Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

An dieser Stelle haben der Bund und auch die NRWLandesregierung den Unternehmen beispiellos geholfen. Die Soforthilfe, die Kurzarbeit, KfW-Kredite, NRW.BANK-Kredite, Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, Bürgschaften, Beteiligungen – das Ziel waren und sind unbürokratische Liquidität, Personalkostenentlastung und ein Aufrechterhalten der Unternehmen im Stand-by.

Auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird: Erst kamen die 430.000 Anträge auf Soforthilfe, dann die Rettung von Lufthansa, TUI und Co. Das Motto lautet: Erst helfen wir den Kleinen, dann den Großen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nordrhein-Westfalen hat hier vorbildlich und schnell agiert. Ich möchte an dieser Stelle ein großes Lob an die Ministerien, Bezirksregierungen, die Arbeitsagentur, Kammern, Kreishandwerkerschaften, Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Hausbanken aussprechen, die unermüdlich beraten, bearbeiten und Anträge bescheiden.

Wir haben einen großen Werkzeugkasten an Hilfen, damit unzählige Unternehmen im Notbetrieb durch den ersten Teil der Coronapandemie gebracht werden konnten.

Dennoch gab es mittelgroße und besonders betroffene, anlageintensive Unternehmen, die die Hilfen nicht erreicht haben: Busunternehmen, Schausteller, Hotels, die Reisebranche. Sie sind gekennzeichnet von hoher Anlageintensität. Monat für Monat müssen Raten abbezahlt werden; es gibt keine Möglichkeit, Fahrzeuge, Fahrgeschäfte oder Gebäude zu verkaufen.

9.000 oder auch 25.000 Euro Soforthilfe waren für viele dieser Betriebe leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Darlehen waren hier oft keine Lösung, denn noch mehr Darlehen erdrücken Unternehmen beim Neustart nach Corona.

Also haben wir auch in Nordrhein-Westfalen früh einen großen Wurf gefordert. Es braucht große Beträge, die nicht zurückzuzahlen sind, damit dieser unglaubliche Eigenkapitalverzehr abgefedert werden kann.

So kamen die Überbrückungshilfe und die Überbrückungshilfe II. Nach anfänglichen Schwierigkeiten

sind jetzt die Bearbeitung und auch die Auszahlung angelaufen.

Da vonseiten des Bundes kein Unternehmerlohn vorgesehen war, haben wir in Nordrhein-Westfalen aus eigenen Mitteln Unternehmerlohn gewährt, da vielen kleinen Unternehmern der Zugang zur Grundsicherung verwehrt ist. Die Debatte zum Unternehmerlohn hatten wir schon am Mittwoch. Man kann es nicht oft genug sagen: Der Unternehmerlohn ist mehr als wirtschaftliche Hilfe für Solo-Selbstständige, der Unternehmerlohn ist ein Zeichen der Wertschätzung für Zigtausend Unternehmen in unserem Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Als erkennbar war, dass der November-Lockdown kommen würde, war jedem, der die Lage der von Corona betroffenen Branchen kennt, sofort klar: Wenn wir noch einmal Branchen schließen, muss es sofort ein Hilfsprogramm vom Bund geben, und zwar nicht nur als wirtschaftliche Hilfe, sondern als Zeichen an Unternehmer und Arbeitnehmer: Wir haben verstanden.

Diese zentrale Forderung der 16 Länderchefs, insbesondere auch von Ministerpräsident Armin Laschet an den Bund, hat gewirkt. Nach intensivem Ringen der Länderchefs mit der Bundesregierung wurde vorletzte Woche die Novemberhilfe ins Leben gerufen. Ein guter und richtiger Schritt der Bundesregierung in Berlin.

Seit gestern liegen nun die mit Spannung erwarteten Rahmenbedingungen für die Novemberhilfe vor. Wir können feststellen: Aus den verschiedenen Hilfsprogrammen seit März und aus zahlreichen Gesprächen mit den betroffenen Branchen sind richtige Schlüsse gezogen worden. Das Programm ist schnell, unkompliziert und digital. Erstmals werden nicht nur Betriebskosten, sondern Umsätze kompensiert. Das ist eine faire Lösung für die krass betroffenen Unternehmen.

