Peter Biesenbach

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich unterstelle einmal jedem in diesem Raum, dass Sie genauso wie die Landesregierung natürlich ein Interesse daran haben, dass Mieter und Mieterinnen vor Wohnungsverlust geschützt werden.
Lieber Herr Becker, der den Antrag für die SPD begründet hat, ich meine, die Fragen, die Kollege Klocke hier gestellt hat, sind schon zu beantworten. Nicht nur die SPD ist Teil der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat ja gerade und bewusst im Sommer dieses Jahres die Verlängerung abgelehnt. Warum? – Weil sie die Notwendigkeit nicht erkannte. Warum jetzt plötzlich die Notwendigkeit wieder da sein soll, ist zumindest aus Ihrer Antragsbegründung nicht erkennbar. Aus der Sicht der Landesregierung liegt auch keine belastbare Grundlage dafür vor, dass eine Wiederaufnahme des Kündigungsmoratoriums zum derzeitigen Zeitpunkt erforderlich ist.
Herr Kollege Paul hat dazu schon einige Zahlen deutlich genannt, ich will nur wenige wiederholen. Nach den bekannten Umfragen ist es infolge der Coronapandemie bisher nur zu einer geringen Zunahme an Mietrückständen gekommen.
Laut einer Umfrage unter den Mitgliedern des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen ist es zwischen April und Juni, also dem Zeitpunkt des ersten Moratoriums, nur bei 0,6 % der Mietverhältnisse zu Zahlungsausfällen gekommen. Stundungsanträge sind gerade einmal bei 0,3 % aller Mieterverhältnisse gestellt worden.
Vonovia wurde hier schon erwähnt. Laut Angaben war es bei rund 1 % der Mieterinnen und Mieter notwendig, einvernehmliche Lösungen zu finden.
Haus & Grund hat im August mitgeteilt, dass 90 % der Vermieter keine coronabedingten Mietausfälle zu beklagen haben.
Dieser geringe Anstieg von Mietrückständen bei Wohnraummieten spricht aus Sicht der Landesregierung dafür, dass die sozialen Sicherungssysteme, wie hier bereits betont wurde, und die ergriffenen Hilfsmaßnahmen derzeit als ausreichend anzusehen sind, um Mieterinnen und Mieter vor Wohnungsverlust zu schützen.
Wir gehen auch davon aus – das wurde schon mehrfach betont –, dass Vermieterinnen und Vermieter natürlich ein Interesse daran haben, Mieter zu behalten, und daher eine große Gesprächsbereitschaft besteht.
Ergebnis: gegenwärtig keine Erkenntnis. Hier sind sich Bundesregierung und Landesregierung einig. Sollte sich das ändern, dann können wir gerne wieder darüber sprechen. Dann mag es auch eine neue Grundlage zu einer Entscheidung geben. Im Augenblick kann dieser Antrag wirklich nur abgelehnt werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So unterschiedlich können Wertungen sein: von Herrn Engstfeld in die Tonne gehauen, dann von Herrn Röckemann mit Rosenthal nach oben geholt und bei Frau Bongers – ich darf das mal so sagen – liebevoll behandelt.
Als ich vor exakt drei Jahren den ersten Haushaltsplanentwurf dieser neuen Landesregierung hier vorstellte, habe ich Ihnen gesagt, dass wir die Justiz in Nordrhein-Westfalen wieder zum Garanten für
Sicherheit und Freiheit und auch zum Garanten des Rechtsstaats machen. Heute kann ich sagen: Ich bin stolz auf das, was wir getan haben.
Sie haben gerade gehört – ich greife jetzt die Äußerung von Frau Bongers auf –: Die Zahlen sind prima, es sind nur noch nicht genug Stellen besetzt. – Na, das ist doch was.
Ich will Ihnen auch einen Vergleich mit der Vorgängerregierung nicht ersparen. Die Vorgängerregierung hat in ihrer gesamten Regierungszeit von 2011 bis 2017, also in sieben Jahren, insgesamt 1.758 neue Planstellen und Stellen im Einzelplan der Justiz geschaffen, Herr Wolf, davon allerdings 550 ohne Budget.
Addieren wir die Zahlen, die wir mit diesem Haushalt vorschlagen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir in lediglich vier Haushaltsjahren insgesamt 2.621 neue Planstellen und Stellen geschaffen haben.
Das Schöne ist, lieber Herr Wolf, dass uns das nicht nur Achtung in anderen Bundesländern einbringt, sondern mir manche Kolleginnen und Kollegen auch sagen: Wir beneiden dich darum.
Ich danke auch den regierungstragenden Fraktionen dafür, dass sie einfach mitmachen, dass sie erkennen: Hier ist wirklich die Notwendigkeit gegeben. Wir werden die Justiz und den Justizvollzug dahin bringen, wo er hingehört. Wir werden den Rechtsstaat Nordrhein-Westfalen wieder an die Position bringen, die ihm wirklich gebührt.
Frau Bongers, Sie beklagen – ich bin doch einverstanden –, dass wir viele Stellen nicht besetzt haben. Das liegt daran, dass wir großzügig genug waren, zu sagen: Wir schaffen die Stellen und suchen uns dann die guten Leute. – Wir könnten doch die Stellen sofort besetzen, wenn wir keine Qualitätsansprüche stellen würden. Nein, wir wollen nicht nur eine funktionierende Justiz, wir wollen auch eine qualitativ gut funktionierende Justiz.
Nehmen Sie ein anderes Beispiel, nicht nur den Justizvollzug. Addieren wir einmal, wie es im Richterdienst aussieht; Sie mögen auch addieren, wie viele Stellen nicht besetzt sind. Fakt ist, dass wir am 01.04.2017 im Vergleich zu heute 400 Stellen weniger besetzt hatten, 400 Richter und Staatsanwälte weniger als heute. Die auf den Weg gebrachten
Personalverstärkungen stehen nicht nur auf dem Papier, sie kommen auch an die Schreibtische.
Und wenn Sie sagen, dass das im Justizvollzug vielleicht etwas anderes ist, ist meine Antwort: Ja, klar. Es ist auch viel schwieriger, Menschen zu finden, die diesen Beruf ausüben können. Dazu taugt nicht jeder. Man muss die Kraft haben, täglich in die Anstalten zu gehen. Man muss die Kraft haben, dort mit den Menschen umzugehen, die einen weiß Gott nicht jeden Tag ermuntern, zu sagen: Arbeitet gut mit uns zusammen.
Die Anstalten schreiben aus, die Anstalten stellen ein, führen die Gespräche. Die Anstalten selbst suchen sich aus, wen sie haben wollen. Wenn das nun etwas länger dauert, dann liegt das daran, dass wir in den Anstalten keine Probleme haben wie vielleicht in anderen Bereichen. Das ist doch ein Vorteil und spricht dafür, dass wir eine gut funktionierende Situation haben. Wenn Sie also sagen – dann einige ich mich sofort mit Ihnen –, der Wunsch ist, die Stellen zu besetzen, dann haut das hin.
Frau Präsidentin, ich bitte um Nachsicht, wenn ich die Redezeit ein wenig überziehe, aber ich muss mich noch ein wenig mit Herrn Engstfeld auseinandersetzen.
Herr Engstfeld, Sie haben so nett gefragt: Warum müssen die freien Träger in Sachen „Haftvermeidung“ aufgeben? Ganz einfach: Wir hatten in zwei Anstalten noch freie Träger, die Haftvermeidung und Haftverkürzung bearbeiten konnten. Da wir wollen, dass in allen Anstalten das Thema „Haftvermeidung und Haftverkürzung“ bearbeitet wird, versuchen wir, das Übergangsmanagement entsprechend auszuweiten. Wenn Sie den Haushalt sehen, stellen sie fest, dass dort die Stellen für die entsprechenden Sozialarbeiter ausgebracht sind.
