Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Dieser Prozess muss selbstverständlich gut vorbereitet und begleitet werden. Wir als Politik können diese Debatten anstoßen, wir können Sorgen aufgreifen, einordnen und bearbeiten. Wir müssen vielleicht auch die Rahmenbedingungen setzen, damit diese Potenziale der Digitalisierung bestmöglich genutzt werden können. Wir müssen abschätzen, wir müssen die Unternehmen unterstützen, diesen Weg mitzugehen. Auch die müssen ihre Geschäfts- und

Produktionsprozesse anpassen. Da stimme ich Ihnen zu, das ist ein wichtiger Auftrag.

Sie wissen natürlich auch, dass wir Freien Demokraten und die Landesregierung sich dazu bekannt haben, diese Chancen der Digitalisierung auch zu nutzen.

Die Bestandsaufnahme in Ihrem Antrag ist sinnvoll, wenn diesen Herausforderungen natürlich auch die Chancen gegenübergestellt werden. Das dürfen wir nicht vergessen. Wir dürfen Menschen nicht verunsichern.

Von daher stimmen wir Ihrem Enquetevorschlag sehr gern zu und freuen uns darauf, dieses spannende und hochaktuelle Themenfeld mit Ihnen zu bearbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Diekhoff. – Jetzt spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Becker.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Künstliche Intelligenz oder Industrie 4.0 sind zwei Begriffe, die je nach Betrachtung irgendwo zwischen Heilsbotschaft oder Katastrophenszenario wahrgenommen werden. Sie werden nicht zuletzt gerade während der CEBIT auch in den Medien hoch gehandelt. Herr Kollege Bell, nicht nur in der „Zeit“, sondern auch in der „Süddeutschen“ und in der „FAZ“ konnte man in den letzten Tagen immer wieder große Artikel zu diesem Thema lesen.

Unternehmen versprechen sich Effizienzsteigerungen, Prozessbeschleunigungen, mehr Flexibilität bis hin zu selbstoptimierten Vorgängen und auch intelligente Wartung ihrer Maschinen. Produkte sollen immer spezifischer auf Kunden zugeschnitten werden können, Produktionsvorgänge in Echtzeit gestaltet und verwaltet werden.

Studien zeigen aber, dass die grundsätzlichen Überlegungen und die grundsätzliche Bereitschaft zur Implementierung oft nicht sehr konkret sind. 87 % der Teilnehmer an einer Studie zu diesem Thema haben erklärt, dass sie in den nächsten Jahren künstliche Intelligenz in die Produktion einbringen wollen, aber gleichzeitig haben 72 % dazu überhaupt noch keine detaillierten Pläne.

Auf der Unternehmensseite stehen folgende Fragen im Vordergrund: Ersetzen nicht Vermittlungsplattformen das klassische Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer? Reißen solche Plattformen nicht die Wertschöpfung immer mehr an sich? Sind Unternehmen in den USA, in China und in Indien nicht schon viel weiter bei der Umsetzung von künstlicher Intelligenz in die Produktionsprozesse?

Die sogenannten Erstanwender sind in den USA mit 25 %, in China mit 23 % und in Indien mit 19 % besonders stark vertreten. China, um das noch hinzuzufügen, hat im letzten Jahr durch den Staatsrat einen sogenannten Entwicklungsplan für die künstliche Intelligenz der nächsten Generation beschlossen, der eine dreistufige Entwicklungsstrategie zur Erreichung der Weltvorherrschaft bis zum Jahr 2030 als Ziel festgelegt hat.

Alleine in der Stadt Tianjin, nahe Peking, wurden 5 Milliarden Dollar in einem Fonds zur Unterstützung der KI-Industrie an diesem einen Standort bereitgestellt. Deutschland wiederum liegt bisher weltweit im Mittelfeld. Es stellt sich die Frage, ob wir insgesamt in diesen Prozessen mithalten können.

Wenn es nach Professor Wahlster von dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz geht, ist das so. Er ist der Meinung, dass zwar ein Rückstand in der Auswertung von Konsumentendaten besteht und Europa da zu Recht zurückhaltend ist, aber beispielsweise bei Werkzeugmaschinenbau, Medizintechnik und Agrarmaschinen und auch Haushaltsgeräten sei Deutschland genauso führend wie bei der Sensorik, die im Zusammenhang mit KIRobotern und KI-basierten Produktionsplanungssystemen von entscheidender Bedeutung sei.

