Protokoll der Sitzung vom 14.09.2012

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herrn Kollege Körfges. – Als nächstem Redner erteile ich für die FDP-Fraktion Herrn Kollegen Höne das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Körfges, dafür, dass das für Sie hier alles eine Petitesse ist, haben Sie sich aber ganz schön ausführlich damit beschäftigt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Auch ich habe mich ein bisschen gewundert – mehrere Vorredner haben ebenfalls darauf hingewiesen –, dass man ein solches Thema zum Anlass für eine Aktuelle Stunde nutzt. Wie der Kollege Laumann bin auch ich überzeugter Westfale und Münsterländer. Sie haben ja schon im Vorfeld dieser Debatte Ihren Namen in allen Zeitungen lesen können und Ihre Sorge über das komplette Vergessen eines Landesteils zum Ausdruck gebracht. Ich finde – das gilt auch für den Kollegen Kaiser –, das wäre auch mit ein bisschen weniger Pathos gegangen.

Gerade als Neuling in diesem Hause glaube ich – auch das ist eben schon angeklungen –, dass es durchaus wichtigere Themen gibt als die, mit denen wir uns jetzt für eine gute Stunde beschäftigen. Der Landeshaushalt, über den wir heute schon gesprochen haben, die finanzielle Situation der Kommunen – auch sie wurde thematisiert –, der Ausbau der U3-Betreuung usw. –: Das sind eigentlich die drängenden Probleme in diesem Land, auf die die Menschen von der Politik völlig zu Recht Antworten erwarten. Ich meine, denen sollten wir etwas mehr Aufmerksamkeit schenken.

Auch wenn man dieses Thema – jedenfalls meiner Meinung nach – nicht unbedingt für eine Aktuelle Stunde nutzen muss, ist es doch so, dass die Personalentscheidungen, die hier gefällt wurden, die Menschen bewegen. Es ist sicherlich richtig, dass ein gewisses Heimatempfinden und der Wille, re

präsentiert zu werden – rein subjektiv; das ist nicht messbar; das ist eine emotionale Angelegenheit –, auch in dieser Debatte deutlich geworden sind.

Dabei haben Sie, Herr Kollege Rüße, hier so getan, als gäbe es nirgendwo sonst ein solches Regionalgefühl. Vor wenigen Wochen haben Sie in der „Westfalenpost“ im Zusammenhang mit den Vorstandswahlen Ihrer Fraktion allerdings noch zum Ausdruck gebracht – ich zitiere –: „Die meisten Abgeordneten kommen aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet. Und so sieht der Vorstand auch aus.“ Es ist also nicht so, als stände das bei Ihnen nirgendwo zur Debatte.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dass es ein besonderes westfälisches Identitätsempfinden gibt, wird durch eines deutlich, nämlich dadurch, dass es eine Stiftung Westfalen-Initiative gibt. Diese Initiative macht sich – ich zitiere – „die Schärfung der Identität und die Stärkung der Eigeninitiative der Westfalen zur Aufgabe“.

Nachdem ich mit meinem Kollegen Kai Abruszat eine Kleine Anfrage zur Besetzung des Stiftungsvorstands formuliert hatte – das war der Level, auf dem wir das Thema behandelt haben –, habe ich darüber auch mit dem Vorsitzenden der WestfalenInitiative, Herrn Hölker, gesprochen und ihn darüber informiert. Umgehend kam die Rückmeldung, dass das auch in seinem Umfeld wahrgenommen worden sei und dass er und seine Mitstreiter in der Stiftung diesen Vorgang insgesamt als Unding empfänden. Auch das zeigt noch einmal, dass das ein hochemotionales Thema ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Sommerpause habe ich als Parlamentsneuling damit begonnen, mich mit den Bürgermeistern, den Landräten und den Vertretern der Verbände in meiner Umgebung – im Wahlkreis und im Münsterland – zu treffen. Ich kann Ihnen sagen, nahezu jedes Gespräch endet mit ein und demselben Appell. Der lautet: Vertreten Sie uns gut in Düsseldorf, damit wir nicht vergessen werden!

Ich bin sicher, dass dies auch viele rheinländische Kollegen mal zu hören bekommen. Nichtsdestotrotz können wir feststellen, dass dieses Gefühl und die Angst, ins Hintertreffen zu geraten, vorhanden sind. Darauf müssen die Politiker eingehen. Das „wir“ meint nicht so sehr die Stadt Coesfeld oder die Gemeinde Reken, sondern die gesamte Region, in der viele Menschen das Gefühl haben, ein Stück weit vergessen zu werden. Dieses Gefühl wird durch eine solche Personalentscheidung verstärkt.

