Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Meines Wissens ist das ein Juli-Beschluss.

Und deshalb will ich zurückkommen auf den Anfang. Frau Vogt, ich weiß, dass es der CDU und vielleicht auch Teilen der FDP schwerfällt, aber ich glaube tatsächlich, dass im politischen System Fehlerkultur dazugehört. Und zur Fehlerkultur gehört auch, zu bekennen, was wir gemeinsam falsch gemacht haben. Und gemeinsam sind wir den Weg falsch gegangen, aber besonders falsch war dann auch noch die Verkürzung der Sekundarstufe I – das hat Sigrid Beer dargestellt.

Jetzt muss es, wenn wir in eine Schulreform gehen, das Ziel sein, möglichst gemeinsam viele Dinge nach vorne zu bringen, weil die Menschen den Anspruch haben, bei Schulsystemfragen nicht „rin inne Kartoffeln, raus ausse Kartoffeln“ zu erleben.

Vor diesem Hintergrund komme ich noch einmal zurück auf die Julis bzw. auf meinen und den Vorschlag der SPD-Fraktion zum Thema „Abitur im eigenen Takt“. Wir sind der festen Überzeugung, dass es sinnvoll ist, darüber nachzudenken, wie auch Beschleunigung innerhalb des Schulsystems, aber auch unterschiedliche Tempi möglich werden.

Kinder brauchen unterschiedliche Förderung. Einfach nur zu überspringen, ist einfach zu wenig, weil wir wissen, dass bei vielen Kindern natürlich auch die sozial-emotionale Entwicklung verlorengehen kann. Und dann ist es ganz schwierig, wenn Kinder in die nächste Stufe kommen und vielleicht schon mit fünf eingeschult worden sind.

Deshalb glaube ich aus tiefster Überzeugung: Wir müssen gucken, ob wir ein gutes Modell finden, in dem innerhalb des G9-Gymnasiums dafür Sorge getragen ist, dass individuelle Wege möglich werden.

Dazu gehört auch, dass uns die Enttäuschung der Eltern, die demonstriert haben, nicht gleichgültig sein darf. Wir brauchen ein Übergangsszenario. Es dürfen nicht die die Dummen sein, die demonstriert haben.

Der letzte Punkt: Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Löttgen, hat bei unserer gemeinsamen Podiumsdiskussion, …

Die Redezeit.

… wo er kurzfristig zum schulpolitischen Sprecher seiner Fraktion wurde, unter großem Applaus gesagt – und ich teile diese Aussage: Kultur, Musik, Theater, das sind die Dinge, die an vielen Stellen vielleicht wichtiger werden sollten. – Deshalb hören Sie auf, Wirtschaft in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Redezeit!

Lassen Sie uns gemeinsam über ein Bildungssystem streiten und die Chance für das G9 nutzen, ein neues G9 zu machen und Abstand davon nehmen, in die Mottenkiste der 50er-, 60er- oder 90er-Jahre zu greifen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Petra Vogt [CDU])

Danke, Herr Abgeordneter Ott. – Und jetzt hat für die Landesregierung Frau Ministerin Gebauer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Eine Bemerkung vorweg, Herr Seifen, zur

Kritik an meiner Person und an meiner Fachlichkeit: Den vermeintlich fachlichen und intellektuellen Inhalt Ihrer bildungspolitischen Anträge möchte ich heute nicht kommentieren. Das tun meine Landtagskollegen und Landtagskolleginnen in den Ausschüssen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich kann Ihnen aber sagen: Den Kommentaren meiner Kolleginnen und Kollegen kann ich und werde ich mich vollumfänglich anschließen.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

Liebe Frau Beer, Sie haben meine Pressekonferenz angesprochen. Es freut mich, dass Sie als Opposition den Pressekonferenzen folgen. Ich finde es dann aber auch nur fair, wenn man dann auch richtig zitiert.

Ich komme jetzt zu dem Gesetzgebungsverfahren, zu der Verfassungsmäßigkeit getrennter Gesetzgebungsverfahren. Ich habe das bereits ausgeführt, führe es gerne aber noch einmal aus.

