Protokoll der Sitzung vom 04.09.2015

„Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass auf gesetzlichem Wege landwirtschaftliche Nutzflächen als unvermehrbare Produktionsgrundlage zur Ernährung und für nachwachsende Rohstoffe geschützt werden. Ferner möge der Deutsche Bundestag die Bundesregierung beauftragen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den Flächenverbrauch durch Überbauung sowie durch Ausgleichmaßnahmen zu reduzieren.“

Diese Petition hat über 200.000 Unterschriften bekommen und ist im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen – man höre – der CDU/CSU, der SPD und der FDP angenommen worden. Außerdem ist diese Petition von sehr vielen Bundestags- und Landtagsabgeordneten unterschrieben worden: unter anderem aus NordrheinWestfalen, unter anderem aus Ihrer Fraktion.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es wäre redlich, wenn Sie heute sagen würden, wer damals diese Petition unterschrieben hat.

Damals habe ich das Anliegen geteilt, aber ich habe die Petition nicht unterschrieben. Ich sage Ihnen auch, warum ich das nicht getan habe. Denn darin war zum einen die Forderung enthalten, dass landwirtschaftliche Flächen zukünftig nicht mehr für Ausgleich zur Verfügung stehen, und zum Zweiten war ausgeführt,

(Zuruf von der FDP)

dass zukünftig Industrieflächen nicht mehr zur Verfügung stehen sollen, jedenfalls nicht in diesem Maße. Deshalb habe ich mich im Gegensatz zu Ihnen und Ihrer Fraktion dagegen entschieden, diese Petition zu unterschreiben. Das gehört zur Redlichkeit, das an dieser Stelle zu sagen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Minister Remmel hat die Redezeit der Landesregierung um eine Minute 25 Sekunden überzogen. Diese Zeit bekommen die Fraktionen selbstverständlich zusätzlich. Bei denen, die selber ordentlich überzogen haben, gibt es diese eine Minute 25 Sekunden trotzdem.

Der nächste Redner ist für die SPD-Fraktion Herr Kollege Römer, der damit allerdings zwei Minuten 25 Sekunden Redezeit hat.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich kann verstehen, dass Sie den kleinsten Hoffnungsschimmer, es könnte Streit in unserer Koalition geben, wie einen Strohhalm ergreifen –

(Christof Rasche [FDP]: Eine Blutgrätsche gehört bei Ihnen jeden Tag dazu!)

in der Hoffnung, damit aus Ihrem tristen, trostlosen Oppositionsdasein erlöst zu werden. Aber ich muss Sie enttäuschen. Diese Koalition arbeitet gut zusammen und wird weiter gut zusammenarbeiten.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Sie wird vor allen Dingen, meine Damen und Herren von der Opposition – da bin ich sehr zuversichtlich und sicher –, nach der nächsten Landtagswahl weiter gut zusammenarbeiten, weil wir gute Arbeit für die Menschen in unserem Land machen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Als jemand, der im Kreis Recklinghausen groß geworden ist und immer noch da wohnt, kenne ich die Entwicklung von newPark sehr genau. Zu dem Thema, das hier so viele Wellen geschlagen hat, sage ich Ihnen Folgendes:

Wir haben uns in der Koalition selbstverständlich damit auseinandergesetzt. Das ist auch überhaupt nicht verborgen geblieben; das haben wir auch eingeräumt. Denn es gibt sowohl in meiner Fraktion regionale und persönliche Betroffenheiten an diesem Punkt – Hans-Peter Müller hat das gerade ausgedrückt – als auch beim Koalitionspartner. In unterschiedlicher Weise werden wir diese persönlichen und regionalen Betroffenheiten immer wieder zusammenführen.

Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie sich eines sagen: Die Entwicklung von newPark wird von dieser Landesregierung, von dieser Koalition nicht nur nicht behindert, sondern aktiv unterstützt werden. Das wissen wir, das wissen Sie, und deshalb brauchen Sie keine Hoffnung zu haben,

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

uns an diesem Punkt auseinandertreiben zu können.

Ihnen, Herr Wüst, wollte ich damit gleichzeitig sagen: Lassen Sie es sein! Solche Angebote von Ihnen können wir leider nicht annehmen, weil Sie kein ernsthafter Partner wären und vor allen Dingen kein Partner, mit dem man die Zukunft dieses Landes erfolgreich gestalten kann.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Hovenjürgen für eine Minute 25 Sekunden das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Remmel, von Redlichkeit zu sprechen – und das aus Ihrem Munde –, dann wird man wirklich schwindelig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihr Ministerium forciert den Verbrauch von landwirtschaftlich genutzter Landschaft. Sie sind für massenhaften Entzug landwirtschaftlicher Fläche für landwirtschaftliche Betriebe verantwortlich. Das ist an dieser Stelle Ihre Verantwortung – und niemand anderes Verantwortung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und was Herrn Römer angeht: Ja, Herr Römer, Sie kommen aus der Region und kandidieren in Soest. Insofern glaube ich, dass die enge Verbundenheit offensichtlich doch nicht so gegeben ist. Sonst hätten Sie ein anderes Engagement für die Region an den Tag gelegt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Ellerbrock ebenfalls 1 Minute und 25 Sekunden.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern wurde deutlich gesagt, die Ministerpräsidentin würde weltweit für den Standort newPark werben. Leider ist sie heute nicht hier.

