Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Ich meine, das Ministerium kann alles in allem mit dem Haushalt sehr zufrieden sein; denn wenn das, was gerade an Kritik von der Opposition kam, alles ist, hat das Ministerium seine Hausaufgaben offenbar sehr gut erledigt.

Ein Schwerpunkt des Haushaltsentwurfs 2021 liegt in der Fortsetzung der personellen Verstärkung im Justizbereich. Insgesamt werden 646 neue Planstellen in der Justiz und im Justizvollzug geschaffen.

Im Detail bedeutet das, dass den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit 332 neue Stellen zukommen.

Gerade auch im Hinblick auf die Abarbeitung der Cum-Ex-Skandale – Kollege Engstfeld hat das soeben infrage gestellt – und anderer Verfahren sowie die Strafverfolgung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie werden die Generalstaatsanwälte

und Generalstaatsanwaltschaften derzeit mit 164 neuen Stellen verstärkt.

Die Nachwuchsgewinnung bleibt eines der Hauptthemen. Das Personalmarketing der Justiz in NRW ist für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden. In dieser Woche geht das Ministerium der Justiz mit zwei neuen Kampagnen in die Schlussphase des Jahres. Die NRW-Koalition hält, was sie verspricht.

Besonders hervorheben möchte ich, dass die im Haushaltsjahr 2018 begonnene Stärkung des Justizvollzuges fortgesetzt wird; hier kommt der Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission eine besondere Bedeutung zu. Der Haushaltsentwurf 2021 sieht dafür rund 10 Milliarden Euro vor, und zwar insbesondere zur Ausstattung der Hafträume mit brandhemmendem Mobiliar, brandhemmenden Matratzen sowie für Maßnahmen des baulichen Brandschutzes.

Weitere Schwerpunkte im Justizvollzug sind unter anderem die Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl an Haftplätzen, die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten psychisch kranker Gefangener – das ist uns allen sehr wichtig –, die Intensivierung der Prävention, die Bekämpfung politischer und religiösextremistischer Bestrebungen von Gefangenen, der Ausbau der Sozialtherapie, die Bekämpfung des Drogenkonsums und des Handels sowie die Erhöhung der Beschäftigungsquote. Die Justizvollzugseinrichtungen werden mit 137 neuen Stellen gestärkt.

All diese Maßnahmen dienen auch und insbesondere dem Schutz der Bediensteten in den Anstalten.

Ein besonderes Anliegen ist uns die Aus- und Fortbildung in der Justiz. Es werden acht zusätzliche Planstellen für die Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Justiz und zusätzliche Sachmittel für die Unterbringung, die Verpflegung und die Dozentenvergütung bereitgestellt.

Schließlich möchte ich noch auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs eingehen. Die Freien Demokraten haben sich schon lange für die Digitalisierung eingesetzt. Wir unterstützen somit, wenn die bis zum Ende des Jahres 2021 vorgesehenen Planstellen bis ins Jahr 2026 verlängert werden.

Daneben wird die Durchführung des Projekts durch Sach- und Investitionsmittel in Höhe von insgesamt 43,5 Millionen Euro gestärkt, damit die Justiz auch in der Zukunft digital gut aufgestellt ist. Wie wichtig das ist, konnten wir insbesondere in den letzten neun Monaten beobachten.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Die Justiz in NRW befindet sich insgesamt in einer positiven Entwicklung. Die Maßnahmen im vorliegenden Haushaltsentwurf 2021 sind ein weiterer Schritt

auf diesem wichtigen Weg; denn es geht um unser Land. – Vielen Dank und Glück auf!

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Mangen. – Als nächster Redner hat für die AfD-Fraktion Herr Abgeordneter Röckemann das Wort.

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Redensart kam mir in den Sinn, als ich den Einzelplan des Justizministeriums für den Haushaltsplanentwurf 2021 las.

