Trotzdem sind wir immer noch in einer Phase, in der wir in vielen Bereichen – nicht nur in der Veranstaltungs- und Eventbranche, sondern gerade in der Kultur – nach wie vor eine Ausnahmesituation haben. Nicht nur Kinos, Theater, Konzerthäuser und Livespielstätten sind bedroht, sondern auch Kulturorte, an denen die einzelnen Künstlerinnen und Künstler auftreten, an denen Dinge passieren, die unser Leben Tag für Tag bereichern.
Ich möchte hier noch einmal auf den Stellenwert der Kultur in unserer Gesellschaft rekurrieren. Wir haben an anderer Stelle immer wieder klargemacht, dass Kultur ein wichtiger Kitt für unsere Gesellschaft ist.
Heute wurde von einigen Vorrednern gesagt, das Land hätte zu wenig getan. Das ist definitiv falsch. Im Kulturbereich ist nach der Sommerpause insbesondere mit dem Stipendienprogramm ein wichtiger Punkt gesetzt worden, um Menschen konkret zu helfen. Mit dem Kulturstärkungspaket haben wir mehr als 185 Millionen Euro investiert, um die Kulturstätten in Nordrhein-Westfalen, aber gerade auch die Selbstständigen im Kulturbereich zu unterstützen. Denn das erste Hilfspaket der Bundesregierung – das muss man im Nachgang einfach konstatieren – war grundsätzlich gut und in Ordnung, wies aber einige Konstruktionsfehler auf.
Wir können in der Tat – mein Vorredner hat es gesagt – gerade unserem Ministerpräsidenten und all den anderen Beteiligten auf Länderebene sehr dankbar sein, die sich gemeinsam dafür eingesetzt haben, dass das aktuelle Maßnahmenpaket auf Bundesebene zum ersten Mal anerkennt, dass auch SoloSelbstständige das Thema „Unternehmerlohn“ mitdenken können. Damit können nicht nur die normalen Betriebskosten abgesetzt werden, die bei vielen Solo-Selbstständigen gerade nicht der Hauptpunkt sind, wie beispielsweise im Einzelhandel, bei dem wir sehr häufig die Miete und Einstände als Kosten ausgeglichen haben.
Deshalb ist es wichtig, gerade die Solo-Selbstständigen in den nächsten Monaten ins Auge zu fassen. Mit der Novemberhilfe, mit der ein Durchbruch gelungen ist, haben wir einen ersten Ansatz.
Wir müssen uns gemeinsam mit der Landesregierung weiterhin dafür einsetzen, jetzt diese Chance zu nutzen, die Regelungen zu den Solo-Selbstständigen auch auf Bundesebene neu zu organisieren, auch wenn das Ende der Pandemie durch den Impfstoff, den wir jetzt alle vor Augen haben, im nächsten Jahr vielleicht erreicht werden kann.
Gleichzeitig bietet das die Chance, die wir im Kulturausschuss schon angesprochen haben, in Zukunft gemeinsam mit allen politischen Kräften dieses Hauses darüber nachzudenken, die Absicherung gerade von Künstlerinnen und Künstlern, aber auch anderen Solo-Selbstständigen neu zu regeln. Diese Diskussion werden wir führen müssen.
Ein wichtiger Baustein unseres Antrags ist die stärkere Verankerung des Unternehmerlohns. Gerade für die Kunst und die Kultur – das möchte ich besonders betonen und den Kollegen aus meiner Fraktion ergänzen – brauchen wir ein klares Bekenntnis, ein klares Signal. Deshalb bitte ich das Hohe Haus, auch im Sinne der Kultur, unserem Antrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, heute ist viel Wichtiges und Richtiges angesprochen worden, wovon vieles auf die Kultur- und Medienbranche zutrifft, mit der sicherlich auch viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen Gespräche geführt haben. Nach dem ersten Tagesordnungspunkt heute sind wir uns darüber klar geworden, dass diese Situation in der Pandemie noch andauern wird.
