Protokoll der Sitzung vom 14.09.2012

Ich will auch einige Beispiele anführen, die Sie hier immer unterschlagen. Ja, wir haben auch Konsolidierungsschritte vorgenommen. Wir haben – das bemängeln Sie natürlich – die Grunderwerbsteuer erhöht. 450 Millionen € kommen auf diese Weise mehr in den Haushalt; 50 Millionen € davon gehen an die Kommunen. Die Steinkohlenbeihilfen sind in den Jahren 2011 und 2012 gesunken. Diese Landesregierung hat sich darum bemüht, zusätzliche Steuerprüfer einzustellen und generiert dadurch Mehreinnahmen.

Dann komme ich zu einem ganz wichtigen Punkt: Wir haben die schlimmsten Einschläge vom Bund verhindert. Es geht um das Stichwort Steuersenkungspläne von Schwarz-Gelb, die astronomische Höhen angenommen hätten, wenn dieser Koalitionsvertrag, der immer noch gültig ist, umgesetzt worden wäre. Wenn man die Zahlen des Bundesfinanzministers nimmt, wäre das mit Mindereinnahmen für Nordrhein-Westfalen zwischen 6 und 7 Milliarden € verbunden gewesen, wenn das Konzept der FDP umgesetzt worden wäre.

Ich will einen weiteren Punkt anführen, der auch zur Konsolidierung des Haushaltes beiträgt, obwohl er zunächst einmal Mehrkosten verursacht, nämlich die Umstrukturierung der WestLB. Das ist kein schönes Kapitel für das Land Nordrhein-Westfalen. Dieser Finanzminister hat aber konsequent umgesetzt, was angefangen worden ist. Man hat vorausschauend Risiken dargestellt. Man hat ein gutes Konzept umgesetzt. Die FDP hat, obwohl sie ursprünglich den Konzepten zugestimmt hat, sich vom Acker gemacht und will jetzt nichts mehr davon wissen, was sie 2008 mit Phoenix und anderen Maßnahmen bei der Umstrukturierung angelegt hat.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das könnte, Herr Lindner, möglicherweise daran liegen, dass Sie 2007 und 2008 die WestLB noch verkaufen wollten, aber solange gewartet haben, bis ein Verkauf nicht mehr möglich war.

(Lachen von der FDP)

Warum lachen Sie denn? Es war 2007 genauso absurd wie heute, das zu machen. Aber Sie packen das als Entschuldigung hier immer wieder heraus.

(Christian Lindner [FDP]: Damals haben Sie dem Landtag noch gar nicht angehört!)

Jetzt sehen wir uns die konkreten Haushaltsveränderungen an, Herr Kollege Lindner. Wir haben 400 Millionen € für die Gebührenbefreiung im Bereich der Kitas und bei der Studiengebühr eingesetzt. Sie vergessen immer zu sagen, dass wir 400/450 Millionen €, wovon 400 Millionen € im Landeshaushalt eingehen, bei der Grunderwerbsteuererhöhung hereinholen. Sind Sie jetzt dafür, dass die Grunderwerbsteuer nicht kommt? Dann müssten Sie 400 Millionen € bei Ihrer Konsolidierung abziehen. Oder rechnen Sie die mittlerweile in Ihre Konsolidierungsbeträge ein? Dann müssten Sie aber so viel Charakter haben und das den Menschen im Lande sagen. Sie sollten sich dann nicht hinter Zahlen verstecken, und Sie sollten sich auch nicht verstecken, wenn es um die Entscheidungen über solche Maßnahmen geht.

Nehmen wir die Erhöhung im Bereich der Kommunalfinanzierung. Ist die CDU dafür, dass GFG beim Stärkungspakt wieder abzusenken, was wir zusammen mit der FDP beschlossen haben? Da können Sie aus meiner Sicht auch keinen Konsolidierungsbeitrag erkennen. Wollen Sie das GFG absenken, Herr Kollege Optendrenk? Dann sagen Sie es und machen Sie einen Vorschlag zum Haushalt. Ich kann das aber nicht erkennen. Sie nehmen diese Beiträge mit. Es gibt keinen Konsolidierungsbeitrag von CDU und FDP. Stattdessen will die CDU sogar noch 350 Millionen € draufpacken. Die CDU schlägt also nicht weniger, sondern mehr Ausgaben vor.

So könnte ich die anderen Bereiche weiter durchgehen. Ich habe das gerade schon bei der Umwelt

verwaltung gemacht und mit der Nennung der anderen Beträge.

Noch Folgendes, was den Regierungsvergleich betrifft: Sie haben in keinem Jahr – ich könnte die Zahlen vorlesen, aber das mache ich dann im Haushaltsausschuss – Ihrer Regierungszeit die Steuermehreinnahmen zu 100 % zur Absenkung der Neuverschuldung eingesetzt. Es waren immer 40 bis 50 %, die von CDU und FDP davon ausgegeben wurden.

