Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung unterstützt diesen Antrag ausdrücklich. Das sage ich nicht nur in Stellvertretung für Herrn Kollegen Schneider, sondern ich betone auch in meiner Eigenschaft als Justizminister sehr deutlich, dass die Menschen, denen in psychiatrischen Einrichtungen oder in Heimen der Behindertenhilfe Unrecht zugefügt wurde, Hilfe und Unterstützung
zur Überwindung der Folgen erhalten müssen. Diese Menschen haben Anspruch darauf, in gleicher Weise behandelt zu werden wie die ehemaligen Heimkinder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat diese Auffassung so auch immer vertreten, zuletzt noch Herr Kollege Schneider auf der 91. Arbeits- und Sozialministerkonferenz Ende November letzten Jahres. Das Ganze ist dort auch noch einmal durch einen Beschluss entsprechend bekräftigt worden.
Nun muss es darum gehen, geeignete Wege zu finden, wie das erfahrene Leid auch nur annähernd ausgeglichen werden kann. Herr Kollege Sommer hat gerade sehr eindrucksvoll geschildert, dass man das nicht eins zu eins schaffen kann, dass wir jedoch ein Zeichen setzen und wenigstens versuchen müssen, uns anzunähern, um das erlittene Unrecht in irgendeiner Art und Weise wiedergutmachen zu können.
Die Länder sind dabei der Auffassung, dass es hierfür einer sehr gründlichen Aufarbeitung bedarf. Eine solche Aufarbeitung wurde bislang leider noch nicht vollständig geleistet. So brauchen wir auch noch gesicherte Datengrundlagen. Nur so kann man planen.
Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales bemüht sich daher sehr intensiv, jetzt das zuständige Bundesministerium auf Fachebene zu einer länderübergreifenden, länderoffenen Arbeitsgruppe unter Beteiligung auch der anderen Ressorts – Kinder, Familie, aber auch Gesundheit – und der Kirchen zu bündeln. Ziel muss es sein, dass sich der Bund, die Länder und die Kirchen gemeinsam an einer Hilfslösung beteiligen.
Ich habe diese Debatte gerade sehr aufmerksam verfolgt; wir haben sehr viele gute, nachdenkliche Redebeiträge hören können. Insofern finde ich es etwas bedauerlich, lieber Herr Kollege Burkert, dass Sie hier eine unnötige Schärfe hineingebracht haben, indem Sie der Landesregierung unterstellt haben, hier keinen ernsthaften Willen zu haben.
Ich darf Ihnen mitteilen: Wenn Sie sich den zweiten Nachtragshaushalt etwas intensiver angeschaut hätten, hätten Sie dort einen Titel finden können, der bereits eingesetzt ist und der sofort aufgefüllt werden kann, wenn auf Bundesebene eine entsprechende Einigung für diese Fondslösung erzielt worden ist. Die Vorbereitungen seitens der Landesregierung sind also auch schon im Entwurf des zweiten Nachtragshaushalts getroffen worden. Diese Schärfe wäre daher überhaupt nicht nötig gewesen, Herr Kollege Burkert.
Seien Sie sicher, dass wir in Nordrhein-Westfalen – auch in Form einer Vorreiterrolle – alles daransetzen werden, diese noch offenen Fragen jetzt unverzüglich zu klären, damit allen Beteiligten schnell ei
ne Hilfe zukommen kann. Für uns ist klar, dass es im Sinne der Betroffenen einer raschen Lösung bedarf. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Zu dieser Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/8636 – Neudruck – kommen wir damit. Wer dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zustimmen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/8636 – Neudruck – vom Landtag von NordrheinWestfalen einstimmig angenommen worden ist.
rung in der Pflicht: Der drohenden Entmachtung der deutschen Landesdatenschutzbeauftragten im Zuge der EUDatenschutzreform entgegentreten
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Piratenfraktion als erstem Redner Herrn Kollegen Kern das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die EU-Datenschutzreform, also die Datenschutzgrundverordnung, und die Richtlinie zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ist eines der bedeutendsten EU-Gesetzgebungsvorhaben der jüngeren Vergangenheit mit immensen Auswirkungen auf das Leben von 500 Millionen Menschen.
