Auch der Bund der Steuerzahler hat diese Missstände bereits im Juli offengelegt, nämlich etwa Förderprogramme im Rahmen der nationalen Klimaschutzziele, Ausgaben für die Altlastensanierung von Grundstücken oder das Sonderprogramm für kommunale Verkehrsinfrastruktur.
Der Landesrechnungshof hat im Jahresbericht wieder reichlich finanzielles Fehlverhalten aufgeführt. Diese Fehlverhalten sind unter anderem die immer noch nicht geänderte Reisekostenverwaltung mit einer Einsparmöglichkeit im zweistelligen Millionenbereich.
Im Rahmen der Städtebauförderung aus Mitteln des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ wurden unzulässigerweise Abrechnungen auf der Grundlage sogenannter Selbstkosten vorgenommen, also teurer als zu Marktpreisen, die zugrunde gelegt werden müssten.
Bei der Zahlung von Zulagen und ähnlichen Leistungen durch fehlerhafte Anwendung von Rechtsvorschriften werden Leistungen vielfach zu Unrecht gezahlt.
Auch bei der Instandhaltung von Landesbauten durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NordrheinWestfalen – BLB NRW – gibt es Beanstandungen. Der Landesrechnungshof stellt in dem von ihm geprüften Achtjahreszeitraum eine Abweichung von 535 Millionen Euro zwischen den vom BLB NRW geplanten und den tatsächlich verausgabten Aufwendungen für Instandhaltungsmaßnahmen fest.
Ich kann hier natürlich nicht alles aufzählen. Ein besonderes Schmankerl möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Es betrifft die Bearbeitung von Einkommensteuerfällen durch die 17 Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfungen, durch die unserem Land viel Steuern entgehen.
Der Landesrechnungshof stellt fest, dass dort mehr als jede vierte von den 551 geprüften Bearbeitungen mängelbehaftet ist. Ich zitiere aus dem Jahresbericht 2020 des Landesrechnungshofes: Das vorsichtig geschätzte finanzielle Ergebnis der Prüfung beläuft sich auf rund 2,7 Milliarden Euro. Zudem haben sich in
nicht wenigen Steuerfällen Anhaltspunkte für eine steuerlich unzutreffende Beurteilung ergeben, insoweit wurde das Steuerausfallrisiko auf rund 1 Milliarde Euro geschätzt. – Zitat Ende
Aber es kommen zukünftig verbindliche Prüflisten zum Einsatz, die sich erheblich fehlerreduzierend auswirken werden. Oh, wie tröstlich! So sollte die Regierung nicht mit dem Geld der Steuerzahler umgehen.
Grotesk wirkt in diesem Zusammenhang auch der Artikel in der „Rheinischen Post“ vom 9. Oktober 2020. Nach dem Willen von Herrn Ministerpräsident Laschet soll NRW Vorbild beim Bürokratieabbau sein.
Fakt ist aber, dass die Ministerialbürokratie in Nordrhein-Westfalen seit der Regierungsübernahme kontinuierlich aufgebläht wird. Selbst der Landesrechnungshof moniert dies. So werden 2021 weitere zusätzliche 295 Stellen aufgebaut. Seit 2017 sind es insgesamt 900 Stellen.
Ich erinnere nochmals an unsere 127 abgelehnten Anträge zum Haushalt 2021 – auch genau zu diesem Thema der Stellenausweitung.
Nicht dabei berücksichtigt ist der Antrag auf Verkleinerung des Landtags. Hier bietet sich noch die Chance, ein Zeichen zu setzen.
Der Bund hat deutlich vorgemacht, wie es nicht sein sollte. Keiner wollte nur einen Sitz aufgeben. So wurde es bekanntlich schlicht und ergreifend die Lachnummer.
Dazu passen die heutigen Berichte in der Presse über die unnütze und futuristische Erweiterung des Landtags. Bürgerferner geht es nun wirklich nicht mehr.
