Die Landesregierung muss deshalb dieses Thema öffentlichkeitswirksam in die Gesellschaft hineintragen. Sie muss mit Verbänden und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Hand in Hand Präventionsmaßnahmen entwickeln und umsetzen, und zwar sofort.
Außerdem liegt zu dieser Thematik immer noch zu wenig Literatur vor. Es gibt sowohl deutschlandweit als auch nordrhein-westfalenweit zu wenige Studien zu Auswirkungen zum Trinkverhalten von Frauen und auch zum Werdegang von geschädigten Kindern. Hier muss man tätig werden. Das Problem ist einfach zu wichtig für unsere Gesellschaft, um es weiter beiseitezuschieben.
In Nordrhein-Westfalen leben Zigtausende Menschen, die durch Alkohol und die Konsumfolgen betroffen sind – entweder selbst Trinkende, Abstinente, Familienangehörige, Berufskollegen, Therapierende oder eben Kinder, die während der Schwangerschaft Schaden erlitten haben. Ich bitte Sie deshalb im Namen dieser Menschen, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht nur allgemein bekannt, dass missbräuchlicher Alkohol-, Drogen- und Medikamentenkonsum in der Schwangerschaft zu erheblichen und dauerhaften Schäden für das ungeborene Kind führen kann, sondern in diesem Hause auch völlig unstrittig.
Bereits der Konsum geringer Mengen Alkohol kann riskant sein. Jede Schwangerschaftsphase birgt da besondere Risiken. Alkohol greift die noch unfertigen Organe und Nerven des Ungeborenen direkt an und kann sie schwer und unumkehrbar schädigen.
Im vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion werden aber die beachtlichen Informationsangebote und Kampagnen über die Wirkung von Alkoholkonsum in Verbindung mit den Folgen riskanten Trinkverhaltens weder erwähnt noch gewürdigt. Auch heute Morgen ließ dies leider auf sich warten.
Bereits seit Jahren wird durch anerkannte Stellen Aufklärung, Prävention und Hilfe angeboten. Als Beispiele für die vielfältigen Angebote möchte ich beachtenswerte Portale aus dem World Wide Web nennen wie: „Kenn dein Limit“, „bleib-klar.de“, „nullalkohol-voll-power.de“ und nicht zuletzt „Mein Kind will keinen Alkohol“. Diese jederzeit und frei zugänglichen Angebote stehen an zahlreichen Orten zur Verfügung.
Seit Jahrzehnten widmen sich sowohl die haupt- als auch die ehrenamtlich in der Suchtberatung Tätigen sowie die zahlreichen Interessenvertretungen im Gesundheitswesen dieser Problematik; sie bauen sie stetig aus und vertiefen sie.
All denen gebühren unser Dank und unsere Anerkennung für die kontinuierlich geleistete Arbeit, insbesondere über das Vermitteln des kompetenten Know-hows und der Unterstützung von Schwangeren, wo immer es geht und notwendig ist.
Auch da vermissen wir in Ihrem Antrag jegliche Erwähnung, geschweige denn eine angemessene Würdigung dieses Engagements.
Bereits in der 14. Wahlperiode zu CDU-Zeiten im Gesundheitsministerium unter Minister Karl-Josef Laumann sind den Abgeordneten in diesem Hause die umfangreichen Publikationen „Gesundheit von Mutter & Kind – Informationen für Multiplikatoren“ und auch „Zigaretten und Alkohol – Nicht mit uns!“ zugeleitet worden. Ebenso veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung vor nicht allzu langer Zeit eine umfangreiche Studie über Alkohol in der Stillzeit, eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der Stillförderung.
Demgegenüber blendet aber der vorliegende CDUAntrag die bereits bestehenden Angebote – wissenschaftlichen Untersuchungen, Expertinnenrunden und Unterstützungsangebote – völlig aus. Dieser beschränkt sich lediglich auf die Wirkung von Alkohol in der Schwangerschaft. Weder die ebenso entscheidende Alkoholprävention im Pubertätsalter, die Einbeziehung der Stillzeit noch die Feststellung der solidarischen Mitverantwortung der Väter kommen darin vor, ganz zu schweigen von der Auslassung der weiteren nicht zu unterschätzenden Risikofaktoren vor, in und um die Schwangerschaft sowie die Zeit nach der Geburt, etwa durch Arzneien, Drogen, Genussmittel und Nikotin.