Allerdings wird die Reform vom EU-Ministerrat immer wieder hinausgezögert. Der größte Bremsklotz ist dabei zweifelsohne die deutsche Bundesregierung, jene schwarz-rote Bundesregierung, die nicht nur die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen möchte, sondern als Handlanger der NSA die eige
ne Bevölkerung und die Bevölkerung befreundeter Staaten überwacht. Mittlerweile ist jedem klar: Mit dieser Bundesregierung landet der Datenschutz endgültig auf einem Abstiegsplatz.
Vor zwei Wochen berichtete der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NordrheinWestfalen Ulrich Lepper im Europaausschuss über den besorgniserregenden Verhandlungsstand zur EU-Datenschutzreform. Bei aller diplomatischen Zurückhaltung war seine Botschaft deutlich vernehmbar: Diese Bundesregierung setzt alles daran, das heutige deutsche Datenschutzniveau abzusenken, beispielsweise durch die Aushebelung der Zweckbindung bei der Datenerhebung und durch den Wegfall der Verpflichtung zur Einsetzung betrieblicher bzw. behördlicher Datenschutzbeauftragter.
Doch es kommt noch schlimmer: Die deutsche Bundesregierung will nun auch die Landesdatenschutzbeauftragten entmachten. Deutschland hat nämlich vorgeschlagen, die Vertretung im EUDatenschutzausschuss – zukünftig das zentrale europäische Entscheidungsorgan – durch die Bundesebene regeln zu lassen. Das ist ein eingebautes Vorgriffrecht der Bundesdatenschutzbeauftragten gegenüber ihren Länderkollegen. Darin steckt eine Abkehr vom Föderalismusprinzip. Hier steht die Landesregierung in der Pflicht, diesem Foulspiel ein Ende zu setzen!
Sie, Herr Jäger, scheinen Ihren Datenschutzbeauftragten nicht einmal umfänglich darüber zu informieren, dass in Brüssel gerade an seinem Stuhl gesägt wird. Dieser musste auf der Konferenz der Datenschutzbeauftragten so ganz nebenbei von der Entmachtungsstrategie der Bundesregierung erfahren.
In unserem Antrag fordern wir die Landesregierung daher auf, ihre Verantwortung für den Schutz der Privatheit von 18 Millionen Menschen in NRW wahrzunehmen. Es ist Ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass weder die formellen noch informellen Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten der Landesdatenschutzbehörde beschnitten werden. Ob sie dazu auch bereit ist, muss angesichts der fahrlässigen Informationspolitik gegenüber der eigenen Landesbehörde allerdings bezweifelt werden.
Ich komme zum Schluss. Wir Piraten bleiben dabei: Das Vertrauen in die Sicherheit, die Integrität und den Schutz personenbezogener Daten ist Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft. Dafür werden wir weiter kämpfen. Im Übrigen bin ich der Mei
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige Punkte, die Herr Kern von der Piratenfraktion genannt hat, sind überlegenswert und zu bedenken. Das haben wir wie auch die Piratenfraktion schon im Jahr 2012 gesehen. Damals hatte die Piratenfraktion einen entsprechenden Antrag und Rot-Grün dazu einen Änderungsantrag ins Parlament eingebracht. Wir haben uns damals mit diesem Thema beschäftigt und werden uns auch weiterhin damit beschäftigen, weil es in der Tat ein Thema ist, das uns die ganze Zeit berühren wird.
Der vorliegende Antrag kommt allerdings ein bisschen spät, weil 2012 mit der Drucksache 16/2981 ein Änderungsantrag von Rot-Grün eingebracht und vom Parlament beschlossen worden ist, jedoch gegen die Stimmen der Piraten. In diesem Antrag haben wir uns ausdrücklich mit dem Thema auseinandergesetzt.
