Zweitens möchte Herr Laschet, dass das Geld nicht in Nordrhein-Westfalen und in diesem Landtag verteilt wird, sondern dass die Entscheidungen über diese Mittel in Berlin fallen. Das halten wir für falsch. Wir meinen, die Entscheidungen, wie dieses Geld für die Menschen in Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden soll, muss in diesem Landtag fallen. Das Geld darf deswegen nicht in eine Infrastrukturabgabe gehen, bei der dann Bayern mit darüber entscheidet, wohin das Geld verteilt wird. Das muss vielmehr in Nordrhein-Westfalen entschieden werden.
Damit muss auch ein Beitrag zu einer gerechteren Verteilung der Finanzen zwischen den Ländern geleistet werden. Wir haben lange über die Bevorteilung der Ostländer geredet. Diese muss beendet werden. Die Beibehaltung des Soli, in welcher Form auch immer, kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Zusammenfassend: Herr Witzel, Ihr Antrag ist ein verzweifelter Schrei nach bundespolitischer Aufmerksamkeit und inhaltlich falsch. Deswegen lehnen wir ihn ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Uns eint im Landtag NordrheinWestfalen bei allem Dissens, den wir sonst im Detail haben, dass wir einhellig der Meinung sind, dass es einen fairen Ausgleich in den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und unter den Ländern geben muss. Uns eint auch, dass wir für NordrheinWestfalen und für die Menschen, die hier leben, mehr erreichen wollen als das, was heute im BundLänder-Finanzausgleich gegeben ist.
Aber – auch das sage ich – wir wollen dabei solidarisch bleiben. Es fällt uns schon schwer, wenn bei eher wenig souveränen Auftritten der Ministerpräsidentin in Berlin von uns als Opposition eingefordert wird, dass wir sie als die alleinige Interessenwahrerin des Landes Nordrhein-Westfalen ansehen sollen.
Herr Zimkeit, Sie haben das Jahr 2019 angesprochen. Dann sollten wir – auch wenn Sie dafür Ihren Lacher bekommen haben –, uns aber die Zeittableaus noch einmal anschauen. Wenn es 2015, spätestens 2016 keine Einigung über das gibt, was ab 2019 passiert, dann haben, so denke ich, alle Verhandler etwas falsch gemacht. Insofern ist das Jahr 2019 nicht nur weit weg, sondern ich bin davon überzeugt, dass wir dann auch eine andere Regierung haben werden.
Wenn Sie immer so ritualisiert – wie der Finanzminister es vorgestern getan hat – der Opposition hier vorwerfen, sie rede das Land schlecht, dann möchte ich schon daran erinnern, dass es die Frau Ministerpräsidentin war, die in der „Bild“-Zeitung verkündet hat, man könne den Gästen des Landes wegen der schwierigen Haushaltslage leider nur noch Leitungswasser anbieten.
(Beifall von der CDU – Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das habe ich nicht verkün- det! Das ist falsch!)
Das, was Sie da mit dem Anbieten von Leitungswasser getan haben, war in der Tat Schlechtreden des Landes im besten Sinne des Wortes,
Wenn man dann – wie in einer Debatte der letzten Tage –, Herr Kollege Börschel, den Umsatzsteuervorwegausgleich gleich ganz weglassen will und der Kollege Mostofizadeh sich dabei auch noch auf ein
wissenschaftliches Institut bezieht und das als Einzelvorschlag herausnimmt, obwohl das Institut es in einem breiteren Kontext diskutiert hat, dann, glaube ich, ist das mit dem Thema „Solidarität“ ein bisschen schwierig. Wir müssen schon Positionen vertreten, zu denen wir vorher alle Fakten auf den Tisch gelegt haben. Ansonsten werden wir als Verhandlungspartner bei den anderen zu Recht nicht ernst genommen.
Dazu gehört auch, dass wir seit den 70er-Jahren mehr als 100 Milliarden € Bundesmittel für den Steinkohlebergbau erhalten haben. Andere waren solidarisch mit uns, auch wenn das der eine oder andere hier im Haus nie hören will. Auch der aktuell laufende Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau wird vom Bund noch mit 1 Milliarde € jährlich subventioniert. Machen wir uns doch nichts vor: So berechtigt und sinnvoll das ist und so richtig es war, dass man das ausgehandelt hat, so hat das doch Folgen für die Finanzströme zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern in anderen Bereichen. Machen wir uns doch nichts vor. Da hängt doch alles mit allem zusammen.