Die kurze Kernbotschaft dieser ganzen Debatte ist einfach: Ich hätte mir gewünscht, dass die Landesregierung etwas mehr Rücksicht auf genau dieses Empfinden nimmt. Damit kann man das eigentlich schon zusammenfassen.

(Zuruf von der SPD: Danke!)

Die NRW-Stiftung leistet einen wertvollen Beitrag zur Förderung von Brauchtum und Kultur in ganz NRW, und sie verfügt über eine enorme finanzielle Ausstattung. Darum finde ich es auch wichtig – Herr Minister Remmel hat es gerade ebenfalls angesprochen –, dass sich die Politik mit den Projekten insgesamt beschäftigt, und zwar inhaltlich, und nicht so sehr mit der Personalausstattung.

Ich gehe davon aus und vertraue darauf, dass der Stiftungsvorstand die weiteren Projekte jetzt qualifiziert und objektiv angeht und sich seiner Verantwortung für Nordrhein-Westfalen bewusst ist. Das ist unserer Meinung nach auch wichtig, um die Stärke des Landes, das aus den einzelnen Landesteilen zusammengefügt ist, zu ermöglichen und erhalten.

Johannes Rau hat gesagt – er ist schon vielfach zitiert worden –, dass die Stärke dieses Landes in den Eigenschaften der Menschen liegt: in der Zuverlässigkeit der Rheinländer, der Leichtfüßigkeit der Westfalen und der Großzügigkeit der Lipper. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Als nächstem Redner erteile ich für die Piratenfraktion Herrn Kollegen Rohwedder das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin durch die Ministerpräsidentin für die Piratenfraktion in den Stiftungsrat berufen worden, habe an dieser Sitzung teilgenommen und kann sagen, dass ich mich wundere und den Eindruck habe, dass die SaureGurken-Zeit für die CDU, da sie hier mit einer solchen Sache aufläuft, noch nicht vorbei ist.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Punkt 2 der Tagesordnung dieser Sitzung sah die Berufung weiterer Mitglieder vor. Es wurde der Kollege Uhlenberg mit in den Stiftungsrat berufen. Er war neben dem Kollegen Deppe – ich hatte das Vergnügen, während dieser Stiftungsratssitzung neben dem Kollegen Deppe sitzen zu dürfen – mindestens der zweite Christdemokrat dort. Ich weiß nicht, ob weitere Mitglieder des Stiftungsrates, die als Vertreter anderer Organisationen dort anwesend waren, ebenfalls CDU-Parteibücher in der Tasche hatten. Ich finde das auch nicht so relevant.

Auf jeden Fall waren genug Christdemokraten anwesend, um bei der Wahl des Vorstands ein Wort zu dem Punkt, den Sie jetzt kritisieren, zu sagen, nämlich dass nur Rheinländer vorgeschlagen und gewählt worden sind. Warum haben Sie denn da nichts gesagt?

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie hätten auch dagegen stimmen oder sich enthalten können. Aber die Wahlergebnisse waren einstimmig. Alle Wahlergebnisse waren einstimmig. Alle Beschlüsse wurden dort einstimmig gefasst. Daher wundere ich mich, dass Sie jetzt, hinterher, damit herauskommen.

Auch was die Bestellung von Stiftungsratsmitgliedern für Dringlichkeitsentscheidungen betrifft: Die vier bisherigen Mitglieder wurden bestätigt, und ein neues wurde gewählt. Von ihnen weiß ich noch nicht einmal, ob das Rheinländer oder Westfalen, Chinesen oder Araber waren. Ich habe keine Ahnung. Auch sie sind einstimmig benannt worden.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Ich selber bin etwas überrascht, dass hier gesagt wurde, es seien 14 – ich glaube, die Zahl 14 wurde genannt – Westfalen anwesend gewesen. Vielleicht ist das der Versuch, mich zu einem Westfalen zu machen, weil ich in Dortmund wohne. Ich kann Ihnen sagen, ich begrüße es zwar auf das Allerschärfste, dass so etwas versucht wird, bleibe aber, auch wenn ich im Landtag von Nordrhein-Westfalen sitze, Südschleswiger.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN)

