Protokoll der Sitzung vom 01.10.2015

sionsschutz und Flächenschutz auch im Rheinischen Revier einlösen! Wir müssen endlich gemeinsam mit der Dekarbonisierung beginnen. Wir brauchen das Braunkohleausstiegsgesetz. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Als Nächster hat für die Landesregierung – zum ersten Mal von diesem Pult aus – der neue Minister Lersch-Mense das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kufen, ich hoffe, Sie sehen es mir nach, wenn ich zu Beginn meiner Rede einen anderen Bürgermeister der CDU zitiere, nämlich Herrn Bürgermeister Peter Jansen.

In der schon genannten Veranstaltung in Erkelenz, die wir zur Information der Bürger durchgeführt haben, lobte er ausdrücklich die Vorgehensweise der Staatskanzlei und den Inhalt des Entwurfes der Leitentscheidung. Er erfahre in Gesprächen vor Ort, dass man in Holzweiler wahrnehme, dass viel im Sinne der Menschen entschieden werde. Bürgermeister Jansen stellte heraus, dass die Landesregierung ein faires und transparentes Verfahren durchführt.

Meine Damen und Herren, das freut uns nicht nur, weil es ein Bürgermeister der CDU sagt, sondern weil es genau das ist, was wir wollen. Wir wollen im Sinne der Menschen entscheiden, und zwar in einem fairen und transparenten Verfahren.

Die Ministerpräsidentin – auch darauf ist schon hingewiesen worden – hat den Landtag bereits am 9. April 2014 über die Inhalte der Leitentscheidung informiert. Entscheidend ist, dass der langfristig erkennbare Rückgang der Braunkohleverstromung eine Neubewertung des Kohleabbaus im Rheinischen Revier erfordert.

Konkret geht es dabei um die Frage, wie den ca. 1.400 Menschen, die in Holzweiler in den Siedlungen Dackweiler und Gut Hauerhof leben, eine Umsiedlung und damit natürlich auch ein gravierender Eingriff in ihre individuellen Grundrechte erspart werden kann. Dies ist das Ziel der Leitentscheidung. Ich glaube, wir werden für diese Zielsetzung auch im Landtag eine breite Unterstützung finden.

Da fällt es schon auf, sehr geehrter Herr Brockes, dass im Antrag der FDP für die heutige Aktuelle Stunde die Menschen aus Holzweiler nicht vorkommen. Die Betroffenen und ihre Grundrechte scheinen für die FDP zumindest nicht im Vordergrund zu stehen.

Aber es kommt ja gerade darauf an, die wirtschaftlichen Interessen gegenüber den berechtigten Bürgerinteressen in einem transparenten Prozess abzuwägen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es müsste doch eigentlich gerade für eine liberale Partei wichtig sein, gravierende staatliche Eingriffe möglichst zu vermeiden und die notwendige Abwägung mit anderen Interessen transparent vorzunehmen.

Stattdessen versucht die FDP einmal mehr den Eindruck zu erwecken, als hänge die Sicherheit der Energieversorgung in ganz Deutschland von der Größe des Tagebaus Garzweiler ab. Sie unterstellt, die Landesregierung wolle kurzfristig und nahezu vollständig auf die Braunkohle verzichten. – Sie wissen, dass das Gegenteil richtig ist.

Mit der jetzt vorbereiteten Leitentscheidung wird die Landesregierung ihrer energiepolitischen, ihrer klimapolitischen und auch ihrer sozialen Verantwortung umfassend und eben nicht nur einseitig gerecht.

Auf der einen Seite wird den Menschen in Holzweiler eine Umsiedlung erspart. Dazu wird der Braunkohletagebau Garzweiler maßvoll verkleinert. Dabei ist klar, es geht um eine räumliche und nicht um eine zeitliche Beschränkung des Abbaus.

Auf der anderen Seite stehen auch nach dieser maßvollen Verkleinerung in den drei Tagebauen Garzweiler, Inden und Holzweiler noch Braunkohlevorräte für mehrere Jahrzehnte – ich betone: mehrere Jahrzehnte – zur Verfügung. Die Braunkohle wird auch weiter ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit in unserem Lande leisten.

Wesentlicher Inhalt der Leitentscheidung sind vier sogenannte Entscheidungssätze mit den dazugehörigen Erläuterungen, die die erforderlichen Festlegungen zur Energiewirtschaft, zum Umweltschutz, zur positiven Entwicklung von Holzweiler und zum Strukturwandel enthalten.

