Protokoll der Sitzung vom 17.11.2017

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zuruf von den GRÜNEN)

NRW hat eine besondere Beziehung zu Großbritannien, nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Briten standen vor 70 Jahren Pate bei der Gründung unseres Landes. Über Jahrzehnte waren hier auch Soldaten stationiert. Viele Schulen und viele Städte haben Partnerschaften aufgebaut. Es gibt, glaube ich, allein 150 Städtepartnerschaften. Das zeigt, wie eng unsere Beziehungen sind.

Der Brexit wird Auswirkungen haben – auch auf Nordrhein-Westfalen –, die wir alle noch nicht komplett abschätzen können. Aber angesichts fehlender Verhandlungsfortschritte kann es zu einem harten Brexit kommen. Die Folge wäre, dass im Frühjahr 2019 – am 1. April – für jedes Export- und Importgeschäft plötzlich Zollerklärungen fällig werden. Mit dem freien Warenverkehr, den wir aus der EU kennen, kann es dann bald vorbei sein. Dann wird es aufwendiger und teurer. Kontrollen, Protektionismus und Bürokratie werden zunehmen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Daher ist eine anerkannte Persönlichkeit mit hohem Sachverstand wie Friedrich Merz genau der richtige Mann.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Als Beauftragter – nicht als Teil der Landesregierung – kann er eine Scharnierfunktion für die Wirtschaft und auch für die 30.000 in NRW lebenden Briten bilden.

(Frank Müller [SPD]: Was ist das für eine Schi- märe!)

Die „FAZ“ berichtete in dieser Woche, dass sich die Wirtschaft extrem besorgt zeigt wegen des schleppenden Fortgangs der Verhandlungen. Es ist nicht etwa die Finanzwirtschaft, nein, für das produzierende Gewerbe sind die praktischen Probleme groß. Denn wie sollen die Wertschöpfungsketten über den Ärmelkanal aufrechterhalten werden?

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Das Vereinigte Königreich war im Jahre 2016 mit einem Exportvolumen von über 13 Milliarden € der drittmächtigste Handelspartner Nordrhein-Westfa

lens. Besonders wichtig sind diese Handelsbeziehungen für unsere Schlüsselindustrien. Hunderte NRW-Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen zu Großbritannien, und mehr als 1.500 britische Unternehmen haben sich mit ihren Deutschland- oder Europazentralen in NRW niedergelassen.

Der Sonderbeauftragte soll unsere Unternehmen durch die komplizierte Phase des Brexit begleiten und in Großbritannien für starke Beziehungen werben. Dafür ist Friedrich Merz genau der richtige Mann.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es geht – da haben wir in der rot-grünen Ära schon viel Zeit verloren – auch um die Entscheidung über die künftigen Sitze von EU-Agenturen in London.

Zum 1. Januar soll Friedrich Merz seine Aufgabe übernehmen. Er wird die Landesregierung, das Land, die Beteiligten und Betroffenen bei der Bewältigung des Brexit unterstützen, indem er Vermittler und Ansprechpartner ist. Er wird sich aber ebenso dafür einsetzen, dass die Beziehungen auch auf kultureller und universitärer Ebene gefestigt werden. Friedrich Merz ist ein renommierter Experte dafür. Auch als Vorsitzender der Atlantik-Brücke verfügt er über ein breites Netzwerk.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist der Schlüssel, um Unternehmen, aber auch Kultur und Wissenschaft erfolgreich zu beraten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die AfD hat nun der Abgeordnete Wagner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bürger von Essen und Köln müssen heute zur Kenntnis nehmen, dass es für CDU, FDP, SPD und Grüne wichtiger ist, sich binnen zweier Plenartage erneut an Friedrich Merz abzuarbeiten, einer Personalie, die hier in der Blase Landtag interessant erscheinen mag, die den Bürgern unseres Landes aber verhältnismäßig egal ist.

(Zuruf von der CDU: Das entscheiden Sie aber nicht! – Weiterer Zuruf von der CDU)

Die Zustände am Essener Hauptbahnhof, am Kölner Ebertplatz, die wachsende Zahl von Straftaten, der Verlust des alltäglichen Freiheitsgefühls – nicht nur, aber insbesondere für Frauen – und was die Politik hiergegen unternehmen kann, all das ist den alten Parteien einfach nicht wichtig genug.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: So ein Quatsch!)

Wäre es Ihnen wichtig genug, dann hätten Sie unserem diesbezüglichen Antrag auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde zugestimmt.