Unser Ziel ist es, das in allen Anstalten anzubieten. Wir haben den freien Trägern angeboten, dass wir, wenn sie es denn möchten, das Personal, das sie da haben, übernehmen. Hier wird also nichts aufgegeben, sondern hier wird aufgebaut. Wir wollen die Haftvermeidung zu einem umfassenden Angebot machen.
Jetzt zu einem Punkt, der der Hauptteil Ihrer heutigen flammenden Rede war: Cum-Ex. Lieber Herr Engstfeld, Sie wissen, wir wissen beide, dass wir uns gegenseitig schätzen. Aber ich kann Ihnen hier den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie sich in dieser Sache nicht rundherum informiert haben. Als ich das Amt übernahm, habe ich das Personal im Vergleich zu heute nicht nur vervierfacht, sondern auch gesagt: Wir sorgen dafür, dass wir massiv angreifen.
Sie sagen, dass ich zugegeben hätte, im November nicht ausschließen zu können, dass einige Sachen vielleicht schon verjährt seien. – Ja, natürlich, aber
die waren verjährt, als ich das Amt übernahm. Herr Engstfeld, beim Aufarbeiten der ganzen Situation erfahren wir, dass wir möglicherweise gar nicht wissen, was aus Vorzeiten schon alles verjährt ist.
Ich mache keinem einen Vorwurf, wir mussten das alles erst aufarbeiten. Wenn Sie wollen, können wir darüber in Ruhe debattieren. Auch heute kann es immer noch zu der Situation kommen, dass Sachen verjährt sind, die wir gar nicht kennen. Es kann immer noch sein, dass Sachen verjähren, weil wir sie noch nicht kennen. Das ist eben der Wust, der da kommt; aber die Sachen, die wir kennen, gehen wir auch entsprechend an.
Sie fragen, ob wir hartnäckig genug seien. – Ich werde Ihnen von einem tollen Erfolg berichten: Wir haben vor wenigen Wochen im Bundesrat einen Antrag gestellt, die relative Verjährungsfrist zu verändern und – der Rechtsprechung des BGH folgend – bezüglich der Einziehung von Vermögen die Vorschriften zu ändern, um auch da keine Verjährung zu riskieren. Es gab Bewegungen sowohl im Bundesfinanzministerium als auch im Bundesjustizministerium dahingehend, diesen Weg nicht mitzugehen.
Ich bin heute richtig stolz darauf, dass wir es inzwischen geschafft haben, dass CDU/CSU-Fraktion und SPD-Fraktion das, was wir für richtig halten, in diesem Jahr im Jahressteuergesetz 2020 verabschieden werden und damit diese Risiken beseitigen. So arbeiten wir – im Stillen, aber konsequent und erfolgreich. Ich finde es toll, dass der Bund in der Lage war, zu sagen: Ja, wir machen das, wir halten das für richtig, und wir übernehmen das. – Das sind die Dinge, die wir brauchen, damit wir die Arbeit erfolgreich erledigen können.
Wenn Sie wollen, können wir das gerne in aller Ruhe vertiefen. Wir wollen, dass diese kriminelle Industrie, die Steuerhinterziehungsindustrie, da angepackt wird, wo es weh tut. Wir wollen ihr Geld, und wir wollen alle diejenigen, die dort kriminell sind, vor Gericht bekommen.
Damit Sie den aktuellen Stand kennen: Wir haben das erste Gerichtsurteil in Bonn. Dort sind die Akteure der – wenn Sie so wollen – operativen Ebene verurteilt worden. Es läuft jetzt ein Prozess – Sie können es nachlesen – mit einem prominenten Verteidiger: Peter Gauweiler. Wir haben die mittlere Ebene im Augenblick nicht nur angeklagt, vielmehr hat das Verfahren schon begonnen. Wir werden in kurzer Zeit, in wenigen Wochen, auch die obere Ebene, die Leitungsebene, vor Gericht haben. Dann werden alle drei Verfahren zu Ende sein.
Was die Gerichtsverfahren angeht, werden wir richtig loslegen können, wenn wir wissen, wie sich der Bun
desgerichtshof verhält: Macht er bei der operativen Ebene, der mittleren Ebene oder auch der Führungsebene mit? Hier wird intensiv darüber nachgedacht werden müssen, wie die subjektive Seite aussieht. Kann der Vorwurf auch entsprechend nachgewiesen und erhärtet werden? Aber in dieser Situation brauchen wir die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof.
Sie müssen sich keine Sorgen machen. Im Haushalt stehen – bitte lesen Sie nach – Richter für drei weitere Kammern am Landgericht Bonn nur für Cum-ExVerfahren; für die nächsten Jahre ist das ebenfalls vorgesehen.
Das sind die Fakten. Wenn Sie sagen würden, dass Sie das gut fänden, würden sie auch Verständnis für die Arbeit zeigen, die wir machen. Wir machen viel mehr im Stillen, als allgemein bekannt wird, aber das mit Erfolg. Ich finde, das ist eine gute Politik für unser Land. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Herr Ganzke eben zu schildern begann, wer sich alles freut, habe ich spontan gedacht, ich gehöre dazu. Denn ich habe mich auch riesig gefreut.
Herr Röckemann, ich bin heilfroh – darüber freue ich mich noch mehr –, dass die Koordinationsrunde wie von Ihnen beschrieben tolle Ergebnisse erzielt hat. Die Beratungen liefen einfach reibungslos. Herzlichen Dank an alle, die in dieser Koordinationsrunde gesessen haben und ein Ergebnis erzielt haben, wie ich es mir auch gewünscht habe. Es ist gelungen, abseits jeder Politik und Gott sei Dank auch abseits von Plenardebatten darüber nachzudenken, was wirklich getan werden kann. Wir alle können über das Ergebnis zufrieden und froh sein.
Einige dieser Ergebnisse sind in anderen Bereichen erzielt worden. Sie haben mit dem Antrag zumindest den Finger in die Wunde gelegt. Am meisten Bedarf haben wir bei der Betreuung psychisch kranker und suizidaler Gefangener. Es ist ein zunehmend größer gewordenes Problem im Strafvollzug, das ständig wächst.
Kurz nach meinem Amtsantritt habe ich zwei Konzepte erarbeiten lassen, einmal betreffend die psychiatrisch intensivierte Behandlung in den Justizvollzugsanstalten des Landes und daneben zur Verbesserung der Suizidprävention im Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen.
Frau Erwin hat bereits in ihrem Beitrag geschildert, wie weit wir in dieser Hinsicht gekommen sind. Deswegen will ich das nicht wiederholen. Es sind richtige Schritte auf dem Weg, aber es reicht noch lange nicht aus.
Wir werden gerade in der ambulanten Betreuung in den Anstalten noch einiges zu verbessern haben. Der neue Haushaltsplan sieht 52 Stellen für Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes vor, die mit Aufgaben der Suizidprävention betraut werden und daran arbeiten sollen.
Wir brauchen für die psychisch erkrankten Gefangenen weitere ambulante Möglichkeiten. Hier ist die Gewinnung weiterer Konsiliarpsychiater für die Verbesserung der ambulanten Behandlung erforderlich. Ich mache mir da keine Illusionen: Die letzten Jahre haben gezeigt, wie schwer es ist und wie wenig wir in der Lage sind, Interessenten auf dem Markt zu finden.
Wir werden versuchen, die psychiatrisch intensivierte Behandlung in Analogie zu einer tagesklinischen psychiatrischen Ambulanz voranzutreiben, und hoffen auch hier, die Fachkräfte zu finden.
Aber ich mache Ihnen und mir keine Illusionen: Einen wirklichen Durchbruch beim Angebot und einen wirklichen Durchbruch für die Behandlung werden wir nur erreichen, wenn es gelingt, den Bereich der stationären Angebote deutlich zu erhöhen.