Daher bedarf dieser Antrag eigentlich keiner gesonderten parlamentarischen Befassung oder gar deren Feststellung. Meine Damen und Herren, der Überweisung des vorliegenden Antrags zur weiteren Beratung in den zuständigen Ausschuss stimmen wir zu, doch sehen wir im Grunde genommen keinen wirklich nachvollziehbaren Bedarf für zusätzliche Expertenrunden, Studien und Untersuchungen im Sinne dieses Antrags und erst recht nicht für die Beschlussfassung der banalen Selbstverständlichkeit, dass Alkoholkonsum in der Schwangerschaft schädlich sei und die Zahl der dadurch geschädigten Kinder reduziert werden muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Lück. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Ünal.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe lange überlegt, was wir mit Ihrem Antrag machen sollen. Die in Ihrem Antrag beschriebene Grundproblematik ist sicherlich zutreffend. Darüber
Es ist bekannt: Alkohol, das heißt Ethylalkohol und dessen Abbauprodukte wie Acetaldehyd, können die Plazenta durchdringen und natürlich bei den Föten irreversible Schäden verursachen. Das ist eine Wahrheit, die, glaube ich, jeder Medizinstudent im ersten Semester lernt.
Es ist auch bekannt, dass Ethylalkohol und Acetaldehyd Gifte sind, die natürlich in den Organismen sowohl bei den Föten als auch in den weiteren Schwangerschaftsmonaten Schäden verursachen, die man durch therapeutische Maßnahmen überhaupt nicht beheben kann. Obwohl dem größten Teil der Schwangeren die schädigende Wirkung von Alkohol bekannt ist, unterschätzen viele die Gefahren, die auch von einem nur geringen Konsum von Alkohol verursacht werden können.
Dem Robert-Koch-Institut nach konsumieren 20 % der schwangeren Frauen mehr oder weniger Alkohol. Das ist eine erschreckende Zahl. Es ist auch keine Diskussion. Aber eine der Ursachen für den Konsum während der Schwangerschaft ist, dass zum einen sehr viele junge Frauen überhaupt nicht wissen, ob sie während dieses Alkoholkonsums schwanger sind. Das heißt, sie erfahren sehr spät, dass sie schwanger sind. Zum anderen werden von den schwangeren Müttern die Risiken unterschätzt, die von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ausgehen. Aufklärung und Information über die Risiken ist daher richtig und wichtig.
Dabei gilt es besonders junge Menschen durch gezielte Ansprache zu erreichen. Die Landesinitiative „Mutter und Kind“ bietet bereits seit mehreren Jahren in diesem Bereich zielgruppenspezifische Suchtprävention besonders für die jungen Mütter oder Väter an. „Alkohol und Schwangerschaft“ ist in diesen Präventionsmaßnahmen seit Jahren ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Dabei kooperieren sie natürlich mit der Ärzteschaft, mit den Hebammen, mit anderen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, weil sie allein diese Mammutaufgabe nicht bewältigen können.
Dabei nutzen sie natürlich Plakate, Flugblätter und andere Materialien. Es gibt Hunderte von Filmmaterialien in diesem Bereich, die zielgruppenspezifisch sowohl in den Schulen als auch in Jugendzentren eingesetzt werden können. Prophylaxe-Fachkräfte bei den Sucht- und Drogenberatungsstellen gehen mit ihren Informationen und Aktivitäten auf die unterschiedlichen Zielgruppen und auf die Schwangeren zu, um über die Gefahren von Alkohol in der Schwangerschaft aufzuklären. Das heißt, geschlechterspezifische, zielgruppenspezifische Angebote in diesem Bereich gibt es schon lange.
Vielen Dank, Herr Ünal, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Zunächst bedanke ich mich für die differenzierte Problemsicht, die Sie aufgezeigt haben. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass man in der Vergangenheit gewiss auf diese Problempunkte hingewiesen hat. Würden Sie mir auch zustimmen, dass sich diese Erkenntnisse nicht „vererben“ lassen, sondern in jeder Generation neu implementiert werden müssen und man deswegen die Kampagnen immer wieder neu an die entsprechende Generation heranbringen muss?
