Protokoll der Sitzung vom 02.12.2015

Wir benötigen keine weiteren Regelungen, sondern wir sollten das Strommarktkonzept des Bundeswirtschaftsministers ernst nehmen und es nicht konterkarieren. Im Interesse Deutschlands und NordrheinWestfalens benötigen wir Planungs- und Investitionssicherheit. Überhaupt nicht benötigen wir Überlegungen, die in den deutschen Braunkohlerevieren zu Strukturbrüchen führen würden. Das dient nicht der Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen in dieser Region, sondern das schadet der gesamten Wirtschaft.

Sehr geehrter Herr Marsching, ich will auch darauf noch einmal eingehen: Es geht eben nicht darum, irgendein Unternehmen schützen zu wollen; es geht aber sehr wohl darum, sich um die Interessen der dort Beschäftigten zu kümmern. Das ist die Verantwortung einer Landesregierung, und der werden wir auch in der Energiepolitik gerecht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Marc Olejak [PIRATEN]: Wie bei Opel!)

Abschließend nur noch eine Information zur jüngsten Einigung in Berlin: Für das Gelingen der Energiewende und auch als Beitrag zum Klimaschutz ist die Kraft-Wärme-Kopplung eine ganz wichtige Baustelle. Die Landesregierung hat sich wiederholt und sehr frühzeitig im Bundesrat und über den Bundesrat für dieses Thema mit sehr konkreten Vorschlägen eingesetzt, weil wir davon überzeugt sind, weil KWK eine CO2-arme Kraftwerkstechnologie ist und weil mit der Novelle des KWK-Gesetzes sichergestellt werden muss, dass die sehr effiziente und sehr klimafreundliche KWK auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Deswegen ist in Berlin vereinbart worden, dass im Vergleich zu den heute produzierten 96 Terawattstunden im Jahr 2020 110 und im Jahr 2025 120 Terawattstunden erreicht werden sollen. Dazu wird zunächst der Erhalt der bestehenden Anlagen der öffentlichen Versorgung durch eine Förderung gesichert. Das war einer der ganz wichtigen Punkte und ist zentral für unsere Stadtwerke. Das ist deswegen, wie ich finde, ein guter Punkt aus nordrheinwestfälischer Sicht.

Damit sich aber auch ein Ausbau dieser Technologie wieder rechnet, werden insbesondere neue Gas-KWK sowie der Umstieg auf Gas-KWK besser gefördert. Eine Evaluierung wird 2017 prüfen, wie sich die Situation entwickelt.

Im Übrigen – auch das ist ein ganz wichtiger Baustein bzw. ein wichtiges Detail – bleiben bei den Steinkohle-KWK die Kostensteigerungen aufgrund des Anstiegs der Zertifikatspreise im ETS unberücksichtigt. Alles andere würde die Anstrengungen zur Erreichung der Klimaschutzziele konterkarieren.

Damit wird das deutlich, was der Kollege Remmel schon zum Ausdruck gebracht hat: Wir warten nicht auf Paris. In Düsseldorf und mit unserer Unterstützung auch in Berlin werden die Hausaufgaben gemacht für die vereinbarten Klimaschutzziele, aber eben auch für eine sichere und bezahlbare Energie in und aus NRW. Das muss unsere Richtschnur sein.

(Beifall von der SPD – Josef Hovenjürgen [CDU]: Weiß Herr Remmel das denn?)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Ich will noch einmal darauf hinweisen: Das ist eine Aktuelle Stunde, da gibt es keine Zwischenfragen, Herr Ellerbrock.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Minister Duin!)

Bitte?

(Zurufe: Duin!)

Ach, Entschuldigung, auf Herrn Remmel wollte ich auch noch zu sprechen kommen.

(Minister Michael Groschek: Politisch eineiige Zwillinge!)

Also: Vielen Dank, Herr Minister Duin, für die Rede. – An Herrn Minister Remmel habe ich eine Bitte: Es ist nicht angenehm für Redner und auch nicht für diejenigen, die zuhören wollen, wenn es Zwiegespräche zwischen Ihnen und dem Saal gibt. – Danke schön.

Sehen Sie: Ich habe alle Namen im Kopf und weiß auch noch zu jedem, was ich sagen wollte. Gott sei es gedankt.