Erinnern wir uns ein Jahr zurück! Da stimmte die AfD gegen den Haushaltsplanentwurf für 2020. Was habe ich damals über Ihre halbherzige Vorgehensweise geschimpft. Die Zahlen aus der Justiz sprachen schließlich gegen ein so laues Flämmchen, wie Sie es letztes Jahr entzündet haben.

Die Belastung der Verwaltungsgerichte ist seit 2015 unfassbar stark angestiegen, und natürlich sind alle anderen Bereiche der Justiz ebenso betroffen. Also brachten wir im Jahr 2019 für 2020 dementsprechende Änderungsanträge ein, um zumindest die Zahl der Richter und Staatsanwälte in NordrheinWestfalen zu erhöhen.

Meine Damen und Herren Kollegen, auch von der Regierung, damals waren Sie noch bockig. Da haben Sie unsere sinnvollen Anträge allesamt verworfen. Das war 2019.

Jetzt liegt der Haushaltsplanentwurf für das nächste Jahr vor, und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, haben sich unsere Anträge aus dem letzten Jahr nicht nur zu eigen gemacht, nein, Sie haben sie sogar noch überboten.

(Zurufe von der CDU)

Das ist, um es mit dem unvergessenen Hans Rosenthal zu sagen, spitze. Ich sage mal: AfD wirkt. Schade nur um das verlorene Jahr.

Leider haben Sie auch dieses Jahr unsere Änderungsanträge abgelehnt. Dennoch und in der Hoffnung auf Ihre Lernfähigkeit werden wir den Entwurf des Einzelplans für die Justiz nicht ablehnen. Wir werden uns der Stimme enthalten.

(Daniel Sieveke [CDU]: Oh!)

Enttäuschen Sie die Bürger nicht erneut! Denn selbst wenn die Ansätze gut sind, so reichen sie längst nicht aus, um die Justiz langfristig zu entlasten. Die große Pensionierungswelle rollt auf uns zu. Der Deutsche

Richterbund geht davon aus, dass bis 2030 mehr als 10.000 Richter und Staatsanwälte aus der Justiz ausscheiden werden. Diese Lücken müssen schon jetzt gefüllt werden; die Leute müssen ja schließlich erst ausgebildet werden.

Im Justizvollzug zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Hier müssen wir beim Nachwuchs ansetzen. Deshalb unsere Änderungsanträge zum Haushaltsplanentwurf 2021, die so sinnvoll sind. Seien Sie klug! Stimmen Sie dafür und nicht erst wieder im kommenden Jahr. Zeigen Sie damit auch endlich parteiübergreifend Courage und somit ein sehr gutes Profil.

Beseitigen Sie zudem eine weitere Baustelle – das liegt uns natürlich sehr am Herzen – und schieben Sie endlich im Benehmen mit allen anderen Ministerien alle sich unberechtigt in NRW aufhaltenden Ausländer ab. Im Jahr 2019 waren 36 % aller Inhaftierten in Nordrhein-Westfalen Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft.

Jetzt kommen Sie mir nicht mit Statistiken, wonach die Kriminalität seit Jahren tendenziell abnimmt. Das mag in einzelnen Bereichen stimmen, aber in anderen nicht. Erklären Sie lieber den Opfern ausländischer Gewalttaten, weshalb mehr als ein Drittel der in Nordrhein-Westfalen Inhaftierten Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind, während sie nur grob ein Sechstel der Gesamtbevölkerung in Nordrhein-Westfalen ausmachen. Und vor allem erklären Sie den Opfern, was Sie dagegen unternehmen werden, mal abgesehen von noch mehr und noch mehr und noch mehr Justiz.

Nehmen Sie sich zu Herzen, was ich gesagt habe, dann kommen wir zu einer etwas weniger belasteten Justiz. Diese weniger belastete Justiz kommt jedem redlichen Bürger in Nordrhein-Westfalen zugute. – Schönen Dank und einen guten Abend.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Röckemann. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Biesenbach das Wort. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So unterschiedlich können Wertungen sein: von Herrn Engstfeld in die Tonne gehauen, dann von Herrn Röckemann mit Rosenthal nach oben geholt und bei Frau Bongers – ich darf das mal so sagen – liebevoll behandelt.