In der Veranstaltungsbranche sind, auch wenn die Veranstaltungen ausgefallen sind, tolle Ereignisse passiert. Obwohl die Ruhrfestspiele beispielsweise gar nicht stattgefunden haben, haben ihre Sponsoren – Evonik und die IG BCE – den Künstlern trotzdem das Geld ausgeschüttet, weil sie wissen, wie wichtig dieser Bereich für unser gesellschaftliches Leben ist. Wirtschaftsunternehmen sind diesen großen Schritt gegangen und in der Not für diejenigen, die davon abhängig sind, ihre Kunst darzubringen, eingesprungen. Das ist ein wichtiger Punkt für unsere Gesellschaft.
Herr Minister Pinkwart, ich stimme mit Ihnen überein, dass wir mit der Novemberhilfe einen großen Schritt weitergekommen sind. Ich bin dankbar, dass Sie das auch so einschätzen. 75 % des Umsatzes des letzten Jahres werden mit dem fiktiven Unternehmerlohn übernommen. Dabei gibt es auch Ersatzmaßnahmen, falls das Unternehmen im letzten November noch nicht existiert hat, sondern die Geschäftstätigkeit erst später aufgenommen worden ist.
Ich bin sehr froh, dass wir uns damit in sehr sachlicher und angemessener Weise auseinandergesetzt haben, will aber trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass gerade für diese Branche eine Rolle spielen muss, was ich am 25. März dieses Jahres im Hohen Hause beigetragen habe. Wir müssen auch in der Veranstaltungstechnik Sicherheit und Orientierung geben.
Sie haben nicht zuletzt deshalb die Alarmstufe Rot ausgerufen, weil das Versprechen, Sicherheit und Orientierung in der Landschaft zu schaffen, das für die SPD-Fraktion notwendigerweise der Grund war, dem 25-Milliarden-Paket zuzustimmen, bis heute nicht eingelöst worden ist. Deshalb gab es ja die Demonstration hier vor dem Landtag und mehrere Demonstrationen vor dem Bundestag. Da ist etwas nicht beachtet worden.
Dass es zu Beginn Fragen und Antworten Ihres Hauses gegeben hat, die es den Beschäftigten genau anders signalisiert haben – damit haben wir uns schon im Ausschuss, aber auch hier auseinandergesetzt –, hat zur Verunsicherung in der Branche beigetragen. Davor müssen wir die Veranstaltungsbranche und
Die SPD-Fraktion hat den Schutzschirm über 25 Milliarden Euro auch deshalb mitgetragen, um deutlich zu machen, dass der augenscheinliche Bedarf, den es gegeben hat und den es immer noch gibt, aus den 25 Milliarden Euro bedient werden muss. Ich bin dankbar, dass wir das im Dezember und Januar nicht erneut diskutieren wollen.
Ob es 1.200 Euro oder 1.180 Euro sind, ist mir im Moment, ehrlich gesagt, völlig egal. Die Sicherheit und Orientierung der Menschen in diesen Branchen, deren Geschäftsgrundlage auf absehbare Zeit komplett weggefallen ist, muss es uns wert sein, als Landtag gemeinschaftlich mit der Regierung ein entsprechendes Signal zu senden.
Ich bin dankbar dafür – so verstehe ich auch die heutige Debatte –, dass das Bundesfinanzministerium und das Bundeswirtschaftsministerium offenkundig konkrete Gespräche führen. Ich bin mir sicher, dass die Landesregierung Kenntnis davon hat, dass es einen pauschalen Betriebskostenzuschuss von konkret 5.000 Euro geben soll, der etwas das kompensiert, was mit Sicherheit und Orientierung gerade in dieser Branche in den letzten Monaten nicht viel zu tun hatte.
Ich hoffe, dass der Konsens und die Tonalität, die wir heute angeschlagen haben, auch zwischen den beiden Häusern in Berlin dazu führen, dass sie sich auf diesen pauschalen Betriebskostenzuschuss für die angesprochenen Branchen, für die Kulturschaffenden in diesem Land verständigen.