Dazu ist erforderlich, eine oder vielleicht sogar zwei neue Liegenschaften zu finden. Gerade wurde gesagt, dass unser Konzept im nächsten Jahr fertig sein soll und es vielleicht noch Jahre dauert, bis wir dann auch die Plätze haben. Ich würde sehr gern nicht neu bauen – denn das würde dann wirklich Jahre dauern –, sondern versuchen, geeignete Liegenschaften zu kaufen oder erwerben zu lassen oder anzumieten, die vorhanden sind und die wir relativ zügig umbauen können.
Denn gerade im Bereich der akuten psychotischen Schübe der Erkrankungen liegen unserer großen Bedürfnisse. Jeder kann sich selbst vorstellen, wie schlimm es ist, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Anstalt jemanden nicht behandeln können, der gerade psychisch ausklinkt und für den im Augenblick nichts anderes zur Verfügung steht als eine Zelle, in der eben nichts kaputt gemacht werden kann, in der er sich nicht selbst verletzen kann. Diese Hilflosigkeit müssen wir dringend beseitigen.
Jetzt greife ich noch einmal den Appell aller auf. Der Finanzminister ist nicht da; ich kann das jetzt tun. Seien Sie doch innerlich bereit – Herr Ganzke schmunzelt –, wieder genauso zusammenzustehen wie in der Koordinationsrunde, wenn es darum geht, so eine Liegenschaft zu bekommen.
Denn für den Haushaltsplan konnte ich keine Mittel dafür anmelden. Die waren haushaltsmäßig nicht zu
veranschlagen, weil wir keine konkreten Angebote hatten. Aber sollte es gelingen, im nächsten Jahr eine Liegenschaft zu finden, die geeignet ist, dann bitte ich Sie alle, sich genauso wie in der Koordinierungsrunde ganz still zusammenzuschließen, damit wir in diesem Punkt entscheidend nach vorn kommen.
Ich glaube, es ist ein tolles Ergebnis, das wir erreicht haben. Es ist genauso ein tolles Ergebnis, dass wir so einmütig sagen: Da müssen wir etwas tun. – Das macht mich richtig froh. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Röckemann, als ich Ihre Begründung hörte, habe ich Sie bedauert. Mir ging durch den Kopf: Armer Kerl! – Die AfD hat sich heute vorgenommen, in jedem Bereich jeden Sprecher dazu zu bringen,
einen Antrag zu formulieren, der mögliches Fehlverhalten aufzeigt.
Aber lieber Herr Röckemann, Sie haben das Gegenteil geschafft. Ich dachte, jetzt müsste ich Belege bringen für die Sorgen, die wir dann hätten teilen können. Aber wenn Ihre Sorge nur darin besteht, dass sich Ihr sprichwörtliches altes Mütterchen eine Erkältung holt, dann sind die Sorgen nun wirklich nicht begründet.
Umgekehrt: Sie haben gerade die Urteile angeführt, die Verwaltungsgerichte als Kontrolle der Maßnahmen, die die Bürger heute beklagen, gesprochen haben. Da ist der Beleg! Einen besseren gibt es doch gar nicht als die Praxis. Der Rechtsstaat funktioniert.
Wenn Sie heute in ein Gerichtsgebäude gehen, dann werden Sie feststellen, dass dort permanent Menschen präsent sind und arbeiten. Das fällt denen nicht leicht. Wir haben intern heftige Diskussionen,
mit welchen Maßnahmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gebäuden der Justiz in der Praxis geschützt werden können. Es ist schon manche Überzeugungsarbeit nötig, damit die Grundbuchämter, die Kassen und die Stellen, wo Personalverkehr besteht, voll präsent sind.
Ich bin ungemein stolz darauf – und das belegt die Statistik der letzten Monate –, dass die Rückstände kaum, nur in ganz wenigen Gebieten und nur bei ganz wenigen Gerichten, gewachsen sind. Im Gegenteil: In der Regel ist nichts angewachsen, bei einer großen Zahl von Behörden ist die Zahl der eingegangenen Fälle sogar gesunken. Das heißt, hier wurden Rückstände abgebaut – auch ein Beweis dafür, dass die Justiz funktioniert.
Lassen Sie mich noch auf den Justizvollzug zu sprechen kommen. Vielleicht haben wir auch ein bisschen Glück, aber auch hier haben die Maßnahmen dabei geholfen, dass wir im Augenblick in der Lage sind – und es hoffentlich auch weiterhin sein werden –, in den Anstalten die Pandemie zu beherrschen, sodass dort keine großen Nöte entstehen.
Natürlich beklagen sowohl die Strafgefangenen als auch die Mitarbeiter und auch die Familien, dass die Besuchsregelungen Kontakte verhindern. Aber auch das beweist, dass der Rechtsstaat funktioniert. Ich bin stolz darauf, wie er funktioniert, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, all denjenigen zu danken, die da sind, die kommen – ob das die Vorzimmerdamen sind, ob das die Wachtmeister sind. Und ich möchte auch all denjenigen danken, die die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten, und die das mit einer großen Leistungsfähigkeit machen, damit keine Rückstände entstehen, damit wir Urteile bekommen und damit auch all die Arbeit wieder überzeugt.
Schauen Sie sich die Gerichte an: Morgen beginnt in Münster ein großer Strafprozess, der nicht warten kann. Die Justiz funktioniert, und ich bin stolz darauf. Ich glaube, der Beifall, den Sie gleich geben werden, ist der Dank an diejenigen, die in der Justiz arbeiten. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist auch für ein Mitglied der Landesregierung eine begrüßenswerte Situation, wenn sich zumindest die vier demokratischen Fraktionen im Ziel und im Anliegen einig sind.
Liebe Frau Schäffer, es mag durchaus Situationen geben, in denen, wie Sie sagen, mehr getan werden kann oder, Frau Bongers, in denen wir an der einen oder anderen Ecke systematische Bedenken haben. Das mag alles zutreffend sein. Fakt ist aber, dass wir hier eine deutliche Linie verfolgen, wo Einhalt geboten werden muss und wo nicht, und dass wir schauen, was alles notwendig ist, um unser Ziel zu erreichen.
Ich kann für mich selbst nur immer wieder sagen, dass ich bestürzt und fassungslos bin und noch immer nicht begreifen kann, was wir mitten in unserem Land erleben, wenn wir auf Lügde, Bergisch Gladbach oder Münster schauen. Ich hätte mir nie vorstellen können, in welchem unerkannten Ausmaß wir mit sexueller Gewalt gegen Kinder und sogar gegen Säuglinge – das muss man sich einmal vorstellen! – konfrontiert werden. Ich hätte es mir nicht vorstellen können.
Jeden Tag, an dem wir neue Ergebnisse bekommen und Erkenntnisse gewinnen, kann ich nur mit Entsetzen den Umfang und die Reichweite der Netzwerke erkennen, in denen die furchtbaren Gewalttaten gegen die Schwächsten unserer Gesellschaft verbreitet und vermarktet werden.
Frau Schäffer, Sie haben eben gesagt, es sei gut, dass wir massiv auch über die Polizei vorgehen. – Das ist absolut richtig. Aber ich bitte, auch festzuhalten, dass die Gerichte diesen Weg mitgehen. Ich habe bisher keine Kritik am Strafmaß gehört, wenn es zu Urteilen gekommen ist, und ich bin sicher, unsere Gerichte wissen, wie sie ihrer Verantwortung gerecht werden.
Ich möchte auch – das ist bisher ein bisschen kurz gekommen – mein tiefempfundenes Mitgefühl für die zahlreichen Opfer ausdrücken. Denn ihr Leben ist teils seit frühester Kindheit durch die Taten gekennzeichnet. Sie sind, statt Halt und Geborgenheit zu erfahren, häufig Schmerz und Schutzlosigkeit ausgesetzt.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder auch sexuelle Gewalt gegen Kinder sind tiefe Einschnitte in die Lebensläufe der Opfer. Missbrauchserfahrungen führen oft zu langanhaltenden psychischen Beeinträchtigungen. Sexueller Missbrauch im Kindesalter kann im Erwachsenenalter schwere Folgen haben, denn er macht sich das kindliche Bedürfnis nach Bindung und Geborgenheit in perfider Weise zunutze, und so werden ganze Biografien zerstört.
