Protokoll der Sitzung vom 17.11.2017

Daneben hat er noch ein paar Leidenschaften. So kämpfte er an der Seite der Energiekonzerne – an dieser Seite steht er besonders gern und eng – gegen den Atomausstieg. Gott sei Dank war er da sehr erfolglos.

Außerdem war er Verkaufsberater für die WestLB und hat damit seine eigene Anwaltskanzlei mit Aufträgen und Honoraren in Höhe von 2 Millionen € versorgt. Wie wir wissen, war er hier ebenfalls erfolglos; denn die WestLB wurde zerschlagen.

Nun ist er seit 2016 Aufsichtsratschef beim deutschen Ableger von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt und der größten Schattenbank, wenn man so will.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

BlackRock verwaltet fast 6 Billionen US-Dollar und – das ist wichtig – hält Beteiligungen an allen 30 DAXUnternehmen. BlackRock ist Großaktionär von Banken, Ölkonzernen und Rüstungskonzernen, aber auch von Unternehmen der Konsumgüterindustrie – Apple, Nestlé usw. – sowie in Deutschland von Daimler, Bayer und der Deutschen Post. Die Liste lässt sich fortsetzen.

(Zurufe von der FDP)

Jetzt kommen wir zu seinem neuen Ehrenamt – sozusagen für den Feierabend, wenn er abends nach Hause kommt. Diese personifizierte Wunderwaffe kann das offenbar noch nebenher alles locker managen.

(Heiterkeit von Arndt Klocke [GRÜNE])

Er soll die Folgen des Brexit für NRW regeln, also die Probleme von NRW-Unternehmen in Großbritannien lösen und für alle großen NRW-Firmen, die in Großbritannien sitzen, als Berater zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus lautet der Arbeitsauftrag auch noch, für NRW die drohende transatlantische Entfremdung unter der amtierenden US-Regierung aufzuhalten und zu beseitigen, und zwar nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, sondern auch unter Einbeziehung der gesellschaftlichen, kulturellen und universitären Ebenen.

Also eine Art Sonderbotschafter! Herr HolthoffPförtner, was sagen Sie denn dazu – das ist doch eigentlich Ihr Job –, dass Ihnen da ein Sonderbotschafter vor die Nase gesetzt wird?

Hinzu kommt – das sollten wir nicht vergessen; darüber haben wir gestern in der Aktuellen Stunde gesprochen –, dass er auch noch den Flughafen Köln/Bonn als Aufsichtsratsvorsitzender aus der Krise bringen soll und hier die schwierige Lage neu ordnen und Aufklärung betreiben soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann das nicht empirisch belegen; das sage ich gleich dazu. Aber dieses Maß an Selbstüberschätzung einer einzigen Person ist meines Erachtens etwas sehr Männliches.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die besten Köpfe in diesem Land bemessen sich nicht unbedingt an den höchsten Gehältern oder den vollsten Terminkalendern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber ein viel gravierenderes Problem als der Terminkalender von Friedrich Merz ist aus meiner Sicht das Problem der Interessenkollision. Als Mitglied im Aufsichtsrat und als Aufsichtsratsvorsitzender hat man eine Treuepflicht. Man muss gegenüber dem Unternehmen loyal sein und ist den Unternehmensinteressen verpflichtet.

Was ist denn das Unternehmensinteresse einer Finanzkrake und Schattenbank wie BlackRock? Natürlich die Gewinnmaximierung der Unternehmen, an denen man beteiligt ist! In diesem Fall sind das eigentlich alle wesentlichen international agierenden Konzernen und auch nationalen börsennotierten Mittelstandsunternehmen.

Was ist denn nun, wenn ein Unternehmen vor dem Brexit nach NRW fliehen möchte? Er hat ja dann den Job, hier Asyl anzubieten und einen Standort zu organisieren. Was passiert denn, wenn dieses Unternehmen in direkter Konkurrenz zu einem der vielen Unternehmen steht, in denen Herr Merz im Aufsichtsrat sitzt? Das sind ja nicht wenige.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Dazu kommt noch, dass die Schattenbank BlackRock eigentlich an allen Großkonzernen und großen deutschen Unternehmen Beteiligungen hält. Wessen Interesse ist Friedrich Merz als Diener zweier Herren dann verpflichtet?

Die notwendige Unabhängigkeit für diesen Job sehen wir daher nicht gegeben. Als Beauftragter der Landesregierung ist er zudem zuallererst dem Gemeinwohl verpflichtet. Das ist eben nicht deckungsgleich mit dem Unternehmensinteresse eines weltweit agierenden Vermögensberaters. Das kann es auch gar nicht sein.

