Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Sie haben gesagt, dass es auch wechselseitig Chancen bietet, zu klaren Vereinbarungen zu kommen. Da haben Sie uns Freie Demokraten an Ihrer Seite. Aber dann müssen Sie das als nordrhein-westfälische Landesregierung auch bei Ihrem Bundeswirtschaftsminister einfordern, meine Damen und Herren.

Die Redezeit!

Dann haben wir wirklich etwas für den Schutz der Unternehmen in diesem Land getan. Dafür stehen wir Freien Demokraten an Ihrer Seite, aber nicht für Symbolpolitik und schöne Sonntagsreden. Hier erwarten wir mehr von Ihnen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Für die Piraten spricht jetzt noch einmal Herr Kollege Schwerd.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn in 15 oder 20 Jahren Ihre Kinder oder Ihre Enkel zu Ihnen kommen und Sie fragen, was Sie damals getan haben, als die totalitäre Überwachung auf der Welt eingerichtet worden ist, was wollen Sie denen dann erzählen? Wollen Sie denen sagen: „Ich war nicht zuständig“?

(Beifall von den PIRATEN)

Wie deutsch ist das denn?

Es ist eine Farce, wie auf diesen Geheimdienstskandal reagiert wird. Selbst die Bundeskanzlerin und der Vizekanzler reihen sich ein in die lange Reihe derjenigen, die Aufklärung fordern. Dabei sind sie der Kopf der Regierung. Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, war der Verfassungsschutz noch Teil der Exekutive. Herr Gabriel und Frau Merkel haben Aufklärung nicht zu fordern, sondern sie haben sie zu liefern.

(Beifall von den PIRATEN)

Derweil wird der NSA-Untersuchungsausschuss nach Kräften durch die sehr große Koalition behindert. Da gibt es vollständig geschwärzte Akten. Snowden will man immer noch nicht als Zeugen anhören. Zugegeben wird nur das, was sowieso bekannt ist. Und das ist schon schlimm genug. Was mag sich noch alles in den geschwärzten Teilen der Akten verbergen?

Hier im Landtag sieht das ganz genauso bescheiden aus. Wer von Ihnen hat denn unserem Antrag „Nordrhein-westfälische Unternehmen vor staatlicher Wirtschaftsspionage durch Überwachungsprogramme wie Prism und Tempora schützen!“ zugestimmt?

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das war ja überschaubar, hat Herr Bolte gesagt!)

Der Kollege Stotko ist glücklicherweise noch da. Er sagte, seiner Meinung nach gehört das alles auf die Bundesebene, und NRW habe damit ja nichts zu tun. Es sei auch nichts bewiesen. Das ist hanebüchener Unsinn.

(Beifall von den PIRATEN)

Das ist Vogel-Strauß-Praxis.

Sehen Sie denn irgendwo eine ausreichende Aufklärung auf Bundesebene? Das Kölner Unternehmen DE-CIX hat Strafanzeige erhoben. Hat das überhaupt nichts mit NRW zu tun?

(Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN]: Wir sind nicht zuständig!)

Ach so.

Herr Minister Jäger, Sie versprachen, dass der NRW-Verfassungsschutz NRW-Unternehmen helfen will. Darf ich also davon ausgehen, dass Sie die Selektorenliste vom BND anfordern und daraufhin durchsuchen werden, inwieweit NRW-Unternehmen betroffen sind?

Die Innen- und Sicherheitspolitik – selbsternanntes Kompetenzfeld christ- und sozialdemokratischer Hardliner – ist gescheitert. Den Vertrauensverlust in unsere staatlichen Institutionen haben Ihre Parteifreunde verursacht, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD.

(Beifall von den PIRATEN)

Das Thema „Wirtschaftsspionage“ wurde von Ihnen in den vergangenen beiden Jahren völlig ignoriert. Als bekannt wurde, dass zwei Kommunikationsunternehmen in der Nähe von Köln vom britischen Nachrichtendienst abgehört wurden – wo blieb denn da Ihr Aufschrei? Wir waren bei einem der betroffenen Unternehmen vor Ort und haben danach diverse Anträge gestellt. Die haben Sie samt und sonders hier im Hause abgelehnt.

