Protokoll der Sitzung vom 05.12.2014

(Zuruf von den PIRATEN)

Durch die internationale Finanzierung von Kohlekraftprojekten beteiligt sich aber auch Deutschland indirekt an diesen Menschenrechtsverletzungen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Der dritte Aspekt: Die Kohlekraftwerke vor Ort sind auch kein nennenswerter Faktor für die Arbeitsplätze – besonders nicht im Vergleich zu den erneuerbaren Energien. In Südafrika wurde beispielsweise zwischen 1980 und 2000 die in Kohlekraftwerken produzierte Strommenge verdoppelt, während im gleichen Zeitraum mehr als 60 % der Arbeitsplätze in diesem Sektor abgebaut wurden.

Gerne sage ich noch etwas zu den Arbeitsplätzen hier bei uns – auch das hatten wir gestern schon in der Debatte –: Die Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien in NRW und in ganz Deutschland – wo wir in den letzten Jahren Arbeitsplätze verloren haben – könnte man unterstützen, indem man KfWKredite in diese Richtung weiterhin unterstützt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind eine Erklärung schuldig geblieben, was der Mehrwert für die Menschen vor Ort ist, wenn Deutschland Investitionen in Kohlekraftwerke unterstützt. Denn im Gegensatz dazu gibt es die billigste Stromversorgung nun einmal durch Wind- und Solarenergie – auch im Vergleich zu Kohle und Atom. Biomasse, Wasserkraft und Geothermie können je nach Bedingungen vor Ort und je nach Nachhaltigkeitskriterien eine sehr, sehr gute Ergänzung sein.

Besonders in Entwicklungsländern bieten diese Technologien zudem die Möglichkeit, Strukturen vor Ort aufzubauen und auch in abgelegenen Regionen Strom zu produzieren. Hier sollte der Schwerpunkt der Förderung und der Zusammenarbeit der KfWBank liegen. So bietet sich nicht nur die Möglichkeit, neue Märkte mit deutschem Ingenieurswissen zu erschließen, sondern den Klimaschutz zu unterstützen und eine zukunftsfähige Stromversorgung auch in Entwicklungsländern zu ermöglichen.

Gestern und in der letzten Woche insgesamt diskutierten wir darüber, ob alte Kraftwerke abgeschaltet und damit 22 Millionen t CO2 in Deutschland eingespart werden sollten. Gleichzeitig wird im CDUAntrag nun aber gefordert, dass die Bundesregierung den Export von Kraftwerkstechnik ins Ausland unterstützen soll. Damit zementieren wir im Ausland jedoch eine Stromversorgung, die wir in Deutschland langfristig auslaufen lassen wollen. Andere Länder und Institutionen sind da schon viel weiter.

Wir haben eben von einigen Ländern gehört, die aus dieser Förderung aussteigen. Ich möchte noch

ein ganz anderes Beispiel nennen: Die Rockefeller Foundation, deren Reichtum es ohne Öl nicht gäbe, hat sich neben anderen Organisationen entschieden, ein sogenanntes Divest zu betreiben und ziehen in den nächsten fünf Jahren zusammen mit 800 globalen Investoren insgesamt mehr als 50 Milliarden US-$ aus Investitionen in fossile Energien ab. So sollte der Weg sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben eben schon einiges zum Hintergrund gehört, mit dem wir es aktuell auf Klimakonferenzen zu tun haben – aktuell in Lima und im nächsten Jahr in Paris –, dass wir die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius begrenzen müssen. Das kann nur gelingen, wenn wir den Verbrauch fossiler Energieträger weltweit deutlich reduzieren und diese durch erneuerbare Energien ersetzen.

Die CDU aber möchte die gegenteilige Entwicklung unterstützen und gibt vor, dass Kohlekraft für die Entwicklung vor Ort notwendig ist. Ich finde das heuchlerisch. Wir können nicht auf der einen Seite Geld für Klimaschutz und Klimaanpassung ausgeben und auf der anderen Seite den Bau von Kohlekraftwerken unterstützen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Moderne, hocheffiziente, flexible, fossile Kraftwerke sind für den Erfolg der Energiewende unerlässlich. Diese Feststellung ist für Deutschland und Europa richtig und erst recht im weltweiten Maßstab. Eine 100-%-Versorgung auf der Basis von erneuerbaren Energien ist selbst in Deutschland noch auf lange Zeit eine Utopie und in den meisten anderen Staaten sowieso.

