Wir stehen vor gewaltigen Aufgaben. Es wäre gut für Nordrhein-Westfalen, wenn die wesentlichen Player in diesem Hohen Hause gemeinsam – und zwar in die richtige Richtung – an einem Strick ziehen würden. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben in diesem Lande viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte, Verantwortung getragen, wenn es um die Frage des Strukturwandels ging.
Ich darf Ihnen auch sagen: Wir sind gerne bereit, diese Verantwortung weiterhin zu tragen, und bieten Ihnen ausdrücklich unsere Unterstützung an. Das setzt allerdings auch voraus, sehr geehrter Herr Kollege Rasche, sehr geehrter Herr Kollege Löttgen, dass Sie einen erkennbaren Kurs in der Energiepolitik dieses Landes haben. Dann sind wir gerne bereit, gegebenenfalls Positionen zu unterstützen.
Ihre beiden Redebeiträge heute haben wieder einmal deutlich gemacht, dass die Industrie- und Energiepolitik offensichtlich nicht zu Ihren Kernkompetenzen gehört. Sie reden – das muss man hier auch einmal festhalten – seit Jahren über Energiepolitik wie Pinguine über den Nordpol. Der amateurhafte Versuch Ihres Ministerpräsidenten, die belgische Regierung dazu zu bewegen, die Atomkraftwerke stillzulegen, zeigt schon, wie wenig Konzept hinter einzelnen Aktionen dieser Landesregierung steht. Das ist in dem Zusammenhang noch einmal sehr deutlich geworden.
Nun beantragen Sie diese Aktuelle Stunde. Da haben wir uns gefreut und gesagt: Jetzt hören wir etwas Neues; jetzt kommen neue Impulse von CDU und FDP, wie sie den Strukturwandel gerade auch im Rheinischen Revier gestalten wollen. Aber schon wenn man sich den Antragstext durchliest, erkennt man, dass er die völlige Konzeptlosigkeit und Bigotterie Ihrer Energiepolitik widerspiegelt. Dort heißt es nämlich:
Bund und Länder müssten im Rahmen der Kommissionsarbeit dafür kämpfen, dass die Zukunft der Kohleverstromung ökonomisch und sozial verantwortbar gestaltet werde. Die Landesregierung wolle Strukturbrüche vermeiden und Impulse setzen, und zwar nicht irgendwelche Impulse, sondern entscheidende.
Welche das sein sollen, das deuten Sie aber noch nicht einmal an, genauso wenig wie Ihr Ministerpräsident, dessen energiepolitische Plattitüden Sie in Ihrem Antragstext rauf und runter zitieren: Für Strukturwandel im Rheinischen Revier müsse man etwas tun. Unsere energieintensiven Industrien müssten zu jeder Zeit über bezahlbaren Strom verfügen können. Das Ende der Braunkohleverstromung vor 2045 sei denkbar, aber nur unter verschiedenen Abwägungsinteressen.
Die Wahrheit ist doch: Es war Ihr Ministerpräsident Armin Laschet, der sich im vergangenen Herbst bei einem Glas Rotwein im Kanzleramt bereit erklärte, die Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2030 um 7 GW zu reduzieren – und zwar ohne jeden Plan für die soziale Abfederung und ohne jedes Konzept für die Versorgungssicherheit!
Es war Armin Laschet, der diesen Abwägungsprozess als unnötige Zeitverschwendung gesehen hat. Es war Armin Laschet, der die ökonomische und die soziale Planungssicherheit im Rheinischen Revier für eine neue Machtoption im Bund opfern wollte. So schnell haben Sie Ihre Meinung damals geändert, Herr Laschet!
Das ging selbst der FDP zu weit. Christian Lindner erklärte damals nach den Jamaika-Sondierungen, ganz NRW wäre von dieser Politik betroffen gewesen; die 7 GW weniger Kohlestrom hätten im Rheinischen Revier zu echten Strukturbrüchen und sozialen Verwerfungen geführt. Das ist das vernichtende Urteil Ihres heutigen Koalitionspartners, Herr Ministerpräsident.
Glauben Sie allen Ernstes, die Menschen im Rheinischen Revier hätten Ihr Verhalten in Berlin schon vergessen? Glauben Sie wirklich, dass man die Menschen hier verarschen und veräppeln kann? Das ist wirklich nicht das, was ein Ministerpräsident tun sollte.
Was sollen wir von einer Landesregierung halten, deren Ministerpräsident sagt, der Ausstieg aus der Kohle komme vielleicht 2045, vielleicht aber auch schon 2030, vielleicht aber auch irgendwann, möglicherweise dazwischen? Herr Ministerpräsident, der Energiesektor ist kein Freibad, das man abhängig von der politischen Wetterlage öffnen oder schließen kann.
Hier braucht es vernünftige, verlässliche Planungen. Wir warten einmal ab, wann und ob die Strukturwandelkommission einen Ausstiegszeitpunkt vorschlagen wird. Wir erwarten von dieser Landesregierung aber, dass sie sich keinen Ausstiegsbescheid zustellen lässt, sondern selbst eine begründete Position entwickelt, um überhaupt verhandlungsfähig zu sein.