Ich gebe offen zu, dass das natürlich Gründe hat. So steigen die Pensionslasten, es gibt Mehrkosten beim Personal, die umzusetzen sind. Aber das lassen Sie als Entschuldigung für Rot-Grün auch nicht zu. Sie sagen sogar, die WestLB-Milliarde müsste eingespart werden. Sollen wir die WestLB-Milliarde dadurch einsparen, dass wir 20.000 Stellen im Schulbereich kürzen? Ist das Ihr Kürzungsvorschlag? Dann sagen Sie es bitte auch. Fabulieren Sie hier nicht im Landtag herum, sondern machen Sie konkrete Vorschläge und sagen Sie, wo die Politik hingehen soll.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Einen weiteren Punkt will ich ansprechen, weil das in der Plenardebatte in dieser Woche auch eine Rolle gespielt hat: Mehrfach hat die CDU sich hier massiv aufgekröpft, was eine Formulierung von Ministerin Schäfer zur Anzahl von Krippenplätzen betraf. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass sie über eine vorübergehende Maßnahme gesprochen hat, die im Übrigen völlig im Einklang mit dem KiBiz steht. Wollen Sie denn die Mehrkosten, die entstehen würden, wenn man auf diese Maßnahme verzichtete, im Haushalt darstellen? Oder ist das wieder eine Ihrer Schattenformulierungen, bei denen Sie kein Konzept haben und die Sie als pauschale Vorwürfe in den Raum stellen? Sie müssen konkret werden! Haushaltspolitik ist konkret und nicht Geschwafel in Sonntagsreden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben kein Konzept. Sie machen keine Vorschläge. Sie bleiben pauschal. Sie bleiben im Vagen. Wir werden das in den Haushaltsberatungen auch immer wieder im Einzelnen vortragen.

Eines will ich auch ankündigen – der Minister hat es auch schon gemacht –: Ja, wir werden weiter konsolidieren. Wir werden auch Einsparvorschläge machen. Wir werden Kürzungen in den Förderprogrammen vornehmen. Wir werden da etwas tun, wo Sie gegrast haben. So werden wir bei den Vollkostenzuschüssen auf Kreditbasis umsteuern.

Herr Kollege Schemmer und Herr Kollege Laumann, allein 500 Millionen € – der Kollege Römer hat es in seiner Rede auch vorgetragen – sind für den Eigenheimausbau draufgegangen. Das ist „Staat vor Privat“. Das ist steuerfinanzierte, schuldenfinanzierte Wachstumspolitik. Das ist Klientelpo

litik. Es ist aber nicht zielgerichtet, nicht passgenau und geht zulasten des Landeshaushalts. Das ist die Politik von CDU und FDP.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen, damit das nicht verloren geht. Diese CDU würde, wenn man ihre Vorschläge ernst nähme und umsetzte, den Landeshaushalt kurzfristig mal eben 1,1 Milliarden € zusätzlich kosten: 350 Millionen € für den Stärkungspakt Stadtfinanzen; mindestens 300, eher 400 Millionen €, wenn die kalte Progression im Bundestag so umgesetzt würde, wie sich das Finanzminister Schäuble vorstellt; 450 Millionen €, wenn wir die Erhöhung der Grunderwerbsteuer rückgängig machten. Das sind 1,1 Milliarden € Mehrkosten allein auf dem Konto der CDU. Sie sind die kleinsten Konsolidierer aller Zeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wie haben Sie den Haushalt in Ihrer Amtszeit verbessert? Sie haben die Kommunen geschröpft – 3 Milliarden €. 2003 haben sich Herr Rüttgers und Herr Wolf an die Spitze des Personals gestellt, als Rot-Grün Kürzungen bei Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld vorgenommen hat, und uns gesagt: Das ist falsch; man darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten Einsparungen vornehmen. – 2005 bzw. 2006 hat Herr Linssen noch einmal 40 % zusätzliche Kürzungen draufgepackt.

Sie täuschen, Sie tricksen, Sie verschieben. Sie machen keine solide Politik. Gott sei Dank sind Sie deswegen massiv vom Wähler in NordrheinWestfalen abgestraft worden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ihr habt bei der Landtagswahl doch verloren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Haushalt spiegelt tatsächlich die Schwerpunkte rotgrüner Politik wider. Er ist die Basis für eine solide, gut ausfinanzierte und zukunftsfähige Politik. Natürlich könnte ich mir noch mehr vorstellen, wenn in diesem Haushalt mehr drin wäre. Aber wir werden uns auf den schwierigen Weg der Konsolidierung begeben. Wir werden uns durch Nebelkerzenwerfereien von CDU und FDP nicht ablenken lassen. Wir werden Sie stellen. Wir werden konkrete Vorschläge machen. Wir werden uns auch sehr genau angucken, welche Bürgermeister Sie auf die Bäume treiben und welche Demonstrationen Sie anführen, wenn es um konkrete Kürzungsvorschläge geht, oder ob Sie den Weg mitgehen und nicht nur den Mund spitzen, sondern auch pfeifen und dann sagen, wie es gehen soll. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP-Fraktion spricht Kollege Witzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der uns heute hier vorliegende Haushalt lässt in der Tat nur eine Schlussfolgerung zu, Herr Finanzminister: Sie brauchen ganz dringend einen Termin bei der Schuldnerberatung.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Denn Sie haben sich vergaloppiert. Sie finden den Weg aus Ihrem Schuldenlabyrinth erst gar nicht mehr heraus.