(Wibke Brems [GRÜNE]: In Norwegen nicht! – Ilka von Boeselager [CDU]: Da woh- nen auch nur ein paar Millionen Menschen!)

Die Aufgabe von Gas- und Kohlekraftwerken wird aber zunehmend sein, die schwankende Einspeisung von erneuerbaren Energien im Netz auszugleichen. Schaut man sich die Kohle- und Gaslagerstätten auf globaler Ebene an, meine Damen und Herren, wird klar: Ohne Kohle kann es nicht gehen. Der CDU-Antrag weist von daher zutreffend darauf hin.

Das mag den Kollegen von den Grünen – wie wir es auch gerade von Frau Brems gehört haben – nicht gefallen. Sie wollen sich lieber mit Phantasiepolitik, dem NRW-Klimaschutzgesetz oder den Kohleausstiegsgesetzen eine heile Welt basteln und klimapolitische Luftschlösser bauen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Aber die energiewirtschaftliche Realität, meine Damen und Herren, ist eine andere.

(Beifall von der FDP)

Das möchte ich auch an einem Beispiel deutlich machen: Man sagt, dass in den letzten Jahren in China täglich ein Kohlekraftwerk ans Netz gegangen sei. Schaut man sich die Statistik an, so ist die Aussage ziemlich zutreffend. In Zukunft wird in China mehr auf erneuerbare Energien gesetzt. Trotzdem werden in den nächsten Jahren jedes Jahr so viele Kohlekraftwerke gebaut, wie in Deutschland insgesamt stehen, meine Damen und Herren. Wenn weiter Kohlekraftwerke gebaut werden, dann ist auch klar, dass es dem Klima zuliebe moderne, hocheffiziente Kraftwerke sein müssen.

Es sollte meines Erachtens für alle Fraktionen selbstverständlich sein, dass die beste Kraftwerkstechnik aus Nordrhein-Westfalen kommt und dass das auch so bleiben soll. Deshalb darf die KfWFörderung auch nicht eingeschränkt werden.

Meine Damen und Herren, diese Win-win-Situation für Schwellenländer, für den Klimaschutz und für NRW-Unternehmen will Bundesumweltministerin Frau Hendricks nun zerschlagen. In einem Anfall von alter Kolonialpolitik ganz dem Vorbild von RotGrün folgend mit der Verkleinerung von Garzweiler II und auch der Bundesregierung, die den Kohleausstieg ja eingeleitet hat, soll dies jetzt in die ganze Welt exportiert werden.

Meine Damen und Herren, Frau Hendricks heißt anscheinend nicht umsonst „Burning Barbara“. Dort, wo sie wütet, bleibt in der Wirtschaft nicht mehr als verbrannte Erde. Das hilft keinem, weder den Menschen in den Schwellenländern noch dem Klima.

(Zuruf von der SPD: Es ist doch kurz vor Weihnachten!)

Was ist das für ein Unsinn!

(Beifall von der SPD)

Es ist eine Überheblichkeit, zu glauben, dass ein Quasi-Berufsverbot für klimafreundliche deutsche Kohlkraftwerkstechnik den Kraftwerksbau ein

schränken würde. Meine Damen und Herren, gebaut werden die Kraftwerke sowieso, nur dann ohne deutsche hocheffiziente Technik.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist schlecht für das Klima. Das ist schlecht für die Wertschöpfung, und das ist gerade auch schlecht für die Wertschöpfung in NordrheinWestfalen.

Auch auf die falsche Politik von Bundeswirtschaftsminister Gabriel sollte man sich deshalb nicht verlassen. Deshalb sehen wir das auch an der Stelle anders, als es im CDU-Antrag steht. Mal nimmt er sich 20 Minuten Zeit, um Greenpeace-Aktivisten in

einem Vortrag die Idiotie des Kohleausstiegs zu erklären, und nur wenige Tage später sagt er im Bundeskabinett zu, einen entsprechenden Gesetzentwurf auszuarbeiten. Das soll noch jemand verstehen!

Daher ist es gut, dass die CDU mit ihrem Antrag ein Zeichen setzt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, traurig ist natürlich, dass die NRW-CDU anscheinend bei den CDU-Teilen der Bundesregierung kein Gehör findet, sodass es überhaupt dieser Bundesratsinitiative bedarf.

