellen Stunde, die schon mehrfach zitiert wurde, von Mitte Mai dieses Jahres haben meine Ministerkollegen Duin und Remmel deutlich unterstrichen: Hier gilt ganz klar das Verursacherprinzip. Wir akzeptieren keine Lösung, die die im Raum stehenden Kosten auf den Staat oder die Bürgerinnen und Bürger abwälzt. – An diesem Standpunkt hat sich bis heute nichts geändert.

Es hat sich auch nichts geändert an der Perspektive und im aktuellen Stand auf Bundesebene. Wir können spekulieren, wie wir wollen – solange die Rahmenbedingungen nicht klar feststehen, erübrigt sich die Frage, welche Auswirkungen sich für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für unsere Kommunen ergeben. Das gilt natürlich auch für die kommunalen Beteiligungen an RWE; denn auch die künftige geschäftliche Entwicklung von RWE und damit eventuelle künftige negative finanzielle Auswirkungen auf die kommunalen RWE-Aktionäre lassen sich nicht sicher prognostizieren.

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kern von den Piraten zulassen?

Ja, bitte.

Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Zunächst einmal habe ich zur Kenntnis genommen und begrüße es, dass Sie sich jetzt in diesem Zusammenhang ausdrücklich zum Verursacherprinzip bekennen.

Nur: Können Sie nachvollziehen, dass Bedenken daran bestehen, dass das auch tatsächlich in der Praxis so erfolgt? Wenn man sich anschaut, dass bei dem anderen energiepolitisch brisanten Thema, dem Ausstieg aus der Steinkohle, wo es um die Ewigkeitskosten geht, die durch diesen Energieträger verursacht wurden und in Zukunft verursacht werden, das gewählte Modell eben auch eine Stiftung war, die RAG-Stiftung, bei der es jetzt schon absehbar ist, dass das zur Verfügung gestellte Vermögen eben nicht ausreichen wird, um in Zukunft diese Kosten zu decken, sondern sich bereits jetzt eine Lücke von 6 Milliarden € auftut, die zulasten des Steuerzahlers geht, dann bestehen von unserer Seite aus eben Bedenken, dass hier vonsei

ten der Landesregierung konsequent gehandelt wird.

Herr Minister, bitte schön.

Sie mögen eventuell Bedenken haben, die Sie hier zum Ausdruck gebracht haben. Aber die Situation ist nicht mit dem Ausstieg aus der Steinkohle vergleichbar, weil wir ganz eindeutig die Positionierung aller Beteiligten in Verantwortung haben, dass schon jetzt klar festgelegt ist, dass das Verursacherprinzip hier zur Geltung kommen wird.

Lassen Sie mich aber zu den kommunalen Beteiligungen zurückkommen. Darum geht es Ihnen ja, glaube ich, in Ihrem Antrag; das ist ja das Entscheidende. Es geht um die künftigen geschäftlichen Entwicklungen, die wir hier prognostizieren sollen, was meines Erachtens schwer bis nahezu unmöglich ist. Denn auch die Geschäftspolitik der Energiekonzerne wird nicht vom Land Nordrhein-Westfalen betrieben, sondern letztlich von den Aktionären und den Gesellschaftsorganen der entsprechenden Unternehmen. Wirtschaftliche Betätigungen sind stets mit Chancen, aber auch mit Risiken verbunden. Die Kommunen wissen um ihre Betroffenheit.

Insofern macht Ihr Antrag, hier und jetzt eine Auflistung der kommunalen Beteiligungen vorzunehmen oder gar ein Gutachten in Auftrag zu geben über etwas, was wir zum heutigen Zeitpunkt noch gar nicht klar abschätzen können, überhaupt keinen Sinn. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Fraktion der Piraten hat sich noch einmal der Kollege Schulz gemeldet.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja nicht gerade so, dass ich nicht schon in der Vorüberlegung antizipiert hätte, was hier heute gesagt wird. Deswegen möchte ich noch einmal kurz darauf eingehen.

Herr Minister Kutschaty und auch andere Redner hatten es geben angedeutet: Ja, vieles ist Spekulation. Aber es ist gerade auch Gegenstand von Gutachten, die Szenarien aufzeigen, dass dort ein Stück weit Spekulation enthalten ist. Wir haben bestimmte wirtschaftliche Rahmendaten und Eckdaten, und wir haben die Beteiligungen. Wer beispielsweise an RWE beteiligt ist, ist bekannt. Die Liste liegt vor.

Jetzt geht es noch darum, dass die Kommunen einmal sagen müssten, wie hoch die jeweiligen Be

teiligungen sind. Vereinzelt wurde das in den letzten Wochen und Monaten schon ausgeführt im Zusammenhang mit Wertabschreibungen bezüglich der RWE-Beteiligungen.