Mit der Trennung in zwei Gesetzgebungsverfahren bewegt sich diese Landesregierung, bewegt sich mein Haus auf verfassungsrechtlich gesicherter Grundlage. Ich möchte Ihnen auch erklären, warum das so ist, und vielleicht anhand eines Beispiels zeigen, wie denn in der Vergangenheit vorgegangen wurde und wie wir es jetzt nicht tun. Ich richte selten den Blick zurück – das wissen Sie –, aber da am heutigen Tag das doch sehr oft getan wurde, erlaube ich es mir, es an dieser Stelle auch zu tun.

Frau Ministerin, darf ich Sie unterbrechen, weil jetzt die Frau Kollegin Beer Ihnen eine Zwischenfrage stellen möchte.

Nein, ich würde gerne zu Ende reden. Danke.

Ich möchte an das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf schulische Inklusion erinnern. Da fand die erste Lesung am 24. April 2013 statt. Eine Konnexität haben Sie darin damals ausdrücklich nicht anerkannt.

Erst als Sie erkannt haben, dass Ihre Position aufgrund des enormen Drucks der kommunalen Spitzenverbände nicht mehr haltbar war, haben Sie den Belastungsausgleich geregelt. Die erste Lesung des entsprechenden Gesetzentwurfes „Belastungsausgleich“ der Fraktionen von SPD und Grünen erfolgte am 14. Mai 2014. Ich darf das andere Datum noch einmal nennen: 24. April 2013, Gesetzentwurf „Belastungsausgleich“, erste Lesung, 14. Mai 2014.

Das 9. Schulrechtsänderungsgesetz wurde beschlossen – ohne Belastungsausgleich – am 16. Oktober 2013. Also: Ein halbes Jahr später haben Sie

damals über den Belastungsausgleich, die Anerkennung der Konnexität, beim großen Thema „Inklusion“ gesprochen.

(Jochen Ott [SPD]: Das war ein Fehler!)

Das war ein Fehler. Vielen lieben Dank, Herr Ott. Ich freue mich, dass wir das so zu Protokoll nehmen können.

Ich kann deswegen umso weniger verstehen, dass Sie sich jetzt hier und heute hinstellen und das von uns gewählte Verfahren und den Prozess in derartiger Weise kritisieren. Wir haben uns mit den kommunalen Spitzenverbänden im Zusammenwirken mit den Gutachtern geeinigt., Professor Klemm ist einer der beiden Gutachter. Mit ihm hat die Vorgängerlandesregierung auch des Öfteren zusammengearbeitet, und er war auch tätig im Zusammenhang mit dem Belastungsausgleich zum 9. Schulrechtsänderungsgesetz.

(Zuruf von der SPD: Die Summen sind ganz andere! – Weiterer Zuruf von der SPD: Nen- nen Sie doch mal die Summen, Frau Ministe- rin! – Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Frau Ministerin, ich möchte Sie jetzt noch einmal kurz unterbrechen, weil Frau Kollegin Beer erneut um eine Zwischenfrage bittet.

Jetzt bitte nicht. Wenn am Ende noch Fragen offen sind, beantworte ich die gerne.

(Zurufe)

Das Konnexitätsausführungsgesetz gibt genau den Weg – und diesen gehen wir jetzt – für den Umgang mit den Kommunen für den Fall vor, in dem ein erforderlicher Belastungsausgleich nicht bereits in dem Gesetz enthalten ist. Dann ist in dieses Gesetz ein entsprechender Hinweis auf die gesonderte Belastungsausgleichsregelung aufzunehmen. Das ist in Art. 2 des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs geschehen. Somit sind wir dieser Verpflichtung nachgekommen.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichts muss die Belastungsausgleichsregelung in unmittelbarem

zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung getroffen werden. Dieser unmittelbare zeitliche Zusammenhang ist gewahrt, wenn die Aufgaben und die Belastungsausgleichsregelung zeitgleich in Kraft treten. – Das wird bei diesem 13. Schulrechtsänderungsgesetz der Fall sein.