Es gibt also zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und damit auch der NRW-Industrie sehr unterschiedliche Stimmen.

Aber die Arbeitnehmerseite ist mindestens genauso wichtig. Wie viele Arbeitsplätze und welche werden wegfallen? Welche Folgen hat das Crowdsourcing, also die Entkoppelung von bisher normalen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnissen? Welche Folgen entstehen für die Existenzsicherung, für Sozialsysteme, für das Arbeitsrecht, für Renten und vieles mehr? Welche Auswirkungen hat KI auf Anzahl, Struktur und Entwicklung von Arbeitsplätzen insgesamt sowie auf die Notwendigkeit von Weiterbildung?

Wir können auch zusammenfassend sagen: Insgesamt geht es auch um Standortfragen bei Forschung, bei Universitäten und bei Hochschulen.

Meine Damen und Herren, wer sich mit Gewerkschaften unterhält, merkt schnell, dass es erhebliche Sorgen gibt. Nicht umsonst und nicht zufällig führen der DGB und die IG Metall zu diesen Themen zurzeit große Kongresse durch.

Die Arbeitnehmerfragen, die Fragen also, wie die einzelnen Menschen in der Zukunft von diesen Entwicklungen betroffen sind, sind wichtige Fragen auch für unsere Menschen in NRW. Insofern kann diese Kommission jedenfalls aus grüner Sicht wichtige Beiträge zur Produktions- und Arbeitswelt in Nordrhein

Westfalen leisten. Wir werden der Einrichtung zustimmen, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Becker. – Für die AfD-Fraktion hat Herr Tritschler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist lustig, dass man zwar immer hört, Digitalisierung sei so wichtig, die Diskussion darüber dann aber entweder immer in der Mittagspause oder kurz vor Feierabend stattfindet. Ich weiß nicht, woran das liegt.

(Zuruf von Matthias Kerkhoff [CDU])

Wenn ich höre, dass sich die SPD mit dem digitalen Strukturwandel befassen will, packt mich ein kalter Schauer. Schließlich ist vermutlich keine andere Partei wirtschafts- und sozialpolitisch so konsequent im 19. Jahrhundert unterwegs wie Sie. Gerade hier in NRW können wir uns bis heute jeden Tag ansehen, was passiert, wenn man es Ihnen erlaubt, die Zukunft zu verschlafen.

Nichtsdestotrotz freuen wir uns auch über die Möglichkeit, im Rahmen dieser Kommission über dieses so wichtige Thema zu sprechen. Ich habe zwar ernste Zweifel daran, dass Sie, meine Damen und Herren, willens und in der Lage sind, den digitalen Transformationsprozess ernsthaft anzugehen, und es erschließt sich auch nicht so recht, warum bei der Fragestellung solche Dinge wie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Frauen gesondert ermittelt werden müssen, aber das ist wahrscheinlich Ihrer Genderabteilung geschuldet.

Da Sie aber wenigstens eine wichtige Diskussion anstoßen, steht Ihnen meine Fraktion nicht im Wege und wird dem Antrag daher zustimmen.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Tritschler. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Laumann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal möchte ich für die Landesregierung und mein Ministerium sagen, dass das Einsetzen von Enquetekommissionen die ureigenste Aufgabe des Parlamentes ist und es uns als Regierung interessieren sollte, wir aber nicht darüber entscheiden.

Darüber hinaus ist es mir wichtig zu sagen, dass wir uns schon mitten in diesem Digitalisierungsprozess

befinden. Es ist schließlich nicht so, dass die Digitalisierung anklopft und sich anmeldet. Vielmehr sind wir schon mittendrin.

Es ist auch richtig und verständlich, dass wir bei der Digitalisierung natürlich nicht nur über die technischen Fragen reden dürfen und darüber, wie wir überall für Glasfaser und somit für schnelles Internet sorgen können, so wichtig das auch für die Entwicklung der Räume und damit auch der regionalen Arbeitsplätze ist.

Mich interessiert vor allem die Frage, wie wir Digitalisierung so gestalten können, dass auch diese Entwicklung, in der wir uns gerade befinden, eine dienende Funktion für die Menschen hat, und nicht dabei etwas entsteht, wodurch der Mensch vielleicht nicht mehr so stark im Mittelpunkt steht, wie wir uns das alle wünschen.