Geld spielt offensichtlich keine Rolle. Das gilt anscheinend auch für den Landtag. Einfach beschämend: Pleiten, Altersarmut, Kurzarbeit – und wir als Abgeordnete lassen es uns gut gehen.
So hat es zum Beispiel ein Vertreter des Verbands der Schausteller anlässlich einer Anhörung auf den Punkt gebracht. Er stellte klar:
Die Schausteller benötigen keine wortreichen Beteuerungen des Mitgefühls, sondern die Genehmigung, ihre Arbeit und Tätigkeit ausführen zu können, bzw. Geld.
Bezeichnend war auch Ihre Reaktion bzw. Ablehnung unseres Antrags „Nein zu Enteignungsphantasien …“ auf der Basis der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur Verfassungsmäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise. Im Haushaltsausschuss wurde unser Antrag als angeblich überflüssig dargestellt, da etwas Derartiges wie eine Vermögensabgabe gar nicht
Nur zur Erinnerung: Die Ausarbeitung ist vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages und nicht von der AfD. Die Ausarbeitung wurde bereits im April 2020 veröffentlicht, also schon zu Beginn der Pandemie. Zwischenzeitlich gibt es dazu übrigens mehr Literatur.
Ich wünsche mir und uns allen, dass die Kritiker unseres Antrags recht behalten. Aber wie heißt es in Goethes Faust doch schon so treffend? „Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Strotebeck. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Lienenkämper das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will wenigstens auf einige Punkte aus den Reden der Kollegin Düker und des Kollegen Zimkeit eingehen.
Herr Kollege Zimkeit, dafür, dass Sie uns eigentlich Lethargie unterstellen, war ganz schön viel Einzelpunktkritik dabei. Sie müssen sich schon entscheiden. Entweder machen wir zu wenig, oder wir machen die Sachen falsch. Aber beides passt irgendwie nicht zusammen.
Wir haben den Rettungsschirm für eine starke Reaktion auf die Coronakrise einvernehmlich im Landtag verabredet.
Wir haben den Landeshaushalt mit den richtigen Schwerpunkten für das Aufsteigerland NordrheinWestfalen. Es bedarf offenkundig immer wieder der Erklärungsnotwendigkeit, um deutlich zu machen, dass das die transparenteste Art und Weise ist, wie man mit diesem Corona-Thema überhaupt umgehen kann.
Wir haben den normalen Landeshaushalt. Wir müssen in diesem Land dringend aufsteigen. Als wir es 2017 übernommen haben, waren wir in viel zu vielen Politikbereichen hinten. Da müssen wir nach vorne. Da müssen wir investieren. Deswegen machen wir den normalen Landeshaushalt, und deswegen gibt es da auch keine Schulden. So einfach ist das.
Dann gibt es die Coronapandemie. Darauf müssen wir stark und passgenau reagieren. Wir müssen aber sorgfältig darauf aufpassen, dass das, was wir tun,
Jede einzelne Maßnahme geht durchs Parlament. Transparenter geht es eigentlich nicht mehr. Hören Sie deshalb endlich einmal auf, den Transparenzvorwurf zu erheben, oder stellen Sie ihre eigenen Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss infrage; denn jeder einzelne Euro aus dem Rettungsschirm durchläuft den Haushalts- und Finanzausschuss in einer sorgfältigen Debatte. Transparenter geht es nicht. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.
Dann haben Sie einen Ihrer „golden Oldies“ herausgeholt, nämlich die Haushaltspolitik sei unsozial. Dazu habe ich schon mehrfach etwas gesagt. Ich glaube, bei Ihnen muss ich es erst einmal grundsätzlich angehen.
Zwei Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft nach Wilhelm Röpke, die Sie gerne vergessen, sind ganz wichtig: Das ist zum einen das Gemeinwohlprinzip. Von einer sozialen Marktwirtschaft ist vor allem ein Dienstwert infolge funktionierender institutioneller Rahmenbedingungen zu leisten.
