Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Jetzt haben die Recherchen des Westdeutschen Rundfunks ergeben, dass der Neubau der Leverkusener Brücke wieder akut gefährdet ist, weil bei der Auftragsvergabe schon wieder nicht der Anschein von privaten Interessenkonflikten vermieden wurde. Schon wieder wurde gegen Compliance-Regeln und sehr wahrscheinlich auch gegen das Vergabegesetz verstoßen, und zwar grob und fahrlässig.

Wenn jetzt eine Neuausschreibung erfolgen muss, weil das Vergabeverfahren rechtswidrig war, dann wird der Neubau einer der wichtigsten Brücken unseres Landes mit 100.000 Pkw- und Lkw-Fahrten pro Tag noch einmal um viele Monate verzögert. Das wäre ein schlimmer Schaden für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen, für die Pendler und nicht zuletzt auch für die Anwohner.

Das kommt dabei heraus, wenn man leichtfertig mit den Regeln in unserem Land umgeht, meine Damen und Herren. Die Menschen leiden darunter.

(Beifall von der SPD)

Generell muss dieses Kabinett endlich lernen, dass der Rechtsstaat nicht der Feind dieser Regierung ist. Der Rechtsstaat kontrolliert diese Regierung, genauso wie die Opposition. Das ist auch gut so.

Nach über drei Jahren im Amt und nach all den vielen Rügen von Verwaltungs- und Verfassungsgerichten, nach all den Unwahrheiten in der Hackeraffäre, nach all den vielen Ungereimtheiten in Vergabeverfahren muss es in dieser Landesregierung endlich einen Kulturwandel geben. Sie müssen endlich lernen, was legal ist und was nicht legal ist, Herr Laschet.

(Beifall von der SPD)

Und noch etwas, Herr Laschet: Wenn das Parlament kritische Fragen zum Regierungshandeln hat, dann haben Sie nicht herumzupöbeln, sondern wahrheitsgemäß zu antworten. Das ist nicht nur Ihre verfassungsgemäße Pflicht, das verlangt auch die Würde Ihres Amtes. Ihre Politik der kurzen Zündschnur muss vorbei sein. Anfragen der Opposition müssen demnächst wieder fristgerecht beantwortet werden. Das passiert gerade nicht. Große Anfragen müssen auch wieder beantwortet werden. Sonst werden uns notfalls auch Gerichte helfen, diese Antworten zu bekommen. Darauf können Sie sich verlassen, Herr Laschet.

Meine Damen und Herren, wir beraten den Haushalt 2021 inmitten der schlimmsten Gesundheitskrise unserer Nachkriegszeit. Doch Nordrhein-Westfalen ist stark. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sind stark. Deswegen werden wir auch gemeinsam diese Krise durchstehen. Wir werden Corona überwinden. Davon bin ich überzeugt, und darauf freue ich mich auch schon. Aber so weit sind wir noch nicht. Bis dahin müssen erst noch kommen.

Doch ich bin optimistisch. Es gibt Licht am Horizont. Der Impfstoff und neue Medikamente kommen. Wenn wir den Zickzackkurs in der Pandemiebekämpfung verlassen und endlich zu einer Strategie finden, werden wir hoffentlich das kommende Jahr mit so wenigen Toten und Versehrten wie nur möglich überstehen. Dann werden wir auch die Rezession wieder hinter uns lassen können.

Mehr noch: Dunkle Stunden waren schon oft Stunden des Aufbruchs. Wir wollen einen Aufbruch für Nordrhein-Westfalen wagen – einen Aufbruch für Fortschritt und Sicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien. Dazu haben wir ein 5-Milliarden-Euro-Paket für Zukunftsinvestitionen entworfen und Ihnen vorgelegt.