Mich interessiert wirklich einmal seine Position. Ich würde gerne wissen, wie er zu folgenden Fragen steht: Wie trocknet man die Steueroasen in dieser Welt aus? Wie schafft man mehr Steuergerechtigkeit? Wie legt man eine gute Strategie zur Vermeidung von Gewinnverschiebung und aggressiver Steuervermeidung an? Dazu würde mich die Meinung von Herrn Merz sehr interessieren.

Außerdem möchte ich gerne wissen, wie er das alles übereinanderbringt, wenn er im Auftrag des Landes dann auch zum Wohle NRWs unterwegs ist.

Hierzu brauchen wir dringend – das hätte eigentlich vor der Berufung passieren müssen – eine Erklärung der Landesregierung, die wir bislang vermissen. Da wird lapidar gesagt: Das ist ein Wirtschaftsexperte, der gut vernetzt ist und das schon prima kann. – Das reicht aus unserer Sicht nicht.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Wir erwarten hier eine Erklärung, wie diese Interessenkonflikte aufgelöst werden sollen – aus meiner Sicht halte ich das nicht für möglich; das ist die Quadratur des Kreises – und wie diese Aufgabe durch einen Vertreter geleistet werden soll, der Diener nicht nur zweier Herren, sondern mehrerer Herren ist. Wie will er das mit seinen vielen Hüten hinbekommen? Wir halten das nicht für möglich, erwarten aber, dass hier mehr kommt als der lapidare Satz vom Ministerpräsidenten: Da haben wir einen guten Wirtschaftsexperten, der es schon richten wird. – So einfach ist das nicht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Düker. – Für die FDP hat nun der Kollege Nückel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern wie heute unternimmt die rot-grüne Opposition den untauglichen Versuch einer Skandalisierung –

heute allerdings noch garniert mit einer Verschwörungstheorie von bösen Systemen, die hier installiert werden sollen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Unverkennbar leitet Sie nicht die brennende Sorge um die Folgen des Brexit für Unternehmen und Beschäftigte in NRW. Vielmehr wollen Sie mit Ihrem Verbalaktionismus höchstwahrscheinlich den Landtag zur Rennbahn umwandeln – für das Rennen, wer denn nun der bessere Fraktionsvorsitzende ist.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Kutschaty spricht heute von Verschwörung im System. Okay.

Erfreulich finde ich allerdings, dass er nicht dem Beispiel seines Kollegen Börschel gefolgt ist, der gestern – ich habe mir das sorgfältig aufgeschrieben – eine Animalisierung der angegriffenen Person zum Zwecke der Diffamierung ausgesprochen hat.

(Widerspruch von der SPD)

„Ich bin außerordentlich gespannt“ – so sagte, nach meiner Aufzeichnung, Kollege Börschel –, „ob die Grünen in der Koalition in Köln zustimmen werden, dass die Heuschrecke an die Spitze kommt.“ – Ich halte das für ein starkes Stück. Normalerweise sind Sie ja bei solchen Dingen sehr empfindlich.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Außerdem ist Ihr Aktionismus, glaube ich, Ihrem schlechten Gewissen geschuldet. Sie versuchen, zu kaschieren, dass die Sozialdemokraten in der zentralen Frage des Brexit mit leeren Händen dastehen und dastanden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie haben in Ihrer Regierungszeit versucht, das Thema auszusitzen. Sie haben nichts gemacht, Sie haben Löcher hinterlassen, die natürlich jetzt einer gewissenhaften Bearbeitung bedürfen.

(Zurufe von der SPD: Ah! Ah!)

Aber Sie wissen ja selbst gar nicht, was Sie wollen. Wie sähe denn Ihr Anforderungsprofil eines Beauftragten aus? Gestählt durch die harte Ochsentour des Ortsvereins?

(Heiterkeit von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der Apparatschik mit Tunnelblick ohne jede Kontakte, bitte, womöglich noch aus Berufsvorkenntnissen?

(Beifall von der FDP und der CDU – Frank Müller [SPD]: Das gibt es bei Ihnen ja gar nicht! – Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Frau Düker, was wollen Sie, was wollen die Grünen? Ich glaube, Sie wollen Benjamin Blümchen, keine verdächtigen Kontakte – zugegeben –,

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist die Animali- sierung der Politik, was Sie da machen!)

außer zum Zirkusdirektor. Und Zirkus ist ja auch das, was Sie hier wollen.

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)