Aber sowohl Rüttgers 2006 als auch Steinbrück 2003/2004 haben das nicht genutzt, weil wir in NRW immer geglaubt haben: Wir sind so stark, wir bekommen das schon allein hin. Wir retten ganz Deutschland, und wir bekommen das bei uns noch hin.
Die Zeiten sind andere, und deshalb müssen wir jetzt zusammenhalten und nicht einen solchen Käu erzählen.
Herr Kollege Ott, ich glaube, das Alter teilen wir. Sie sind noch ein paar Tage jünger als ich. Man muss wirklich ganz klar sagen: Wir haben alle zusammen diesen Antrag unterschrieben.
Es mangelt an dieser Stelle überhaupt nicht am gemeinsamen Willen. Unsere Kritik geht dahin, dass hier ganz große Dinge behauptet und versprochen werden und am Ende nach langen Verhandlungsnächten überhaupt nichts dabei herausgekommen ist.
(Jochen Ott [SPD]: Weil der Schäuble es doch gestoppt hat! – Christof Rasche [FDP]: Herr Schäuble? Die Teilnehmer stehen hier, auch die von der SPD!)
Ich habe manchmal den Eindruck, Sie glauben, dass in Berlin eine Diktatur herrscht. Sie sind mit in der Regierung. Die SPD ist mit in der Regierung und ist mit im Haushaltsausschuss.
Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Beu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist das mit Abstand am dichtesten besiedelte Flächenland in Deutschland. Immer mehr Menschen pendeln, pendeln zur Arbeit, pendeln zum Ausbildungsplatz und tendenziell auf immer weiteren Strecken.
Wie in jedem Ballungsraum gibt es an Rhein und Ruhr zu den Spitzenzeiten Verkehrsprobleme und Staus, trotz oder wegen einer über Jahrzehnte laufenden einseitigen Straßenbaupolitik und einer Politik gegen die Schiene. Die Trendwende muss her, um Verkehr umweltfreundlich zu ermöglichen.
Wir Grüne und die rot-grüne Landesregierung wollen diese Trendwende hin zur umweltfreundlichen nachhaltigen Mobilität. Für nachhaltige Mobilität braucht es einen guten Schienenpersonennahverkehr. Wir brauchen den RRX für Rhein und Ruhr und auf den Außenästen. Wir brauchen die schnellen Verbindungen zwischen den Ober- und Mittelzentren. Wir brauchen die Regionalbahnen, die Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum sind. Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen treibt dies voran. Wir bringen die Schiene in NRW nach vorn. Wir kümmern uns um Bahnhöfe, um den RRX, um neue Verbindungen. NRW muss noch besser werden. Das ist keine Aufgabe, die in ein paar Jahren erledigt ist, aber es ist eine Aufgabe, die lohnt.
Doch für diesen Ausbau der Schiene braucht es Geld, die Regionalisierungsmittel. Mit der Bahnreform Anfang der 1990er-Jahre ging die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr von der Bundesbahn auf die Länder über. Seitdem erhalten die Länder das Geld als Regionalisierungsmittel. Mit diesem Geld wird der Nahverkehr auf den Schienen finanziert. Wichtig dabei ist, die Regionalisierungsmittel sind keine freundliche Wohltat des Bundes an die Länder. Die auskömmliche ÖPNV-Finanzierung ist grundgesetzlich vorgegeben. Es ist die verdammte Pflicht des Bundes, seiner Verantwortung nachzukommen.
NRW erhält seit Jahren zu wenig Geld. Vergleicht man den Prozentsatz bei den Regionalisierungsmitteln von 15,8 % mit dem Königsteiner Schlüssel von gut 21 %, dann fließen jedes Jahr knapp 400 Millionen € zu wenig nach NRW.
Diese Ungleichbehandlung ist nicht nur fatal für das Angebot auf der Schiene, es sind auch Arbeitsplät
Dazu kommt eine viel zu geringe Fortschreibung der Mittel. Ich kann mir die Frage schon vorstellen. Ich gehe nachher auch darauf ein, Herr Schemmer.
Während die Kosten im Schienenverkehr steigen, wachsen die Zuweisungen mit 1,5 % jährlich viel zu gering. Wachsen? Wuchsen, muss man sagen. Denn was ist passiert? Die Länder haben sich auf eine neue Höhe und auf einen Verteilschlüssel in Kiel Anfang Oktober geeinigt. NRW würde dann statt 15,8 % mittelfristig 19 % der Mittel bekommen. Die Mittel würden erhöht und mit einem höheren Ansatz fortgeschrieben. Das Ergebnis ist – zugegeben – nicht das Optimum für NRW, aber es ist die beste Lösung, die erreichbar sein konnte, eine Lösung, der alle anderen 15 Bundesländer zugestimmt haben. Das heißt, auch der Größte kann sich gegenüber 15 anderen schlecht durchsetzen, auch wenn sich diese letztendlich einig sind, nicht viel Geld abgeben zu wollen.
