Bevor man über Fahrverbote auch nur nachdenkt, sollten Toxikologen und Epidemiologen unter heutigen Bedingungen gemeinsam erforschen, welcher Schadstoff welche Wirkungen in welcher Konzentration hat. Alles andere ist aus meiner Sicht Scharlatanerie.
Das zweite Thema ist die Messstation, hier am Beispiel Stuttgart, weil dort – so steht es in einem „WeLT“-Artikel vom 19. November 2017 – sehr ausführlich untersucht wurde, was wie wo gemessen wird. Stuttgart gilt als Stadt mit der schlechtesten Luftqualität Deutschlands und das Neckartor als dreckigste Kreuzung im Land; 81,6 µg/m³ wurden 2016 offiziell gemessen. Das ist die eine Wahrheit.
Die andere Wahrheit hat das Karlsruher Institut für Technologie, KIT, herausgefunden. Dessen Messungen zeigen, dass sich die Stickoxidwerte schon 20 bis 25 m von der Straße entfernt halbieren. Geht man in die Höhe, wird die Luft ebenfalls besser. Zeitweilige Messungen der Behörden haben ergeben, dass die Stickoxidkonzentration in angrenzenden Straßen des Neckartors um 60 % geringer ist als an der Messstelle. Die KIT-Ingenieure stellten sich die Frage, ob man von den vier Messstationen in Stuttgart, dazu noch an besonders belasteten Orten, Rückschlüsse für ganze Städte ziehen kann, und kamen zu dem Ergebnis: Nein, das glauben wir nicht.
Das Gesamtbild wird verfälscht. Der Konflikt mit den Umweltverbänden und Anwohnern ist vorprogrammiert, denn selbst die Wissenschaft ist sich nicht einig, wie man objektive Messergebnisse erzielt.
Für die Wissenschaftler und Ingenieure des KIT steht fest: Mit jedem Schritt weg von der Straße verringert sich die Belastung. – Direkt am Straßenrand – das kann ich mir zumindest bei uns nicht vorstellen – wohnt doch niemand.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Oh, Mann! – Zurufe von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Mi- chael Hübner [SPD])
Herr Rüße, nennen Sie mir jemanden, der direkt dort wohnt, wo die Messstation ist. Niemand tut das. 20 m entfernt ist die Belastung halbiert.
Ich lasse mir von Ihnen nicht unterstellen, dass ich irgendeine Ihrer Positionen vertrete. Ich vertrete die Position der CDU-Fraktion.
Noch einmal für Herrn Rüße: Bereits auf Höhe des dritten Stockwerks, unmittelbar an der Straße, sind die Stickstoffdioxidemissionswerte um etwa 30 % reduziert.
Bleiben Sie doch mal ganz locker. Das ist außen am Gebäude, Herr Hübner. Jetzt kommen wir zum Gebäudeinneren.
Sie können doch einfach mal Fakten zur Kenntnis nehmen. Oder wollen Sie Fahrverbote? Eben haben Sie Nein gesagt. Wenn Sie keine wollen, dann müssen Sie sich mit den Fakten beschäftigen.
Diese Fakten sagen: In Gebäuden an hoch verkehrsbelasteten Straßen ist der Grenzwert typischerweise halbiert.
Zweites Fazit: Exakt am Ort der Messstation werden justiziable Grenzwerte gemessen, wenige Meter weiter, höher oder in Gebäuden wird der Grenzwert nicht überschritten.
Warum setzt nun die Deutsche Umwelthilfe alles daran, bei dieser zumindest höchst unklaren Faktenlage Fahrverbote gegen die Fahrer von Diesel-Pkw zu erwirken und Diesel-Nutzfahrzeuginhaber quasi –
Wie kommt ein solcher Verein dazu, sich zu Aussagen zu versteigen, der NRW-Ministerpräsident ignoriere das Leipziger Urteil, oder der lange Arm der Dieselkonzerne – wie Sie es eben auch gesagt haben – reiche offensichtlich bis in die Staatskanzlei?
Jetzt zu Ihnen, Herr Klocke, weil Sie das eben angesprochen haben. Möchten Sie die Argumentation noch einmal hören, Herr Klocke?
Mit Blick auf die Pressemitteilungen der Deutschen Umwelthilfe und den Geschäftsbericht 2017 beschleichen mich höchst ambivalente Gefühle, was die Motivationslage angeht. Bei Gesamteinnahmen von rund 8 Millionen € in 2017 sind 2,4 Millionen € sogenannten Erträgen aus ökologischer Marktüberwachung zuzuordnen. Das ist der Euphemismus des Jahres! Dahinter verbirgt sich nichts anderes als simple Abmahnungen. 2,4 Millionen € nur durch simple Abmahnungen!
An dieser Stelle habe ich nur die Frage gestellt, ob es nicht endlich an der Zeit ist, den Einfluss der genannten Firmen und Organisationen zu überprüfen
deren über die Umwelthilfe gesteuerte Kampagnen offensichtlich nur einen einzigen Zweck erfüllen: schärfere Grenzwerte bei so ziemlich allem, darunter auch Stickoxiden – ich vermute, um die eigenen Marktchancen zu erhöhen.
Herr Klocke, wo bleibt denn der Aufschrei all derjenigen Organisationen, die sich fortwährend um Transparenz und Lobbyismus kümmern? Oder schauen sie in diesem Fall einfach einmal weg, wenn es um die Durchsetzung valider Geschäftsinteressen ausländischer Stakeholder gegenüber deutschen Firmen geht?
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ein Beispiel für die aus meiner Sicht fehlende Seriosität der Deutschen Umwelthilfe aus diesem Bericht geben. Zitat des Bundesgeschäftsführers Resch zum NOxRechtsstreit:
„,Wir kämpfen für Saubere Luft in unseren Städten.‘ Die DUH klagt durch alle Instanzen und Gerichte bestätigen: 2018 muss das Recht auf Saubere Luft in Deutschland durchgesetzt werden.“
Was sie nicht darstellt, ist die wirkliche Rechtslage. Deutsche Bürger können die Behörden dazu zwingen, einen Aktionsplan zur Verringerung der Umweltbelastungen – Achtung! – durch Feinstaub, nicht durch NOx, zu erstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof im Mai 2010 entschieden. Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten in einem solchen Aktionsplan keine Maßnahmen ergreifen, die dafür sorgen, dass die Feinstaubgrenzwerte nicht überschritten werden. Nötig ist lediglich, die Überschreitung der Grenzwerte auf ein Minimum zu verringern. Punkt! Das sagt die Deutsche Umwelthilfe nicht.
Damit bin ich beim letzten Punkt, der rechtlichen Situation. Der Ministerpräsident hat bereits vieles Richtige zur Einordnung dieses Urteils gesagt. Ich möchte mich auf einige wenige Sätze aus der Presseveröffentlichung beschränken, die auch zur Unterstellung der Deutschen Umwelthilfe gegenüber dem Ministerpräsidenten geführt haben – ähnlich, wie Sie das heute getan haben –, er bzw. die Landesregierung verhalte sich bei der Auslegung des Urteils nicht rechtskonform. Die Sätze aus der Pressemitteilung lauten – ich weiß nicht, ob Sie davon ausgehen, dass in der Pressemitteilung etwas anderes steht als im kompletten Urteil –:
„Allerdings sind bei der Prüfung von Verkehrsverboten für Diesel-Kraftfahrzeuge gerichtliche Maßgaben insbesondere zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu beachten.“
„Ergibt sich bei der Prüfung, dass sich Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO2-Grenzwerte darstellen, sind diese – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – in Betracht zu ziehen.“