Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

(Beifall von der CDU und Franziska Müller- Rech [FDP] – Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Sie forderten im Sommer die Rückkehr zum Präsenzunterricht. Jetzt haben wir den Präsenzunterricht, und Sie fordern einheitliche Lösungen und damit faktisch eine Rückkehr zum Distanzunterricht.

(Christian Dahm [SPD]: Hopplahopp macht Schule! – Zurufe von Eva-Maria Voigt-Küp- pers [SPD] und Josefine Paul [GRÜNE])

Vielleicht sprechen Sie sich einmal mit Ihren SPDKollegen ab. In Brandenburg zum Beispiel hat Ihre Bildungsministerin Britta Ernst zuletzt noch gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –,

„dass die Qualität des Präsenzunterrichts durch nichts zu ersetzen ist.“

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Wer bestrei- tet das?)

„Weiterer Heimunterricht würde zu massiven Bildungseinbrüchen führen.“

Wo bleibt da Ihre Ehrlichkeit?

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wir gehen einen ganz klaren Weg: individuelle Lösungen, um den Präsenzunterricht für die meisten Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen; schulbezogene Modelle fahren, wo es coronabedingt notwendig ist. In der Sprache der Mediziner würde man sagen: Wir arbeiten minimalinvasiv.

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Wir möchten von dem, was intakt ist, so wenig wie möglich zerstören.

Meine Damen und Herren, wir haben durch die Schulschließungen gelernt, wie kostbar die täglich gelebte Normalität ist, ganz besonders für unsere

Kinder. Diese gilt es auch weiterhin, sofern es irgend geht, zu bewahren. Das sollte nicht durch Ihre politischen Spielchen zerstört werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schlottmann. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Seifen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der SPD und den Grünen fällt zur politischen Situation nichts Konstruktives mehr ein. Zum vierten Mal leiern Sie mit dieser Aktuellen Stunde das Solinger Coronaerlösungsmodell herunter und zwingen das Parlament, sich mit den singulären Ideen eines Oberbürgermeisters einer mittleren Großstadt zu beschäftigen.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Wer hatte denn gestern neun Anträge zu Corona? – Zu- ruf von Andreas Keith [AfD])

Bereits in den zurückliegenden Ausschusssitzungen traktierten Herr Ott und Frau Beer die Anwesenden, vor allem natürlich Ministerin Gebauer, mit ihren lauten Klagen darüber, dass der Oberbürgermeister von Solingen das rot-grüne Coronaschulmodell nicht habe umsetzen können, weil die Ministerin ihm dazwischen gegrätscht sei.

Dabei hatte sich Herr Ott das so schön ausgedacht: Die Ministerin geht zwar auf seine Vorschläge hier im Landtag nicht ein. Aber man kann doch den Oberbürgermeister für die eigenen Pläne instrumentalisieren und dann einmal den Versuch starten, die untauglichen SPD-Coronabekämpfungsstrategien quasi als Laborversuch in einer Stadt durchzuziehen.

Deshalb gab es auch diese Heimlichkeit des Oberbürgermeisters. Wie man hört, erfolgte keine Kontaktaufnahme zur Bezirksregierung oder zum Ministerium. Und inwiefern die Schulleitungen in Solingen einbezogen waren, ist hier im Haus nicht bekannt – zumindest mir nicht.

So wohnen wir hier im Parlament jetzt einem Schauspiel bei, dessen Titel da heißt: SPD und Bündnis 90/ Die Grünen tragen ihre politische Privatfehde mit der Ministerin aus, instrumentalisieren dazu einen Oberbürgermeister und langweilen das Parlament mit Vorschlägen, die in ihrer Substanz vollkommen unbrauchbar sind.

Politischer Kampf pur als schiere Machtdemonstration zur Beschädigung der augenblicklichen Regierung in Gestalt der Ministerin – das ist genau die Politik, welche die Bürger so lieben. Kabbeleien im Plenum, jedoch ohne dass die Probleme der Bürger vor Ort auch nur ansatzweise gelöst werden. SPD und

Bündnis 90/Die Grünen spielen im Schulausschuss und hier im Plenum das Duo Infernale in der Bildungspolitik.

Nun, Herr Ott und Frau Beer, Frau Gebauer weiß die Fernbedienung ihres Fernsehgerätes glücklicherweise wohl technisch einwandfrei zu bedienen, sodass Sie mit einem Antrag zu einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss noch ein bisschen warten müssen. Und einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Unfähigkeit und Chuzpe von Oppositionsparteien zum Gegenstand hat, hat es noch nie gegeben. Den sieht die parlamentarische Ordnung ja auch nicht vor.

Dass das im Grunde aber notwendig wäre, habe ich Ihnen bereits am Mittwoch attestiert. Weder die Organisation des Schülertransports noch die Aufsichtspflicht noch die Schwierigkeit, den Zeitkorridor beim Lehrerwechsel zu bewältigen, noch die ungeeignete Ausstattung irgendwelcher städtischer Räume noch die Reinigung dieser Räume noch … Und so weiter. Wollen Sie noch mehr hören?

