Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer wieder überrascht, wie Sie sowohl von der SPD als auch von der FDP es schaffen, bei Sachpunkten hier Grundsatzauseinandersetzungen zu führen. Sowohl Frau Kollegin Schneider als auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPD haben alles mit reingerührt, was so irgendwie mit Pflege zu tun haben könnte.
Ich möchte ganz kurz zum Sachverhalt Stellung nehmen und dann noch zwei Punkte an den Minister richten.
Wir halten den SPD-Antrag auch für weit über das Ziel hinausgeschossen. Deswegen habe ich auch nicht ganz verstanden, was da alles reingerührt worden ist. Alle Sachverständigen haben bei der Anhörung gesagt – auch die Gewerkschafter –, dass die Leiharbeit in der Pflege ein Nischenthema ist, was die Dimension anbetrifft.
Ich will das überhaupt nicht kleinreden. Ich bin sehr kritisch, was Leiharbeit und viele Punkte anbetrifft. Aber man muss schlicht zur Kenntnis nehmen, dass die Träger – das haben sie ja selber gesagt – lieber eigene Konzepte entwickeln würden, zumal sie die Kosten ja auch erstattet bekommen würden, wenn sie das in den eigenen Häusern mit Pflegekräften abbilden könnten, flexible Arbeitszeiten oder verschiedene andere Punkte. Deswegen finde ich den Ansatz hier nicht nachvollziehbar.
Allerdings muss ich auch sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Sie vermischen auch an anderen Stellen immer wieder die Themen „Werkverträge“ und „Leiharbeit“. Das ist sowohl heute als auch bei den Anhörungen der Fall gewesen.
Ich empfehle dringend, das ein wenig auseinanderzuhalten – so kritisch ich zur Leiharbeit stehe, was die gewerkschaftliche Vertretung anbetrifft und verschiedene andere Punkte. Natürlich ist die tarifliche Bindung einer der wesentlichen Aspekte in der Altenpflege.
Das, was wichtig wäre, haben Sie an anderer Stelle aufgeführt, nämlich mehr Ausbildung, mehr Werbung für den Beruf, eine andere Arbeitszeitgestaltung und viele andere Punkte. Das ist alles korrekt, hat aber mit dem Thema „Leiharbeit“ aus meiner Sicht relativ wenig zu tun.
Herr Minister, gestatten Sie mir noch zwei Punkte: Sie haben ja heute Morgen bei den Themen „Pflege“
und „Impfen“ sehr ausführlich auf die Personalsituation hingewiesen. Ich möchte noch einmal dringend an Sie appellieren: Suchen Sie auch beim Thema „Impfen“ und beim Thema „Testen“ das Gespräch mit der Pflege. Denn eines ist doch klar: Auch die Pflege kann sehr gut impfen und wäre sehr gut einzubinden in ein solches Konzept. Hier geht es um einige Hunderttausend Menschen in Nordrhein-Westfalen – allerdings natürlich nur, wenn wir ein umfassendes Konzept haben, nach dem sie ihrer Qualifikation entsprechend genutzt werden können. Deswegen ist die dringende Empfehlung, die Kompetenzen dort mit einzubeziehen.
Wir werden den Antrag der SPD ablehnen. Ich würde uns aber insgesamt raten, beim Thema „Pflege“ eher die Punkte, bei denen wir sehr nah beieinanderliegen, wieder intensiver zu diskutieren. Das betrifft das Thema „Ausbildung“ und die generellen Rahmenbedingungen. Wir hatten in der letzten Woche auch eine sehr gute Anhörung zum Thema „häusliche Pflege“. Da sind wir, denke ich, viel intensiver miteinander unterwegs.
Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die Fraktion der AfD hat nun Herr Abgeordneter Dr. Vincentz das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die wichtigsten Zahlen bzw. die wichtigsten Dinge sind schon genannt worden. Ich kann es daher eigentlich nur noch mal wiederholen: Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun, das nicht eingedämmt werden muss, weil es sich dabei um 2 % aller professionell Pflegenden handelt.
