Sicheres Herkunftsland – das ist ein sehr technischer Begriff – heißt doch, dass das die Demokratien des Balkans sind, das sind Beitrittsländer zur Europäischen Union. Rezzo Schlauch, früherer grüner Gründungsaktiver, ist jetzt Honorarkonsul von Albanien.
Er hat vor einigen Tagen gesagt: Ich bin alle drei Wochen in Albanien. Wir bauen eine Demokratie auf. Das ist ein Rechtsstaat. Es beleidigt uns, dass Sie nicht anerkennen, dass wir ein sicheres Herkunftsland sind. Das ist eine außenpolitische Entscheidung.
Warum tun Sie sich denn so schwer? Alle SPDMinisterpräsidenten haben in einer Schaltkonferenz mit Sigmar Gabriel vereinbart, die drei Länder sind Demokratien, und wir sind bereit, sie als sichere Herkunftsländer anzuerkennen. Das habe ich in der Sommerpause gelesen.
Wenn die Grünen das hier im Landtag verhindern, sagen Sie ihnen doch: Rezzo Schlauch und andere, die sich auskennen, empfehlen, dass diese Länder sichere Herkunftsländer werden. – Geben Sie sich den Ruck. Das führt zu Klarheit im Verfahren. Das ist die saubere Trennung zwischen Asyl und Einwanderung, die wir dringend brauchen.
Etwas Zweites kommt hinzu – auch dagegen polemisieren Sie heute in Ihrem Antrag –: Wir benötigen Erstaufnahmestellen für Menschen aus diesen sicheren Herkunftsländern mit vielen Mitarbeitern des BAMF und mit den benötigten Juristen und Verwaltungsrichtern, damit möglichst eine Rückführung aus der Erstaufnahmestelle erfolgt, ehe die Menschen an die Kommunen überwiesen werden.
Sie haben im Juni als Ministerpräsidenten verabredet, das zu machen. In dem Antrag, den Sie uns heute zur Abstimmung vorlegen, diffamieren Sie das als bayerischen Populismus. Sie selbst haben doch dieser Idee zugestimmt.
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Wir ma- chen das! – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD] – Weitere Zurufe)
Ich verstehe, dass das Unruhe bei Ihnen auslöst. Aber weshalb richten Sie als einziges deutsches Bundesland im Erstaufnahmeverfahren flächendeckend verpflichtende Amtshilfeersuchen an alle Kommunen? Erstaufnahme ist in geordneten Verhältnissen zuerst einmal Sache des Landes. Dann muss an die Kommunen überwiesen werden. Das sollten Sie auch in Nordrhein-Westfalen tun.
Das ist der eine Teil. Sie haben aus der Sicht des Flüchtlings gesprochen. Ich habe vor wenigen Tagen mit einer Caritas-Aktiven aus dem Kosovo gesprochen. Sie sagte mir: Wir sagen hier den Leuten: Verkauft nicht eure Häuser. Verkauft nicht euer Hab und Gut und gebt es den Schleppern, nur weil ihr glaubt, ihr habt in Deutschland eine Zukunft. Ihr werdet sie nicht haben. Das ist in Deutschland nicht so einfach, wie euch die Schlepper suggerieren. – Dann kommen das kosovarische Fernsehen und die Regierung. Sie informieren über die wirkliche Rechtslage in Deutschland. Dann sagen mir die Leute: Das könnt ihr alles sagen. Aber mein Nach
bar ist seit zehn, zwölf Wochen dort. Er hat dieses und jenes erlebt. Es stimmt gar nicht, dass er nicht bleiben darf.
Die Wirkung, die man per Medien erzielen will, wird nur dann erzielt, wenn Sie gar nicht die Illusion erwecken, sie könnten auf diesem Wege doch einwandern.
Deshalb haben Sie recht. Sie brauchen eine Erstaufnahmeeinrichtung wie Bayern möglichst schnell auch in Nordrhein-Westfalen. Das ist der erste Schritt, den Sie machen können, anstatt hier zu reden.
Als zweiten Schritt brauchen Sie die schnelleren Verfahren. Sie wissen genau, bei sicheren Herkunftsländern gehen die Verfahren schneller. Dann sind die Fristen verändert.
Dann müssen Sie in wenigen Wochen auf den Flüchtlingsgipfel der Bundesregierung gehen und konkret sagen, diese, diese und diese Rechtsänderung brauchen wir noch, damit es besser funktioniert.
Es ist nicht damit getan, sich als Ministerpräsidentin eines starken Landes hierhin zu stellen und mehr Geld vom Bund einzufordern. Sie müssen auch mitwirken, damit die Politik umgesetzt wird.
Für den dritten Punkt, das Einwanderungsgesetz, brauchen wir auch bei uns noch ein bisschen Überzeugungskraft. Ja, das stimmt. Sie brauchen für die Menschen, die als Arbeitsmigranten kommen wollen, eine legale und nach klaren Kriterien geordnete Zuwanderung über die Einwanderung, wenn Sie beim Asyl wirklich Klartext reden und entscheiden.
Man kann sich aber auch nicht hierher stellen und sagen, wir bräuchten einmal ein Einwanderungsgesetz. So ist es nun auch wieder nicht. Wir haben ein Einwanderungsgesetz. Es heißt: „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung“. Es ist ein rot-grünes Gesetz aus dem Jahr 2005. Wir haben ein Aufenthaltsgesetz.
Die Frau Ministerpräsidentin schafft es, bei jeder einzelnen Frage der Landespolitik zu sagen, der Bund solle sie lösen.
Als Sie im Bund regiert haben, schafften Sie es sogar, so zu tun, als wenn Sie nicht regiert hätten. Das ist ein besonderes Meisterwerk.
Aber ich wollte gar nicht das Gesetz kritisieren, Herr Mostofizadeh. Ich wollte nur beschreiben, dass wir es haben. Seit 2005 gibt es dieses Gesetz.
Das ist doch völlig wurscht. Frau Löhrmann, schaffen Sie es, bei einer solchen Frage einmal nicht parteipolitisch zu argumentieren, sondern …
Liebe Frau Löhrmann, es ist völlig gleichgültig, wer im Jahr 2005 bei welcher Bundesratsdrucksache wie gestimmt hat. Ich wollte gerade das Gesetz loben. Schaffen Sie es, ein Lob für ein rot-grünes Gesetz zu ertragen? Das wäre sehr freundlich.
Nein, ich will einmal ein rotgrünes Gesetz loben, ohne von den Grünen und den Roten unterbrochen zu werden. Das muss doch möglich sein.
Es gibt dieses Gesetz, das Einwanderung möglich macht. Es gibt ein Aufenthaltsgesetz. Bei Frau Nahles sind 70 Mangelberufe aufgelistet, mit denen man heute einwandern kann.