Unternehmen bekommen auch Hilfe, wenn sie nicht direkt mit Betrieben, die durch Verordnung schließen mussten, sondern auch mit Agenturen oder als Subunternehmen arbeiten. Vergleichsbasis ist der Novemberumsatz 2019, bei Solo-Selbstständigen mit schwankendem Umsatz auch der Durchschnitt des Jahres 2019 oder der Oktober 2020 bei Start-ups.

Hotellerie und Veranstaltungsstätten sind grundsätzlich als betroffen definiert. Restaurants, die mühsam Umsatz im Außer-Haus-Verkauf erwirtschaften, können trotzdem Novemberhilfe bekommen, und es gibt unkomplizierte Abschlagszahlungen. Kleine Unternehmen brauchen, um Novemberhilfe zu bekommen, nicht umständlich, teuer und langwierig einen Steuerberater zu beauftragen. Das war eine zentrale Forderung der Initiative „Alarmstufe Rot“. Ich denke, es ist auch richtig so, kleine Unternehmen zu entlasten.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Mit 10 Milliarden Euro ist das Programm ordentlich veranschlagt – viel Geld, sehr viel Geld, wie ich finde.

Die Novemberhilfe zeigt: Politik hört Betroffenen zu, Politik setzt berechtigte Hinweise aus der Praxis in sinnvolle Regelungen um, Politik findet schnelle, pragmatische Lösungen für Unternehmen. Das schafft Vertrauen in politische Handlungsfähigkeit in der Krise.

Unermüdlich haben wir Abgeordneten – ich denke, aller Fraktionen – mit „Alarmstufe Rot“, mit der Gastronomie und weiteren Branchen Kontakt gehalten, zugehört, nachgefragt, diskutiert und Verbesserungsvorschläge für Überbrückungsprogramme und Novemberhilfe an unsere Ministerien in Düsseldorf und nach Berlin weitergegeben.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei Minister Professor Pinkwart und bei seinen Mitarbeitern aus dem Ministerium und den Referentinnen und Referenten unser aller Fraktionen bedanken, die in der Krise weit über das normale Maß im Einsatz sind, um das Feedback aus der Wirtschaft in ordentliche Lösungen umzusetzen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Viele Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Dennoch geht man professionell mit der Lage um und sucht immer wieder freundlich und besonnen das Gespräch mit Abgeordneten und Ministerien, um Sorgen und Lösungsansätze zu schildern.

Ich möchte diese Rede auch nutzen, um mich bei den Unternehmen und Branchenverbänden für die außerordentlich konstruktive Zusammenarbeit in dieser für sie so schwierigen Lage zu bedanken.

(Sven Wolf [SPD]: Die Schausteller sagen Danke! – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Auch den Beschäftigten der schwer betroffenen Branchen und ihren Familien, die so sehr unter der Ungewissheit, was aus ihren Unternehmen und ihren Jobs wird, leiden, möchte ich für ihre Besonnenheit in Coronazeiten ausdrücklich Danke sagen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Novemberhilfe wird vielen Unternehmen helfen. Doch wir müssen ehrlich sein. Eine Krise wie Corona haben wir alle noch nicht erlebt. Die Lage ändert sich wöchentlich, oft täglich. Die Politik gibt ihr Bestes, die Hilfen aber werden nie perfekt sein.

Wie bei allen Hilfsprogrammen in der Coronakrise wird die Praxis zeigen, wo auch in der Novemberhilfe Regelungslücken sind, die vorher nicht erkannt wurden oder die einfach unbezahlbar wären. Der Einzelhandel, vor allem in den Bereichen Textil und Schuhe, leidet indirekt. Die Menschen machen flächendeckend das, war die 16 Ministerpräsidenten aller politischen Farben ihnen raten: zu Hause bleiben.

Außer Lebensmitteln wird aktuell offenbar nur das Nötigste gekauft. Abstand halten, Hände waschen, Maske tragen und App benutzen und unnötige Kontakte vermeiden – das ist das Gebot der Stunde.