Diese Zahlen steigen auch nicht mehr: Es ist kein exponentielles Wachstum oder ein Megatrend zu erkennen, dass es dort mehr werden würde – ganz im Gegenteil. Es handelt sich um ein Nischenthema für eine bestimmte Gruppe von Pflegern und Krankenschwestern, die es unter Umständen unter anderen Bedingungen gar nicht mehr im Job gehalten hätte.
Im Beruf der Krankenschwester oder des Krankenpflegers haben wir in der Bundesrepublik durchschnittliche Verbleibzeiten von rund sieben Jahren. Das hat natürlich seine Gründe. Wenn ich aber den einen oder anderen dazu bewegen kann, in dem Beruf zu bleiben – der ein sehr schöner Beruf ist –, aber eben unter ein bisschen anderen Bedingungen und mit vielleicht einer besseren Bezahlung, dann ist das doch erst einmal etwas Gutes.
Denn es ist ja überhaupt nicht so, dass wir ein absolutes Überangebot auf dem Markt hätten oder dass die Arbeitgeber nicht auch gerne nach Tarif bezahlen würden, was in dem Fall ja sogar günstiger wäre. Kein Arbeitgeber würde sich eher für die Leiharbeiterin oder den Leiharbeiter entscheiden; denn anders als in anderen Branchen, in denen der Leiharbeiter interessanterweise in der Bundesrepublik oft
schlechter bezahlt wird als die Stammbelegschaft, ist es in der Pflegebranche doch gerade so, dass dort besser bezahlt wird. Dass das einige Menschen gerne nutzen, kann ich gut verstehen.
Wenn wir dadurch sogar noch einige Pflegekräfte zurückgewinnen für ein System, in dem wir einen riesengroßen Mangel haben, dann ist das doch erst einmal auch etwas Gutes.
Jetzt kommt die Lösung der SPD, die sagt, wir müssten dann vielleicht einfach die Bedingungen in der Pflege verbessern. – Junge, Junge, ich glaube, in der Gesundheitspolitik hat noch nie jemand darüber nachgedacht, dass wir die Bedingungen in der Pflege verbessern müssen!
Sehen Sie sich mal an, was allein in den nächsten Jahren an Entwicklungen auf uns zukommt. Auf der einen Seite gehen mehr Menschen aus der Pflege in Rente, auf der anderen Seite sind dann natürlich auch mehr Menschen zu pflegen. Angesichts dessen, wie viele junge Menschen dann aus jedem Jahrgang zusätzlich in die Pflege müssten, werden wir, glaube ich, noch über ganz andere Stilblüten zu reden haben.
Aber Sie können jetzt nicht versuchen, Ihre tarifvertragliche Seite zu verteidigen und zu kaschieren, dass lange verschlafen wurde, bessere Tarifverträge auszuhandeln, indem Sie auf der anderen Seite versuchen, die Leiharbeit nicht zu verbieten, sondern abzuschaffen – denn sie abzuschaffen ist ja etwas ganz anderes, als sie zu verbieten.
Wenn es der einzige Zugang der SPD ist, die Leiharbeit abzuschaffen, indem man die Situation in der Pflege verbessert, dann warte ich auf den nächsten Antrag, der mir zeigt, wie das genau geht. Da sind Sie heute einige Antworten schuldig geblieben. Dem Antrag können wir so, wie er jetzt vorliegt, auf gar keinen Fall zustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Vincentz. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Laumann das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema „Leiharbeit in der Pflege“ ist eigentlich alles gesagt worden. Ich bin als Arbeits- und Gesundheitsminister auf
jeden Fall ganz froh darüber, dass sich keine Horrorszenarien entwickelt haben, in denen die Leiharbeit in der Pflege immer mehr wird. Da ist eine Konsolidierung eingetreten.
Jeder, der mal in einer großen Mannschaft gearbeitet hat, weiß auch, wie wichtig der Betriebsfrieden ist. Deshalb muss man natürlich auch diese Fragen sehr im Blick haben. Aber am wichtigsten ist ja – das ist die Aufgabe der Sozialplaner und auch der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen –, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege gut sein müssen.
