Herr Hovenjürgen ist übrigens der Mann, der sich noch vor ein paar Jahren mit seiner Gemeinde Haltern eigentlich aus dem Ruhrgebiet auskreisen wollte, um ins Münsterland zu gehen.
In großen Reden hat er auch Städten wie Waltrop geraten, doch lieber im Münsterland das Heil zu suchen, denn gegenüber den Konkurrenten wie Dortmund könnte man es ja nicht schaffen. – Viel Spaß bei Ihrer neuen Funktion, und trotz allem Gratulation!
Es ist statthaft, über zeitgemäße Modelle zu reden, wie sich ein regionaler und so verdichteter Ballungs
raum wie die Metropole Ruhr effektiv aufstellen und vor allen Dingen kostengünstig organisieren kann. Und das kommt im Entwurf nicht vor. Der Stärkungswunsch, den Herr Eiskirch gerade so süß wie die Worte des Dalai Lama formuliert hat, ist in der Realität doch mehr Rambo.
Nückel, ich nutze die Pause, die Sie zum Atemholen machen, und frage Sie, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eiskirch zulassen möchten.
Herr Kollege Nückel, nachdem im Ruhrgebiet die FDP lange am Verhandlungstisch gesessen hat, um zu gucken, ob sie Teil einer solchen großen Koalition für das Ruhrgebiet werden möchte, und ich weiß, wie es dort miteinander diskutiert worden ist, will ich Sie, wenn ich Sie jetzt höre, einfach nur fragen: Tun Phantomschmerzen eigentlich weh?
Herr Eiskirch, die Darstellung ist falsch. Wir haben an Gesprächen teilgenommen, die unter der Voraussetzung stattfanden, erst mal die Geburtswehen des Ruhrparlaments zu überstehen und organisatorisch auf die Reihe zu bekommen. Das Ruhrparlament ist damals aufgrund einer – ich sage es mal so – doch sehr schlampigen rot-grünen Fassung eines Wahlgesetzes, das uns präsentiert wurde, entstanden und hat zu den Ergebnissen geführt, die Ihr Kollege Groschek aus Oberhausen als chinesischen Nationalen Volkskongress bezeichnet hat.
Ihnen wird auch aufgefallen sein, dass wir ganz klar gemacht haben, dass wir uns an inhaltlichen Vorschlägen für ein Bündnis niemals beteiligen werden, weil für uns eine Koalition nicht in Frage kam. Denn für eine Koalition, in der die Partner nicht gebraucht werden, sondern nur dazu dienen, eine erdrückende Mehrheit zu generieren, stehen wir nicht zur Verfügung. Das wäre auch demokratietheoretisch äußerst schwierig.
Warum die Grünen es gemacht haben – sie wären für dieses Bündnis auch nicht notwendig gewesen –, habe ich gerade gesagt. Eigentlich haben die beiden großen Partner sie dermaßen vorteilhaft über den Tisch gezogen, dass sie wohl noch heute die Reibungswärme als Nestwärme empfinden. Aber im Grunde genommen ist von ihnen nicht mehr viel übrig geblieben.
Mit der Machete haben sie sozusagen die Austrittsklausel gestrichen. Sie haben nicht den Mumm, das Gesetz in äußeren Kreisen und Städten zu diskutieren. Das Gesetzgebungsverfahren wäre aber eigentlich der Anlass zu prüfen, ob der Zuschnitt des Verbandsgebiets dem Anspruch überhaupt gerecht wird, für das und im Namen des Ruhrgebiets zu handeln.
Viele Menschen bezweifeln, dass sich Gemeinden wie Hamminkeln, Alpen, Gevelsberg, aber auch Hamm oder Hagen überhaupt als Teil des RVR sehen und verstehen. Eigentlich muss das Verfahren genutzt werden, um über die Geografie der Metropole Ruhr zu diskutieren. Der Präsident der Verbandsversammlung hat das in der Vergangenheit ja schon mehrfach getan. Die Abschaffung der Austrittsmöglichkeit zeigt Angst vor Kritik. Das Stichwort wäre zumindest, eine Stichtagslösung zu finden.
Süß klingen natürlich auch die Formulierungen von Herrn Eiskirch zu dem Kommunalrat. Ich nenne ihn mal die Ritterrunde der Hauptverwaltungsbeamten. Wie niedlich kommt dieses Gremium daher. Es soll die Organe beraten, ist aber nach § 14a Abs. 2 des Entwurfs vor Beschlüssen anzuhören. Und dann letzter Satz – Vorsicht Falle –: „Die Verbandsversammlung kann ihm … weitere Aufgaben übertragen.“ – Schwups ist die zweite Kammer da.
Die Aufgaben, die Sie für interkommunale Zusammenarbeit beschrieben haben, kommen in dem Gesetzentwurf recht halbherzig daher, und sie wirken auch wie sprachliche Sättigungsbeilagen. Nachdem der Oberbürgermeister von Essen nur darüber nachgedacht hat, ob es nicht nützlich wäre, wenn der RVR sich den Städten gegenüber ein bisschen hilfsbereiter zeigen und vielleicht die eine oder andere Aufgabe übernehmen könnte, gab es gleich die barsche Abfuhr der Regionaldirektoren, das käme nicht in Frage; man wolle sich lieber neuen, zusätzlichen, großen Themen widmen. – Das passt genau ins Bild: Der RVR soll aufgebläht werden.