(Zuruf von Stefan Engstfeld [GRÜNE])

Als ich vor exakt drei Jahren den ersten Haushaltsplanentwurf dieser neuen Landesregierung hier vorstellte, habe ich Ihnen gesagt, dass wir die Justiz in Nordrhein-Westfalen wieder zum Garanten für

Sicherheit und Freiheit und auch zum Garanten des Rechtsstaats machen. Heute kann ich sagen: Ich bin stolz auf das, was wir getan haben.

Sie haben gerade gehört – ich greife jetzt die Äußerung von Frau Bongers auf –: Die Zahlen sind prima, es sind nur noch nicht genug Stellen besetzt. – Na, das ist doch was.

Ich will Ihnen auch einen Vergleich mit der Vorgängerregierung nicht ersparen. Die Vorgängerregierung hat in ihrer gesamten Regierungszeit von 2011 bis 2017, also in sieben Jahren, insgesamt 1.758 neue Planstellen und Stellen im Einzelplan der Justiz geschaffen, Herr Wolf, davon allerdings 550 ohne Budget.

(Sven Wolf [SPD]: Aber die waren besetzt! – Henning Höne [FDP]: Wer war da Justizminis- ter?)

Addieren wir die Zahlen, die wir mit diesem Haushalt vorschlagen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir in lediglich vier Haushaltsjahren insgesamt 2.621 neue Planstellen und Stellen geschaffen haben.

(Sven Wolf [SPD]: Herr Minister, wenn Sie mir jetzt noch sagen, wie viele befristete Stellen das waren!)

Das Schöne ist, lieber Herr Wolf, dass uns das nicht nur Achtung in anderen Bundesländern einbringt, sondern mir manche Kolleginnen und Kollegen auch sagen: Wir beneiden dich darum.

Ich danke auch den regierungstragenden Fraktionen dafür, dass sie einfach mitmachen, dass sie erkennen: Hier ist wirklich die Notwendigkeit gegeben. Wir werden die Justiz und den Justizvollzug dahin bringen, wo er hingehört. Wir werden den Rechtsstaat Nordrhein-Westfalen wieder an die Position bringen, die ihm wirklich gebührt.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Frau Bongers, Sie beklagen – ich bin doch einverstanden –, dass wir viele Stellen nicht besetzt haben. Das liegt daran, dass wir großzügig genug waren, zu sagen: Wir schaffen die Stellen und suchen uns dann die guten Leute. – Wir könnten doch die Stellen sofort besetzen, wenn wir keine Qualitätsansprüche stellen würden. Nein, wir wollen nicht nur eine funktionierende Justiz, wir wollen auch eine qualitativ gut funktionierende Justiz.

Nehmen Sie ein anderes Beispiel, nicht nur den Justizvollzug. Addieren wir einmal, wie es im Richterdienst aussieht; Sie mögen auch addieren, wie viele Stellen nicht besetzt sind. Fakt ist, dass wir am 01.04.2017 im Vergleich zu heute 400 Stellen weniger besetzt hatten, 400 Richter und Staatsanwälte weniger als heute. Die auf den Weg gebrachten

Personalverstärkungen stehen nicht nur auf dem Papier, sie kommen auch an die Schreibtische.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Und wenn Sie sagen, dass das im Justizvollzug vielleicht etwas anderes ist, ist meine Antwort: Ja, klar. Es ist auch viel schwieriger, Menschen zu finden, die diesen Beruf ausüben können. Dazu taugt nicht jeder. Man muss die Kraft haben, täglich in die Anstalten zu gehen. Man muss die Kraft haben, dort mit den Menschen umzugehen, die einen weiß Gott nicht jeden Tag ermuntern, zu sagen: Arbeitet gut mit uns zusammen.