Protokoll der Sitzung vom 01.10.2015

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber ich denke, Karl-Theodor zu Guttenberg hätte seine helle Freude daran gehabt.

Sie kommen zu der aus meiner Sicht nur schwer nachvollziehbaren Einschätzung, dass das – Herr Wüst, Sie haben das angesprochen –, was im Klimaschutzplan in Bezug auf das LEP-Verfahren zurecht nicht gepasst hat, dann auch nicht für das Landesplanungsgesetz gelten könne. – Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, genau da gehört es hin. Der LEP – und das ist der Unterschied – legt als Ergebnis die unterschiedlichen Ansprüche an einen Raum nach einem abgeschlossenen Abwägungsprozess dar. Grundsätzliche Aussagen trifft das Landesplanungsgesetz.

Insofern wird auch deutlich, weshalb die kommunalen Spitzenverbände und die Regionalplanungsbehörden ihre rechtlichen Bedenken im Rahmen der

Anhörung zum Landesplanungsgesetz in der Sommerpause an dieser Stelle nicht wiederholt haben. Vielleicht denken Sie bis zu den Fachausschussberatungen hierüber noch einmal nach oder lassen sich beraten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Goldmann. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren – heute besonders Herr LerschMense: Welcome in the club! Meine Damen und Herren, das Landesplanungsgesetz ist zwar staubtrocken, aber für die langfristige Landesentwicklung ausgesprochen wichtig.

Das wir das Landesplanungsgesetz aktualisieren und Doppelregelungen herausnehmen – das ist alles klar.

Hinsichtlich der Entfristung sind wir als FDP – das meine ich genauso, wie ich es jetzt sage – der Meinung: Richtig ist, was richtig ist – unabhängig von der Farbe. Deswegen haben wir den Antrag eingebracht. Ich würde mich freuen, wenn dieser Antrag entsprechend – wie ich es Ihren Worten entnommen habe – gewertet wird. Denn diese Aufforderung zur Entfristung – auch das gehört zur Wahrheit, Herr Kollege Eiskirch – kommt von der Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. Das war richtig, und wir haben uns darüber ausgetauscht. Das ist in Ordnung.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Sagen Sie das den Kollegen aus der CDU!)

Hinsichtlich der Äußerungen des Kollegen Wüst bezüglich des Klimaschutzes: Den Antrag teilen wir. Da haben wir eine klare Aufstellung. Aber im Detail müssen wir im Ausschuss darüber reden.

Noch einmal zu § 12 des Gesetzentwurfs: Herr Lersch-Mense, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen sehr ernsthaft überlegen: Wollen wir wirklich Vorranggebiete – das hört sich jetzt alles sehr technisch an –, Eignungsgebiete und Vorbehaltsgebiete aufgeben? Darüber müssen wir uns unterhalten. Wenn wir eine Steuerung wollen, dann müssen wir am Darstellungsprinzip festhalten. Das hat auch – entgegen manchem vorgeschobenen Grund der Kommunen, die froh sind, wenn sie Darstellungsprivileg haben und sie daran gebunden sind – Vorteile. Ich selbst bin da gespalten.

Ich glaube, dass die Diskussion im Ausschuss interessant werden wird. Wollen wir so tief in die kommunale Planungshoheit eingreifen, ja oder nein? Es hat eine Menge Vorteile und führt auch zu einer Menge Rechtssicherheit. Auf der anderen Seite wollen wir natürlich den Kommunen entgegenkommen.

Von daher gehen Sie in § 16 – Zielabweichungsverfahren – anders vor. Nach meiner Überzeugung gibt es dort einen Systembruch. Wenn man Zielabweichungsverfahren auf Landesebene durchführt, dann ist das Benehmen des Ausschusses maßgeblich. Wenn wir das auf regionaler Ebene durchführen wollen, dann ist das Einvernehmen des regionalen Planungsträgers notwendig. Da meine ich – auch im Sinne des Selbstbewusstseins dieses Hauses –: Wenn auf der regionalen Ebene das Einvernehmen da sein muss, dann muss auch auf der Ebene des Landtags im Ausschuss das Einvernehmen vorhanden sein. Es ist mir nicht ganz klar, warum es dort solche Unterschiede gibt.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass man dort um des Konsens willen – ich will nicht sagen: Konsens bis zum Nonsens – den Konsensgedanken ein bisschen übertrieben hat. Da müssen wir systematisch auf den richtigen Weg kommen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Aspekt fußt auf § 15 – Planerhaltung. Herr Kollege Goldmann hatte darauf hingewiesen, dass dies ein systemtechnisch wichtiger Punkt ist. Bei einem solch komplizierten Werk bestehen Rechtsunsicherheiten. Wir haben unsere Rechtsunsicherheit im Landesentwicklungsplan und sehen das. Kann es richtig sein, eine Negativplanung zu verantworten, was sonst unzulässig ist? Im Bereich Fracking sagen wir: Da darf gar nichts passieren. Dort machen wir eine solche Negativplanung. Darf das da drin sein? Mit den Vorgaben zum Nationalpark gehen wir sehr stark in die kommunale Planungshoheit. Das stellen wir auch infrage.