(Zuruf von Thomas Röckemann [AfD])

Doch sei an dieser Stelle der Hinweis an Bürgerinnen und Bürger erlaubt: Die Geschäfte in unseren Innenstädten haben für Kunden geöffnet.

Dieser November ist ein Drama für den Einzelhandel, der schon vor Corona in Schwierigkeiten war. Umso wichtiger ist es, dass Nordrhein-Westfalen dem Handel nun mit einem millionenschweren Förderprogramm zur Digitalisierung den Weg in die Zukunft ebnet. Ob Digitalisierung, verkaufsoffene Sonntage, urbane Verkehrskonzepte oder Bürokratieabbau: Nach Corona braucht der Einzelhandel keine ideologischen Schaufensterdebatten mehr, sondern volle politische Unterstützung für eine gute Zukunft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch Mittelständler mit mehreren Geschäftsfeldern unter einem gesellschaftlichen Dach werden wohl nicht in den Genuss der Novemberhilfe bekommen, wenn eines ihrer Standbeine durch Corona einbricht, wie etwa Schulbusunternehmen mit Reisebusverkehr, Bäckereien mit Café-Betrieben, Schreinereien mit angegliedertem Messebau. Sollte sich tatsächlich Änderungsbedarf bei der Novemberhilfe zeigen, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte sich der Bund nicht zu schade für eine Fehlerkorrektur sein, um die Novemberhilfe unkompliziert nachzubessern.

Die NRW-Koalition wird weiter den Finger in die Wunde legen, denn wir finden, Politik sollte immer lernfähig sein, gerade in der Krise.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zur Pandemiebekämpfung wird vielen Unternehmen aktuell sehr viel abverlangt. Ich habe aber das Gefühl, dass das Vertrauen der Unternehmen in die Politik durch die pragmatische Schnellhilfe durch Bund und Land gestärkt worden ist.

Zum Abschluss zwei grundlegende Gedanken. Wir sollten Lehren aus der Krise ziehen.

Erstens. Wie kann eine soziale Absicherung von gesunden Unternehmen aussehen, die vorübergehend durch externe Schocks wie Naturkatastrophen oder Pandemien ohne Umsatz dastehen, aber nach der Krise wieder einsatzbereit sein wollen und sollen? Die Justierung im Insolvenzrecht, der Grundsicherung oder der Kurzarbeit ist für Unternehmen mit guter Geschäftsprognose eigentlich nur Flickwerk. Wir müssen hier eine etwas ganzheitlichere Betrachtung angehen.

Man sagt: In der Krise muss man helfen, nach der Krise müssen Strukturen angepasst werden. – Wir sollten uns ernsthaft damit beschäftigen, wie wir das

Netz sozialer Absicherung kompatibel für kleine Unternehmen und Start-ups machen. Unternehmen sind keine Bürger zweiter Klasse, sie sind Menschen wie du und ich, die unsere Solidarität verdient haben.

Zweitens. Die Reduzierung der zwischenmenschlichen Kontakte ist das Gebot der Stunde.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Die zweite Welle muss gebrochen werden. Gerade jetzt dürfen wir nicht nachlassen zu planen, wie die hart betroffenen Branchen bei Öffnung und Hochfahren des Betriebes unterstützt werden können, sei es wirtschaftlich oder technologisch. Denn eines ist klar: Die Novemberhilfe ist schnelle und pragmatische Hilfe für Zigtausend Unternehmen, die dem Bund erhebliche finanzielle Kraftanstrengungen abverlangt. Auf die Dauer helfen den Betrieben aber keine Staatsgelder, sondern Aufträge und Einnahmen von ihren Kunden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bekämpfen wir das Virus, damit Unternehmer und Arbeitnehmer endlich wieder loslegen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Wolfgang Jörg [SPD]: Das waren jetzt zehn Minuten in- formationsfrei!)

Vielen Dank. – Für die Fraktion der Grünen hat der Abgeordnete Herr Becker das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal kann ich nicht richtig nachvollziehen, woraus sich die gute Laune speist, die offensichtlich vom Wirtschaftsminister und Teilen der Regierung heute verbreitet wird.