Jetzt komme ich zu der Kostenermittlung. Herr Ott, ich weiß, es gibt einzelne Schulträger, die sich Sorgen machen wegen der tatsächlichen zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Umstellung von

G8 auf G9. Ich habe immer gesagt, dass ich das gut nachvollziehen kann.

Ich halte aber nichts von Zahlenspekulationen und Panikmache. Wir stehen mit den kommunalen Spitzenverbänden – das werden die Ihnen auch bestätigen – in einem sehr engen Dialog. Wir haben uns bereits jetzt einvernehmlich auf eine Kostenermittlung verständigt. Diese erfolgt derzeit.

Jetzt etwas zum zusätzlichen Raumbedarf: Ja, es ist richtig, die Gutachter sind momentan dabei, die Fakten zu erheben, die dann Grundlage für die Empfehlung für eine Belastungsausgleichsregelung sein werden. Aber ich möchte eines heute auch ganz deutlich sagen: Nicht alle Raumprobleme an Gymnasien – besonders in großen Städten – haben etwas mit der Einführung von G9 zu tun. Herr Ott, wir kommen beide aus unserer geliebten Stadt Köln. Wir wissen, dass dort die Probleme ganz woanders herrühren.

Das heißt, am Ende des Tages werden wir uns diese Prognose ganz genau anschauen müssen. Wir werden sie genau prüfen müssen und uns dann mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammensetzen, um zu schauen, welche Kosten tatsächlich konnexitätsrelevant sind.

Wir haben heute viel über die schulrechtlichen Fragen gesprochen. Darum geht es auch in diesem Schulrechtsänderungsgesetz. Natürlich – Frau Beer, da haben Sie recht – geht es um viele schulfachliche Fragen. In diesem Zusammenhang gibt es in unserem Hause eine FAQ-Liste, die permanent ergänzt wird. Wir stehen auch insofern mit allen Beteiligten in einem engen Austausch.

In der vergangenen Woche sind die schulfachlichen Eckpunkte an die betroffenen Verbände herausgegangen, die diese jetzt diskutieren. Im April gibt es nach den Osterferien in meinem Haus einen Termin mit allen Verbänden und Beteiligten, bei denen wir genau die von ihnen angesprochenen Fragen in ausreichender Zeit diskutieren werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Sie haben sicherlich bemerkt, dass wir das Leuchtsignal „Kurzintervention“ angeschaltet haben. Die Kurzintervention ist – das wird Sie nicht wundern – von Frau Kollegin Beer angemeldet. Frau Kollegin Beer, bitte.

Danke schön, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ich schaue mir gerne noch einmal den Livestream an, wenn er abzurufen ist, und auch Ihre Äußerung in der Pressekonferenz. Ich habe den Eindruck gehabt, Sie hätten vielleicht gerne die konsequente Leitentscheidung gehabt. Sie

fühlen sich aber an den Koalitionsvertrag und vor allem an das Votum der regierungstragenden Fraktionen gebunden und haben eben nicht die Freiheit gehabt, in anderer Weise zu agieren. Aber ich sehe mir das noch einmal an.

Jetzt zu dem anderen Punkt: Sie haben recht, wenn Sie auf den Inklusionsprozess verweisen. Ich sage dazu ganz freimütig: Es wäre in der Tat besser gewesen, wenn das vorher geklärt gewesen wäre. Das hätte viele negative Diskussionen zum Inklusionsprozess überflüssig gemacht oder sie wären nicht in dieser Weise aufgetaucht. Die Fraktionen haben damals diese Initiative aus gutem Grund ergriffen, weil wir das auch genau so gesehen haben.

Wenn man diese Lehre aber so zieht – ich sage nichts gegen den Prozess mit den Gutachtern –, dann bitte ich allerdings, dass wir das Ergebnis des Gutachtens zeitnah erhalten, weil sich doch dann etwas in dem Prozess ändern soll, wenn Sie auch kritisiert haben, dass das anders war. Wir sagen dazu: Ja, so herum ist es besser.