Damit steht er rechtlich auf sehr wackeligen Füßen. Denn unsere Polizei ist keine politische Polizei. Die ist verpflichtet, rechtlich neutral zu sein. Deswegen gehe ich davon aus, dass die Berichte, die von der Polizei Dortmund über den Polizeipräsidenten Dortmund an Sie gehen, auch neutral und wahrheitsgemäß sind. Daran gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel.
Wenn dann unangenehme Wahrheiten da drin stehen, wie zum Beispiel dass betrunkene SPDPolitiker massiv Druck ausgeübt haben in Person des Ex-Bürgermeisterkandidaten Drabig, dann ist das
für die SPD und für die Grünen unangenehm. Trotzdem muss man mit solchen Wahrheiten, die sich ergeben, leben können.
Der Bericht wurde fast vier Wochen nach dem eigentlichen Wahltag vorgelegt. Ich kann Ihnen sagen: Es gibt mit Sicherheit formelle Mängel, auch Mängel in der Art und Weise der Wortwahl in dem Bericht. Ich führe das darauf zurück, dass der im Verlauf der letzten drei Wochen, bevor er vorgelegt wurde, massiv korrigiert wurde.
„Empörung“ ist das Stichwort. Herr Römer guckt auf. Genau Sie meine ich damit. Sie müssten sich eigentlich in diese Debatte hier einklinken. Denn Sie haben ja über die Medien lauthals getönt, Sie seien über den Bericht Ihres Innenministers empört. Ich denke, danach wird es auch noch Gespräche zwischen Ihnen und Herrn Jäger gegeben haben. Heute stehen Sie aber nicht auf der Rednerliste. Hier hätten Sie Gelegenheit, Ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen und genau das zu benennen, was Sache ist.
Es bleiben nach wie vor, auch nach der Diskussion heute hier, einige Fragen offen, vor allen Dingen: Hat es tatsächlich diese Einflussnahme von Ihnen und von SPD-Granden aus Dortmund gegeben, die den Minister dazu veranlasst haben, seinen Bericht
zunächst in der Innenausschusssitzung zu relativieren und zu sagen, den habe ein Beamter geschrieben? Wenn das so sein sollte, sage ich Ihnen: Wir haben weder eine politische Polizei noch darf ein Bericht der Landesregierung von den Parteien vor Ort korrigiert werden.
Frau Schäffer von den Grünen – das muss ich sagen – tritt immer schön nett auf. Aber das, was Sie eben von sich gegeben haben, ist mit dem Rechtsstaat, in dem wir leben, nicht vereinbar.
Sie haben gesagt, es gebe rechtliche Möglichkeiten, Widerstand zu leisten, und daneben auch politische Möglichkeiten und moralische Rechtfertigungen. Das ist definitiv falsch. Wo das Recht beendet ist, ist auch das Ende des Protests erreicht. Was Sie hier vorgetragen haben, würde der Gewalt Tür und Tor öffnen.
(Beifall von der CDU – Sigrid Beer [GRÜNE]: Ich fasse es nicht! – Zuruf von Torsten Som- mer [PIRATEN] – Weitere Zurufe)
Wir können am Ende, glaube ich, doch noch insofern zusammenkommen, dass wir sagen: Wir müssen gemeinsam in den Kampf gegen die Rechten gehen. Dabei ist es natürlich schwer, den Verlauf der Diskussion hier zu vergessen; denn wenn Sie uns vorwerfen, wir würden rechtsradikale Tendenzen verfolgen, ist es schwierig, auf einen Nenner zu kommen.
Herr Minister, ich fordere Sie auf, gleich noch einmal klipp und klar und deutlich zu sagen: Das, was in dem Bericht steht, sind meine Aussagen. Ich nehme keinen Deut davon zurück.
Ich zitiere zum Abschluss noch eine Passage, die ich von Ihnen dann auch gerne als Ihre Passage bestätigt hätte. Beispielsweise heißt es dort auf Seite 8:
„Während die Einsatzkräfte die Gruppe der Angehörigen der rechten Szene räumlich zurückdrängten, wurde fortwährend aus dem Rücken der Polizeibeamten heraus aus der bürgerlichen/linken Gruppierung versucht, die vorhandenen Lücken in der Polizeikette auszunutzen, um Angehörige der rechten Gruppierung mit Schlägen und Tritten zu attackieren, was die Emotionen unter den Rechten immer wieder anheizte.“
Herr Minister Jäger, ist das Ihre Aussage in Ihrem Bericht? Dann stehen Sie dazu. Ducken Sie sich hier nicht weg. Fangen Sie nicht an, zu versuchen, mit Nebelkerzen Situationen zu verwischen. Die Bürger haben einen Anspruch darauf, zu wissen:
Wo steht unser Minister? Ist die Koalition noch handlungsfähig? Oder sehen wir einen Trümmerhaufen vor uns? – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lohn, ich will kurz richtigstellen: In dem Bericht des Ministeriums steht weder der Name der Partei SPD noch der Name von Herrn Drabig. Gerade haben Sie das so zitiert. Das ist aber nicht der Fall.