Was die Neuorientierung des Solidarpakts ab 2019 betrifft, Herr Kollege Zimkeit, worüber ja 2015/2016 entschieden wird, so ist es in der Tat ein wichtiges Anliegen, dass wir die Priorität darauf legen, wo und wie gefördert werden muss: ganz sicher nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf.
Herr Kollege Zimkeit, was das Argument angeht, dass das bei Ihnen im Haushalt versickert, so ist das ganz einfach. Bei den BAföG-Mitteln sieht man ja, was passiert: 279 Millionen €, von denen keiner mehr weiß, wo sie sind, außer dass sie allgemeine Deckungsmittel des Haushalts geworden sind. Das reicht nicht, Herr Finanzminister.
Ich kann einem guten Teil der Forderungen in dem Antragstext der FDP zustimmen. Doch die Zukunft des Solidaritätszuschlags ist ein Teil aus einem ganz dicken Paket von Dingen, die jetzt zu diskutieren sind. Die Wahrheit ist an der Stelle tatsächlich sehr viel komplexer. Für komplizierte Fragen einfache Lösungen zu formulieren, ist in einem Antrag sehr einfach, mit deren Umsetzung in der Wirklichkeit ist es schwierig. Deshalb werden wir Ihren Antrag heute ablehnen.
Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich feststellen: Ich habe in der Tat mit ein
bisschen Spannung den Beitrag von Herrn Dr. Optendrenk erwartet, und ich kann nach diesem Beitrag sagen: CDU, SPD und Grüne sind der Auffassung, dass ein Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus erhalten bleiben muss. Armin Laschet hat dies erklärt, und Sie haben das heute bestätigt.
Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen – das sage ich ganz ausdrücklich anlässlich der Aktuellen Stunde, die es im Bundestag vor zwei Tagen gegeben hat –, dass Sie das im Interesse NordrheinWestfalens und im Interesse der Bundesländer auch auf Ihrem Bundesparteitag ab Montag sehr deutlich vortragen werden und dass Sie dafür sorgen werden, dass die Interessen NordrheinWestfalens auch in der CDU vertreten werden.
Darüber hinaus möchte ich noch sagen, Herr Kollege Dr. Optendrenk, der Umsatzsteuervorwegausgleich ist nicht irgendein Nebenaspekt in einem Gesamtkonstrukt dieses Gutachtens, sondern es ist der zentrale Reformvorschlag in diesem Gutachten. Es ist der zentrale Vorschlag für mehr Transparenz und Fairness im bundesweiten Bund-LänderFinanzausgleich und nicht ein Nebenaspekt.
Ferner beziehe ich mich noch einmal auf die Rednerinnen und Redner der CDU – die Beiträge der CSU waren in der Debatte einigermaßen abenteuerlich –, die im Bundestag vorgetragen haben. Alle haben gesagt, das Ruhrgebiet und andere Regionen Nordrhein-Westfalens bedürfen besonderer Infrastrukturinvestitionen und besonderer Unterstützung. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es richtig, dass wir nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf fördern und das auch strukturell im Länderfinanzausgleich berücksichtigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – da wende ich mich ganz ausdrücklich an Sie –, es ist auch von hoher Bedeutung, wie sich die CDU Nordrhein-Westfalens in diesem Zusammenhang verhält. Wenn die CDU Nordrhein-Westfalens die Interessen Nordrhein-Westfalens vertritt – nehmen wir einmal den Vorschlag von Herrn Kollegen Laschet auf, einen Infrastrukturfonds zu bilden –, dann müssen Sie den anderen Kolleginnen und Kollegen, die wollen, dass das Soli-Aufkommen zu 90 bis 95 % in den Pott des Bundes fließt, eine Absage dafür erteilen. Dem müssen Sie ganz klar eine Absage erteilen, Herr Dr. Optendrenk und Herr Laschet; denn das ist das, was alle Rednerinnen und Redner der CDU/CSU im Bundestag vorgetragen haben. Die haben nämlich gesagt, wir müssen die sieben Umsatzsteuerpunkte abziehen – ich war ja schon sehr erregt, als Sie das auch vorgetragen haben –, und wir müssen noch andere Punkte von den SoliGeldern abziehen.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir müssen dafür sorgen, dass von dem SoliAufkommen ab 2019 die Hälfte an die Länder und Kommunen geht und die andere Hälfte – so wie es aufgeteilt ist – beim Bund verbleibt. Dann können wir uns gerne auch im Detail – das werden wir in den wenigen Minuten, die wir heute haben, vielleicht nicht lösen können – darüber unterhalten, wie es dann weitergeht.