Entscheidungssatz 1 stellt fest, dass Braunkohleabbau im Rheinischen Revier weiter erforderlich ist. Dies ist eine klare und eindeutige Aussage. Aber durch den Rückgang der Braunkohleverstromung wird die Umsiedlung als energiepolitische Notwendigkeit für die Ortschaften Holzweiler und die Siedlungen darum herum nicht mehr erforderlich sein. Aber wir stellen auch fest, dass die Abbaugrenzen der Tagebaue Hambach und Inden unverändert bleiben.

Im Entscheidungssatz 2 setzt sich die Landesregierung mit den notwendigen Umweltschutzaspekten auseinander. Das betrifft insbesondere die Dimensionierung des Restsees, den Naturschutz, die Geologie und die Bodenfunktion.

Entscheidungssatz 3 widmet sich den zentralen Anliegen der Leitentscheidung, nämlich der weiterhin notwendigen positiven Entwicklung für die Ortschaft Holzweiler. Die Leitentscheidung soll dazu beitragen, dass eine Insellage für den Ort vermieden und gleichzeitig ein ausreichender Abstand der Abbaugrenze vom Ortsrand festgelegt wird. Wir haben uns hier für die 400 m entschieden, weil wir glauben, dass dies eine Grenze und ein Abstand ist, der lebenswertes Leben auch unter Umweltaspekten in Holzweiler weiter ermöglicht und die Insellage vermeidet.

Im vierten Entscheidungssatz widmen wir uns dem Strukturwandel im Rheinischen Revier. Denn eines ist klar: Die Nutzung der Braunkohle wird nicht ewig so weitergehen. Es wird eine Zeit nach der Braunkohle geben. Für das Rheinische Revier müssen Perspektiven für die Zeit danach entwickelt werden.

Meine Damen und Herren, dies ist der wesentliche Inhalt der vier Entscheidungssätze, die als Vorgaben jetzt für die nachfolgenden Braunkohleplanverfahren dienen. Wir schaffen damit die geforderte Planungssicherheit für die Region, wir schaffen Sicherheit für die Menschen in Holzweiler, und wir schaffen ebenfalls Sicherheit für die Beschäftigten im Rheinischen Revier. Wenn Sie uns das nicht glauben, dann glauben Sie es vielleicht dem IG BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis. Ich denke, er versteht etwas von der Stabilisierung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. – Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Lersch-Mense. Sie haben, was die Redezeit angeht, eine Punktlandung hingelegt. Das schafft auch nicht jeder bei seinem ersten Auftritt. – Jetzt hat Herr Kollege Hovenjürgen für die CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Minister LerschMense, herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt. Im Gegensatz zu Ihrer Tätigkeit, die Sie weiterhin ausüben, die eigentlich mit Geräuschlosigkeit verbunden ist, ist das neue Amt auch mit Dialogfähigkeit und mit Kommunikation verbunden. Ich glaube, da kann einiges besser werden, und zwar auch in der Thematik, die wir heute diskutieren, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Man muss natürlich immer zur Kenntnis nehmen, dass Energiepolitik nie frei war von politischen Einflüssen. Politische Einflüsse haben dann natürlich auch immer Unternehmenspolitik bestimmt. Insofern müssen wir uns als Politik mit diesen Problemen auseinandersetzen, und insofern ist die Kritik ausdrücklich berechtigt, die einen stärkeren Informati

onsfluss Richtung Politik und eine stärkere Möglichkeit der politischen Dialogfähigkeit zu diesem Thema in diesem Hause einfordert.

Das kann aber nicht so weit gehen, wie Herr Rohwedder es in seinem Vortrag andeutete. Herr Rohwedder, Rechtsbruch in einem Rechtsstaat ist nicht akzeptabel. Er ist kein Mittel der Auseinandersetzung. Rechtsbruch kann nie eine Form von Dialog sein. Das muss an dieser Stelle auch noch einmal ganz deutlich gesagt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Verein- zelt Beifall von der SPD)

Deswegen noch einmal: Ja, wir brauchen die Braunkohle sicherlich als Übergangstechnologie noch viele, viele Jahre. Die Politik sagt den Energieunternehmen auch: Ihr habt einen Beitrag zur Energiesicherheit zu leisten. Wir als Politik schreiben sogar vor, dass Kraftwerke in Betrieb bleiben müssen, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen eigentlich gar nicht mehr betrieben werden dürften.

Insofern hat die Politik natürlich nicht nur für die Menschen in den Revieren und deren Zukunft eine Verantwortung, sondern auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Unternehmen.