Worüber wir aber keinen Zweifel mehr haben sollten – und, Herr Kufen, da muss ich Ihnen einmal entgegenspringen, und zwar etwas lauter –: Sich hier immer noch auf den „Spiegel“-Artikel zu berufen und zu sagen, das sei halt nur ein „Spiegel“-Artikel gewesen, halte ich angesichts der Tatsache weiterer Berichterstattungen in verschiedenen Medien – „FAZ“, „Süddeutsche“ usw., nicht zuletzt „Rheinische Post“ vom 29. Mai – insofern für außergewöhnlich, als dort ausgeführt wird, dass der Vizechef von RWE, nämlich Rolf Martin Schmitz, bereits vor der Bundestagswahl bei der damaligen Bundesregierung mit den Konzepten aufgeschlagen ist. Mindestens seitdem ist also auf Bundesebene

(Zuruf von der SPD)

Herr Laschet ist ja nun einmal auch Bundesvorsitzender – diese Angelegenheit bekannt, und dementsprechend wird, wie es heute hieß, wahrscheinlich schon im Hinterzimmer verhandelt. Aktuell ist Werner Müller, der Vorsitzende der RAG-Stiftung, derjenige, der hier nun mit der Atomstiftung reüssieren soll. Jetzt davon zu reden, das sei nur spekulativ, damit kommen wir also nicht weiter.

Fakt ist jedenfalls – und das ist ein ganz entscheidender Punkt –: Sowohl den nicht anwesenden Minister Duin wie auch den nicht anwesenden Minister Remmel würde ich gerne einmal in den Saal hereinholen, und zwar mit jeweils einem Zitat. Minister Duin sagte am 15. Mai:

„Trotzdem ist unstreitig, dass uns das Thema ‚Folgen des Atomausstiegs und damit verbundene Zukunftslasten‘ in der Zukunft immens beschäftigen wird. Das sollten wir dann aber auf der Basis eines gesicherten Konzeptes und gesicherter inhaltlicher Daten diskutieren.“

Herr Minister Remmel sagte – ebenfalls 15.05. –:

„Insofern finde ich es schon sinnvoll, darüber zu diskutieren. Ich finde es schon sinnvoll, dass dieses Thema auf der Tagesordnung steht, weil endlich der Fokus dahin gelegt wird, wo er hingehört. … Wie können wir die öffentlichen Interessen sichern, wenn es um die Rückstellungen geht? Das ist das zentrale Moment.“

Nun sage ich: Gegenstand unseres Antrages ist es, die Grundlage zu schaffen, dass die Landesregierung in die Lage versetzt wird, auf Augenhöhe im Bund zu diskutieren – auch mit den Unternehmen und Konzernen. Dafür bedarf es der Grundlagenermittlung. Das beste Element für eine Grundlagenermittlung ist nun einmal ein Gutachten, insbesondere im Rahmen der kommunalen Familie, die Informationen beizuziehen, die Grundlagen für dieses Gutachten werden.

Herr Kollege.

Anderenfalls müssen wir davon ausgehen, dass die Landesregierung gerade im Bereich des Atomausstiegs und der Folgelasten weiterhin ohne Kompass und ohne Landkarte unterwegs ist. Das gilt es zu vermeiden. Dem dient unser Antrag.

Herr Kollege!

Wenn Sie Bedenken haben, was die Kommunen angeht – ich komme zum Ende, Herr Präsident –, so kommen wir Ihnen dadurch entgegen, dass wir über den Antrag zu Ziffer 1 und 2 differenziert abstimmen lassen, sodass Sie beispielsweise die Kommunen verschonen können, was die Beteiligungsoffenlegung angeht. Wir allerdings von den Piraten sind dafür, dass auch die Kommunen die Beteiligung endlich offenlegen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Die Fraktion der Piraten hat als Antragstellerin gemäß § 42 Abs. 2 Geschäftsordnung zu diesem Antrag Einzelabstimmung beantragt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Ziffer II des Forderungskataloges des Antrages der Fraktion der Piraten. Wer dem seine Zustimmung geben kann, bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? - Damit ist Punkt 1 dieses Forderungskataloges abgestimmt: Zustimmung der Piraten und Ablehnung aller anderen Fraktionen sowie des fraktionslosen Abgeordneten Stein.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über Ziffer II des Forderungskataloges.

(Christof Rasche [FDP]: Wir haben gerade über Ziffer 2 abgestimmt!)

Nein, wir haben gerade abgestimmt über Ziffer II. Ich hole einmal den Antrag heraus. Das ist hier so formuliert. Ich werde jetzt den Antrag zitieren. Dann ist das ein Druckfehler. Das war die Ziffer II. Es gibt auch nur zwei Punkte, die in dem Antrag enthalten sind …