Dass die FDP da irgendwie eine Außenseiterrolle spielt, ist ja jetzt sehr deutlich geworden. Sie interessiert sich eben nicht dafür, wie in NordrheinWestfalen die Strukturpolitik aussehen soll. Deswegen schreiben Sie auch solche Anträge. Nur, an eines möchte ich noch erinnern: Es waren 1991 CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag, die einen befristeten Solidaritätszuschlag eingeführt haben. Dann wurde er wieder abgeschafft. 1995 waren es wieder CDU/CSU und FDP, die einen – jetzt passen Sie bitte auf – unbefristeten Solidaritätszuschlag gesetzlich festgelegt haben. 1998 wurde er dann auf 5,5 % abgesenkt. Das ist die Gesetzeslage.
Es ist nicht richtig, dass der Soli befristet ist. Vielmehr ist es notwendig, dass er immer wieder begründet wird; das ist bei einer Zuschlagsteuer notwendig. Insofern ist es falsch, was Sie gesagt haben, Herr Witzel. Erstens ist es falsch, dass der Soli befristet ist, zweitens ist es falsch, dass, sollte man ihn nicht abschaffen, es zu einer Steuererhöhung kommt.
Wenn der Soli allerdings ohne Veränderung in den Tarif integriert würde – das hat auch die Antwort auf die Kleine Anfrage der grünen Fraktion ergeben –, wären erhebliche Anstrengungen notwendig, um zum Beispiel durch eine Kindergelderhöhung oder andere Maßnahmen Ungerechtigkeiten im System auszugleichen.
Deswegen appelliere ich an alle, die in NordrheinWestfalen Verantwortung tragen: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Hälfte des Aufkommens aus dem Soli in die Länder fließt, und sorgen wir dafür, dass Nordrhein-Westfalen sowohl im vertikalen als auch im horizontalen Ausgleich seine berechtigten Interessen zum Ausdruck bringen kann.
Da Herr Dr. Optendrenk die Steinkohle- und die Absatzmarktförderung ins Spiel gebracht hat, möchte ich ihm nur eines zurufen: Ja, Sie haben recht. Aber gerade mit dem Argument der besonderen Förderung Nordrhein-Westfalens in diesem Zusammenhang haben die anderen Bundesländer – wie ich finde, nicht ganz zu Unrecht – gesagt: Dann müsst ihr beim Länderfinanzausgleich und auch beim Förderprogramm für den Verkehr und bei anderen Förderprogrammen ein Stück zurückstecken.
Diese Förderung ist jetzt aber im Wesentlichen beendet, und deswegen müssen wir dafür sorgen, dass wir bei den Strukturförderprogrammen wieder
den Stand erreichen, der Nordrhein-Westfalen zusteht, und dass das Geld, das in NordrheinWestfalen erwirtschaftet wird, auch hier ausgegeben werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dafür müssen wir uns alle gemeinsam einsetzen; zumindest gilt das für diejenigen, die für die Zukunft dieses Landes streiten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer in Saal und daheim! Herr Mostofizadeh, es war sehr geschickt, wie Sie hier argumentiert haben. Sie haben sich nämlich nicht zur Frage positioniert, wie sie allgemein diskutiert wird und wie sie auch der Finanzminister des Landes NordrheinWestfalens sieht.
Es geht dabei darum, ob es vielleicht sinnvoll erscheint, den Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus gelten zu lassen bzw. in die Einkommensteuer fließen zu lassen. Daraus würde resultieren, dass aufgrund der Berechnungssituation und der Zuweisungen vom Bund 50 % bei den Ländern und Gemeinden landen würden. Sie wollen es über den BundLänder-Finanzausgleich geregelt wissen. Dazu habe ich von der Regierungsbank bisher aber anderes gehört.
Herr Mostofizadeh, die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Ihrer Kollegin Lisa Paus hat nämlich hervorgebracht hat, dass es zu einer Belastung insbesondere von Familien mit Kindern im breiten Bevölkerungsmittel kommen würde. Bei Familien mit zwei Kindern wären es monatliche Mehrbelastungen von etwa 526 €, bei Familien mit einem Kind etwa 203 €, wenn der Solidaritätszuschlag eins zu eins in die Einkommensteuer überführt würde.