Bilder und Filme dieser abscheulichen Taten zirkulieren in ungeheuren Mengen im Internet und in den sozialen Netzwerken. Auch dies hat die Aufdeckung der Missbrauchsfälle in unserem Land deutlich gemacht. Die widerwärtige Produktion und Verbreitung des Bildmaterials in einem – inzwischen muss ich es so nennen – geradezu industriellen Ausmaß verschärfen das Leid der Opfer und führen zu weiteren Taten. Denn eines ist klar: Auch der Markt für Missbrauchsdarstellungen unterliegt den Regeln von Angebot und Nachfrage.
Wie groß dieser Markt ist, lässt sich kaum präzise beziffern. Soweit wir Zahlen haben, sprechen diese jedoch eine erschreckende Sprache. Die Verbreitung von Bildern und Videos mit Missbrauchsdarstellungen in Deutschland nimmt immer weiter zu. Allein im Jahr 2018 erhielt das Bundeskriminalamt rund 70.000 Hinweise zu Dateien mit diesen Inhalten von der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation National Center for Missing and Exploited Children. Im Vergleich zu 2017 bedeutet dies eine Verdoppelung der Hinweise.
Auch der Aufwand, den die Täter betreiben, lässt in Ansätzen das Ausmaß der Vermarktung menschlichen Leids erahnen. Bei den Ermittlungen im Fall Münster wurden rund 500 TB hochverschlüsselte Dateien sichergestellt. Das muss man sich bitte
einmal vorstellen. 1 TB bietet Platz für etwa 500 Stunden HD-Videos. 500 TB sind allein im Fall Münster entdeckt worden. Das bedeutet rund 250.000 Stunden HD-Videos – für mich unfassbar und unvorstellbar.
Die Daten waren in einem Serverraum gespeichert, den die Tatverdächtigen eigens zu diesem Zweck eingerichtet hatten. Für die Herstellung des Bildmaterials verfügten sie über eine professionelle Filmausrüstung. Allein die Zahlen im Fall Münster lassen erahnen, in welchem Umfang hier Missbrauch betrieben wurde.
Klar ist: Nicht allein die Zahl der Missbrauchsdarstellungen ist ungeheuerlich, auch die Zahl der Missbrauchstaten wächst. Die nordrhein-westfälische Polizei hat im Jahre 2019 2.805 Missbrauchsfälle registriert. Das ist ein Anstieg um fast 16 % gegenüber 2018.
Ich möchte an dieser Stelle den Frauen und Männern, die sich täglich für die Aufdeckung und Aufklärung dieser furchtbaren Taten sowie für die Heilung und das Wohl der Opfer einsetzen, ausdrücklich danken.
Die Landesregierung hat zur intensiveren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern bereits wichtige Schritte unternommen. Wir haben frühzeitig einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz von Kindern und wehrlosen Personen im Sexualstrafrecht in den Bundesrat eingebracht. Er sieht unter anderem Strafschärfungen beim sexuellen Missbrauch von Kindern sowie beim Besitz und der Verbreitung von Kinderpornografie vor. Auf die Situation sind bereits meine Vorredner eingegangen, deswegen kann ich mich auf die inhaltliche Darstellung beschränken.
Wir können, müssen und dürfen bei dem, was wir bis jetzt eingebracht und erreicht haben, nicht stehen bleiben. Wir müssen sexuellen Kindesmissbrauch mit allen Mitteln und an allen Fronten bekämpfen.
Zum einen brauchen wir dazu im Verfahrensrecht Änderungen, die ein schnelles und effektives Vorgehen gegen Täter ermöglichen.
Hier geht der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, der Ende August veröffentlicht worden ist, in die richtige Richtung. Um die Gefahr weiterer Missbrauchstaten durch Tatverdächtige zu verringern, sieht er eine Anpassung der Vorschriften über die Untersuchungshaft vor. Künftig soll die schwere sexualisierte Gewalt gegen Kinder in den Katalog des § 112 Abs. 3 der Strafprozessordnung aufgenommen werden. Damit wird der Erlass eines Haftbefehls bereits dann ermöglicht, wenn die Haftgründe der Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr nach den Umständen des Falles nicht auszuschließen sind.
Wenn die Fraktionen dieses Hohen Hauses eine Erweiterung wollen, unterstützt die Landesregierung dies gerne, so wie es heute mit einem Teil des Antrags erfolgen soll. Denn wir wollen auch hier, dass sexualisierte Gewalt künftig unter erleichterten Voraussetzungen Untersuchungshaft nach sich ziehen kann.
Zum anderen müssen wir den Handel mit sogenannten Kindersexpuppen beenden. Diese widerlichen Sexspielzeuge sehen aus wie Kinder und Jugendliche und sind auch so groß wie sie. Für Preise zwischen 300 und 1.000 Euro kann man sich über das Internet ein Kind seiner Wahl aus Silikon bestellen. Die Puppen kommen aus dem Ausland. Auch wenn uns keine Forschungsergebnisse vorliegen, erkennen Therapeuten darin eine große Gefahr, den Einstieg in den realen Missbrauch gleichsam einzuüben. Diese Puppen festigen die Pädophilie und bahnen den Weg in die sexualisierte Gewalt an Kindern.
Dem Zoll, der die Einfuhr unterbinden könnte, sind derzeit die Hände gebunden. Deshalb müssen die Verbreitung, die Einfuhr, der Erwerb und der Besitz von Kindersexpuppen in Deutschland umfassend unter Strafe gestellt und auch europaweit geächtet werden. Andere Länder, beispielsweise Dänemark, sind da schon ein Stück weiter. Deutschland muss, zumal in Zeiten der EU-Ratspräsidentschaft, hier zügig tätig werden.
Mit ihren gemeinsamen Anträgen setzen die Fraktionen von CDU und FDP nicht nur ein wichtiges Zeichen, sondern geben konkrete Handlungsempfehlungen, wie die sexuelle Gewalt an Kindern wirksam bekämpft werden kann.
Nach den Reden meiner Vorrednerin und meines Vorredners bin ich zuversichtlich, dass alle Fraktionen dieses Hauses diese Initiative mittragen und den Anträgen zustimmen werden.
Frau Schäffer, noch einmal zu Ihnen: Über die Fortbildung von Familienrichtern sollten wir mal in einem Arbeitskreis zu einem anderen Zeitpunkt nachdenken. Es ist nicht ganz einfach – von den Themen her schon, aber nicht in der Verpflichtung. Aber bereit sind wir dazu sicher. Wenn Sie einmal in das Programm der Rechtsakademie in Recklinghausen schauen, sehen Sie, dass dort schon beachtliche Angebote enthalten sind. Aber vielleicht können wir auch da besser werden. Also lassen Sie uns darüber sprechen.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als wir vor etwas über einem Jahr an dieser Stelle über den gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen zur Weiterentwicklung des Opferschutzes in NordrheinWestfalen diskutiert haben, habe ich betont, dass die Landesregierung nicht haltmachen wird beim Ausbau des Opferschutzes und zudem selbstverständlich alles, was dazu im Koalitionsvertrag steht, umsetzen wird.
Mit dem vorliegenden Antrag werden zunächst zwei Ziele des Koalitionsvertrags aufgegriffen.
So ist in diesem vereinbart, dass eine an Opferbelangen ausgerichtete Aus- und Weiterbildung für die Strafverfolgungsorgane sichergestellt werden soll. Die Landesregierung hat hierzu bereits vieles auf den Weg gebracht. Das Programm der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen gewährleistet schon jetzt eine auf die Belange von Opfern
ausgerichtete Fortbildung und wurde im vergangenen Jahr im Vergleich zu den Vorjahren deutlich erweitert.