Jetzt zu den Aussagen, die Sie gerade zum Landesdatenschutzbeauftragten gemacht haben. Es gab schon einen entsprechenden Zwischenruf – ich habe gar nicht bemerkt, von wem er gekommen ist –, und Fakt ist, dass der Landesdatenschutzbeauftragte eine unabhängige Behörde und keine Unterabteilung des Innenministeriums ist.
Genau, er ist unabhängig, vielen Dank, Herr Minister. Er sammelt selber Informationen und veröffentlicht dazu im Datenschutzbericht. Wer den vor ein paar Tagen erschienenen Datenschutzbericht 2015, der mittlerweile allen Abgeordneten zugegangen ist, gelesen hat, der wird festgestellt haben, dass der Datenschutzbeauftragte betont, dass es die Bundesregierung ist, die sich einsetzen muss.
Deswegen sage ich ganz offen – und das ist leider bei vielen Piratenanträgen der Fall –: Das hier ist die falsche Bühne für bestimmte Dinge. Die Bühne wäre der Deutsche Bundestag. Denn wenn es um Belange des Datenschutzes geht, ist die Bundesregierung der richtige Ansprechpartner, weil sie und nicht die Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit der Europäischen Kommission verhandelt.
Ich wäre als Behörde nicht glücklich, wenn ich in einem solchen Antrag der Piratenfraktion dargestellt würde, als würde ich das Thema nicht genau durchschauen und meiner Verantwortung nicht nachkommen können. So ist es ein bisschen in Ihrem Antrag formuliert.
Der Beschlussvorschlag, den wir damals eingebracht haben, begrüßt ausdrücklich die Absicht der Landesregierung, ihren Einfluss im Bundesrat geltend zu machen. Sie hat ihre Absicht auch umgesetzt. Der Bundesrat hat allerdings nur beschränkte Möglichkeiten. Der Bundesrat hat in seiner Drucksache 500/2014 beschlossen, dass genau das gemacht werden soll. Nordrhein-Westfalen hat also schon lange gehandelt. Ich habe eine ganz Litanei, die ich Ihnen aus dem Antrag vorlesen könnte, aber das ist ja auch leicht nachzulesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns als SPDFraktion ist es ganz wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa vor genau diesen Dingen geschützt werden, dass man aufpasst und mit den Daten vernünftig umgeht. Fakt ist aber: Verhandlungspartner ist der Bund und eben nicht das Land Nordrhein-Westfalen.
Wir werden weiterhin alles dafür tun, und die Landesregierung wird dieses Thema weiterhin auf ihrer Agenda haben. Herr Minister Jäger wird es sicher gleich darstellen. Ich finde, wir sind als Land Nordrhein-Westfalen auf einem vernünftigen Weg. Wie gesagt, wir werden im Bundesrat in Zusammenarbeit mit anderen Ländern dieses Thema weiter erörtern. Die beschränkten Möglichkeiten, die wir hierzu haben, werden wir nutzen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Lieber Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne! Datenschutz und Informationsfreiheit sind wichtigste Themen unserer Zeit. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Daten sind der Rohstoff im 21. Jahrhundert. Der Schutz personenbezogener Daten ist für uns ein Grundrecht.
Wie gläsern dürfen wir in Zukunft sein? Welche Weichenstellungen sind im digitalen Zeitalter zu leisten? Welchem globalen Wettbewerb sind wir ausgesetzt, und was müssen wir gerade auch auf europäischer Ebene beachten, um überhaupt unsere Werte für die Zukunft zu sichern?
Das sind Themen, die in Europa momentan heftig diskutiert werden. Die nationale Ebene reicht dazu nicht mehr aus. Bedingungen für Wohlfahrt und Konkurrenzfähigkeit auch in Zukunft sind gleiche Auslegung, einheitliche Aufsicht, Sanktionsmaßnahmen, die in der Gemeinschaft gleichermaßen gelten müssen, Herr Kern. Das ist, so denke ich, nicht nur bezogen auf unser Land und nicht nur auf unsere Bundesrepublik Deutschland zu sehen.