Nichtsdestotrotz werde ich tun, was ich kann, damit die Sitzungen des Stiftungsrates und die Arbeit der Stiftung zum Erfolg führen. Damit habe ich kein Problem. Ich halte die Herkunft nicht für ein entscheidendes Kriterium dafür, ob jemand im Stiftungsrat oder im Vorstand der Stiftung sitzt. Die Herkunft ist keine Qualifikation und auch keine Disqualifikation. Die Kompetenz kommt woandersher. – Danke, das war’s.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerpräsidentin Kraft. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Laumann, Sie haben richtig vermutet, dass ich nicht über regionale Dinge nachgedacht habe, als ich die Besetzung vorgeschlagen habe. Ich wäre allerdings auch davon ausgegangen, wenn es dort etwas zu diskutieren gegeben hätte, dass das in dem dazugehörigen Gremium, nämlich im Stiftungsrat, vorgebracht worden wäre. Wie der Kollege Rohwedder ja gerade beschrieben hat: Alle Vorschläge sind einstimmig durchgegangen, obwohl dort Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichsten Organisationen und auch der Fraktionen des Landtages mit dabei waren.

Insofern bin ich schon etwas überrascht über das, was daraus entstanden ist. Ich meine, Sie hätten auch nur einmal kurz anrufen können, ganz simpel. Bisher hatten wir auch in vielen Dingen kurze Wege.

Ich habe überhaupt kein Interesse daran, dass eine so wichtige Stiftung, die in der Tat im weitesten Sinne dafür verantwortlich ist, dass das Gemeinwesen in Nordrhein-Westfalen gestärkt wird, dass wir unsere gemeinsame Geschichte, unsere Heimat miteinander auch in Zukunft erhalten können, durch eine solche Diskussion überlagert oder belastet wird. Ich glaube, es hätte uns gut angestanden, wenn wir das auf anderem Wege geklärt hätten als in einer Aktuellen Stunde.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Ich habe übrigens – auch das darf ich an dieser Stelle einmal sagen – zwei zusätzliche Westfalen für den Stiftungsrat vorgeschlagen, nämlich den Kollegen Uhlenberg und unseren früheren Kollegen Kuschke. Auch das ist richtig. Ich habe auch nicht den ganzen Vorstand sozusagen neu vorgeschlagen, sondern dort gab es Ersatzerfordernisse. Herr Borchert ist von diesem Amt, das er jahrelang sehr erfolgreich innegehabt hat, zurückgetreten und ist jetzt Ehrenvorsitzender. Er wird auch in den entscheidenden Gremien weiterhin dabei sein, wie das bei der NRW-Stiftung auch bisher der Fall war.

Aber eines sage ich hier ganz deutlich: Regionale Identitäten sind ein Teil dieses Landes. Das habe ich gelernt. Als ich 2000 in den Landtag kam, ging es mir ungefähr so wie dem jungen Kollegen, von dem ich vorhin gehört habe, er würde das gar nicht nachvollziehen können, dass man sozusagen regionale Identitäten bei bestimmten Fragen in den Vordergrund stellt. Ich habe das auch gelernt und festgestellt, dass es an bestimmten Stellen auch sinnvoll ist.

In der Tat: Hier geht es um eine Stiftung, die in großem Umfang heimatverbundene Projekte definiert und entscheidet und auch darüber entscheidet, ob sie stattfinden oder nicht. Deshalb sage ich Ihnen hier und heute, weil „Heimat“ für mich ein ganz zentraler Begriff ist, weil ich ja sehr viel auch über den Zusammenhalt der Gesellschaft rede, gerade hier in unserem Land, dass wir das selbstverständlich zukünftig in den Blick nehmen. Wir haben vereinbart – Herr Rohwedder wird sich erinnern –, dass wir auch die Satzung überarbeiten wollen. Wenn uns das allen dann mehr Sicherheit gibt, habe ich auch nichts dagegen, das in der Satzung entsprechend zu ändern. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN, der CDU und den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. – Meine Kolleginnen und

Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich eröffne die Beratung zum Tagesordnungspunkt

3 Transparenz schaffen – Aktuelles Steuerab

kommen mit der Schweiz stoppen!

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/814

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/867

Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/879

Ich eröffne die Beratung und erteile für die erste der beiden antragstellenden Fraktionen, für die SPDFraktion, Herrn Kollegen Zimkeit das Wort. Bitte schön.