Wir bleiben dabei aber nicht stehen, sondern nehmen das vorhandene Angebot noch einmal in den Blick, um die bedarfsgerechte Gestaltung zu sichern. Eine Verlagerung der Fortbildung zu mehr Inhouseschulungen kann dabei ein sinnvoller Weg sein, um möglichst vielen Bediensteten eine Teilnahme zu ermöglichen.
Im Koalitionsvertrag ist zudem weiter vereinbart worden, dass die Vernehmung eines Opfers zu schambesetzten Sachverhalten – das können neben Sexualstraftaten zum Beispiel Fälle häuslicher Gewalt sein – bereits im Ermittlungsverfahren möglichst durch eine Person gleichen Geschlechts durchgeführt werden soll, wenn das Opfer dies möchte.
Mir ist wichtig zu betonen, dass die männlichen wie weiblichen Bediensteten von Polizei und Justiz in Nordrhein-Westfalen bereits heute verpflichtet sind, Opfer schonend zu vernehmen.
Es Opfern bei bestimmten Sachverhalten zu ermöglichen, sich bei Polizei oder Staatsanwaltschaft von einer Person gleichen Geschlechts vernehmen lassen zu können, ist aber ein weiteres wichtiges Signal und geeignet, etwaige Hemmschwellen gegenüber einer Anzeigenerstattung abzubauen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag greift zudem drei Vorschläge auf, die die Sachverständigen in der Anhörung zu dem Antrag der Regierungsfraktionen zur Weiterentwicklung des Opferschutzes in Nordrhein-Westfalen im Januar dieses Jahres gemacht hat.
So können die mit dem Antrag geforderten Koordinatorinnen und Koordinatoren eine wichtige Rolle bei der von der Landesregierung intensiv geförderten Vernetzung der vielfältigen Einrichtung des Opferschutzes und der Opferhilfe in Nordrhein-Westfalen spielen. Sie können insbesondere die Einbindung der Justiz in lokale Netzwerke stärken, denen große Bedeutung zukommt. Die Landesregierung pilotiert das Modell der Koordinatorinnen und Koordinatoren zurzeit bereits bei mehreren Staatsanwaltschaften, Amts- und Landgerichten in unserem Land. – Zum Jahresende werden uns erste Ergebnisse vorliegen, auf denen wir dann gemeinsam aufbauen können.
Wenn mit dem Antrag zudem die Bereitstellung von kind- und jugendgerechten Warteräumen für Opferzeugen gefordert wird, ist dies ein Anliegen, dass die Landesregierung ebenfalls uneingeschränkt teilt. Wir haben mit dem erneuerten Musterraumbedarfsplan bereits dafür Sorge getragen, dass entsprechende Räume bei der Errichtung von Neubauten und der baulichen Erweiterung von Bestandsbauten einzurichten sind. Etwas schwieriger ist die Lage natürlich bei bestehenden Gebäuden, aber auch dort sollen im
Rahmen des Möglichen Kindern und Jugendlichen eigene Wartezimmer zur Verfügung gestellt werden.
Der Landesregierung ist schließlich auch die mit dem Antrag geforderte regelmäßige Benachrichtigungspflicht gegenüber Verletzten über den Ausgang des Verfahrens wichtig. Wir alle wissen, dass eine hohe Transparenz des Strafverfahrens für Opfer große Bedeutung hat. Ihrem berechtigten Interesse nach Informationen müssen und wollen wir nachkommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Opferschutz und Opferhilfe werden auch in Zukunft ein Schwerpunkt dieser Landesregierung bleiben. Der vor der Sommerpause verabschiedete Antrag zum zehnten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe hat hier im Plenum fraktionsübergreifende Zustimmung gefunden. Dem vorliegenden Antrag ist ein solcher Konsens ebenfalls zu wünschen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz und schmerzlos.
Auch die Landesregierung lehnt den Inhalt dieses Antrages natürlich ab. Das gilt zunächst für das im Antrag aufgeführte Begehren, der Landtag möge feststellen, dass die Unabhängigkeit der Gerichte essenziell für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ist, sowie dass es dem Bundesverfassungsgericht weiterhin unbenommen bleibe, zu prüfen, ob Organe der EU ultra vires agieren. Eine solche Feststellung, liebe Antragsteller, ist aus Sicht der Landesregierung weiß Gott nicht erforderlich.
Denn es handelt sich sowohl bei der Unabhängigkeit der Justiz als auch bei der Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts, Maßnahmen europäischer Organe auf das Vorliegen eines Ultra-vires-Aktes zu prüfen, um Selbstverständlichkeiten, die alle hier im Landtag vertretenen demokratischen Parteien respektieren.
Dies wird auch durch die im Antrag der AfD aufgeführten kritischen Stellungnahmen unterschiedlicher Politikerinnen und Politiker nicht erkennbar in Abrede gestellt. Politischen Funktionsträgern ist es nicht verboten, gerichtliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die ja häufig hochpolitische Bezüge haben, zu kommentieren und zu bewerten.
Das gilt gerade auch im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in welchem selbiges ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in einem bestimmten Punkt als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar bezeichnet hat und somit seinerseits den Gerichtshof kritisiert. Eine besondere Feststellung durch den Landtag zu den vorgenannten beiden Themen ist nach alledem nicht veranlasst.
Auch der von den Antragstellern weiterhin geforderte Beschluss des Landtags zu unterschiedlichen Themen ist aus Sicht der Landesregierung abzulehnen.
Der insofern geforderte Appell an alle politischen Verantwortungsträger, die Unabhängigkeit der Justiz zu bewahren, ist bereits vor dem Hintergrund meiner vorgehenden Erwägungen erkennbar nicht erforderlich.
Weiter ist der geforderte Appell an die EUKommission, von der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts abzusehen, nicht geboten. Das gilt bereits deswegen, da das Land nicht Adressat
eines Vertragsverletzungsverfahrens wäre, das sich gegen die Bundesrepublik richten würde.
Im Übrigen fällt die Prüfung der Frage, ob ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird, allein in den Zuständigkeitsbereich der EU-Kommission.
Für den Fall, dass tatsächlich ein förmliches Verfahren eingeleitet wird, steht es der Bundesrepublik Deutschland ohnehin offen, hiergegen im Rahmen des ihr in diesem Verfahren zukommenden Äußerungsrechts Stellung zu nehmen und die eigene Position zu erläutern.
Schließlich ist auch eine Aufforderung an die Landesregierung, sich für eine Einstellung des aktuellen Hilfsprogramms der EU zur Bewältigung der Coronakrise einzusetzen, abzulehnen. Das gilt bereits deswegen, da dieses Programm, was der Antrag selbst auch zugesteht, nicht Gegenstand des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gewesen ist. Danach ist auch die im Antrag implizit durchscheinende Auffassung, dass Gründe, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung angeführt hat, erst recht auch für das aktuelle Programm gelten müssten, spekulativ. Entsprechend fehlt schon ein hinreichender Anlass für eine solche Aufforderung an den Landtag.
Im Übrigen fällt die Entscheidung, inwiefern das aktuelle europäische Coronaprogramm weiter zu unterstützen ist, ebenso wie beim vormaligen Programm der EZB, in die Zuständigkeit von Organen des Bundes. Dies hat das Bundesverfassungsgericht auch in seinem aktuellen Urteil allein adressiert.
Deswegen verstehe ich den Sinn und die Motivation für den Antrag nicht. Natürlich kann er nur rundherum abgelehnt werden.