Nach den Monaten, in denen wir keine Sicherheit und Orientierung signalisiert haben, sind wir das den Menschen schuldig. Deshalb muss es uns darum gehen, diesen Konsens darzustellen.
Für die SPD-Fraktion füge ich hinzu: Wenn das nicht gelingt, werden wir im Haushalts- und Finanzausschuss den Antrag stellen, den Schutzschirm von 25 Milliarden Euro entsprechend zu ergänzen, um Sicherheit und Orientierung für die angesprochenen Branchen zu gewährleisten.
Das auf den Weg zu bringen, wäre ein großer Schritt für die Menschen und die Solo-Selbstständigen, die davon abhängig sind. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Damit kommen wir zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/11660. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Antrag zu? – CDU, FDP, AfD sowie die grüne Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Niemand. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der SPD-Fraktion ist dieser Antrag vom Hohen Hause einstimmig angenommen worden.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/11735 auf. Wer stimmt dem zu? – Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen. Wer stimmt dagegen? – FDP und CDU stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Enthaltung von SPD und AfD. Damit ist der Entschließungsantrag der Grünen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.
17/11737 ab. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Enthaltung von Grünen und AfD. Damit ist der SPD-Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen zu Beginn eine Frage stellen: Was zeichnet eigentlich unsere Demokratie aus? – Nur in einer freien Gesellschaft kann jeder, wirklich jeder, seine Meinung sagen und sich auch jederzeit zu Demonstrationen versammeln. Daher sind die Meinungsfreiheit des Art. 5 und die Versammlungsfreiheit des Art. 8 des Grundgesetzes so konstituierend für unsere freiheitliche Demokratie. Sie unterscheiden uns von totalitären Regimen, Diktaturen und Unrechtstaaten.
Das heißt aber nicht, dass Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit selbst keine Grenzen haben. Denn die Versammlungsfreiheit beinhaltet kein Grundrecht auf gewalttätige Randale oder die Gefährdung anderer.
Wenn Sie sich die vielen Entscheidungen und öffentlichen Diskussionen anschauen, dann wird, glaube ich, klar, warum manche Rechtswissenschaftler die Versammlungsfreiheit auch als „unbequemes Recht“ bezeichnen. Als ich das las, habe ich direkt an Sie, Herr Minister Reul, gedacht. Das ist ein Wort, das wir wahrscheinlich sogar teilen könnten.
Gerade die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind immer eine sehr klare Konkretisierung der Freiheit, und sie betonen die Neutralität des Staates. Aber sie sind auch eine Konkretisierung dessen, was eine wehrhafte Demokratie nicht akzeptieren muss.
Seit 2006 besteht für die Bundesländer die Möglichkeit, eigene Versammlungsgesetze zu beschließen. Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben davon Gebrauch gemacht. Berlin diskutiert derzeit einen Gesetzentwurf.
Nordrhein-Westfalen hat dies bisher nicht genutzt. Mit unserem Masterplan gegen rechts fordern wir seit vielen Monaten, diese Lücke zu schließen.
Heute legen wir Ihnen daher einen sehr umfassenden Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion vor, den Entwurf eines eigenen Versammlungsfreiheitsgesetzes, der sich an der Rechtsprechung, an den Gesetzen der anderen Länder und auch an dem Musterentwurf von vielen Expertinnen und Experten orientiert.
Sie wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Einen eigenen Gesetzentwurf zu verfassen, ist für eine Oppositionsfraktion schon ein Kraftakt.
Herr Lürbke, wir haben auch teilweise Passagen aus anderen Ländern übernommen. Das habe ich gerade gesagt. An dem Entwurf haben aber viele aus unserer Fraktion sehr akribisch und fleißig gearbeitet. Dafür möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion und ganz besonders den Referentinnen und Referenten danken.
Was wollen wir? Das für die Versammlung geltende Recht stammt aus dem Jahr 1953. Wesentliche Veränderungen gab es im Bund nicht. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich aber die Anforderungen an das Versammlungsrecht deutlich geändert. Das muss hinreichender und auch besser werden. Deswegen wollen wir Lücken schließen.