Meine Damen und Herren, wir werden Ihrem Antrag trotzdem zustimmen. Denn die klimaschädliche Wünsch-dir-was-Politik zulasten von Wohlstand und Wachstum in Nordrhein-Westfalen trägt die FDP nicht mit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Schmalenbach.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Herr Brockes, eigentlich wollte ich mich mit meinem Redetext nur kurz auf diesen Antrag beziehen. Aber das war gerade wieder ein denkwürdiger Satz von Ihnen: Eine 100-%-Versorgung kann es auch auf lange Sicht nicht geben. – Hätten Sie stattdessen gesagt: „Was ich mir nicht vorstellen kann, kann es nicht geben“, wäre das zutreffender gewesen.

(Beifall von den PIRATEN)

Ihre Fantasielosigkeit in Sachen Energiewende, meine Güte! Es ist doch echt mal gut.

Die CDU möchte uns heute erzählen, dass es schlecht für das Klima ist, wenn die KfW-Förderung für die Kohlekraftwerke wegfällt. Das Gegenteil ist der Fall. Sie beklagen selber in Ihrem Antrag, dass die Kohleverstromung weltweit zugenommen hat, und das völlig zu Recht.

Aber der Rückschluss daraus kann ja wohl nicht ernsthaft sein, noch weitere Kohlekraftwerke zu bauen. Der Rückschluss muss doch vielmehr lauten, jede Anstrengung zu unternehmen, damit eben keine Kohlekraftwerke gebaut werden, sondern Anlagen aus dem Bereich der Erneuerbaren. Denn jedes zusätzliche Kohlekraftwerk ist ein Fehler. Da können wir es uns nicht erlauben, diese auch noch zu fördern. Klimaschutz ist nur ohne Dinosaurierkraftwerke machbar. Sie zu fördern, bedeutet, sie zu vermehren.

Das wollen wir nicht, nicht jetzt und nicht morgen. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans in Vertretung für Minister Duin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hätten eigentlich einen Anlass, dieses Thema ganz besonnen zu diskutieren. Denn das, was die KfW im Wesentlichen macht, ist, Klima- und Umweltschutzmaßnahmen zu finanzieren. Das hat sie in den Jahren 2006 bis 2013 in einem Umfang von 173 Milliarden getan. Das, was an Kohlekraftwerken in diesem Zusammenhang finanziert worden ist, hat ein Volumen von 2,8 Milliarden gehabt. Das waren 0,5 % des gesamten Neuzusagevolumens der KfWBankengruppe für diesen Zeitraum.

Wir wissen, dass die Kohleverstromung in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und weiter zunehmen wird. Das ist besonders in Asien der Fall, weil dort ein enormer Nachholbedarf besteht. In den zurückliegenden zehn Jahren hat vor allem China massiv in den Neubau von Kohlekraftwerken investiert. Davon haben natürlich auch Deutsche und vor allen Dingen auch unsere Kraftwerkshersteller profitiert. Unser Hightech ist weltweit begehrt. Gerade in der Kraftwerkstechnologie führen wir seit Jahrzehnten und haben auch einen hohen Innovationsvorsprung. Das sichert Arbeitsplätze in Deutschland und vor allem auch in unserem Land. Bei den deutschen Kraftwerksherstellern und Zulieferern sind es 36.000 Arbeitsplätze, die auch von Aufträgen vom Weltmarkt abhängig sind. Viele Projekte auf dem Weltmarkt können nur deshalb realisiert werden, weil staatliche Institutionen die Finanzierung unterstützen und absichern.

Aus der Sicht der Landesregierung haben sich die Instrumente der Export- und Projektfinanzierung bewährt. Sie erleichtern Unternehmen auf allen Wertschöpfungsstufen der Kraftwerkstechnologie den Zugang zu weltweiten Märkten, nicht zuletzt auch, weil die Möglichkeit einer Finanzierung durch eine staatliche Institution eine erhebliche Signalwirkung aufweist.

Genau um diese Signalwirkung geht es auch. Denn die muss im Sinne der Ausrichtung Deutschlands auf eine ambitionierte Klimaschutzpolitik gezielt genutzt werden. Deswegen ist selbst so ein kleiner Anteil von 0,5 % an dem gesamten Volumen der KfWFörderung für den Bereich der Kohletechnologie auch als Signal eine wichtige Größe, weil damit deutlich wird, welche Art der Kohleverstromung und der Kohlenutzung wir unterstützen.