Übrigens: Es wurde damals auch bekannt, dass der englische Nachrichtendienst gezielt Arbeitnehmer dieser Firmen ausspioniert, um damit in die Firmennetzwerke einzudringen. Es sind also Menschen in Nordrhein-Westfalen ganz persönlich betroffen. Fühlen Sie sich dafür gar nicht verantwortlich?

Wir können es uns nicht länger leisten, an den Symptomen herumzudoktern. Es ist absurd: Zwar beteuern die westlichen Geheimdienste, ihre jeweils eigenen Bürger nicht abzuhören, gehen dann aber Kooperationen mit ausländischen Geheimdiensten ein, um just an diese Daten zu gelangen. Damit verhalten sie sich im wahren Sinne des Wortes asozial.

(Beifall von den PIRATEN)

Deutsche Nachrichtendienste machen bei diesem Tauschgeschäft fleißig mit. Dass der BND von sich aus Wirtschaftsspionage für den NSA betreibt, ist entweder politisch so gewollt oder an Inkompetenz nicht zu überbieten. Das ist entweder kriminell oder kriminell unfähig.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir müssen uns fragen, inwieweit zum Beispiel Kanzleramtsminister der Jahre 2008 bis 2013 – Herr Dr. Frank-Walter Steinmeier, Dr. Thomas de Maizière, Ronald Pofalla oder Peter Altmaier – in die Sache verwickelt sind. Das Gleiche gilt für die Geheimdienstkoordinatoren Klaus-Dieter Fritsche und Günter Heiß, den Geheimdienstkoordinator und späteren Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes Ernst Uhrlau oder auch die anderen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning und Gerhard Schindler.

Wenn diese Personen verantwortlich oder mitverantwortlich für diese Spionage sind, dann gehören sie meines Erachtens ins Gefängnis.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Redezeit.

Ich bin sofort fertig.

Geheimdienste sind Fremdkörper in unserer Demokratie. Das Eigenleben des BND muss ein Ende haben. Wenn es nicht anders geht, müssen Geheimdienste aufgelöst und ihre Aufgaben von neuen, demokratisch kontrollierbaren Einrichtungen übernommen werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Redezeit!

Letzter Satz: Zudem muss durch internationale Abkommen sichergestellt werden, dass das Konglomerat westlicher Nachrich

tendienste abgerüstet wird und nicht weiter Menschenrechte verletzt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwerd. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Das bleibt auch so. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache. Wir haben damit auch die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

2 Gesetz zur Sicherung von Schullaufbahnen

und zur Weiterentwicklung des Schulrechts (12. Schulrechtsänderungsgesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/8441

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile als Erstes Frau Kollegin Hendricks für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem 12. Schulrechtsänderungsgesetz bringen die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD einen Gesetzentwurf ein, der die Fortschreibung des Schulkonsenses in Nordrhein-Westfalen untermauert. Der Bericht des Ministeriums zum Schulkonsens hat noch einmal deutlich gemacht, dass es Nachsteuerungs- und Nachjustierungsbedarf gibt.

Mit diesem Gesetzentwurf, den wir heute einbringen, nehmen wir zum Ersten auf, dass wir individuelle Bildungsbiografien in der Fläche sichern wollen.

Zum Zweiten wird mit dem 12. Schulrechtsänderungsgesetz das aufgenommen, was das Bundesverfassungsgericht im März dieses Jahres dem Land Nordrhein-Westfalen mit auf den Weg gegeben hat. Deshalb streichen wir in § 57 einen Satz, der vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist, nämlich den Satz 3 in Abs. 4 des § 57, in dem die Privilegierung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte unterstrichen wird.

Wir nehmen im Gesetzentwurf keine weiteren Erläuterungen dazu vor, weil wir uns damit noch im Rahmen der Beratung und der Anhörung beschäftigen werden. Diese Regelung, die wir jetzt auf den Weg bringen, ist auch gemeinsam mit den Kirchen verabredet. Insofern werden wir auf der Strecke der

Beratung sicher noch zu weitergehenden Erkenntnissen kommen, was die mögliche Ausgestaltung des Gesetzes angeht.