Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

den Betroffenen ganz viel diskutiert haben, um dort Lösungen zu erarbeiten.

War es denn in Bezug auf die betroffenen Tagesmütter tatsächlich das Ziel zu sagen, dass die Zuzahlung gestrichen werden soll, weil es ihnen dann besser gehen würde? Oder ist es nicht vielleicht genau umgekehrt, dass die betroffenen Tagesmütter, wenn das Zuzahlungsverbot kommt, die ganz große Sorge haben, dass sie ihrem Beruf eben nicht mehr nachgehen können, weil die Kommunen – die meisten von ihnen in Nordrhein-Westfalen sind hochverschuldet – finanziell nicht in der Lage dazu sind? Wenn sie ihren Beruf aber nicht mehr ausüben könnten, blieben damit auch die Qualität und der Ausbau auf der Strecke.

(Beifall von der FDP)

Herr Hafke, ich weiß nicht, ob Sie bei der Anhörung im Ausschuss, als es um die Kindertagespflege ging, dabei waren. Ich erinnere mich sehr gut an diese Anhörung im Ausschuss. Da ist doch tatsächlich von einer der zur Anhörung Eingeladenen gesagt worden: Wenn die Zuzahlungen wegfallen, ist es für mich nicht mehr auskömmlich, diese Aufgabe zu machen. Wissen Sie, diese Dame kam aus der Stadt Paderborn. Die Stadt Paderborn zahlte zu der Zeit 2,50 €. Man kann jetzt nicht sagen, dass diese Kommune in der Haushaltssicherung ist, sondern das ist eine, die sehr wohl einen Anteil von 5 € bezahlen könnte. Das ist die reale Situation!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie waren – das weiß ich nicht – vielleicht nicht dabei. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Anhörung.

Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, Herr Hafke, den Sie im Ausschuss und hier heute auch noch einmal betont haben. Sie lehnen den Grundsatz, Ungleiches ungleich zu behandeln, ab. Offensichtlich stehen Sie für die Gießkanne, obwohl Sie ganz genau wissen – die Fachleute bestätigen uns das auch –, dass die, die es schwerer haben, mehr Unterstützung brauchen als andere. Hier haben wir offensichtlich in der Tat eine grundlegende Meinungsverschiedenheit. Ich finde nicht, dass, wenn jeder an sich selber denkt – wie Sie das offensichtlich tun –, an alle gedacht ist.

Wir gestalten unsere Politik mit dem Ziel, mehr Teilhabe für alle Kinder zu erreichen. Deswegen erhalten – jetzt hören Sie genau zu! – 185 Jugendämter mehr Geld für mehr Bildungsgerechtigkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich sage noch einmal: Das Kreisjugendamt Warendorf erhält plus 145.000 € in toto.

(Marcel Hafke [FDP]: Aber nicht für Sprach- förderung!)

Das Kreisjugendamt Soest erhält plus 135.000 € in toto für Bildungsgerechtigkeit, Herr Hafke! Die kriegen mehr Geld als vorher!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Jugendämter bekommen die Aufgabe, zu überlegen, wie sie dieses Geld sinnstiftend einsetzen können.

Ihre Art, die Dinge falsch darzustellen, finde ich schon sehr bemerkenswert. Uns jedenfalls als Landesregierung ist eine passgenaue, individuelle und gleichberechtigte Förderung von Kindern sehr wichtig.

Kinder mit Behinderungen gehören für uns selbstverständlich mit dazu. Deswegen haben wir bereits mit dem 1. Änderungsgesetz die Voraussetzungen für Inklusion in den Kindertageseinrichtungen verbessert. Dass hier jetzt noch einmal auf Antrag bei der Kindertagespflege gleichgezogen wird, finde ich sehr begrüßenswert und sehr richtig.

Ich begrüße auch ausdrücklich die von den Regierungsfraktionen eingebrachte Änderung des Zuschusses für die Kinder mit Behinderung in Kindertagespflege. Im Vergleich zum Regierungsentwurf wurde er noch einmal angehoben. Inklusion stellt eben erhöhte Anforderungen an die Förderung der Kinder. Dies gilt eben auch für die Kindertagespflege.

Wir haben viele Botschaften aus dem Land mitgenommen. Ich denke, unsere Verbesserungen zielen in die richtige Richtung. Das finanzielle Engagement des Landes wird ausdrücklich anerkannt; denn die zusätzlichen Landeszuschüsse führen dazu, dass in den Kommunen, ohne dass damit zusätzliche Aufgaben verbunden sind, deutlich mehr Mittel als bisher für die Kindertageseinrichtungen vorhanden sind.