Herr Wolf, auch bei dieser Mündlichen Anfrage halten Ihre Behauptungen in der Anfrage einem Faktencheck nicht stand. In Ihrem Text heißt es:
„Nach mehreren teils sehr gravierenden Übergriffen auf Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher hat der Minister der Justiz Peter Biesenbach vor ungefähr einem Jahr den Aufbau einer landesweiten Gefährderdatei für alle Beamtinnen und Beamte ‚im Außendienst‘ angekündigt. Diese Ankündigung hat er mehrere Monate später aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken zurückgezogen.“
Diese Aussage ist falsch. Richtig ist: Die Schaffung einer justizinternen Gefährderdatei ist weder gegenüber dem Rechtsausschuss noch gegenüber der Presse angekündigt worden.
Die Landesregierung hat im Bericht zu der 27. Sitzung des Rechtsausschusses am 16. Januar 2019 aus Anlass des Übergriffs auf eine Gerichtsvollzieherin in Bochum Überlegungen in struktureller Hinsicht angestellt. Eine entsprechende Prüfung war im Folgenden auch in den mit den Gerichtsvollzieherverbänden vereinbarten Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Sicherheit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher vom 8. Februar 2019 eingeflossen.
Über die vereinbarten Maßnahmen wurde der Rechtsausschuss in der 28. Sitzung am 13. Februar 2019 unter TOP 1 mündlich unterrichtet. Hier habe ich dem Rechtsausschuss gegenüber Folgendes ausgeführt:
„Das letzte Gespräch“
mit den Gerichtsvollziehern –
„hat am 8. Februar 2019 stattgefunden. Es war ein längeres Gespräch, und wir haben gemeinsam überlegt: Was kann getan werden, um die Sicherheit insgesamt zu erhöhen, nicht nur bei den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern, sondern bei allen, die im – in Anführungszeichen – ‚Außendienst‘ tätig sind?“
Dann heißt es einige Zeit später im Protokoll:
„Wir“
gemeint ist die Justizverwaltung –
„prüfen des Weiteren, ob es möglich ist, dass Gerichtsvollzieher sich gegebenenfalls eine eigene Datei zulegen können, in denen sie sich untereinander mitteilen, wo wem was passiert ist. Aber auch hier sehen die Verfassungsrechtler sehr hohe Hürden, die nun intensiv geprüft werden.“
Bei dem runden Tisch mit den Gerichtsvollzieherverbänden am 9. April 2019 wurde das vorläufige Ergebnis der Prüfung einer Gefährderdatei diskutiert. Hierzu ist in dem entsprechenden Protokoll festgehalten – ich zitiere wieder –:
Herr Dr. Thesling führt in die Thematik ein und weist darauf hin, dass die wirksame und schnell umsetzbare Möglichkeit einer Abfrage im Bundeszentralregister der Einrichtung einer Gefährderdatei vorzuziehen sei. Sodann berichtet Herr Dr. Trierweiler über den Sachstand der Prüfungen und die verfassungsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Ermächtigungsgrundlage, Datensammlung und Datenpflege sowie insbesondere eine Datenabfrage ohne konkreten Gefahrenverdacht. – Ende des Zitats aus diesem Protokoll.
Der Rechtsausschuss wurde über die weiteren Entwicklungen im Hinblick auf die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen in der 35. Sitzung am 3. Juli 2019 mit schriftlichem Bericht zu TOP 16 unterrichtet. Die Schaffung einer Gefährderdatei wurde dabei in Anbetracht der Zurückstellung weiterer Prüfungen nicht erwähnt.
Zuletzt war die Einführung einer justizinternen Gefährderdatei im Rahmen des nichtöffentlichen Teils der Sitzung zu TOP 4 in der 47. Sitzung des Rechtsausschusses am 15. Januar 2020 vor dem Hintergrund des in Köln verstorbenen kommunalen Vollziehungsbeamten thematisiert worden. Hierzu hat Herr Abteilungsleiter Z. ausgeführt – ich zitiere wieder aus dem Protokoll –:
„Darüber hinaus gehend wollten wir eine Datei anlegen, die wir Gefährder-Datei genannt haben, also eine Datei, in der alle Vorfälle gespeichert werden, die von allen Vollstreckungsbeamten aufgerufen werden kann, damit sie in der Lage sind, über eine elektronische Abfrage erste Erkenntnisse zu erhalten.
Das bezog sich aber aufgrund unserer Zuständigkeit nur auf die Vollstreckungsbeamten der Justiz, also auf die Gerichtsvollzieher, aber nicht auf kommunale Beamte. Für die haben wir … keine Regelungszuständigkeit. Für die können wir eine solche Datei … nicht installieren.
Wir haben das sehr intensiv geprüft und auch versucht, das auf die Beine zu stellen. In umfangreichen Stellungnahmen auch aus unserem Geschäftsbereich sind wir aber darauf hingewiesen worden, dass es bei dieser Lösung ganz erhebliche verfassungsrechtliche und datenschutzrechtliche Probleme gibt.
Das zu der Frage von Herrn Wolf, ob wir eine verfassungsrechtliche Prüfung initiiert haben. Diese Bedenken haben wir natürlich mit unseren Verfassungsjuristen aus dem Haus abgestimmt und sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass das einer sehr sorgfältigen Prüfung bedarf und so schnell nicht realisiert werden kann.“
Unser Augenmerk lag immer darauf, insbesondere die Informationsausstattung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher zu verbessern. Dem Minister des Innern und mir ist es gelungen, mit dem inzwischen neu gefassten und auch veröffentlichten, geänderten gemeinsamen Runderlass über die Zusammenarbeit zwischen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern bzw. Vollziehungsbeamtinnen und Vollziehungsbeamten und der Polizei alle Ziele zu erreichen, für die ursprünglich die Einrichtung einer Gefährderdatei mit überlegt worden ist.
Mit der Neufassung dieses gemeinsamen Runderlasses entfällt nunmehr das Erfordernis, für eine Anfrage bei der Polizei konkrete Verdachtsmomente darzulegen. Dafür noch einmal herzlichen Dank an den Innenminister; denn das waren gemeinsame Überlegungen, von denen ich sagen muss, dass ich vorher nie erwartet hätte, dass das möglich sei. Aber wir haben eine Lösung gefunden, die den Gerichtsvollzieherinnen und allen Vollzugsbeamten die Hilfe bietet, die sie immer wollten. Mehr haben sie sich auch selber nie vorgestellt.
Mit der Neufassung entfällt also das Erfordernis, für eine Anfrage bei der Polizei konkrete Verdachtsmomente darzulegen. Dies hatte in der Vergangenheit immer wieder zu praktischen Problemen geführt. Ausreichend ist nach der jetzigen Neufassung des Runderlasses allein, dass die Abfrage in Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe der Vollstreckungsbeamtinnen und Vollstreckungsbeamten liegt.
Durch die Änderung werden bürokratische Hürden im Rahmen der Informationsbeschaffung bei der Polizei abgebaut. Damit trägt diese Maßnahme in erheblichem Maße zur Verbesserung der Sicherheit der im Gerichtsvollzieherdienst eingesetzten Beamtinnen und Beamten bei. Sie geht zugleich weit über
das hinaus, was wir mit der ursprünglich angedachten Etablierung auch einer Abfrage im Bundeszentralregister hätten erreichen können.
Die Änderung ist bereits am 21. Februar 2020 im Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen veröffentlicht worden und gilt seither. Damit haben wir – das ist nicht zu bestreiten – deutlich mehr erreicht, als mit allen ursprünglichen Überlegungen möglich gewesen wäre.
Beides – sowohl die Gefährderdatei als auch das Auskunftsrecht mit der Einsicht ins Bundeszentralregister – ist rechtlich anspruchsvoll bzw. politisch nicht unstreitig. Die Einsicht in das Bundeszentralregister hat auch die Bundesministerin der Justiz abgelehnt.