Das ist zum anderen das Subsidiaritätsprinzip, wonach insbesondere die kleinen Einheiten in die Lage versetzt werden sollen, ihr Leben bestmöglich in die Hand zu nehmen, weil die soziale Marktwirtschaft die Personalität, den einzelnen Menschen und gerade nicht ein Kollektiv ins Zentrum stellt. Deswegen verfolgen wir das seit unserer Regierungsübernahme konsequent.
Ein einziges Beispiel für die Grundphilosophie: Als der Bund Ende des Schuljahres 2018/2019 seine 50%ige Mitfinanzierung an der Berufseinstiegsbegleitung für förderungsbedürftige junge Menschen eingestellt hat, um sie beim Übergang von den allgemeinbildenden Schulen in eine Berufsausbildung zu unterstützen, hat das Land Nordrhein-Westfalen diese Maßnahme mit einer Überbrückungsfinanzierung zunächst bis Ende 2020 gesichert. Mit dem Haushaltsentwurf für 2021 wird eine Regelförderung des Landes zur dauerhaften Sicherung dieser Berufseinstiegsbegleitung eingeführt.
Genau das ist die Philosophie: Hilfe zur Selbsthilfe und Zutrauen ermöglichen. Das ist eine richtig verstandene Sozialpolitik dieser Regierung.
Die Wirtschaftsimpulse haben Ihnen gefehlt; das betrifft Frau Düker und Herrn Zimkeit. Offenkundig ist ein Teil der Debatte an Ihnen vorbeigegangen. Mit der Kofinanzierung für Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket des Bundes haben wir, das Land Nordrhein-Westfalen allein, 1,7 Milliarden Euro für ein maßgeschneidertes Programm zur Verfügung gestellt.
Das betrifft die Digitalisierung, übrigens insbesondere im Bereich der Bildung, Investitionen in die Krankenhäuser, sowohl in die normalen Krankenhäuser als auch in die Universitätsklinken, die Unterstützung für Solo-Selbstständige, die Unterstützung für Kultureinrichtungen und auch den Klimaschutz. Alles wird neben dem Bundeskonjunkturpaket kofinanziert.
Insgesamt fließen damit 2,9 Milliarden Euro in die Krankenhäuser, in die Pflegeschulen und in die Unikliniken. 1,3 Milliarden Euro fließen in die Bereiche „Kunst“ und „Kultur“, an Solo-Selbstständige, an Freiberufler oder in die Umweltwirtschaft. Große dreistellige Millionensummen stellen wir als Konjunkturpaket zur Verfügung.
Die Kommunen bekommen insgesamt 3,9 Milliarden Euro zusätzlich, insbesondere aufgrund der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle, als Unterstützung bei den Kosten für den öffentlichen Nahverkehr und aufgrund der Entlastungen bei dem vorgesehenem kommunalen Eigenanteil.
Die Schließung der Schulen und die Umstellung auf das digitale Homeschooling haben deutlich gemacht, dass wir bei der Digitalisierung Fortschritte machen müssen. Deswegen investieren wir über 400 Millionen Euro in die Digitalisierung der Schulen.
Das alles sind konjunkturell wirksame Impulse. Übrigens kommt es nicht von ungefähr, dass die wirtschaftlichen Zahlen des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 im Bundesvergleich unter Andreas Pinkwart und unter dieser Landesregierung besser geworden sind, als sie es vorher waren. Das ist ein Erfolg der Landesregierung und dieses Landtages.
Dann kam immer wieder die alte Behauptung, wir hätten zu wenig investiert. Da frage ich mich schon am Anfang, wie das eigentlich sein kann. Investitionen wirken langfristig.
Ich habe einmal ins Geschichtsbuch unseres Landes geguckt. 1966 war ein wichtiges Jahr. Heinz Kühn übernahm die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Seitdem sind nach Adam Riese 54 Jahre vergangen. Davon hat Rot-Grün 46 Jahre regiert. Wir haben mit Helmut Linssen als Finanzminister fünf Jahre lang – unserer acht Jahre Regierungszeit – die Hinterlassenschaften von Rot-Grün teilweise weggeräumt und die Weltwirtschaftskrise bewältigt.