Meine Damen und Herren, deswegen sollten wir uns den Diskurs und den Dialog, den wir hierüber führen, nicht so leicht machen, sondern dabei wirklich vor Augen behalten, dass es hier in mehrfacher Hinsicht um die Menschen im Lande geht.

Zum einen müssen wir in Nordrhein-Westfalen unseren Unternehmen vor Ort durch Energiepreise und Energiegewinnung eine Wettbewerbsfähigkeit erhalten, die sie am Weltmarkt bestehen lassen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass wir die Energiewende, die wir auf den Weg gebracht haben, auch gemeinsam bewältigen. Alles das ist in einen Guss zu fassen.

Dafür braucht man Dialog sowie Kommunikation. Die hat in bei diesen Entscheidungen, die hier getroffen worden sind, nicht ausreichend stattgefunden. Diese Kritik ist berechtigt. Deswegen ist der Antrag der FDP-Fraktion so, wie er heute gestellt worden ist, auch berechtigt. Deswegen ein Dankeschön an die Kollegen der Freien Demokraten!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, als CDU bieten wir diesen Dialog ausdrücklich an, weil wir es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ansehen, diese Fragen einer Energieversorgung für unser Land zu klären. Wir fordern dann aber auch Offenheit, Fairness und die Bereitschaft zu einem ehrlichen Dialog ein.

Die Landesplanung wird ein entscheidendes Instrument sein, wenn es um die Frage geht, wie sich die Dinge in unserem Land zukünftig entwickeln können. Der Ausbau der Windenergie und anderer regenerativer Energien ist gerade in Ihrem Haus,

Herr Remmel, bedauerlicherweise nicht klar und deutlich geregelt und leider mit vielen Komplikationen versehen. Insofern stellt er sich mit viel Konfliktpotenzial im Lande dar.

Aktuell ist zum Beispiel ein Urteil ergangen, mit dem eine Windvorrangfläche der Stadt Haltern am See aufgrund von Mängeln im Gebietsentwicklungsplan gescheitert ist. Bei den Gebietsentwicklungsplänen der Mittelbehörden, für die Sie als Landesregierung Verantwortung tragen, wurden die Regelungen bis heute nicht einmal der Landesgesetzgebung angepasst.

Das wären Aufgaben der Landesregierung, die zu regeln sind. Das sind Aufgaben, Herr LerschMense, die vor Ihnen liegen. Da müssen Sie eine Menge Arbeit leisten.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Wenn Sie Ihr Amt in der Bereitschaft zum Dialog antreten, geben Sie uns bitte die Möglichkeit, mit Ihnen zu kommunizieren, damit Sie letztendlich eine Chance haben, einen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Dieser Weg ist bisher nicht immer ausreichend beschritten worden. Ich habe es gerade schon ausgeführt; ebenso hat Thomas Kufen darauf hingewiesen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Es hat auch eben schon nicht gestimmt!)

Es ist trotzdem richtig, lieber Herr Mostofizadeh. Dass gerade Sie, Herr Kollege Mostofizadeh, Herr Kollege Priggen oder auch Herr Kollege Römer, es zulassen, dass so wenig über das, was in der Regierung entschieden, im Parlament diskutiert wird, erfüllt mich mit mehr als Erstaunen. Ich kann es eigentlich nicht nachvollziehen. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deswegen noch einmal: Den dringend notwendigen Energiekonsens erreiche ich nicht mit Rot-Grün allein, sondern nur mit einem gesellschaftlichen Konsens und einem Konsens in diesem Hause, weil er mitgetragen werden muss, damit er substanziell ist.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Dann tragt es vor Ort doch schon einmal schön mit!)

Auf diesen Weg sollten Sie sich endlich begeben. Nehmen Sie die Menschen mit. Nehmen Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Energieversorgungsunternehmen mit. Nehmen Sie die Menschen im Tagebau mit. Aber nehmen Sie auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen mit, die auf eine sichere Energieversorgung angewiesen sind.

Wir sind zu einer solchen Zusammenarbeit bereit. Da sind wir als Union auch klar aufgestellt, indem wir sagen: Entscheidungen, die getroffen sind, müssen Bestand haben, damit die Menschen Planungssicherheit haben. – Hieran hat sich für die Union nichts geändert. Es bleibt dabei: Unsererseits be

steht das Angebot zum Dialog. Sie sollten endlich in den Dialog eintreten. – Herzlichen Dank.