„Risikoprojekte“, Herr Finanzminister, ist ein gutes Stichwort. Denn Sie haben vor wenigen Wochen hier beim Risikoprojekt WestLB-Abwicklung das Scheitern Ihrer Politik der letzten Jahre öffentlich eingestehen müssen. Sie haben uns – seit der von Ihnen vorgenommenen Strukturierung und Ihren Plänen von 2012 – zunächst erzählt, man könne doch mit der Servicegesellschaft PFS wunderbar Erträge generieren. Dann haben Sie uns dargestellt, wenn das nicht klappe, dann würden Sie wenigstens einen ordentlichen Privatisierungserlös erhalten.
Sie haben immer wieder gesagt, Sie seien mit Interessenten im Gespräch; es gebe ein Bieterverfahren, damit man die besten Konditionen realisieren könne.
Das alles ist gescheitert. Sie haben die Privatisierung erst vertagt und jetzt komplett abgesagt. Die
Folge ist, dass wir einen massiven Stellen- und Strukturaufwuchs bei der Bad Bank der WestLB, bei der EAA, haben, die genau umgekehrt proportional zum Umfang ihres Portfolios Strukturen und Personal aufbaut. All das ergibt keinen Sinn. Sie sind mit Ihren Vorhaben und Ihren Ankündigungen erkennbar gescheitert.
Dabei, Herr Finanzminister, gibt es bei der Abwicklung der WestLB noch andere Probleme; das erleben Sie in diesen Tagen. Das betrifft die Aufklärung über das, was dort vermeintlich an Cum-Ex-Deals gelaufen ist. Nach der Medienberichterstattung hat Ihre Steuerfahndung weitergehende Erkenntnisse als das, was Sie hier im Haus entsprechend vortragen.
Wir haben Sie aufgefordert, dem Parlament den Prüfungsbericht von Ernst & Young vorzulegen, auf den Sie sich zur Entlastung bei diesen Geschäften selbst beziehen.
Trotz mehrfacher Aufforderung ist das bis heute noch nicht erfolgt. Ich will Sie hier ausdrücklich auffordern, das jetzt endlich zu tun.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Haben Sie denn schon mit Herrn Linssen darüber geredet? – Gegenruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Da war er noch nicht hier!)
Herr Kollege, Sie sollten hier keine Trickserei und keine Schönfärberei betreiben. Vielmehr sollten Sie eine solide Haushaltspolitik betreiben, die sich als Minimalziel wenigstens vornimmt, im Haushalt 1 % strukturell einzusparen. Das wäre unsere Mindesterwartung an einen Konsolidierungspfad, der es tatsächlich ermöglicht, die Schuldenbremse einzuhalten.
… die Tätigkeit Ihres Ineffizienzteams beendet, nachdem es von diesem so gut wie keine Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung gab. Sie brauchen dringend neuen Input.
Dieses Land braucht eine verantwortungsvollere Haushalts- und Finanzpolitik. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Abel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es sind in der Tat Haushaltsberatungen in bewegten Zeiten. Die Herausforderungen durch die Unterbringung von Geflüchteten, immer neue Stände der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Übernahme der Kosten sowie die geänderte Sicherheitslage haben in diesem Jahr bereits vier Nachtragshaushalte notwendig gemacht. Das hat es in noch keinem Bundesland gegeben.
Herr Witzel, Sie sagen, dass sei alles voraussehbar gewesen. Ich kann Ihnen dazu nur den Tipp geben: Nehmen Sie sich eine Glaskugel und mieten Sie sich bei der nächsten Kirmes eine Bude. Das ist vielleicht ein zu Ihnen passendes Geschäftsmodell – aber nicht Haushaltspolitik.
Meine Damen und Herren, wir mussten diese Nachträge einbringen, um die Ausstattung der einzelnen Fachbereiche schnell an die veränderten Aufgaben anzupassen.
Uns ist es gelungen, den Dreiklang aus Konsolidierung, besserer Ausstattung der Kommunen und wichtiger Investitionen in zentrale Zukunftsfelder beizubehalten.
Meine Damen und Herren, Sie verbreiten hier in Ihrer Rede zum Haushalt und im Internet, seit 2010 gebe es Mehreinnahmen von 17 Milliarden €, und fragen, wo diese geblieben seien, Ich will Ihnen das, weil es notwendig zu sein scheint, noch einmal im Einzelnen sagen:
Noch nie wurde in diesem Land so viel Geld für Bildung – von der Kita bis zur Hochschule – ausgegeben.