Dazu gehört natürlich auch die Frage, wie wir die jetzt arbeitenden Menschen, die jetzt existierenden Belegschaften in unseren Firmen, in den Büros auf diesen Weg der Digitalisierung mitnehmen.

Ich möchte auf einen Aspekt eingehen, der mir in dem Zusammenhang durch den Kopf geht. Ich habe als junger Abgeordneter 1990 noch die Zeit miterlebt, in der wir aufgrund der damaligen Automatisierung in der gewerblichen Wirtschaft sehr viele Arbeitsplätze verloren haben. Damals haben wir diese Umbrüche durch Vorruhestand sozial begleitet. Es ist die Wahrheit, dass man Anfang und Mitte der 90er-Jahre – und dieser Zustand hält fast bis jetzt an – kaum noch einen 60-Jährigen gefunden haben, der in größeren Betrieben und Verwaltungen gearbeitet hat.

Eines ist wohl jedem klar: Aufgrund der demografischen Entwicklung in unserem Land können wir im Zusammenhang mit den Umbrüchen, die mit Digitalisierung zusammenhängen, nicht wieder über Vorruhestand reden.

(Beifall von der CDU und Markus Wagner [AfD])

Deswegen ist die Frage danach, wie wir den Prozess, dass die Unternehmen zusammen mit ihren Belegschaften, dass die Sozialpartner eine gemeinsame Verantwortung haben, gestalten, aus Sicht eines Arbeitsministers äußerst spannend.

Ich freue mich, dass diese Aspekte auch in dieser Enquetekommission eine Rolle spielen. Wir werden das mit Interesse und auch mit Unterstützung begleiten, sofern Sie sie benötigen und wir sie bieten können. Denn eine Diskussion darüber, wie wir die Menschen auf diesem Weg mitnehmen, ist meiner Meinung nach genauso wichtig wie die Frage nach technischen Lösungen.

Auf diesem Weg sind wir zurzeit auch als Landesregierung unterwegs. Wenn wir die Menschen mitneh

men wollen, müssen wir sie befähigen, hiermit umzugehen. Das hat bei mir ganz praktisch dazu geführt, dass ich gesagt habe: Wir müssen mehr Mittel in die Weiterbildung investieren, und deswegen bauen wir – als eine konkrete Antwort – in großem Umfang den Bildungsscheck aus.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden zusammen mit den großen Gewerkschaften in den einzelnen Branchen unseres Wirtschaftssystems, der IG BCE, der NGG und der IG Metall, in großen Projekten zeigen, wie man Sozialpartnerschaft und Belegschaften auf diesem Weg mitnehmen kann. Noch in der letzten Woche habe ich ein Projekt mit ver.di bewilligt. Ich finde, das ist eine wichtige Sache.

Die Landesregierung wird natürlich auch die Initiative „Wirtschaft und Arbeit 4.0“ weiter fortführen, in enger Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium, zwischen Herrn Pinkwart und mir. Am 9. Mai findet eine Veranstaltung zu diesem Thema statt. Ein Grundsatz dieser Arbeitsgruppe, die es schon in der vorherigen Regierung gab, ist, dass wir sehr darauf setzen, dass in der Sozialpartnerschaft versucht wird, auch die Antworten in der Arbeitswelt gemeinsam zu geben.

Das sind spannende Fragen. Gerade in dem Land Nordrhein-Westfalen, wo die soziale Partnerschaft eine große Tradition hat, müssen wir auch in dieser neuen Form der Arbeitswelt die Werte der sozialen Partnerschaft in eine gute Zukunft retten. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Weitere Wortmeldungen gibt es nicht.

Deshalb kommen wir zur Abstimmung. Über diesen Antrag haben wir direkt abzustimmen. Also stimmen wir ab über den Inhalt des Antrages Drucksache 17/2405 – Neudruck. Wer stimmt dem Antrag zu? – SPD, GRÜNE, CDU, FDP, AfD. Gibt es Enthaltungen? – Gibt es Gegenstimmen? – Das ist beides nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/2405 – Neudruck – einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

4 Freiheit, Recht und Verantwortung im digita