Zweitens habe ich von der Landesregierung nichts darüber gehört, welche Konsequenzen sie aus die

ser unwürdigen Diskussion um newPark zieht. Wie stehen Sie dazu, solche Flächen verfügbar zu machen? Wie stehen Sie dazu, Ausgleichs- und Ersatzflächen im Bestand kalkulierbar zu machen und nicht immer weiter einen Beitrag zum sogenannten Flächenfraß zu leisten?

Dazu haben wir nichts gehört. Das ist ein Zeichen dafür: Hier gibt es Formelkompromisse: Brot für Steine – wie der Kollege Wüst es dargestellt hatte. Das ist Konsens bis zum Nonsens.

Ich lerne eines: Verfügbarmachen von newPark bedeutet Pachtzeiten verlängern. Das ist unwürdig! – Danke schön.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Das bleibt auch so. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/9581. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Das sind CDU- und FDP-Fraktion. – Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piraten. – Möchte sich jemand enthalten? Das ist nicht der Fall. Damit ist dann mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag abgelehnt und ich schließe Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

3 Halbjahresbericht des Petitionsausschusses

Gemäß § 100 unserer Geschäftsordnung soll der Petitionsausschuss dem Landtag mindestens jährlich einmal mündlich berichten. Entsprechend der bisher geübten Praxis im Haus erteile ich der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Kollegin Klöpper, zu einem Halbjahresbericht das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Klöpper.

(Unruhe)

Kommen Sie ruhig schon einmal ans Redepult. Nach der Debatte werden sicherlich einige erst noch einmal hinausgehen. So lange warten wir am besten. Sie entscheiden, wann Sie beginnen möchten, wann Ihnen der Lärmpegel angenehm ist.

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man sagte mir gerade, ich könne entscheiden, wann der Lärmpegel hier etwas heruntergegangen ist, damit man dann auch weiterreden kann. Schönen Dank für all diejenigen, die sich auf den Weg machen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie, wie gesagt, herzlich begrüßen und Ihnen vielleicht einmal eine ganz andere Seite des Parlamentes zeigen als die, die Sie gerade hier erlebt haben.

Es gibt einen klugen Satz. Dieser Satz stammt von dem uns allen bekannten großen Schriftsteller Kurt Tucholsky. Er beinhaltet die Frage: Wie sprechen Menschen eigentlich miteinander? Wie sprechen Menschen mit Menschen? – Und dann kommt seine Antwort: „Aneinander vorbei.“ – Diese Aussage scheint in der heutigen Zeit nach meinem Dafürhalten in dem so viel zitierten sogenannten Kommunikationszeitalter eigentlich noch bedeutender geworden zu sein als zu Lebzeiten des deutschen Publizisten.

Ich sehe genau an dieser Stelle eine Verbindung zu unserem Petitionswesen. Der Petitionsausschuss stößt in seiner Arbeit zunehmend auf mehr Missverständnisse – Missverständnisse zwischen Staat und Bürger, Staat und Menschen, Behörden und Menschen. Und überhaupt gibt es Missverständnisse, die auch die Bereitschaft nicht hergeben, Probleme in einem normalen Gespräch überhaupt einmal zu lösen. Diese Bereitschaft hat immer mehr abgenommen.

Es verwundert mich eigentlich sehr, dass trotz unzähliger Informationen durch Broschüren, Flyer, Internetseiten und Medien in den konkreten Situationen – oft in entscheidenden Situationen – das Verständnis für die Sorgen der anderen fehlt. Von einigen Sorgen bezüglich dieser Situationen möchte ich Ihnen gleich berichten.

Zunächst gebe ich Ihnen eine statistische Information weiter. Dieser Bericht umfasst das zweite Halbjahr 2014. Hier haben den Ausschuss rund 2.000 Eingaben erreicht. In der gleichen Zeit wurden auch schon 1.700 Petitionen erledigt. Davon hat der Ausschuss 200 Eingaben – ich betone: 200 – im Verfahren nach Art. 41a der Landesverfassung behandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich betone das aus einem bestimmten Grund. Ich erlaube mir, Sie, die Sie hier im Parlament sitzen, an eine Rede des Vizepräsidenten a. D. Dr. Hans-Ulrich Klose zu erinnern, der bei der Gedenkfeier zu Ehren von Dr. Wilhelm Lenz am vergangenen Mittwoch in seiner Zeitzeugenschilderung die so wichtige Position des Petitionsausschusses als ein besonderes Kontrollorgan erwähnte. Und er schildert die Debatte zur Einfügung des Art. 41a, den ich eben erwähnte, in die Landesverfassung deutlich. Sein letzter Satz – ich zitiere jetzt mit dem Einverständnis der Präsidentin, wenn ich darf – war: „Davon war hier niemand begeistert im Übrigen.“ – Das andere hat er offengelassen.