(Heiterkeit)

Als nächster Redner ist für die SPD-Fraktion auf dem Plan Herr Kollege Hübner angekündigt. Bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! In der Tat: Dem Grunde nach ist alles gesagt, und die klarstellenden Ausführungen von Minister Duin haben noch einmal deutlich gemacht, dass Energiepolitik und Klimapolitik in Nordrhein-Westfalen vor allem eines sind, nämlich kein Widerspruch. Hier ist eine funktionierende Strategie der Landesregierung erkennbar, die entsprechend von uns im Parlament geteilt wird

(Zurufe von Josef Hovenjürgen [CDU] und Karlheinz Busen [FDP])

und die, Kollege Hovenjürgen, auch die Ziele erreicht, die wir uns selbst setzen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Oh!)

Ich darf Sie vielleicht noch einmal daran erinnern, dass Ihre Wirtschaftsministerin damals das CO2-Ziel von 33 % ausgegeben hat. Sie haben vorhin beklagt, dass wir ein CO2-Ziel von 25 % ausgegeben hätten. Daran möchte ich Sie erinnern und ein paar Aspekte zusätzlich aufgreifen, die Sie gerade angesprochen haben.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie haben gerade die BRIC-Staaten in der gleichen Art und Weise und demselben Duktus erwähnt, wie Sie das in der vergangenen Woche im Wirtschaftsausschuss gemacht haben. Sie haben sie als Argumentationshilfe hinzugezogen, um zu sagen: In Deutschland ist alles toll, in Nordrhein-Westfalen natürlich in allererster Linie. Wir haben schon ganz viel für den Klimaschutz getan – die CDU soll angeblich dabei gewesen sein; ich habe sie da vermisst, denn ich habe sie dabei eher selten gesehen –, und weil die BRIC-Staaten so viel CO2 zusätzlich emittieren, müssten wir hier nichts mehr machen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das hat niemand gesagt!)

Ich muss wirklich sagen: Mit dieser Argumentation, die Sie auch in der vergangenen Woche im Wirtschaftsausschuss vorgetragen haben, und mit diesem Ansatz werden die Gespräche, die auch Anlass der Unterrichtung heute sind, in Paris scheitern. Daher bin ich froh, dass wir eine ordentliche Delegation in Paris haben, die eben nicht so aufgestellt ist, wie Sie das gerade hier deutlich gemacht haben.

Sie haben darüber hinaus, was mich ein Stück weit geärgert hat, angeführt, die Bundesregierung habe eine große Schwierigkeit, denn sie müsse demnächst möglicherweise 16 Klimaschutzpläne in den Ländern koordinieren. Ich will Sie nur darauf aufmerksam machen, dass wir uns diesen Schwierig

keiten im Land Nordrhein-Westfalen ganz bewusst gestellt haben, indem wir nämlich auch die entsprechenden Instrumente zum Aufstellen von Klimaschutzzielen in den Städten auf den Weg gebracht und diese mit der entsprechenden Förderung unterlegt haben. Da müssen wir es sogar leisten, 396 Klimaschutzpläne in den Städten zukünftig zu koordinieren. Auch das bekommen wir hin, weil die Richtung hierbei letztlich stimmt.

Ich will an dieser Stelle, weil es heute Morgen und auch bei der Vorberichterstattung zum heutigen Plenartag eine Rolle gespielt hat, Folgendes sagen:

Der Ausstieg aus der Atomkraft, den wir als Ausstieg vom Ausstieg der damaligen Bundesregierung kennengelernt haben, wurde ziemlich ziellos auf den Weg gebracht. Ich will es besser sagen: Das Ziel ist klargestellt worden. Die Atomkraftförderung soll beendet werden; die Kernkraftwerke sollen abgeschaltet werden. Das geschah allerdings mit einer, wie ich finde, unverantwortlichen Strategie, nämlich der Strategie, erst die Entscheidung zu treffen und sich dann zu überlegen, welche Instrumente benötigt werden.

Minister Duin hat gerade noch einmal deutlich gemacht, was hierbei auszutarieren ist. Wir sind Industriestandort. Herr Kollege Marsching, an der Stelle möchte ich sagen: Es geht eben nicht immer nur um Stromproduktion, sondern es geht bei uns auch um Wärme und Druck, die wir in der chemischen Industrie, einer der größten Industriestandorte auch in der Region von Herrn Hovenjürgen, benötigen.

(Zustimmung von Josef Hovenjürgen [CDU])

Da müssen wir uns in der Tat dem Gedanken der Kraft-Wärme-Kopplung sehr viel stärker nähern, als wir das derzeit tun. Ich hoffe auch, dass die Signale, die wir in Berlin gesetzt haben, in die richtige Richtung gehen.