Natürlich gibt es in Teilen Dinge, wie bei der Verkehrsentwicklungsplanung, wo es Sinn macht, die Kompetenzen dort zu sammeln. Aber allein schon die Erstellung von Energie- und Klimaschutzkonzepten sind nicht Aufgabe des Verbandes – schon werden wieder Doppelstrukturen geschaffen –; das
Das Schiff RVR war in der Vergangenheit nicht in der Lage, viele Probleme, angefangen bei seinen eigenen Tochtergesellschaften, wie den Freizeitgesellschaften, oder gar die eigene Aufgabenkritik zu lösen. Das Schiff RVR ist schon lange leckgefahren. Es hat eine Schieflage. Aber jetzt gibt es viele Politiker, die glauben, es reicht, Dämme einzureißen, damit die Flut steigt, um dieses Schiff wieder flottzubekommen. Das ist ein Irrtum.
Den vorliegenden Gesetzentwurf werden wir gerne im Ausschuss kritisch, aber konstruktiv mit beraten.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf den Tribünen! Im Gegensatz zum Kollegen Nückel finden wir, dass der vorliegende Gesetzentwurf durchaus richtig ist – allerdings nicht ganz richtig.
Wir brauchen natürlich ein starkes Ruhrparlament, um Aufgaben zu bündeln, zum Beispiel beim ÖPNV. Wenn man alle kommunalen, Bundes- und Landesorganisationseinheiten, die staatlich betrieben werden, zusammenzählt, kommen wir aber auf fast 40 Einzelunternehmen, die sich im Verbandsgebiet tummeln. Ich glaube, das geht auch mit weniger Vorständen.
Wir müssen auch mehr Gewicht auf die Anbindung dieser Region legen. Auch das kann eine Aufgabe für den RVR sein. Der mehrgleisige Bahnstreckenausbau ist ein Beispiel. Gleichzeitig kann man, wenn man sich das RVR-Gebiet anschaut, sehen, dass ein Flächennutzungsplan für das gesamte Gebiet über kommunale Grenzen hinweg sehr viel Sinn machen würde. Da kann man zuerst Konversionsflächen nutzen, bevor man den Flächenneuverbrauch angeht. Dafür müsste man sich allerdings vom newPark verabschieden. Auch ein Energiekonzept kann man für die gesamte Region treffen.
Zusätzlich, um nicht nur monetäre Einsparungen zu realisieren, sondern vielleicht auch um das Angebot zu verbreitern, kann man im Kulturellen zusammenarbeiten. Das muss aber auch aktuell gemacht werden. Aktuell baut jedes Dörfchen seine eigene Philharmonie.
Radschnellwege sind ein weiterer Punkt, der angegangen werden muss. Eine Machbarkeitsstudie für ein Wegenetz reicht nicht. Wir brauchen mehrere Radschnellwege, und sie müssen in die Kommunen ausstrahlen. Wenn ich mir die kommunalen Radwe
ge anschaue, sind sie ein Graus. Die Stadt Dortmund, meine Heimatstadt, ist gerade auf dem letzten Platz eines entsprechenden Rankings gelandet.
All das muss angegangen werden. Dafür braucht es aber ein starkes Ruhrparlament. Dieses Ruhrparlament muss letztendlich in seinen Entscheidungen unabhängig von den Oberbürgermeistern und Landräten in den einzelnen Kommunen sein.
Kollege Nückel sprach es gerade schon an: Der § 14a, über den durch die Hintertür doch wieder die Macht der Kommunalfürsten blockierend sein wird, ist nicht notwendig. Beratend als Kommunalrat? – Gerne. Mit abstimmend? – Nein. Das muss aufgelöst werden. Sonst machen wir nicht den Weg frei zur Metropole Ruhr, sondern zur Nekropole Ruhr.
Mir fehlen aber auch ganz klar ein paar Sachen im Gesetzentwurf. Beispiel: Transparenzregeln. Nirgendwo ist geregelt, was im neuen RVR wirklich veröffentlicht werden muss. Kein Hinweis auf öffentliche Sitzungen, kein Hinweis auf öffentliche Protokolle, auch auf im Archiv nachzuhaltende Protokolle. Nichts drin! Wir fangen wieder von null an. Dabei haben wir hier und im kommunalen Bereich Erfahrungen. Das kann man übertragen.
Mitbestimmung außerhalb von Wahlen? – Kein Hinweis darauf. Jedes Mal von Neuem anfangen macht keinen Sinn.
Wir haben im RVR viel über Infrastruktur gesprochen, über Wegeinfrastruktur, Energieinfrastruktur. Aber was fehlt? – IT-Infrastruktur ist null genannt. Kollege Lamla hat heute hier einen wunderbaren Antrag zum Freifunk eingebracht. Das aufzugreifen und auch in Zukunftsvisionen aufzunehmen, würde eine Metropole Ruhr wirklich nach vorne bringen.
Das machen wir aber alles nicht. Das fehlt alles. Von daher, denke ich, müssen wir an der Stelle dringend nacharbeiten. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/6866 an den Ausschuss für Kommunalpolitik – federführend –, außerdem an den Innenausschuss sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Wer dem seine Zustimmung geben
kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.