Mit diesem Zukunftsinvestitionsprogramm können wir unsere Schulen sanieren und mit allem aus

statten, was gute Bildung verlangt. Den Lehrermangel können wir durch attraktivere Arbeitsbedingungen und eine gerechtere Besoldung gerade für Grundschullehrerinnen bekämpfen. Wir müssen Erzieherinnen und Erzieher schon in der Ausbildung bezahlen und endlich damit beginnen, den Ausbau der Ganztagsbetreuung nach vorne zu bringen. Hierfür sind massive Investitionen notwendig.

Durch einen Sozialindex können wir dafür sorgen, dass die besten Lehrerinnen und Lehrer, die besten Pädagoginnen und Pädagogen dort ihre Arbeit verrichten, wo sie am meisten gebraucht werden, nämlich bei den Kindern, die bisher die geringsten Chancen hatten.

Wir wollen kein Kind zurücklassen. Das ist noch immer der Anspruch der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Wir wollen in die Wiederbelebung des Städtebaus investieren, um unsere Innenstädte wieder zu einem Ort zu machen, an dem Menschen nicht nur einkaufen, sondern auch tagtäglich leben, einem Ort der guten und bezahlbaren Wohnungen mit Schulen, Museen, Kulturstätten und Kneipen, aber eben auch mit Einzelhandel.

Wo der Markt versagt, können wir durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft endlich wieder genug Wohnungen bauen, die sich auch Normalverdienerinnen und -verdiener leisten können.

Nicht zuletzt wollen wir mit einer Staatsbeteiligung bei thyssenkrupp die Chance bewahren, NordrheinWestfalen zu einem Zentrum für moderne, ökologische Industrie zu machen.

Für all das haben wir Anträge samt Finanzierungsvorschlägen gemacht.

Wir möchten unseren Kindern ein Land mit gesunden Wäldern und sauberer Luft hinterlassen, ein Land mit attraktiven Arbeitsplätzen und hervorragender Bildung. All das, meine Damen und Herren, ist möglich – nicht mit dieser Regierung, aber mit der nächsten. – Herzlichen Dank und Glück auf für Nordrhein-Westfalen!

(Anhaltender Beifall von der SPD und Verena Schäffer [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU spricht nun ihr Fraktionsvorsitzender Löttgen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade treffen Meldungen ein, dass Ärzte in einem Krankenhaus im sächsischen Zittau bereits mehrfach entscheiden mussten, wer noch behandelt wird und wer nicht.

Das zeigt, wie ernst die Lage während der Pandemie in unserem Land ist.

Mein Dank gilt daher zu Beginn dem Landtagspräsidenten André Kuper. In der für dieses Jahr letzten Sitzung dieses Parlaments war es wichtig, an diejenigen zu erinnern, die mit großer Sorge in die kommenden Weihnachtstage gehen werden, und all denjenigen zu danken, die auch an den Weihnachtstagen und während des Lockdowns daran arbeiten, die Pandemie zu bewältigen und Sorgen, Nöte und Trauer bei ihren Mitmenschen zu lindern. Die CDUFraktion schließt sich daher Ihren Worten, Herr Präsident, und Ihren guten Wünschen sehr gerne an.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Rede, Herr Kutschaty, erfordert noch einmal einen kleinen Rückblick. Am 24. März 2020 haben Sie hier im Parlament von diesem Rednerpult aus verlauten lassen:

„Das garantieren wir Ihnen. Selbstverständlich werden wir die Regierung auch unterstützen, wenn sie tut, was getan werden muss, um diese Krise zu überwinden …“

(Nadja Lüders [SPD]: Heute auch! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Heute haben Sie mit Ihrer Rede gezeigt, was Sie darunter verstehen: armselig, kleinteilig, mit Schmutz um sich werfend, damit etwas hängen bleibt, und mit persönlichen Diffamierungen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Mit Schmutz zu schmeißen, ist doch Ihre Spezialität! – Daniel Sieveke [CDU]: Herr Zimkeit! – Weitere Zurufe von der CDU: Oh! – Unruhe – Glocke)

Sie gehen sogar so weit, Herr Kutschaty, den Ministerpräsidenten hier aufzufordern, mitzuteilen, mit wem er telefoniert hat,

(Sven Wolf [SPD]: Wer kontrolliert denn die Regierung?)

und geben selbst zu Protokoll, dass Sie das niemals gemacht hätten.