Jeder dritte Euro des Landeshaushaltes geht in diese wichtigen Zukunftsaufgaben. Im aktuellen Kitajahr stehen 161.510 Plätze für unter Dreijährige zur Verfügung. Im Vergleich zu 2010 sind das nahezu 100.000 zusätzliche Plätze.
Seit der Regierungsübernahme haben wir eine beispiellose Aufholjagd gestartet – eine Aufholjagd wie kein anderes Bundesland. Wir haben die Bildungsausgaben im Vergleich zu den Ausgaben zu Zeiten des Familienministers Laschet mehr als verdoppelt. Wir liegen dabei im Vergleich der Bundesländer an der Spitze. Kein anderes Bundesland ist hier auch nur annährend an uns dran. Wir sind da ganz weit vorne.
Kein anderes Bundesland gibt bezogen auf den Gesamthaushalt mehr für Wissenschaft, Innovation und Forschung aus.
Die Zahlen der Hochschulabsolventen steigen. Wir bilden 25 % der deutschen Absolventen aus. Das ist eine herausragende Zahl, ein gutes Signal für die Bildungslandschaft und auch für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.
Alles, was Sie in den Haushaltsberatungen zu diesem wichtigen Bereich zu bieten haben, meine Damen und Herren von der Opposition, ist eine reanimierte Wasserleiche, die Sie jedes Jahr wieder nennen: die Studienbeiträge.
Ich habe es Ihnen bereits im Ausschuss gesagt: Sie nennen in Ihren Haushaltskonzepten Studienbeiträge als mögliche Konsolidierungsmaßnahme. Sie behaupten aber gegenüber den Hochschulen, Sie würden diese noch besser ausstatten, weil Sie die Studienbeiträge wieder einführten.
Meine Damen und Herren, Sie müssen sich schon entscheiden: Wenn Sie Einnahmen aus Studienbeiträgen zur Haushaltskonsolidierung heranziehen, dann bedeutet das, Sie belasten die Studierenden, Sie belasten die Eltern. Das ist sozial ungerecht. Sie nehmen den Hochschulen diese Mehreinnahmen wieder weg, denn sonst wäre das keine haushalterische Einsparung.
Dann sagen Sie doch mal den über 700.000 Studierenden und ihren Eltern, wie Ihre konkrete Haltung zu diesem Thema aussieht.
Das macht für eine Familie mit zwei Kindern, die in der Ausbildung sind, mal eben eine Erhöhung von 2.000 € netto im Jahr aus. Sagen Sie denen doch mal, wie Sie jetzt dazu stehen, und dann bekennen Sie sich. Ich möchte Ihren Antrag sehen, mit dem Sie genau das beantragen und nicht nur immer davon reden.
Noch ein weiterer Punkt: Noch nie haben wir so viel Geld an die Kommunen gegeben. 33 % aus dem Landeshaushalt fließen in die Kommunen. Bei Ihrer geliebten Schwesterpartei in Bayern, der CSU, Herr Laschet, mit dem Gentleman Horst Seehofer und dem sachlich-nüchternen Finanzminister Markus Söder …
Bayern beteiligt die Kommunen mit 425 € pro Kopf an den Steuereinnahmen des Landes, NordrheinWestfalen mit 568 €. Damit liegt Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Baden-Württemberg an der Spitze der Bundesländer. Würde Nordrhein-Westfalen seine Kommunen so behandeln wie die Kolleginnen und Kollegen Ihrer geliebten Schwesterpartei, dann müssten wir den Kommunen dieses Jahr 2,5 Milliarden € weniger überweisen, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Henning Höne [FDP]: Warum haben dann die nordrhein-westfälischen Kommunen die gan- zen Schulden?)
Verstehe ich Sie richtig, dass Sie das jetzt herausnehmen wollen? Ist das jetzt ein Konsolidierungsvorschlag? Dann sagen Sie das doch, aber hören Sie auf, irgendwelche Vergleiche zu ziehen. Das Zerrbild, das Sie hier in diesem Bereich zeichnen, hat mit der Realität dieses Haushalts so viel zu tun wie der „Tatort Münster“ mit dem Polizeialltag.
(Klaus Kaiser [CDU]: Das ist aber diskriminie- rend! – Henning Höne [FDP]: Beim „Tatort Münster“ hört der Spaß aber auf! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Der „Tatort Münster“ ist aber unterhaltsamer, Herr Kollege!)
Wollen Sie jetzt Rollen verteilen, wer hier wer ist, oder was? Ich bin ja gespannt, wer Ihrer Meinung nach die Staatsanwältin spielen könnte. Das wäre interessant.