Zu der Frage der landesbedeutsamen und nichtlandesbedeutsamen Flughäfen und Häfen: Das sind alles Fragen, die große rechtliche Unwägbarkeiten beinhalten. Das Gesamtwerk, Herr Goldmann, da gebe ich Ihnen recht, soll bei hier im Einzelfall unterschiedlichen Fragestellungen hinsichtlich der Rechtssicherheit gewahrt bleiben. Da stimme ich Ihnen völlig zu.

Meine Damen und Herren, kurz ansprechen möchte ich noch den CDU-Antrag. Hier ist das System betroffen – Herr Lersch-Mense, da müssten Sie eigentlich aufstehen –: Landesplanung ist übergeordnet, überörtlich und zusammenfassend. Es kann doch nicht sein, dass wir den einen Faktor Klimaschutz als dominierend ansehen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Man kann natürlich sagen: Klimaschutz ist allumfassend. Klima ist ein Fachbeitrag. Wasser ist das wichtigste Lebensmittel, das wir haben. Also müssen wir einen wasserwirtschaftlichen Fachbeitrag nehmen.

(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])

Ja, Herr Kollege, das ist richtig.

Dann müssten wir diesen Fachbereich nehmen, und sagen: Alles muss sich dem Wasser unterordnen. Wir können auch sagen, dass Luft zum Atmen wichtig ist. Deswegen muss der Emissionsschutz den absoluten Stellenwert haben, dem sich alles unterordnen muss. Wir haben auch den Begriff Gewerbe/Industrie/Handwerk. Das würde heißen: Industrieansiedlungsbereiche müssten die absolute Dominanz haben, denn Arbeit gehört zum Leben und ist nicht nur Geldverdienen. Arbeit bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und hat etwas mit Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Eigenverantwortung zu tun – also müsste das rein.

Dafür ist die Landesplanung da: übergeordnet, zusammenfassend und übergreifend. Da müssten Sie als unser – jetzt fachbezogen – Minister eigentlich mit dem Kollegen Remmel reden. Im Gespräch habe ich überhaupt keine Probleme mit ihm, denn er sieht viele Sachen ähnlich, hat aber andere Schwerpunkte. Das ist richtig.

(Beifall von der FDP)

Es ist aber Ihre Aufgabe, verbunden mit dem entsprechenden Ärger – der kommt Ihnen jetzt dienstgradmäßig zu –, das in eine vernünftige Regelung zu bringen. Dabei wünschen wir Ihnen viel Glück!

(Beifall von der FDP)

Kollege Eiskirch, Glückwunsch! Ich wünsche Ihnen eine gute Hand! – Ich muss eines sagen: Es gibt in diesem Landtag bei aller unterschiedlichen Interpretation mancher Grundlagen Kolleginnen und Kollegen – Sie gehören dazu, die Kollegen Remmel und Priggen, aber auch der Kollege Wüst gehören für mich dazu –, die sich immer über die Grundwerte verständigen konnten. Wir haben – auch das war der Fall – unterschiedliche Interpretationen bezüglich der Zielerreichung gehabt. Wir sind da aber nie unterhalb der Gürtellinie gewesen. Für diese sachliche Auseinandersetzung und auch den sachlichen Gedankenaustausch – das sage ich einfach einmal so – habe ich bei den eben Genannten immer ein offenes Ohr gefunden. Wir haben uns auch abseits der unterschiedlichen politischen Vorstellungen ganz vernünftig darüber austauschen können. Das sollte man bei allem Klamauk, den es manchmal gibt – „Klamauk“ als engagiertes Streiten für die Sache verstanden –, nicht vergessen.

Ich sage Ihnen schönen Dank und wünsche Ihnen wirklich von Herzen alles Gute zum Wohl Bochums und der Region. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Ellerbrock. – Nun spricht für die Piratenfraktion Frau Brand.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer hier und zu Hause! Die Überarbeitung des Landesplanungsgesetzes dient nach Aussage der Landesregierung vor allem der Deregulierung, der Schaffung einer generellen Öffentlichkeitsbeteiligung und der Neubestimmung von Zielabweichungsverfahren für Regionalpläne. Leider macht sich die Landesregierung keine besondere Mühe, sich selber zu erklären. So bleibt es uns überlassen, in der Wildnis des bürokratischen Versteckspiels nach Indizien für die genannten Lösungsansätze zu fahnden.