(Sven Wolf [SPD]: Wer wollte denn in der letz- ten Wahlperiode die Telefonlisten von Frau Kraft haben, Herr Löttgen?)

Da hilft Ihnen vielleicht das Zitat des französischen Regisseurs Jacques Tati weiter, Herr Kutschaty:

„Wer sich zu groß fühlt, um kleine Aufgaben zu erfüllen, ist zu klein, um mit großen Aufgaben betraut zu werden.“

Das gilt für Sie.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gegensatz zum Oppositionsführer in diesem Landtag möchte ich mich in meiner Haushaltsrede mit dem Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen beschäftigen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Seit einigen Monaten drehen sich viele Debatten um Diskussionen in unserem Land um die Frage, wie wir mit der Pandemie leben können und wie wir in Zukunft leben wollen. Ein Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen aber muss die Frage beantworten, wovon wir in Zukunft leben können.

Der von Finanzminister Lutz Lienenkämper vorgelegte Haushaltsentwurf für das kommende Jahr 2021, den wir heute abschließend beraten, beantwortet genau diese Frage. Das ist in diesen gerade auch finanzpolitisch angespannten und herausfordernden Zeiten eine gute Nachricht und eine herausragende Leistung. Deshalb danke ich dem Finanzminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium im Namen der CDU-Fraktion und auch persönlich sehr herzlich dafür, dass er diesen Haushalt so, wie er ist, vorgelegt hat.

Es zahlt sich aus, dass wir seit dem Regierungswechsel den Haushalt saniert und Vorsorge betrieben haben. Damit haben wir jetzt finanzielle Spielräume. So können wir eingreifen, um die coronabedingten Herausforderungen zu bewältigen. So kann diese NRW-Koalition selbst jetzt in der Krise das einhalten, was wir uns für normale Zeiten vorgenommen hatten. Wir investieren in die Zukunft und in zukünftige Steuereinnahmen. So halten wir im Übrigen auch das ein, was viele Vorgängerregierungen nicht einmal ohne diese besonderen Herausforderungen geschafft haben.

Wir geben nur das Geld aus, das erwirtschaftet wird, statt Haushalte auf Kosten kommender Generationen zu verabschieden. Wir hinterlegen seriös und nachprüfbar jede einzelne Stelle mit Geld, statt Luftbuchungen im Haushalt vorzunehmen. Wir legen einen transparenten und verfassungsgemäßen Haushalt vor, in dem die Coronabelastungen sauber abgebildet sind.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wo denn?)

Wir setzen klare Schwerpunkte bei den Ausgaben für die Bildung und für Familien, für die Bekämpfung von Kriminalität sowie für die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit unserer Kommunen, unserer Krankenhäuser und der Infrastruktur des Landes. Das ist in diesen Zeiten unsicherer Steuereinnahmen keine Selbstverständlichkeit. Wir erhalten Strukturen und werfen gutem Geld nicht schlechtes hinterher.

Ja, wir befinden uns in einer gewaltigen Krise. Aber trotz Corona halten wir Kurs mit einem finanzpolitischen Kompass von Maß und Mitte, der vielleicht mehr denn je notwendig ist, um Sicherheit zu schaf

fen, wovon wir in den kommenden Jahren leben wollen.

Meine Damen und Herren, diese NRW-Koalition wird unser Land bestmöglich durch die Krise führen. Aber das werden wir nur erreichen, wenn wir ähnlich wie nach der Finanz-, Staats- und Schuldenkrise wieder Wirtschaftswachstum generieren. Nur das Herauswachsen aus der Krise schafft die Voraussetzungen, um gut bezahlte Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen, die der Garant für den Wohlstand und den gesellschaftlichen Zusammenhalt unseres Landes sind.