Protokoll der Sitzung vom 20.12.2017

(Lachen von den GRÜNEN)

haben noch vor einem Jahr gesagt: Wenn es so weitergeht mit den 200 Millionen €, entsteht ein 9 Milliarden € großes Loch in der Pensionskasse. – Wieso füllen Sie das nicht auf?

Herr Witzel, Sie haben erklärt, die fehlenden Zuführungen stellten einen unlauteren Einspareffekt in Höhe von 700 Millionen € für 2018 dar, mit dem die Einhaltung der Schuldenbremse herbeigetrickst werden sollte. In Ihrer Logik, Herr Witzel und Herr Optendrenk, ist Ihre schwarze Null, die Sie jetzt vorgelegt haben, aber so was von herbeigetrickst.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das müssten Sie ehrlicherweise auch so sehen, wenn Sie das, was Sie vor einem Jahr gesagt haben, hier und heute ernst nehmen. Und Sie führen ja noch nicht einmal 200 Millionen € zu, sondern nur 80 Millionen € – das nur ganz am Rande.

Weitere Haushaltsrisiken: Risikoabschirmung WestLB. Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass im Risikofondsgesetz von Ihnen selbst begründet gesagt wurde, hier bestünden Haushaltsrisiken. Er wirft die Frage auf: Wo werden die Risiken dargestellt, die mit dem Sondervermögen Risikoabschirmung verbunden sind?

Sie, Herr Lienenkämper, bzw. das Parlament hat im Gesetz eine ordentliche Kreditermächtigung ausgebracht. Das hat ja Folgen. Das Land haftet dafür. Das müssen Sie in irgendeiner Form im Haushalt darstellen. Auch hier ist nichts abgebildet, Blackbox.

Eine Gegenfinanzierung der geplanten Steuergeschenke ist nicht erkennbar. Sie werden ja wahrscheinlich auf Bundesebene nun doch mitregieren. Da sind ein paar Steuergeschenke im Gespräch. Bei der Einkommensteuerreform bedeutet dies für NRW 1,3 Milliarden € Mindereinnahmen. Bei der Reform der Grunderwerbsteuer bedeutet dies 1 Milliarde € Mindereinnahmen für NRW. So etwas stellt man zumindest in der Mittelfristigen Finanzplanung, wenn schon nicht im Haushaltsplan 2018 dar.

Das sind 2,3 Milliarden € Belastungen für diesen Haushalt. Nirgendwo in der Finanzplanung wird dargestellt, wie dies gegenfinanziert werden soll. Aber es gibt eine schwarze Null. – So viel zur Schimäre der schwarzen Null in diesem Haushaltsplan.

(Beifall von den GRÜNEN)

Fehlende Nachhaltigkeit: Der DGB und das Institut der deutschen Wirtschaft konstatieren unisono – das sollte zu denken geben –, die Investitionsquote sei zu gering. In der Mittelfristigen Finanzplanung ist geplant, sie noch weiter abzusenken. Wenn dann beide Sachverständigen – Herr Witzel, beide Sachverständigen: der DGB und das Institut der deutschen Wirtschaft! – einstimmig mahnen, dass eine sinkende Investitionsquote bei Rekordsteuereinnahmen und günstigen Zinsen – die wir übrigens nie hatten – erhebliche Risiken birgt, geradezu fahrlässig ist und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gefährdet, dann entsetzt es mich doch sehr, wie wenig Ihnen das zu denken gibt.

Am Beispiel des Unterhalts und des Erhalts der Landesstraßen wird das deutlich. Ich sage nur: 200 Millionen € würden eigentlich gebraucht. Das Gutachten liegt vor. Den Betrag haben Sie immer versprochen. – 161 Millionen € stehen im Haushalt.

(Zuruf von Klaus Voussem [CDU])

Auch hier gäbe es noch einige Beispiele mehr.

(Henning Rehbaum [CDU]: Was haben Sie ei- gentlich in den letzten sieben Jahren ge- macht?)

Die Zeit reicht nicht aus, um Ihnen anhand Ihres Haushalts sehr deutlich klarzumachen, dass es bei der Frage einer Nachhaltigkeitsstrategie eine Fehlanzeige gibt.

Stattdessen werden weiter die berühmt-berüchtigten Zauberformeln heruntergebetet: die Digitalisierungsdividenden. Ich glaube, darauf warten wir bis zum Jüngsten Tag. Auch hier: nichts. Wie soll das erwirtschaftet werden? Wann? Wie? Wo? – Wann kommt denn die Milliarde, Herr Lienenkämper? Sie sprechen gleich wieder. Dann können Sie es vielleicht erklären.

Effizienzsteigerung: „Wir werden sofort in einen Prozess der Aufgabenkritik einsteigen und dann Personal abbauen“, hieß es. Wo ist denn der Prozess?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Herr Lind- ner ist ja weg!)

Wo ist das alles? Was passiert denn da? Nichts.

Prozessoptimierung, Bürokratieabbau: Jetzt kommt der absolute Heilsbringer, nämlich die Entfesselung. Wenn nichts mehr hilft, wird entfesselt.