Fangen wir mit der Deregulierung an. Vorneweg: Deregulierung ist kein Selbstzweck. Wo geregelte Verfahren der Rechtssicherheit dienen, haben sie zunächst ihre Berechtigung. Wo Regeln gar dem Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung dienen, sind sie unverzichtbar. Insofern haben sich Maßnahmen zur Verschlankung von rechtlichen Bestimmungen immer hinsichtlich der daraus folgenden Konsequenzen – zum Beispiel für die gelebte Demokratie – zu erklären.

Um ehrlich zu sein, ich habe aber gar keine Hinweise auf Deregulierung gefunden. Das Gesetz wird gewissermaßen nur entschlackt, wo geänderte Rahmenbedingungen dies erfordern. Damit wird Klarheit geschaffen, die wir begrüßen – mehr aber auch erst einmal nicht.

Ein gern prominent betonter Aspekt ist die verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung. Dazu hätten wir aber wirklich gerne deutlich mehr gelesen. Der Entwurf bleibt hier meilenweit nicht nur hinter den eigenen Ansprüchen zurück, sondern ignoriert zum Beispiel auch, was anderswo längst gelebte gute Praxis ist. Öffentlichkeitsbeteiligung ist ja mehr als nur die Schaffung der prinzipiellen Möglichkeit – erst recht, wenn die in den juristischen Untiefen eines Entwurfs fast verloren geht. Öffentlichkeitsbeteiligung ist eine Bring- und Holschuld des Gesetzgebers.

(Beifall von den PIRATEN)

Angesichts der am letzten Sonntag wieder erlebten historisch niedrigen Wahlbeteiligung sollte es wirklich keine Frage mehr sein, dass wir – und vor allem die Regierung – in diesem Haus in der Pflicht stehen. Es sind nicht die Menschen, die ihr Recht einklagen müssen: Wir sind es, die dieses Recht aktiv bewerben und ernsthaft anbieten müssen. Wer wirklich will, dass sich die Menschen draußen im Land an der politischen Willensbildung beteiligen, muss immer – und im Landesplanungsgesetz sowieso – alle erdenklichen Voraussetzungen dafür schaffen.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir brauchen hier dringend eine Umkehr der Logik. Nicht die Bürgerinnen und Bürger müssen ihr Recht einklagen müssen. Der Gesetzgeber hat von vornherein alle Menschen im Land einzuladen, ja gera

dezu aufzufordern, die bestehenden demokratischen Beteiligungsrechte wahrzunehmen. Dafür sind Angebote zu entwickeln, wie sie zum Beispiel in den Niederlanden seit Jahren existieren. Dort wurde schon vor Jahren gerade für die Regionalplanung eine Institution geschaffen, deren originärer Zweck es ist, dafür zu sorgen, dass sich möglichst viele Menschen möglichst intensiv am Planungsprozess beteiligen. Das ist sozusagen staatlich organisierte und optimierte Transparenz- und Konsenspolitik.

Davon aber können wir in Nordrhein-Westfalen wohl weiterhin nur träumen. Das muss nicht sein. Dass sich die CDU in ihrem Antiklimaschutzplanantrag offen darauf beruft, dass die Landesregierung auf eine Umsetzungspflicht des Klimaschutzplans beziehungsweise des Klimaschutzkonzepts im Landesentwicklungsplan verzichtet, zeigt, dass wir hier noch ganz dicke Bretter zu bohren haben.

Auch wenn wir sehen, dass die in § 12 vorgesehene Umsetzungspflicht womöglich gegen das normierte Verhältnis der Fachplanung zur Raumordnung verstoßen könnte, ist die Verankerung des Klimaschutzkonzeptes doch essenziell. Wenn die Politik immer dann, wenn es ein bisschen wehtun könnte, Angst vor der eigenen Courage bekommt, können wir es uns eigentlich gleich schenken.

Was wir brauchen, ist ein Landesplanungsgesetz, das eine zukünftige Landesentwicklung ermöglicht. Und die kriegt man nicht ohne Klimaschutz – erst recht nicht ohne die Menschen in diesem Land.

Zum Schluss dir, Oliver, gute Besserung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Brand. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir haben zwei Überweisungen vorzunehmen, und zwar entscheiden wir erstens über die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/9809. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk – federführend – sowie an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Wer stimmt dem so zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig überwiesen.

Zweitens wird der Gesetzentwurf Drucksache 16/9805 – wenn Sie es so wollen – überwiesen. Der Ältestenrat empfiehlt nämlich die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und

Handwerk – federführend – sowie an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz,