Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Schmitz.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Kapteinat, manchmal bin ich etwas erschüttert über Ihr Familienbild. Sie stellen sich immer als moderne und aufgeklärte Partei dar, sagen dann aber in Ihrer Rede, nur die Mütter wüssten, dass die Betreuung der Kinder im Homeoffice nicht funktioniert.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Beifall von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])

Mit Jörn Freynick, Matthi Bolte-Richter und mir – das ist das Schöne – haben Sie gleich drei junge Väter, die alle genau das erlebt haben. Daher sollten Sie noch einmal darüber nachdenken. Die Bandbreite ist doch etwas größer, und wir sind vielleicht doch etwas moderner.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Herr Kollege.

Sie glauben immer noch, wir hätten ein falsches Familienbild. Das ist aber nicht so.

Herr Kollege, Entschuldigung, dass ich störe. Es gibt den Wunsch der gerade angesprochenen Kollegin nach einer Zwischenfrage.

Bitte, natürlich.

Lisa-Kristin Kapteinat (SPD) : Herr Kollege

Schmitz, zunächst freue ich mich, dass Sie mir offen

sichtlich zugehört haben, aber vielleicht nicht so genau. Haben Sie gehört, dass ich gesagt habe, ausschließlich die Mütter würden das kennen? Oder habe ich vielleicht „insbesondere die Mütter“ gesagt?

Das haben Sie in der Tat gesagt, aber selbst das finde ich erschreckend genug.

(Heiterkeit von der CDU – Zuruf von Lisa-Kris- tin Kapteinat [SPD])

Das bezeugt doch schon, wie Sie darüber denken. Sie haben es eben nicht gleichberechtigt dargestellt. Genau das ist das Problem.

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Das ist die Rea- lität!)

Aber das ist nicht schlimm. Sie werden das sicherlich gleich auch noch von den beiden anderen Kollegen hören.

Bevor ich inhaltlich auf das Thema eingehe, möchte ich noch eine zweite Vorbemerkung machen. Ich glaube nicht, dass es die Aufgabe des nordrheinwestfälischen Landtags ist, wenn sich Ihr Arbeitsminister in Berlin nicht durchsetzen kann, dafür zu sorgen, dass wir das Ganze hier kompensieren. Wenn Sie in Berlin Gesetze einbringen, die noch nicht einmal so weit sind, dass sie dem Kabinett vorgelegt werden – sie sind ja noch nicht einmal bis in den Bundestag gekommen, sie sind noch nicht einmal in die Ministerabstimmung oder in die Kabinettsabstimmung gegangen –, muss man sich überlegen, ob der nordrhein-westfälische Landtag das Gremium ist, welches das zu kompensieren hat. Auch an dieser Stelle sind meiner Meinung nach handwerkliche Fehler seitens Hubertus Heil gemacht worden.

Jetzt möchte ich inhaltlich auf das Thema eingehen: Hubertus Heil fordert ein Recht auf 24 Tage mobiles Arbeiten. Wir sagen ganz deutlich: Es kann keine gesetzliche Verpflichtung für ein Anrecht der Arbeitnehmerinnen auf diese Tage geben, sondern das muss in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt werden. Wir müssen den Sozialpartnern die Möglichkeit geben, miteinander abzustimmen, wann es richtig ist, Homeoffice oder mobiles Arbeiten – das ist rechtlich auch noch zu differenzieren – zu ermöglichen, wann die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, das einzufordern. Wir sind jedoch nicht der Meinung, dass es ein Anrecht darauf geben kann.

Selbstverständlich hat uns Corona gezeigt, dass geht, was gehen muss. Das haben Sie richtig gesagt. Wir haben uns alle kurzfristig umstellen müssen. In vielen Bereichen ging das auch. Aber das kann nicht zur Regel werden. Diese Pandemie hatte vielmehr zur Folge, dass wir reagieren mussten.

Dafür jetzt einen rechtlichen Rahmen zu setzen, ist vollkommen richtig. In dieser Hinsicht stimme ich

auch mit unserem Arbeitsminister überein. Wenn dieser rechtliche Rahmen gesetzt wird, dann muss es auch Antworten auf die Fragen geben: Wer bezahlt den Arbeitsplatz zu Hause? Wenn mich der Arbeitgeber nach Hause schickt, obwohl ich das gar nicht will, welche Möglichkeiten habe ich dann? Kann ich das Arbeiten zu Hause steuerlich absetzen, obwohl ich kein Arbeitszimmer habe?

Diese rechtlichen Fragen müssen wir sicherlich klären. Auf Bundesebene soll eine Möglichkeit geschaffen werden – so steht es auch im Koalitionsvertrag –, wie man das zukünftig umsetzen kann.

(Regina Kopp-Herr [SPD] meldet sich zu Wort.)

Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Das habe ich bereits gesagt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Ich habe gesehen, es gibt noch eine Kurzintervention vonseiten der SPD. Darauf bin ich sehr gespannt. – Danke sehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Bitte, Frau Kopp-Herr.

Danke schön, Herr Präsident. – Danke schön, Herr Kollege Schmitz, dass wir uns noch in einer Kurzintervention dazu äußern können.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an Mittwoch dieser Woche. Vor ziemlich genau 48 Stunden haben wir abschließend den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Care-Arbeit“ beraten. Dazu hatten wir eine Anhörung durchgeführt. Aus einer Stellungnahme der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe möchte ich jetzt einen Passus vorlesen. Er lautet:

„Alle Ansätze, die dazu führen, dass die Erziehungsarbeit von beiden Eltern gemeinsam und gleichberechtigt ausgeübt werden kann, sind zu unterstützen. Gerade auch die letzten Untersuchungen während der Coronazeit haben gezeigt (zum Beispiel in der repräsentativen Mannheimer Coronastudie) , dass nicht nur bei den Alleinerziehenden, sondern auch bei Elternpaaren immer noch die Hauptlast der Erziehung und Betreuung der Kinder auf den Schultern der Frauen liegt. Die Einführung eines KinderZeit Plus Modells könnte hier … Abhilfe leisten.

Meine Kollegin Lisa Kapteinat hat nichts anderes gesagt.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes anmerken: Es ist natürlich eine große Freude für jemanden, der seit mehr als 40 Jahren gleichstellungspolitisch unterwegs ist, festzustellen, dass wir hier im Landtag mehrere junge Väter haben, die sich bemühen,

gleichberechtigt zwischen beiden Elternteilen Sorge- und Erwerbsarbeit zu teilen. – Danke schön.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Macht der Herr Schmitz hier vor!)

Bitte schön.

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. Da sind wir gar nicht so weit auseinander. Ich habe nicht gesagt, dass nicht jede Frau, die genau diese Aufgabe hat, jede Mutter, die zu Hause gewesen ist – meine Frau und ich haben uns das geteilt –, im Homeoffice gearbeitet und sich um die Kinder gekümmert hat, darunter genauso gelitten hat.

(Zurufe von Regina Kopp-Herr [SPD] und Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

Mir ging es nur darum, dass diese singuläre Sicht, dass Frauen davon noch viel mehr betroffen sind als Männer …

(Zuruf von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

Es sind beide davon betroffen. Das war mir wichtig zu sagen. Sie haben nur den Blick auf die Frauen gerichtet.

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Nein, ich habe den Blick auf die Frauen verstärkt!)

Hauptsächlich. Deswegen wollte ich noch einmal deutlich machen, dass beide Geschlechter davon betroffen sind. Ich bin froh – genau wie Sie –, dass es viele Väter gibt, die sich der Kinderbetreuung angenommen haben und die sagen: Ich kümmere mich um die Familie, weil es mir wichtig ist, meine Kinder aufwachsen zu sehen, und deswegen übernehme ich auch die Verantwortung für diese Care-Arbeit zu Hause.

(Beifall von der CDU und Dr. Werner Pfeil [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FDP spricht nun der Abgeordnete Freynick.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP fordert schon länger einen sicheren und verlässlichen Rechtsrahmen für Homeoffice und mobiles Arbeiten mit einem Anspruch auf Erörterung für die Beschäftigten. Sie sollen ein Recht auf Homeoffice erhalten, sofern Betriebsgröße oder betriebliche Belange dem nach Prüfung durch den Arbeitgeber nicht entgegenstehen.

Zugleich müssen Arbeitgeber beim Homeoffice von bürokratischen Vorgaben mancher Arbeitsschutzvorschriften entlastet werden. Dazu zählt eine Reform des Arbeitszeitgesetzes, das mit einer wöchentlichen

statt täglichen Höchstarbeitszeit die Spielräume ausnutzt, welche die EU-Arbeitszeitrichtlinie den Mitgliedsstaaten einräumt.

Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht hingegen viel zu starre und bürokratische Vorgaben vor, die wir als FDP-Landtagsfraktion so nur ablehnen können.

So ist eine Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes in dem Entwurf des Bundesministeriums nicht vorgesehen. Beide Elemente – das mobile Arbeiten und flexiblere Arbeitszeiten – sind für uns jedoch unmissverständlich miteinander verbunden.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen ihre Mails vielleicht spätabends beantworten, um vorher mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben. Das wird übrigens schon jetzt millionenfach gemacht, obwohl es rein rechtlich im Moment illegal ist. Die Modernisierung des Arbeitsschutzes ist daher umso wichtiger. Natürlich beinhaltet das, dass niemand mehr arbeiten muss oder weniger Pausen machen darf.