Wir erwarten von einer nordrhein-westfälischen Landesregierung zudem, dass sie nicht sämtliche Verantwortung auf eine Berliner Kommission überträgt,
sondern selbst bereit ist, Verantwortung für das Rheinische Revier und für die Zukunft der Menschen in unserem Bundesland zu übernehmen. Eine nordrhein-westfälische Landesregierung muss selbst einen Zukunftsplan für das Rheinische Revier entwickeln und ihn auch durchsetzen.
Es geht hier um Vernetzung von Wissenschaft und mittelständischen Unternehmen. Es geht um moderne Infrastruktur. Es geht um digitale Kommunikationstechnologien. Es geht um den Ausbau regenerativer Energien und zuletzt auch um gutes Wohnen. Diese Ideen und Konzepte erwarten die Menschen von der Landesregierung. Das haben sich die Menschen aus den Braunkohlerevieren auch verdient. Niemand darf ins Bergfreie fallen.
Kinder und Enkelkinder der heutigen Bergleute können Ingenieurinnen und Wissenschaftler sein, Facharbeiter und Unternehmerinnen. Sie können gute und sichere Einkommen haben, wenn eine Fülle neuer Unternehmen in ihrer Region produzieren, Handel treiben und forschen möchte. Aber all das setzt voraus, dass die Politik und eben auch die Landespolitik Planungssicherheit schafft und auf eine aktive Strukturpolitik setzt.
Nordrhein-Westfalen hat der Kohle und der Braunkohle – ich glaube, da sind wir uns einig – viel zu verdanken. Braunkohle werden wir noch für eine gewisse Zeit als Geleitschutz brauchen, um den Weg zur klimaneutralen Energieversorgung hinzubekommen. Bis dahin haben die Menschen dort in der Region aber ein Recht auf Anerkennung ihrer Leistungen, die sie für unser Land erbracht haben. Sie haben ein Recht auf gute Arbeit und soziale Sicherheit. Sie haben ein Recht auf aktive Strukturpolitik hier in Nordrhein-Westfalen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank. Herr Kollege Kutschaty, auch in einer passivischen Formulierungsvariante sind bestimmte Ausdrücke eher dem unparlamentarischen Bereich zuzuordnen. Ich sehe, Sie überdenken das; damit sind dann unsere Verhältnisse klar.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal sitzt man da und macht sich im Vorfeld Gedanken, wie solch eine Debatte laufen kann, was man sagen kann. Und dann sitze ich hier und höre meinen Vorrednern zu – und dann werde ich einfach nur noch wütend.
wie Sie Teile des Bergbaus derart verklären, wie Sie einfach nur noch rückwärtsgewandt sind, und wenn ich dann feststelle, dass von einem Erneuern der SPD überhaupt nichts zu sehen ist – dann macht mich das einfach nur noch wütend!
Sie meinen, Sie müssten sich hier zu einem Klimaschutz bekennen, weil es die Öffentlichkeit so erwartet; aber eigentlich wollen Sie alle nur business as usual.
Sie wollen einfach weitermachen wie bisher, ganz nach dem rheinischen Motto: „Et hätt noch emmer joot jejange.“ Aber beim Klimaschutz geht gar nichts mehr gut! Alle reden vom Klimaschutz, außer ein paar Verschwörungstheoretikern da ganz rechts außen. Alle applaudieren, wenn der frühere UNOGeneralsekretär Ban Ki-moon sagt, die Erwärmung der Erde sei so gefährlich wie Kriege, oder wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel die Klima- und Energiefrage die Überlebensfrage der Menschheit nennt.
Diese Zitate sind mehr als zehn Jahre alt. Sie stammen aus 2007. Und was ist seitdem passiert? – Deutschlands Treibhausgasemissionen stagnieren seit Jahren; deshalb verpasst Deutschland die eigenen Ziele meilenweit. Deutschland bremst den Ausbau der Erneuerbaren mit Deckeln und Ausbaukorridoren und verweigert sich wirksamen Maßnahmen für den Klimaschutz – aus Angst vor Industrie- und Kohlelobby.
Fleißig wird auf andere Nationen gezeigt, die ja noch viel schlimmer oder langsamer seien. Ganz aktuell hat jetzt Energieminister Altmaier die ambitionierteren Ziele für Erneuerbare in ganz Europa torpediert.
Insofern sind Sie alle jetzt in ganz guter Gesellschaft, wenn Sie davon schwafeln – ich kann es leider nicht anders ausdrücken –, dass Sie das Pariser Klimaabkommen begrüßen, und dann einfach nichts tun.
Zwar reden alle ganz anders als Klimaleugner Trump. Aber in diesem Fall handeln alle genauso wie Trump.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann gar nicht zum Ausdruck bringen, wie sehr mich die Scheinheiligkeit in dieser Debatte – auch heute – wirklich ankotzt.