Nichtsdestotrotz ist die atomenergetische Diskussion nicht nur in Deutschland strategiefrei aufgegleist worden; das war auch in Belgien der Fall. Ich hörte heute Morgen – das wird im weiteren Verlauf dieses Plenums noch eine Rolle spielen –, dass die Kraftwerke in Doel und Tihange eine Laufzeitverlängerung erhalten. Dann wird genau das Risiko realisiert, das gerade Minister Duin angesprochen hat: dass alte Kernkraftwerke in der direkten Umgebung von Nordrhein-Westfalen weiterhin Strom produzieren, solange wir es nicht hinbekommen, unsere energiepolitischen Zielsetzungen auf den Weg zu bringen. Genau das wollten wir damals nicht.

Mit diesen Aspekten will ich enden. Ich danke für die Unterrichtung und wünsche Ihnen für den weiteren Plenartag einen guten Verlauf.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Hübner. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Hovenjürgen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Hübner, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich Ihr selektives Hörvermögen etwas auffrischen möchte. Ich habe ausdrücklich nicht nur auf die Staaten mit den starken Emissionen verwiesen, sondern habe auch gesagt: Das entbindet uns nicht von der Verpflichtung, an jeder Stelle noch besser zu werden und weniger CO2 auszustoßen. – Ich bitte einfach, das hier zur Kenntnis zu nehmen und nicht in dieser selektiven Art und Weise eine Debatte zu führen.

Im Übrigen noch einmal der Hinweis: Natürlich müssen wir uns alle gemeinsam bemühen. Wir müssen Energiesicherheit herstellen. Energie muss sicher, sauber und bezahlbar bleiben. All das haben wir miteinander ausgeführt. Zu diesen Vereinbarungen stehen wir auch. Aber dazu gehören auch Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. Politik lebt davon, dass die Menschen, die von dem politischen Handeln betroffen sind, sich auf das verlassen können, was Beschlusslage ist.

(Beifall von der CDU)

Was wir in den letzten Tagen zur Braunkohle erlebt haben, das entspricht nicht diesem Sachverhalt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Es ist eben nicht hinnehmbar, dass man Vereinbarungen mit einem Unternehmen trifft und dass Menschen in der Region – die einen, die nicht umgesiedelt zu werden brauchen – Sicherheit bekommen, dass aber die Menschen, die in den Unternehmen arbeiten, immer wieder in Unsicherheit gesetzt werden. Wir müssen uns an die eigenen Vereinbarungen halten. Dies sind durch Sie getroffen worden. Die Union sagt ausdrücklich, nicht alles, was dort beschlossen worden ist, hätten wir so beschlossen. Aber wenn es denn beschlossen ist, muss man dazu stehen. Diese Konsequenz fordern wir ein.

Deswegen noch einmal: Nehmen Sie Einfluss auf Ihre Bundesumweltministerin! Sorgen Sie dafür, dass das, was in Nordrhein-Westfalen miteinander besprochen worden ist, auch Bestand haben kann! Nichts anderes war Teil meiner Ausführungen. Insofern war das, was ich jetzt gesagt habe, Herr Hübner, hier zur Klarstellung noch einmal dringend notwendig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Hovenjürgen. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Kollege Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann in dieser Debatte zumindest einen Punkt festhalten: Uns eint doch, dass wir alle hoffen, ja einfordern, dass es in Paris endlich zu entsprechenden Ergebnissen kommt. Denn wir reden hier über ein globales Problem. Wir benötigen deshalb auch eine globale Lösung. Verbindliche globale Vereinbarungen und Regelungen sind bei diesem Thema angebracht.

Das sieht man allein schon an Nordrhein-Westfalen. 0,6 % des weltweiten CO2-Ausstoßes kommt aus Nordrhein-Westfalen. Daran sieht man, dass die vielen kleinen Maßnahmen, die Herr Minister Remmel eben genannt hat und die er mit seinen Klimagenossinnen und -genossen umsetzen will, bei aller Liebe und Freundschaft eben nicht dazu führen werden, dass wir das globale Klima retten werden. Nein, noch nicht einmal, wenn wir alle unsere Kraftwerke abschalten und unsere Industrie in Nordrhein-Westfalen regelrecht einstampfen würden, würden wir dies erreichen.