Die 100 Millionen € in diesem Revisionsschritt gehen 1:1 in die Qualitätsverbesserung der frühen Bildung in Nordrhein-Westfalen. Im Ergebnis beider Revisionsschritte haben wir ab dem Kindergartenjahr 2014/2015 jedes Jahr 390 Millionen € mehr für den Bereich der frühkindlichen Bildung zur Verfügung gestellt.

Im Gegensatz zu dem bisherigen Finanzierungssystem – das hat Wolfgang Jörg auch noch einmal gesagt –, bei dem Kommunen und Träger immer beteiligt waren und immer mitgemacht haben, erfolgen alle Verbesserungen seit 2011 – die erreichten und die jetzt geplanten – ausschließlich aus Landesmitteln und deshalb durch zusätzliche Pauschalen. Das wissen Sie auch ganz genau. Wir können das gar nicht anders als auf diesem Wege machen, wenn wir zusätzliches Geld zur Verfügung stellen wollen.

Ich will deutlich sagen: Eine umfassende Neugestaltung des Finanzierungssystems können wir als Land nicht allein stemmen. Das klappt bei der Haushaltssituation nicht. Dazu brauchen wir die Kommunen. Wir sind natürlich mit den Kommunen im Gespräch über weitere Möglichkeiten, die wir dann aber gemeinsam entwickeln müssen. Das gilt zum Beispiel auch für die Anhebung der jährlichen Anpassung, über die Sie gesprochen haben. Wir als Land können das nicht mal eben auch noch alleine schultern beziehungsweise obendrauf packen. Da erwarte ich, dass wir das gemeinsam mit den Kommunen entwickeln. So wird also zukünftig zu klären sein, wie im Zusammenwirken aller Beteiligten die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen weiter verbessert werden kann.

Ich möchte aber meine Rede nicht beenden, ohne all denen noch einmal zu danken, die uns unterstützt haben, sodass wir in diesen vier Jahren wirklich viel für die frühe Bildung, die Kinder und die Familien in Nordrhein-Westfalen erreichen konnten.

Sie wissen, mir liegt daran, dass wir das immer gemeinsam und auch ohne gegenseitige Schuldzuweisungen machen. Das hat geklappt. Es ist durch gemeinsame Anstrengungen möglich geworden. Diesen Prozess, diese Arbeit und diesen Dialog werden wir fortsetzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Bitte, seien Sie so nett und kommen noch einmal zum Rednerpult zurück, denn Herr Kollege Hafke hat sich für seine Fraktion zu einer Kurzintervention gemeldet. Er drückt jetzt den Knopf und erhält sofort für 90 Sekunden das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen. Der eine betrifft das Thema „Ungleiches ungleich behandeln“. Ich glaube, so wie es die schwarz-gelbe Landesregierung damals angelegt hat, war es richtig, nämlich nach Bedarfen zu schauen und die Kinder nach Bedarf zu unterstützen.

Sie unterstützen – im umgekehrten Schluss – einige Kinder besonders und andere überhaupt nicht mehr. Wenn Sie die anderen Kinder nicht einfach im Regen stehen lassen würden, wäre ich ganz bei Ihnen. Ihre Politik führt aber dazu, dass einige Kinder in Zukunft gar keine Unterstützung bekommen werden.

Nehmen wir als Beispiel den Kreis Warendorf. Sie werfen in Ihrer Argumentation immer alles in einen Topf, und dann kommt natürlich mehr heraus. Die KITAplus-Mittel für Verfügungspauschale und

Sprachförderung sind aber zweckgebunden. Sie können Äpfel nur mit Äpfeln vergleichen, also

Sprachförderung mit Sprachförderung. Dafür bekommt der Kreis Warendort 60.000 € weniger.

Ich möchte es noch an einem anderen Beispiel festmachen, an dem der Stadt Sprockhövel. Die Stadt Sprockhövel bekommt in Zukunft 10.000 € Sprachfördermittel. Je Kindergarten dürfen sie 5.000 € ausgeben. Das heißt, zwei Kindergärten von zwölf bekommen in Zukunft Mittel für Sprachförderung. Die anderen zehn bekommen keine Mittel für die Sprachförderung.

Sie aber sprechen davon, Ungleiches ungleich zu behandeln, lassen aber zehn Kindergärten mit Kindern, die ebenfalls einen Sprachförderbedarf haben, einfach im Regen stehen. Das hat nichts mit einer Politik nach dem Motto „Kein Kind zurücklassen!“ zu tun. Das ist auch sozial nicht gerecht.

(Beifall von der FDP)

Frau Ministerin, Sie haben 90 Sekunden Zeit für Ihre Antwort. Bitte schön.

Gut, Herr Hafke, dass Sie eine Kurzintervention gemacht haben. Ich hatte nämlich noch etwas vergessen, das genau hier hineinpasst:

Wir schaffen Delfin 4 ab, weil es in den Kitas nicht gewünscht war. Sie haben die falsche Behauptung aufgestellt, wir würden 10 % der Kinder noch nach Delfin 4 testen. Das stimmt gar nicht. Wir testen nur die, die nicht in den Kitas sind, weil wir auch die erreichen wollen. Sie haben ein völlig falsches Bild konstruiert. Das wollte ich als Erstes sagen.

(Beifall von der SPD)

Wir betreiben jetzt alltagsintegrierte Sprachförderung, nicht extra, sondern alltagsintegriert. Wir setzen dafür die Sprachfördermittel ein, die Sie vorher auch eingesetzt haben, die anhand der sogenannten Tests ermittelt worden sind. Außerdem machen wir noch mehr: Wir starten eine Qualifizierungsoffensive für weitere 5 Millionen €, um die Teams in den Kitas zu stärken und auf diesem Weg zu begleiten, nicht aber nach dem Gießkannenprinzip, sondern wirklich nach Bedürftigkeit.

(Beifall von der SPD)

Wir krempeln das System auf Wunsch der Kindertageseinrichtungen und aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse völlig um. Das ist richtig, und das ist gut so. Wir werden das evaluieren lassen, um sicher sein zu können, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Denn Ihr System mit Delfin 4 war ein Gießkannenprinzip und hat nichts genützt. Das wissen Sie besser als ich.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Soweit Kurzintervention und Entgegnungen darauf.

Wir schreiten fort. Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Altenkamp das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In der letzten Ausschusssitzung hatte ich noch eine gewisse Zeit lang das Gefühl, dass die Lernkurve – insbesondere beim Kollegen Hafke – langsam aber sicher steil nach oben geht. Mitnichten! Sie haben in Ihrem heutigen Wortbeitrag exakt die gleichen – lassen Sie es mich so ausdrücken – „problematischen Erkenntnisse“, die Sie gewonnen haben, erneut präsentiert, ohne auch nur im Geringsten die Argumente, die Ihnen – auch schon mehrfach – entgegengehalten worden sind, aufzunehmen und zu bewerten. Herr Hafke, das ist ein Mittel der Rhetorik und der Politik. Das kann man zwar so machen, aber die Dinge werden nicht dadurch richtiger, dass man sie ständig wiederholt. Das muss man einfach feststellen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mir gefällt sehr das Argument des Kollegen Tenhumberg, der sagt: Ihr von den regierungstragenden Faktionen habt im Grunde genommen in der Anhörung – das zeigt Ihr mit eurem Änderungsantrag – die Hinweise überhaupt nicht ernst genommen. – Aber das Gegenteil ist der Fall. Das wissen Sie auch. In einigen Beratungen haben Sie das schon eingeräumt.

Ein Blick in die Vergangenheit hilft an der einen oder anderen Stelle doch: Zur Einbringung des sogenannten Kinderbildungsgesetzes hat der damalige Minister zum Beispiel der Kollegin Asch, als sie bestimmte Argumente genannt hat, entgegengehalten:

„Sie haben nichts anderes gemacht als das, was sich ver.di zum Ziel gesetzt hat. In der Tat habe ich mit ver.di nicht verhandelt. Wer nur emotional eskalieren will, wer auf dem Rücken der Kinder der Landesregierung Probleme bereiten will, ist für uns kein Gesprächspartner.“

Sehen Sie, das haben wir komplett anders gemacht, weil wir im Vorfeld zu diesem Revisionsschritt schon sehr viele Gespräche geführt haben, und zwar auch mit Leuten, von denen wir gewusst haben, dass sie nicht alles von Anfang an ganz toll finden werden. Deshalb ist es uns auch mit einer gewissen Schnelligkeit möglich gewesen, dieses Gesetz einzubringen.

Ich bleibe dennoch bei dem Argument, dass es nicht zu viel verlangt ist, dass sich dieses Hohe Haus einmal zügig in Beratungen begibt, damit die Menschen, die in den Kitas arbeiten, die Familien, deren Kinder die Kitas besuchen, zu Beginn des

nächsten Kindergartenjahres schnell von dem Geld, das wir mehr in die Kitas geben, profitieren können, dass das Geld ankommt. Das hat mit „Durchpeitschen“ beileibe nichts zu tun.