Das hat natürlich damit zu tun, dass es eine verlässliche Personalplanung geben muss, damit die Leute zufrieden sind und nicht weggehen. Das hat selbstverständlich auch damit zu tun – ich sage es ganz deutlich –, dass wir eine tarifliche Bezahlung brauchen. Es ist kein Kavaliersdelikt, Einrichtungen unterhalb tariflicher Bezahlung zu betreiben.
Wir zentralisieren als Land zurzeit die Anerkennungsverfahren. Denn es ist doch vollkommen klar: Wir werden auch weitere Pflegefachkräfte aus dem Ausland brauchen, um die Probleme in diesem Land zu lösen. Da brauchen wir einfach ein funktionierendes Verfahren. Wenn der Landtag das beschließt, was im Haushalt steht, dann bekommen wir 48 zusätzliche Stellen für die Anerkennung von ausländischen Gesundheitsberufen. Die brauche ich dringend, weil die Zahlen hoch sind. Das muss schneller abgearbeitet werden.
Wir sorgen dafür, dass wir die Pflegeschulen größer machen. Wir als Land geben in diesem und im nächsten Jahr in Nordrhein-Westfalen 350 Millionen Euro in die Pflegeschulsysteme, damit Pflegeschulen renoviert und modernisiert werden und damit mehr Ausbildungsplätze entstehen. Das hat in diesem Land noch nie stattgefunden: 350 Millionen für die Modernisierung der Pflegeschulen, damit endlich der Charme der 50er-Jahre auch aus unseren Pflegeschulen verschwindet und daraus moderne Räume, moderne Schulen werden!
Wenn der Landtag dem Haushalt so zustimmt, wie ich als Landesregierung ihn vorschlage, dann wird die Landesregierung demnächst in allen Gesundheitsberufen das Schulgeld wieder komplett abschaffen.
Dann gibt es in Nordrhein-Westfalen in keinem Gesundheitsberuf mehr Schulgeld. Bei der Pflege gibt es das schon lange nicht mehr. Da unterscheiden wir uns schon von SPD und Grünen, die in ihrer Regierungszeit das Schulgeld für die Apothekenhelferinnen wieder eingeführt haben. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir am Schluss der Aussprache sind.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in Drucksache 17/11643, den Antrag Drucksache 17/8784 abzulehnen. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Ich darf fragen, wer dem Antrag Drucksache 17/8784 zustimmen möchte. – Das sind erwartungsgemäß die Abgeordneten der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Wie angekündigt die Stimmen der CDUFraktion, der FDP-Fraktion, der Fraktion der AfD, des fraktionslosen Abgeordneten Langguth und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Keine. Dann stelle ich damit fest, dass der Antrag Drucksache 17/8784 hiermit abgelehnt wurde.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der AfD Frau Abgeordneter Dworeck-Danielowski das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als im Frühjahr der Lockdown ausgerufen wurde, um in erster Verunsicherung die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, wurde sehr schnell deutlich, dass insbesondere Kinder und Jugendliche extrem unter den Folgen zu leiden haben. Nicht umsonst hatten wir deshalb im Landtag auch am 30. April in einer Aktuellen Stunde die Bedürfnisse von Kindern in der Pandemie in den Vordergrund gerückt.
Aktuell im sogenannten Lockdown light haben Sie, Herr Minister Stamp – er ist leider gerade nicht anwesend –, anscheinend aus der Erfahrung im Frühjahr Konsequenzen gezogen, und die Kitas bleiben weiterhin geöffnet. Das ist gut und richtig.
Es gibt natürlich auch immer mal wieder Infektionsgeschehen in Kitas, aber die Zahlen des Robert Koch-Instituts und die Zahlen des MAGS sprechen für sich: Sehr viel mehr Menschen infizieren sich zu Hause oder auf der Arbeit; arbeiten gehen dürfen wir alle aber trotzdem noch weiterhin.
Kinder selber zählen nicht zu den Risikogruppen, und sie sind anscheinend nach wie vor auch nicht die Superspreader. Wir haben jetzt die Situation, dass die Kinder in der Kita im eingeschränkten Regelbetrieb miteinander spielen und toben und erfreulicherweise einen fast normalen Alltag verbringen dürfen.