Herrn Kruse und Herrn Orth möchte ich zumindest empfehlen, ein Gespräch mit Herrn van Benthem und Frau Bastian über die Frage zu führen, unter welchen Voraussetzungen man in Köln-Porz Bürgermeister wird. Das muss man hier doch nicht wegschieben. Ich halte das für wichtig – auch, dass der Bericht nicht geändert wird.
Bevor Sie jetzt alle anfangen, zu reagieren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich will entgegen meinen Gepflogenheiten nichts mehr dazu sagen.
Wir können in einem freien Land offensichtlich nicht verhindern, dass Extremisten, Chaoten oder andere Staatsfeinde vor den Augen der Öffentlichkeit durch die Straßen ziehen und rassistische oder ausländerfeindliche Parolen skandieren. Wir konnten leider – ich glaube, das sehen wir alle gemeinsam so – nicht verhindern, dass mindestens 46 Rechtsextreme in unseren Kommunalparlamenten sitzen.
Gemeinsam können wir aber verhindern, dass diese Rechtsextremen die Straßen und Plätze dominieren und das Bild unseres Landes Nordrhein-Westfalen in der Öffentlichkeit prägen und eben auch verzerren; denn es ist unsere Aufgabe, als Demokratinnen und Demokraten deutlich zu machen, dass das mit der Mehrheit dieses Landes nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
Unter schwierigen Umständen und sicherlich auch an den Grenzen dessen, was möglich ist, haben Menschen in Dortmund klargemacht, dass wir als Nordrhein-Westfalen, aber auch als Bundesrepublik Deutschland ein Land sind, das nach bitteren Erfahrungen mit Extremismus und Gewalt seine historischen Lektionen – vielleicht auch gründlicher als andere Länder – gelernt hat. Wir wollen nie wieder zurück in einen solchen braunen Sumpf, den es im 20. Jahrhundert in verschiedenen Phasen unserer Geschichte hierzulande leider gegeben hat.
„Die Stärke unserer Demokratie liegt doch gerade darin, dass alle die gleichen Rechte haben und dass für alle das gleiche Recht gilt. Genau daran müssen wir uns auch im Umgang mit Fremdenhass und Gewalt halten. Wir sollten sorgfältig prüfen, welche der Instrumente, die dem demokratischen Staat zur Verfügung stehen, in der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Extremismus wirklich Erfolg versprechen.“
Ich glaube, dass wir als Politik die Bewertung der Frage, ob und wer sich in Dortmund wie richtig und mit welchem Erfolg verhalten hat, richtigerweise den Staatsanwaltschaften überlassen. Wir müssen aber hier und heute alle in unseren Parteien und in der Zivilgesellschaft dringend ermutigen; denn sie fühlen sich in den Parlamenten und in diesem Staat der Verfassung verpflichtet. Ihnen sollten wir als Parlament von Nordrhein-Westfalen die deutliche Botschaft übermitteln: In diesem Land dulden wir keinen Fremdenhass. Mit uns nie mehr!
Wir alle tragen die Verantwortung für das, was aus diesem Land wird – mit einer Demokratie, für die wir auch als Parlamentarier aktiv eintreten, um einer Beschädigung des Ansehens der Demokratie und der Strukturen Einhalt zu gebieten.
Wir dürfen die Ereignisse aus Dortmund, einen sicherlich schwierigen Bericht und manch unbedachte Äußerung nicht zum Gegenstand pauschaler
Schuldzuweisungen oder gar kalkulierter Unterstellungen unter den Demokratinnen und Demokraten machen.
Wer von den Menschen in unserem Land im Alltag Courage im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verlangt, der muss selber Vorbild sein. Dies gilt besonders für politische Verantwortungsträger und ganz besonders für die Parlamentarier in diesem Raum.