Dass nun vor allem die CDU in Düsseldorf Herrn Groschek und Rot-Grün dafür angeht, finde ich persönlich nur noch aberwitzig. Mit der Einigung der Länder hatte Finanzminister Schäuble nicht gerechnet, und als Reaktion will er die Frage „Regionalisierungsmittel“ vertagen. Dabei zeigt ein eigenes Gutachten des Bundes, wie wichtig eine Anhebung der Mittel ist. Das schert Herrn Schäuble und die Bundesregierung aber nicht.
Stattdessen verschärfen sie den Konflikt noch, indem sie die Regionalisierungsmittel nicht wie bisher mit 1,5 % fortschreiben wollen, sondern sie werden 2015 komplett eingefroren. Für NRW macht dieser Verzicht auf die Dynamisierung allein einen Verlust von 17,5 Millionen € aus. Das ist angesichts steigender Kosten de facto eine Kürzung bei der Schiene. Leider machen die Haushaltspolitiker der Großen Koalition in Berlin das mit.
Unsere Grünen-Freunde in Berlin sind klar: Wir haben uns mit offiziellen Anträgen im Bund für höhere Regionalisierungsmittel ausgesprochen. Liebe Kollegen von CDU und SPD, setzen Sie sich dafür ein, dass der Bund umsteuert. Zumindest von der SPD wissen wir ihren Sermon.
Denn mit ihrem Verhalten gefährdet die Große Koalition in Berlin das Angebot auf den NRW-Schienen. Geht das so weiter, kommt es nicht zum für den umweltfreundlichen Verkehr notwendigen Ausbau der Schienen, sondern zu Angebotsverschlechterungen und Angebotskürzungen. Dann kommen weniger Züge, und dann kommen vollere Züge. Anstatt Zeit mit der Pkw-Maut von Herrn Dobrindt zu vergeuden, sollte sich Berlin tatsächlich diesem Projekt widmen.
Mit dem vorliegenden Antrag machen wir klar und deutlich: Wir wollen mehr Regionalisierungsmittel, eine höhere Dynamisierung, einen höheren NRWAnteil. Nur so kann die umweltfreundliche Verkehrswende gelingen. Die Schiene ist wichtig für die Stadt. Die Schiene ist wichtig für das Land. Die Schiene ist wichtig für NRW.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es passiert nicht oft, dass ich einem Kollegen von den Grünen voller Überzeugung applaudiere. Aber, Herr Beu, was Sie gesagt haben, passte im Großen und Ganzen ganz gut.
Einen Satz von Herrn Beu möchte ich zitieren. Er sagte: Nordrhein-Westfalen muss besser werden. Damit hat er recht. Hätte das jemand von der CDU oder der FDP gesagt, hätten Sie uns vorgeworfen, wir redeten das Land schlecht.
Niemand von uns redet das Land schlecht. Aber wenn es schlecht regiert wird und wenn nicht das Optimum herausgeholt wird, muss man das so benennen. Herr Kollege Beu hat sehr recht, wenn er sagt – ich wiederhole das noch einmal –: NRW muss besser werden!
(Jochen Ott [SPD]: Das ist der beste Ver- kehrsminister seit Jahren! – Stefan Zimkeit [SPD]: Seit Jahrzehnten!)
Der Ursprungsantrag zu diesem Thema kam von der FDP. Daraus ist dann eine Initiative aller fünf Fraktionen geworden. Das ist gut.
Wir haben schon gehört: Nordrhein-Westfalen gehen jährlich 440 Millionen € verloren. Das Geld benötigen wir dringend für den wichtigen Schienenpersonennahverkehr. Der Schlüssel von 15,76 % sollte auf den normalen Schlüssel von 21 % angehoben werden. Herr Minister Groschek hat 19 % er
reicht. Das ist respektabel, aber nicht das, was wir uns gewünscht haben und was in NordrheinWestfalen notwendig wäre. Daran müssen wir weiterarbeiten.
Dass dieser Kompromiss erst für 2030 erreicht wird, wurde zu Recht in der Pressemitteilung von den Grünen kritisiert. Aber zu einem Kompromiss gehört, dass man sich nicht zu 100 % durchsetzen kann.
Deswegen sage ich: Das ist ein respektables Ergebnis, aber das, was wir uns gewünscht haben, ist es nicht.
Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt, dem Bereinigungsgespräch der Haushälter in Berlin. Es war eben nicht Minister Schäuble – vielleicht steckt er dahinter –, sondern es waren allein die Haushaltspolitiker der Großen Koalition, die mal eben mit der Sense die Vorschläge abgeräumt haben. Die Haushälter haben in Berlin eine viel größere Macht als bei uns. Sie haben all diese Vorschläge und damit ein halbwegs faires Behandeln von Nordrhein-Westfalen verhindert.
Von der SPD sitzen dort zum Beispiel Petra Hinz aus Essen oder Dr. Krüger aus Wesel. Sie haben dieses Spiel mitgemacht.