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Sie waren doch selbst einmal Lehrer, Herr Ott. Man muss doch nicht Schulleiter gewesen sein, um die Unsinnigkeit von solchen Vorschlägen erkennen zu können. Jeder Lehrer erkennt die Unsinnigkeit dieser Vorschläge.

Dass Frau Beer wenig über Unterricht weiß, darf man ihr nicht anlasten. Deshalb will sie ja auch mal so eben Studenten in die Schule schicken. Sie verkennt offensichtlich, wie schwierig es ist, eine Unterrichtsreihe zu planen, das nötige Sachwissen aufzubereiten, es in eine logische Stringenz zu bringen und dabei die problemorientierenden Momente zu erkennen, dazu die richtigen Methoden einzusetzen und dann auch noch erzieherische Fähigkeiten vorzuweisen.

Einige Leute müssen sehr lange üben, damit sie das hinkriegen. Dass der Student, die Studentin vielleicht auch noch mit dem eigenen Studium zu tun hat, daran denkt der Antragsteller wohl nicht. Ich hoffe also, dass Rot-Grün noch für lange Zeit mit dem Regieren nichts mehr zu tun hat.

Es ist schon als eine grobe Gedankenlosigkeit zu bezeichnen, wie die SPD und die Grünen die eine Schülergruppe unterrichten und die andere ins Distanzlernen schicken wollen. Ist Ihnen eigentlich klar, was es mit Kindern macht, wenn sie zu Hause sitzen müssen, während andere gemeinsam lernen dürfen? Haben Sie schon einmal etwas von Appetenzverhalten gehört? Oder haben Sie im Biologieunterricht nicht aufgepasst?

Bei Kindern und Jugendlichen ist dieses Appetenzverhalten in besonderer Weise ausgeprägt, und zwar bei der Sehnsucht nach Begegnung mit den Altersgenossen. Über die Gründe dafür brauche ich hier

wohl nicht zu sprechen. Deshalb leiden Kinder und Jugendliche in besonderer Weise, wenn man sie wegsperrt, wenn man ihnen die Gesellschaft mit ihren Altersgenossen verwehrt.

Es reicht schon, dass die Jugendgruppen und Sportvereine auf Sparflamme fahren oder ihre Aktivitäten eingestellt haben. Und dann kommen Sie daher und wollen die Hälfte der Schülerinnen und Schüler zu Hause wegsperren?

Dabei habe ich noch gar nicht an das Gelingen von Unterricht gedacht. Davon kann nämlich keine Rede sein, wie das Experiment mit dem Distanzunterricht vor und nach den Osterferien bewiesen hat. Mehr als Rezeption und Reproduktion kam doch dabei nicht heraus – und Letzteres auch noch unvollkommen.

Was meinen Sie, warum die Ministerin trotz der Panikmache von Merkel, Spahn, Drosten und Co zu Recht am Präsenzunterricht festhält? – Es sind die schlechten Erfahrungen mit dem sogenannten Distanzunterricht, die sie dazu veranlasst haben. Aber das kann sie natürlich nicht öffentlich sagen. Das würde ich auch nicht tun. Aber Schwamm drüber; das Leben geht weiter.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Aber ich wüsste genau, dass ich alles tun würde, um diesen Distanzunterricht nicht wieder einrichten zu müssen – selbst wenn ich die Pandemieerzählung ernst nehme.

Dass dieser Distanzunterricht wirklich nur für die allernotwendigsten Fälle gedacht ist, können Sie doch erfahren, wenn Sie einfach einmal die Lehrer fragen und offen mit ihnen sprechen. Jeder hier, der Lehrer war, weiß das doch. Wenn man als Lehrer zu Fortbildungen gefahren ist, war es doch üblich, den Schülern Aufgaben zu geben. Sie durften doch nicht einfach nach Hause gehen. Also haben die Oberstufenkurse Aufgaben gemacht.

Jeder, der von den Fortbildungen zurückkam, weiß doch, wie viel Arbeit es bedurfte, um in diese ausgearbeiteten Aufgaben noch einmal wieder neu hineinzugehen. Im Grunde hat man die gleiche Zeit noch einmal aufgewendet, die die Schüler in den Stunden hatten, in denen sie die Aufgaben bearbeitet haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe intensive Erfahrungen damit gemacht. Wir haben es in dem System, in dem ich beschäftigt war, natürlich trotzdem weiterhin so gemacht. Aber es war wirklich nur ein Hilfsmittel und nicht ein Mittel, das den Präsenzunterricht ersetzt. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD – Eva-Maria Voigt-Küp- pers [SPD]: Beifall von einem Abgeordneten!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seifen. – Für die FDP-Fraktion

hat nun Frau Kollegin Abgeordnete Müller-Rech das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, dass ich wirklich bestürzt bin, was bei der Rede von Herrn Kutschaty hier vorgetragen worden ist.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich möchte mit einem Detail anfangen.

(Christian Dahm [SPD]: Das Tempo ist raus!)

Bevor Sie raunen, hören Sie doch erst einmal zu.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Ja, Frau Lehrerin!)

Herr Kutschaty hat vorhin als Beispiel den niedersächsischen Kultusminister angeführt und behauptet, dass in Niedersachsen jetzt der Solinger Weg eingeschlagen würde.