Neben den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Fragestellungen, die mit der Umsetzung einer justizinternen Gefährderdatei verbunden sind, ist außerdem zu berücksichtigen, dass deren Einführung eines Parlamentsgesetzes bedurft hätte. Alles das brauchen wir nicht mehr mit der Neuregelung, die wir gemeinsam hinbekommen haben und bei der Polizei und Gerichtsvollzieher intensiv zusammenarbeiten.
Bei dieser Ausgangslage war nach unserer Auffassung die dargestellte Neufassung des gemeinsamen Runderlasses der schnellste und wirksamste Weg zur Verbesserung der Informationsausstattung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher. Denn die polizeilichen Informationssysteme sind deutlich aussagekräftiger als jede Datei, in der Gerichtsvollzieher das sammeln, was sie möglicherweise erlebt haben und was ihnen begegnet ist. Bei der Polizei sind all die Dinge drin, die die Polizeibeamten kennen und die sie auch dazu veranlassen, in Amtshilfe bei der Vollstreckung durch Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher anwesend zu sein.
Das geschieht alles in einem Schritt. Alle übrigen Überlegungen hätten einen zweiten Schritt mit deutlich mehr Verwaltungsaufwand erfordert.
Es handelt sich also um eine Lösung, von der ich nur sagen kann: Wir sind sehr zufrieden damit. Wie ich höre, sind die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher es auch.
Nun geht es darum, dies in der Praxis zu erproben. Da sind Innenministerium und Justizministerium der Meinung, dass das eine örtliche Aufgabe ist. Der Innenminister hat die entsprechenden Mitteilungen an die örtlichen Polizeibehörden gegeben. Wir haben den Erlass veröffentlicht, sodass die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie alle Außendienstmitarbeiter, also auch der Soziale Dienst im Bereich der Justiz, diese Regelung kennen. Wir sind davon überzeugt, dass eine bessere Regelung nicht möglich wäre.
Lieber Herr Wolf, ich habe viel Verständnis dafür, dass Sie jetzt wieder Dinge in den Raum stellen. Aber Sie waren doch in den Sitzungen im Rechtsausschuss regelmäßig dabei. Hinter mir sitzt Herr Dr. Thesling, und ich nehme an, dass Herr Dr. Trierweiler auch irgendwann da ist. Die haben das alles ausführlich berichtet. Wenn Sie wollen, lese ich Ihnen auch die entsprechenden Protokollteile vor. Das kann ich alles wiederholen. Wir haben im Rechtsausschuss mehr als das Einzelne besprochen.
Jetzt äußern Sie den Wunsch, auf die staatsanwaltlichen Dateien zuzugreifen. Wir haben doch in den Ausschusssitzungen intensiv dargelegt, dass das noch nicht einmal die Polizei darf. Warum ist das so? Weil in diesen Dateien auch alle Verdachtsmomente stehen, die sich überhaupt nicht bestätigt haben bzw. die weder zu einem Verfahren führten noch sonst irgendetwas.
Deutlicher kann man es gar nicht machen. Zur Not schicke ich Ihnen das alles noch einmal, und Sie können es nachlesen. Das war einmal im Gespräch, und dann waren die Aussagen so deutlich, dass keiner mehr gesagt hat: Darüber diskutieren wir noch mal.
Wenn Sie jetzt nach der Bundesratsinitiative fragen: Das wäre nichts, was der Bundesrat regeln könnte. Das wäre auch nichts, was das Bundesjustizministerium regeln könnte. – So ist es.
Es geht nicht über den Plan der Gerichtsvollzieher hinaus. Es geht über den Gedanken einer Gefährderdatei hinaus. In der Gefährderdatei wollten Gerichtsvollzieher das Erlebte sammeln, um sich gegenseitig mitteilen zu können: Da kennen wir jemanden, der …
Bei der Polizei sind alle Situationen enthalten, die jemals dort aufgetaucht sind. Von der Polizei wollten die Gerichtsvollzieher doch immer, neben der nicht möglichen Staatsanwaltschaft, Auskunft haben. Die Polizei begleitet sie doch auch bei den Vollstreckungsmaßnahmen, wenn angenommen werden kann, dass sich Gefährdungen für die Gerichtsvollzieher ergeben. Es ging immer darum, Fakten zu bekommen, um der Polizei mitzuteilen, warum man die Begleitung wollte.
Das fällt weg. Kein Gerichtsvollzieher muss heute mehr die Polizei bitten, sondern die Gerichtsvollzieher sagen der Polizei: Wir gehen zum Schuldner XY. Haben Sie darüber Erkenntnisse? – Dann schaut die Polizei in ihren Dateien nach und teilt Ja oder Nein mit. Wenn es Erkenntnisse gibt, die darauf hindeuten, der Schuldner könnte gefährlich sein, dann geht die Polizei mit. Da muss nicht einmal etwas Neues passieren. Das ist doch der Punkt.
Es wäre schön, wenn Sie einfach anerkennen würden, dass dies eine tolle Lösung ist. Ich will ja gar kein Lob für mich. Aber dass die Polizei sagt: „Wir machen das gerne im Interesse der Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen im Außendienst“, ist doch das Erreichte. Wir – da gucke ich den Kollegen Reul an – sind damit sehr zufrieden.
Auch hier darf ich nur darauf hinweisen – auch das haben wir längst berücksichtigt, das habe ich übrigens in meinen Ausführungen vorher mitgeteilt –, bitte die Zuständigkeiten zu prüfen.
Als Justizminister des Landes, der für die Vollziehungs- und Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten des Landes zuständig ist, kann ich für kommunale Beamte nichts regeln. In diesem Fall sind die Kommunen betroffen. Die Kommunen wissen auch, wie sie das tun müssen. Wenn sie den Wunsch hätten, hier etwas zu tun, obliegt es den einzelnen Kommunen, das mit dem jeweiligen Innenminister abzusprechen.
Zu sagen: „Ihr habt da wieder was vergessen“, ist nicht richtig. Wir halten uns an die Möglichkeiten, die wir haben, und nicht mehr.
Ja, dann sollten Sie nach den Dingen fragen, die es gibt. Ihre Frage habe ich beantwortet.
Lieber Herr Wolf, wir sprechen unter Volljuristen doch immer über Möglichkeiten und Zuständigkeiten.
Ich will Ihnen das gerne noch einmal sagen: Als Landesminister der Justiz, der die Zuständigkeit für die Beamten des Landes, die für das Land Vollstreckungsmaßnahmen zu erledigen haben, hat, kann ich keine Regelungen für den kommunalen Bereich
treffen. Das wissen Sie. Die Frage ist doch hier nur ein bisschen Show.
Herr Neumann, ich kann mich nur wiederholen. Ich habe Ihnen das eben bereits vorgelesen.
Es ging dem Gerichtsvollzieher-Bund nicht darum, eine Datei zu bekommen. Dem GerichtsvollzieherBund ging es darum, zu erfahren, ob der Schuldner, zu dem sie müssen und von dem sie nichts wissen, möglicherweise eine Gefährdung bei der Vollstreckung darstellt.
Darüber haben wir verschiedene Überlegungen angestellt. Die Überlegung, die wir jetzt umgesetzt haben, ist die weitestgehende. Die Gerichtsvollzieher sind damit zufrieden. Warum Sie das Ding noch einmal ausgraben, ist mir fremd. Wir haben das alles intensiv im Rechtsausschuss besprochen, und Herr Wolf weiß das alles.
Lieber Herr Wolf, wir sind mit den Gerichtsvollziehern intensiv im Gespräch. Nach unserer Auffassung haben wir, wenn wir die noch ausstehende Situation des mobilen Warngerätes, über das wir gemeinsam nachdenken …
Auch darüber haben wir, lieber Herr Wolf, in einer der letzten Rechtsausschusssitzungen gesprochen.
Wenn Sie alles, was wir im Rechtsausschuss besprochen haben, in der Fragestunde noch mal behandeln wollen, dann bekommen Sie auch hier die Antworten.