(Beifall von der AfD – Arndt Klocke [GRÜNE]: Das entscheiden nicht die Parteien! Lesen Sie doch mal die Geschäftsordnung!)

Vor den Folgen Ihrer desaströsen Migrationspolitik verschließen Sie lieber die Augen. Herr Klocke, nichts sehen, nichts hören, nichts reden – das war schon immer die Politik der Grünen und ist mittlerweile großer Konsens in diesem Haus.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Es spricht die Schill- Partei!)

Dabei betrifft dies die Menschen vor Ort mittlerweile ganz persönlich. Es betrifft ihren Alltag: Kann ich nachts noch zum Bahnhof gehen? Gehe ich mit dem Hund lieber einen anderen Weg?

(Zuruf von den GRÜNEN)

Nehme ich lieber ein Taxi? Wechsele ich die Straßenseite, weil dahinten wieder eine Gruppe Männer oder Jugendlicher – wie immer all die anderen politkorrekten Umschreibungen für Nafris und andere Merkel-Gäste lauten – steht? Diese Fragen müssen sich die Bürger mittlerweile stellen, weil Sie alle das Land bunt machen.

(Beifall von der AfD)

Haben Sie eigentlich immer noch nicht gemerkt,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Tosender Applaus bei der AfD!)

dass Ihr AfD-Be- und Verhinderungsprogramm uns immer noch mehr stärkt? Fällt Ihnen das nicht auf? Mir als Parteipolitiker soll es ja recht sein, aber wir sind doch hier, um Probleme der Bürger zur Sprache zu bringen und sie zu lösen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Dann machen Sie das mal!)

Sie wollen nicht einmal darüber reden.

(Beifall von der AfD – Marc Herter [SPD]: Dann machen Sie das mal!)

Lieber wollen Sie heute über Posten und Pöstchen streiten und wer von Ihnen am meisten mit Lobbyisten kungelt. Das ist zwar alles mehr als ärgerlich, aber die Bürger von Essen und Köln können das ja in ihre nächste Wahlentscheidung einfließen lassen.

(Marc Herter [SPD]: Stimmt!)

Fangen wir mal mit der Kritik von Rot und Grün an: Sie monieren, dass mit Friedrich Merz ein Ex-Politiker in beratender Funktion Brexit-Beauftragter von NRW wird, der in verschiedenen Funktionen in und für die freie Wirtschaft tätig ist. Er sei daher Lobbyist,

und es bestünden Interessenkonflikte. Folglich dürfe er nicht beratend für die Landesregierung tätig sein. Zugegebenermaßen verfügt Herr Merz scheinbar über mehr Aufsichtsratsmandate als so mancher Briefmarkensammler über Briefmarken.

Da ich unterstellen will, dass Sie integer und stringent handeln, nehme ich an, Sie haben bereits bei Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Kurt Bodewig, Margareta Wolf, Peer Steinbrück, Rezzo Schlauch oder Otto Schily angerufen und ihnen gesagt: Schluss jetzt! Hört auf, uns oder irgendeine deutsche Regierung zu unterstützen, zu beraten oder irgendein Ehrenamt anzunehmen.

Der einzige wirkliche Unterschied zwischen diesen Personen und Herrn Merz ist doch, dass sie ihre Ämter als Minister, als Ministerpräsident oder als Bundeskanzler als Sprungbrett dafür benutzt haben, nach Ende ihrer regulären Amtszeit möglichst schnell in ein gut dotiertes Verhältnis in der freien Wirtschaft zu kommen. Das ist doch der einzige Unterschied, über den wir hier reden.

(Beifall von der AfD)

Natürlich haben Sie da nicht angerufen. Es geht Ihnen doch auch gar nicht darum, sondern es geht Ihnen nur noch um einen die Bürger immer mehr ermüdenden Politikzirkus, der außerhalb des Landtagsgebäudes kaum Relevanz hat.

(Marc Herter [SPD]: Ermüdender als Ihre Rede kann es ja nicht sein!)

Es hätte mehr Relevanz – wenn Sie hier schon den Brexit über die Bande aufrufen –, wenn wir auch in Deutschland und Nordrhein-Westfalen zu mehr plebiszitären Elementen kämen, als nur alle vier bis fünf Jahre mal ein Kreuzchen in der Wahlkabine zu machen.

Die CDU ist ja wenigstens so ehrlich und lehnt die Beteiligung des Volkes ganz offen ab. Sie hingegen schreiben sich das regelmäßig ins Wahlprogramm, allerdings nur, um es nach der Wahl wieder zu vergessen.