All das entpuppt sich als rhetorische Blasen. Wenn man sie nur anpickst, Herr Lienenkämper, dann zerplatzen sie. Hinter dem, was Sie uns mit den Entfesselungspaketen I und II vorgelegt haben, versteckt sich eigentlich etwas ganz Altbackenes. Das ist die Doktrin der Deregulierung: Wenn man dem Markt nur seine Freiheiten lasse, regele sich das alles von allein. – Nein, das funktioniert so nicht. Diese Doktrin ist falsch.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Diese Marktorientierung taugt nichts für eine Nachhaltigkeitsstrategie.

Wenn Sie meinen, hier Ökostandards schleifen, den Klimaschutz missachten und die Energiewende gefährden zu müssen und damit dieses Land zukunftsfähig machen wollen, das auch noch mit „Entfesselung“ überschreiben, dann haben Sie uns ganz sicher nicht an Ihrer Seite.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Diese Politik ist sehr schädlich für das Land.

(Bodo Löttgen [CDU]: Wo denn?)

Wir werden das auch weiterhin deutlich machen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Düker. – Für die FDP hat nun der Abgeordnete Herr Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben heute eine historische Trendwende in der Haushaltspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Lachen von der SPD – Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Das ist wahrlich ein Grund zum Feiern. Nach 44 Jahren kontinuierlicher Neuverschuldung, in denen Jahr für Jahr von der öffentlichen Hand stets mehr Geld ausgegeben worden ist, als eingenommen wurde, wird diese Politik zulasten der jungen Generation endlich beendet.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es gibt das Versprechen der NRW-Koalition, dass das keine Eintagsfliege ist, sondern dass in der gesamten weiteren Legislaturperiode nie wieder ein Haushalt aufgestellt wird, der eine Nettokreditaufnahme erfordert. Das ist mal eine Ansage!

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wir belegen somit das, was wir hier seit Jahren – zumeist gegen den Widerstand großer Teile im Parlament – vorgetragen haben. Ich erinnere zum Beispiel an die Landtagsauflösung 2012. Wir wissen, es ist ohnehin notwendig, aber eben auch möglich, die Schuldenbremse des Grundgesetzes bereits mehrere Jahre früher einzuhalten, als dies verfassungsrechtlich unausweichlich ist.

Die abgewählte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat das immer anders gesehen. Sie hat am liebsten vom Fetisch der schwarzen Null gesprochen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Genau!)

Das war ihr irgendwie unheimlich; das fasst man lieber nicht an. Dementsprechend hatten Sie von rotgrüner Seite für das kommende Jahr 2018 fast 400 Millionen € an neuen Schulden in der Mittelfristigen Finanzplanung eingeplant.

Rot-Grün hat in den letzten Jahren trotz haushalterischer Bestbedingungen den Schuldenberg um 21 Milliarden € auf die schwindelerregende Höhe von 144 Milliarden € aufgestockt, also 21 Milliarden € mehr zum neuen Saldo von 144 Milliarden € beigetragen. „Schwindel“ ist eben auch ein symptomatischer Begriff für Rot-Grün in der Haushaltsplanung der letzten sieben Jahre gewesen.

Wie fatal diese Schuldenmacherei ist und wie wichtig der Verzicht auf die Neuverschuldung für unser Land ist, zeigt ein ganz simpler Zusammenhang: Allein an Zinsen mussten die Steuerzahler in den letzten vier

Jahrzehnten fast noch einmal denselben Betrag ausgeben, nämlich fast 140 Milliarden €. Das nur für Zinszahlungen!

Das verdeutlicht doch eine grundlegende Erkenntnis: Über Verschuldung lässt sich langfristig überhaupt kein neuer Handlungsspielraum gewinnen, sondern es werden nur schwere Hypotheken auf die Zukunft aufgenommen. Neuverschuldung, meine sehr geehrten Damen und Herren, schafft keine Handlungsspielräume. Sie zerstört Handlungsspielräume in der Zukunft und kostet viel zu viel Geld.

(Vereinzelt Beifall von der FDP und der CDU)

Die erste schwarz-gelbe Haushaltsaufstellung 2018 erfolgt zugegebenermaßen in einem konjunkturell günstigen Umfeld. Dieses wird aber nun auch von Schwarz-Gelb sinnvoll genutzt, um neue Schulden zu vermeiden und trotzdem wichtige Zukunftsinvestitionen in vielen Bereichen vorzunehmen, die RotGrün vernachlässigt hat.

Die Planungsansätze von Schwarz-Gelb sind solide und realistisch kalkuliert. Hier wird nämlich nichts schöngerechnet.

Wir lassen Vorsicht bei den Steuereinnahmen walten. Mit 58 Milliarden € liegen wir knapp 300 Millionen € unter den Zahlen, die sich Rot-Grün zwar nie selbst für Haushaltsaufstellungen zu eigen gemacht hat, die Rot-Grün aber unmittelbar nach der eigenen Abwahl als Erwartung anderen gegenüber genannt hat. Wir rechnen im Haushalt 2018 mit keinem Euro mehr Steuereinnahmen, als es Rot-Grün getan hat.

Trotzdem nehmen wir – anders als Sie – in unserer Planung keine neuen Schulden auf.

Weil es gerade wieder von Oppositionsrednern vorgetragen wurde, kann ich sagen: Wir widersprechen nachhaltig Ihrer These, dass Schwarz-Gelb unser Land kaputt spare. Im Gegenteil: Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben durch den Haushalt 2018 gute Voraussetzungen, gerade auch die Kommunen.