Herr Finanzminister, während viele andere Flächenländer im Westen wie im Osten unserer Republik längst ausgeglichene Haushalte haben oder wie Bayern bereits dabei sind, ihre Schuldenberge abzutragen, verteilen Sie in fröhlicher Sorglosigkeit immer mehr soziale Wohltaten auf Pump. Damit heizen Sie natürlich die Staatsschuldenkrise weiter an. In Zeiten historischer Rekordsteuereinnahmen, die Sie soeben per Pressemitteilung Ihres Hauses noch einmal dargelegt haben, treiben Sie den Staat mit immer mehr neuen Schulden tiefer in die Fesseln der Finanzmärkte hinein.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Finanzminister, Sie unterlassen aus Angst vor Widerständen die dringend notwendigen Strukturreformen wie Privatisierung und Bürokratieabbau. Daher bauen Sie das Defizit von knapp

5 Milliarden € nicht ansatzweise ab. Das ist die Konsequenz eines Umverteilungsstaates, bei dem es von der Gratis-Kita über das kostenlose Studium alles einfach für lau gibt. Die Expansion immer mehr sozialer Umverteilung hat mit generationengerechter Politik und Nachhaltigkeit nichts mehr gemein, aber dafür einen teuren Preis.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Finanzminister, weil Sie sich hier eben in bemerkenswerter Weise zur Frage von Geschichte geäußert haben – ich komme auf den 14. März 2012 gleich noch einmal zurück –, empfehle ich Ihnen, etwas früher anzufangen, aus Geschichte zu lernen. Im Mittelalter gab es Bauernaufstände in unserem Land, da die Bauern jeden Zehnten bei ihrer Obrigkeit abgeben mussten. Herr Finanzminister, heute würden die Steuerzahler Ihnen auf Knien danken, wenn Sie sich mit dem Zehnten zufrieden geben würden.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Das ist ein sehr gewagter Vergleich, Herr Witzel!)

Die FDP-Landtagsfraktion will, dass wir ehrgeizig sind und die Schuldenbremse tiefer durchtreten,

damit wir den Haushaltsausgleich auch bis zum Ende dieser Wahlperiode erreichen, konkret also bis zum Jahr 2017.

Dass wir es ernst meinen mit einem ehrlichen Schuldenstopp, konnte jedermann heute auf den Tag genau vor einem halben Jahr und fast exakt zur selben Uhrzeit erleben, nämlich am 14. März 2012. Wir beraten den Haushalt für dieses Jahr heute im zweiten Anlauf; denn nachdem der erste rot-grüne Haushalt dieser Regierung vom Verfassungsgericht im Vollzug gestoppt worden war, haben wir den Haushalt 2012 im ersten Anlauf mit den Stimmen der Oppositionsmehrheit gekippt.

Ich erinnere mich gut, Herr Finanzminister – ich weiß nicht, wie gut Ihr Gedächtnis noch ist –: Als wir am 14. März 2012 den Landtag betreten haben, lagen schon Interviews von der stellvertretenden Ministerpräsidentin Frau Löhrmann auf unseren Tischen. Sie haben damals gesagt, Sie hätten eigentlich keine Angst, dass der Haushalt scheitert. Die FDP würde da sicher schon helfen. Und Sie haben spekuliert, da kämen wohl auch nicht alle unsere Abgeordneten in den Saal.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Als Weiterbildungsministerin dieses Landes sollten Sie aber wissen: Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger. Ich kann Ihnen deshalb nur raten, Frau Löhrmann: Es ist grundfalsch, wenn Sie zu oft von sich selbst auf andere schließen.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Bei Ihnen könnte man da allerdings Zweifel be- kommen!)

Richtig ist, Frau Ministerin Löhrmann, wir haben uns in einem herausfordernden demoskopischen Umfeld befunden, aber es ist zutiefst unfair zu behaupten, dieser Umstand hätte jemals auch nur bei einem einzigen unserer 13 Abgeordneten dazu geführt, ein anderes Abstimmungsverhalten an den Tag zu legen, als es unsere Überzeugung im Umgang mit Ihrem Schuldenhaushalt hergibt.

(Zuruf von der SPD: Ha!)

Das ist eine Frage der Überzeugung und nicht der politischen Opportunität.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])