Sie wissen, dass wir die Geräte ausgeschrieben haben und dass wir nach der Ausschreibung in das Pilotprojekt eintreten. Das alles haben wir dargelegt, sogar mit Zeitplan.
Ich verstehe eines nicht: Wir haben im Rechtsausschuss alles endlos besprochen. Für den Rechtsausschuss nächste Woche Mittwoch haben Sie fast dieselben Fragen gestellt wie heute in der Fragestunde. Ich kann Ihnen das alles auch ausdrucken lassen. Dann bekommen Sie die Antworten wieder.
Machen Sie mir doch mal deutlich, worum es Ihnen geht. Wenn Sie etwas wollen, sind wir bereit, darüber zu diskutieren. Aber nur zu fragen, warum, wie auch immer, was wir längst besprochen haben, ist mir nicht erklärlich. Ich weiß nicht, was das soll. Wenn Sie mir da helfen, würde ich das deutlich ausführlicher erklären.
Die Situation ist: Wir glauben, wenn wir das Projekt abgeschlossen haben, dass der Masterplan damit erfüllt ist. Wir werden die Gerichtsvollzieher fragen, ob sie dann weitere Wünsche haben. Denn die sind im Gegensatz zu anderen gesprächsbereit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf, die Debatte um die notleidende Entkriminalisierung oder den notleidenden Umgang mit dem Schwarzfahren beschäftigt die Justizministerkonferenz und viele schon Jahre. Ich habe auch in dieser Debatte einen Vorschlag gemacht. Es war mir klar, dass die angesprochene Thematik komplexer ist als beispielsweise die durch die Länder Thüringen und Berlin unterbreiteten Lösungsvorschläge.
Festzustellen ist, dass für alle Lösungsvorschläge, die bisher unterbreitet wurden, auf der Bundesebene keine Mehrheit zu finden ist. Es stellen sich dabei Fragen nicht nur der Rechtspolitik, sondern insbesondere auch der Verkehrs- und Sozialpolitik. Dementsprechend ist die Debatte zu diesem Punkt noch in vollem Gange.
Jetzt wird gefragt, was die Landesregierung zukünftig tun will, um ihr erklärtes Ziel zu erreichen. – Der zuständige Fachminister – in diesem Fall ich – ist im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen auf der Ebene der Justizministerkonferenz. Wir sind alle an einer Lösung interessiert. Ich spreche mit unterschiedlichen Verbänden, deren Geschäftsbereich betroffen ist. Das ist zum Beispiel der Richterbund, mit dem ich gemeinsam versuche, für eine Lösung im rechtlichen Bereich eine Mehrheit zu finden, das sind Verkehrsverbünde, aber auch Verkehrsbetriebe, die ebenfalls helfen könnten, das Problem zu entschärfen, und es sind letztlich Sozialverbände mit anderen Lösungen. Bislang ist noch nicht absehbar, wann es eine mehrheitsfähige Lösung geben wird.
Darum kann ich im Augenblick dazu nicht mehr berichten. Ich werde das sofort nachholen, sobald wir glauben, einen Vorschlag zu haben, der auf der Bundesebene mehrheitsfähig ist.
Frau Schäffer, ganz einfach: Wir werden diesen Vorschlag, wie gleiche Vorschläge – der kommt jetzt zum wiederholten Male – auch ablehnen.
Es ist eine ganz einfache Situation: Es lohnt sich nicht, sich zu verkämpfen, wenn erkennbar keine Mehrheit dafür da ist. Ich arbeite lieber dafür, eine Mehrheit zu finden, um das Problem zu lösen. Das ist eine ganz einfache Situation.
Nein, Herr Wolf, das kann ich Ihnen nicht sagen. Die Frage haben wir nicht geklärt. Wenn Sie die beantwortet haben wollen, müsste ich die Gefängnisse befragen und beteiligen.
Ich ging davon aus – die Zahl ist ja bekannt –, dass wir im Jahr rund 100.000 Verfahren vor den Gerichten haben.
Aber ich würde gerne an einer anderen Stelle widersprechen: Wir sind uns nicht einig, dass Schwarzfahren nicht bestraft werden soll.
Wir denken darüber nach, wie wir verhindern können, dass es zu dieser hohen Zahl von Schwarzfahrten kommt. Da sind insbesondere die Verkehrsverbände und Verkehrsbetriebe gefragt.
Wir denken darüber nach, was getan werden kann, diese überbordende Strafbarkeit zu beseitigen. Allen ist bekannt, dass dieser Straftatbestand einmal geschaffen wurde, als es in allen Verkehrsmitteln noch Schaffner gab; damals war das Schwarzfahren ein reines Kontrolldelikt. Das ist es auch geblieben, auch wenn es jetzt keine Schaffner mehr gibt. Daher
müssten wir uns noch einmal über das Ziel unterhalten.
Wir sind uns aber sofort darüber einig, dass es darum geht, die Zahl der Verfahren zu verringern, auch die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen.
Herr Engstfeld, ich tue das, was ich bereits seit Monaten tue, nämlich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit darüber zu sprechen, und zwar nicht nur im politischen Raum, sondern auch mit Verkehrsbetrieben. Ich bin mit dem Ergebnis bisher ganz zufrieden.
Es gibt jetzt schon eine Reihe von Verkehrsbetrieben, die zu den Nichtstoßzeiten beispielsweise nur noch beim Fahrer einsteigen lassen. Siehe da: Die Zahl der Schwarzfahrer ist in dieser Zeit deutlich zurückgegangen.
Wir diskutieren auch darüber, wie das künftig ausgebaut werden kann, wenn es darum geht, mit dem ETicket zu fahren, welche Möglichkeiten sich da ergeben.
Noch einmal: Es geht nicht nur darum, eine Strafvorschrift zu ändern, sondern dem Phänomen auf vielen Wegen beizukommen.
Herr BolteRichter, ich habe Ihnen bei der Frage von Frau Schäffer mitgeteilt, dass die Lösung, die Thüringen und Berlin vorschlagen, keine Mehrheit findet – egal, wie sich Nordrhein-Westfalen verhält. Ich halte nichts davon, bei etwas mitzumachen, das erfolglos ist, und damit Gesprächsmöglichkeiten an anderer Stelle zu verbauen.
Sobald ein Antrag Erfolg haben könnte, würde ich sofort darüber nachdenken, wie wir damit umgehen. Aber solange sicher ist, dass er nicht angenommen wird, macht es auch keinen Sinn mitzustimmen. Das wissen aber auch die Kollegen aus Berlin und Thüringen seit Langem. Ich verstehe auch nicht, warum sie diesen Antrag wiederholt einbringen; er wird auch dieses Mal keinen Erfolg haben.
Herr Körfges, wenn ich mich richtig erinnere – das habe ich jetzt nicht überprüft, das mache ich aus der Erinnerung –, sind das nicht 160.000 Euro pro Tag, sondern es sind 160 Millionen Euro pro Jahr – für alle Ersatzfreiheitsstrafler.
Herr Wolf, ich pflege Gespräche als vertrauliche Gespräche zu
führen und erteile keine Auskünfte darüber wann, wo, wie und mit wem.
Auch über Kabinettsgespräche pflege ich nicht, öffentlich zu sprechen.
Sie können es ja mal probieren, ob Sie dann eine Antwort bekommen.
Um Ihnen auch hier weitere unnötige Fragen zu ersparen: Ich
pflege nicht, über Gespräche öffentlich zu reden; die sind vertraulich.
Herr Körfges, auch wenn Sie das fragen: Auch über Kabinettsentscheidungen oder ähnliche Dinge oder Beratungen pflegen wir nicht, öffentlich zu sprechen.
Eben, haben Sie auch nicht gemacht. Ganz einfach.
Herr Herter, auch das gehört zu Kabinettsgesprächen, über die wir nicht zu sprechen pflegen.