Die Leute, die ihre Kinder geboren haben, können die Gefährdung ja nicht mehr weitergeben. Aber diejenigen, die neu schwanger werden, müssen immer wieder neu für die Problemstellung sensibilisiert werden. Können Sie mir da zustimmen?
Genau; das wollte ich eigentlich. – Sie haben zwar recht. Aber die Drogenprophylaxe-Fachstellen arbeiten ständig daran und haben nicht nur vor 2010 diese Materialien zur Verfügung gestellt, sondern tun das auch heute noch. Sie machen diese Arbeit ja ständig. Das ist keine Arbeit, die für eine Generation angeboten worden ist und danach abgebrochen wurde. Diese Arbeit geht weiter. Insofern sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit, jetzt eine besondere Aktivität in diesem Bereich zu entwickeln.
In diesem Zusammenhang kann ich beispielhaft auch zwei Gesellschaften noch einmal nennen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe arbeitet ständig daran. Genauso arbeitet der Berufsverband der Frauenärzte ständig an diesem Thema. Sie machen Internetseiten und stellen verschiedene Informationsmaterialien zur Verfügung. Wir können, glaube ich, ohne Wenn und Aber sagen, dass die Verantwortlichen in diesem Bereich sehr aktiv arbeiten. Natürlich ist auch die Aufklärungsbroschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung immer noch im Umlauf. Informatio
nen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen gibt es in diesem Bereich ebenfalls genügend. So gesehen haben wir hier keinen Nachholbedarf.
Zum Thema „Alkohol und Schwangerschaft“ existieren bereits sehr viele Untersuchungen. Sie haben in Ihrer Rede auch bestätigt, dass es sehr viele Untersuchungen gibt und alles bekannt ist. Insofern halten wir auch keine zusätzliche Untersuchung in diesem Bereich für notwendig.
Wir stimmen aber natürlich der Überweisung Ihres Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu. Ich freue mich darauf, im AGSAusschuss mit Ihnen fachlich darüber zu diskutieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Herr Ünal, bleiben Sie bitte am Pult; denn es gibt eine Kurzintervention. Ich muss sagen: Unsere rote Warnlampe funktioniert eins a; jeder rennt weg.
Ja. Ich habe das eben schon einmal erlebt. Wir geben uns hier oben richtig Mühe. Vielleicht lassen wir noch ein akustisches Signal ertönen, oder wir lassen etwas aus dem Rednerpult herausspringen. Da müssen wir uns noch etwas einfallen lassen. – Jedenfalls ist von Frau Kollegin Birkhahn eine Kurzintervention angemeldet. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, um noch einmal deutlich zu machen, dass es in unserem Antrag nicht um eine Suchtproblematik und nicht um Menschen geht, die durch das Umfeld in eine Sucht gekommen sind und dann schwanger werden. Vielmehr lag uns vor allem der Aspekt am Herzen, dass man aus Unkenntnis oder aus Verharmlosung heraus die Gefahren nicht richtig einschätzen kann, die für den Fötus entstehen, weil die Abbauproblematik bezüglich der Alkoholmengen eine ganz andere ist.
Es betrifft eine völlig andere Situation, zu sagen, welche Beratungsstellen es für Erwachsene oder für Jugendliche gibt. Hier ist ein wichtiges Informationsdefizit aufzuholen und eine Sensibilisierung für die Gefahren vorzunehmen, die davon ausgehen können, wenn man sich in einer geselligen Situation befindet. Das muss deutlicher ins Bewusstsein gerückt werden.
Das ist der entscheidende Unterschied, denke ich. Es geht hier nicht um die gesamte breite Suchtproblematik. – Vielen Dank.
sche Problematik, die mit Alkohol zu tun hat. Sie können aber diese Gefahren des Alkohols in der Schwangerschaft nicht von der gesellschaftlichen Diskussion über Sucht insgesamt trennen. Beides hängt eng zusammen. So gesehen muss man das gemeinsam diskutieren.
Die spezifischen Angebote, die ich erwähnt habe, waren ja nicht nur Suchtpräventionsarbeiten. Ich kann drei Beispiele nennen.